Porträt:Paul Bremer

Schon nächste Woche soll der amerikanische Karrierediplomat Paul "Jerry" Bremer seine Aufgabe als neuer ziviler Landesverweser des Irak antreten.

(SZ vom 7.5.2003) - Dies jedenfalls teilte der bisherige höchste Zivilverwalter des Landes, Jay Garner, mit, der mit den Hintergründen der Geschichte eigentlich vertraut sein sollte.

Denn dem ehemaligen General hatte man zunächst nachgesagt, dass er ungern unter einem Zivilisten dienen würde, und auch in Washington hatte sich an Bremers Namen der alte Konflikt zwischen den Falken in Donald Rumsfelds Pentagon und den Tauben in Colin Powells Außenamt erneut entzündet.

Die Ernennung des 61-Jährigen gilt allgemein als Erfolg des State Department. Aber ein "Weichei in Nadelstreifen" - wie Rumsfelds Neo-Radikale die Diplomaten gerne verspotten - ist Bremer während seiner 23 Jahre währenden Karriere im Außenamt nie gewesen.

Er war schon immer undiplomatisch brüsk und direkt und errang sich früh den Respekt der Konservativen. Ronald Reagans Außenminister Alexander Haig bewunderte vor allem Bremers Mut zum Risiko: "Die Kosten wären hoch gewesen, wenn seine Ratschläge dumm gewesen wären", sagte er. "Aber das war nie der Fall."

Insgesamt sechs Außenministern diente Bremer, darunter auf Posten in Afghanistan und im afrikanischen Malawi. 1986 ernannte ihn Reagan zum Sonderbotschafter für Terrorismusbekämpfung, und in dieser Funktion machte sich Bremer landesweit einen Namen als unermüdlicher Mahner und Warner. Später forderte er unter anderem Präsident Bill Clinton mehrmals öffentlich zu härteren Maßnahmen gegen Terroristen und Terrorstaaten auf.

Volles Risiko in der Privatwirtschaft

In einem für Amerika typischen Karriereschritt ging Bremer nach dem Ausscheiden aus dem diplomatischen Dienst in die Privatwirtschaft, wo er unter anderem für den Risikoberater Marsh Inc. in New York tätig wurde. Böse Ironie: 300 Kollegen des Terrorismusexperten Bremer starben bei den Terroranschlägen vom 11.September 2001.

Im Irak hat Bremer in erster Linie die Aufgabe, einer militärischen Aktion ein ziviles Gesicht zu geben und möglichst viele andere Staaten am Wiederaufbau des Landes zu beteiligen. Ex-Außenminister Henry Kissinger hält ihn für prädestiniert dafür. "Bis jetzt hat das Pentagon in einer schwierigen Lage hervorragende Arbeit geleistet", sagte der 80-jährige Patriarch der US-Diplomatie der Washington Post. "Jetzt aber werden die Beziehungen zu anderen Regierungsstellen wichtig sowie die Kenntnis, wie andere Länder reagieren und Verständnis für die verschiedenen politischen Strömungen im Irak."

Ganz schön viel Verantwortung für einen einzelnen Mann, vor allem wenn man berücksichtigt, dass ihm daheim nicht alle restlos trauen. "Er ist aggressiv für Außenamts-Verhältnisse", meinte etwa Ober-Falke Richard Perle. "Aber ich habe schon Kolibris gesehen, die waren aggressiv für Außenamts-Verhältnisse."

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