Trotzdem gibt es auch kritische Stimmen zu seinem Ruf ins Bundeskabinett, denn als Wirtschaftsfachmann hat sich der Franke bisher nicht hervorgetan. Sein Gebiet ist eigentlich die Außenpolitik, er befasste sich mit Themen wie dem Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr, der Russland-Politik oder dem Verhältnis zur Türkei. Seine Erfahrungen in der Wirtschaft beschränken sich auf die Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter der Guttenberg GmbH, einem Fachgroßhandel für Trockenbau in Familienbesitz.
Auch verdeutlicht die Personalie Guttenberg einmal mehr, wie wichtig der Regionalproporz in der CSU noch immer ist - waren doch der bayerische Finanzminister Georg Fahrenschon und Landesgruppenchef Peter Ramsauer ebenfalls im Gespräch für das Wirtschaftsministerium.
Doch "man kann den Franken nicht schon wieder einen wegnehmen" und den Unterfranken Glos mit einem Oberbayern ersetzen, heißt es aus CSU-Kreisen. Die Stimmung zwischen Franken und Altbayern ist bereits seit dem erzwungenen Rücktritt des einstigen Ministerpräsidenten Günther Beckstein gespannt. Der von Guttenberg loyal administrierte Versuch, Monika Hohlmeier in seiner Heimat Oberfranken als Spitzenkandidatin für die Europawahl durchzusetzen, setzte noch eins drauf.
Die meisten Parteifreunde erwarten trotzdem, dass das Experiment Guttenberg besser läuft als das Experiment Glos. "Der kann das sicher", "der hat Ahnung" und "er kennt Berlin", so lauten die Einschätzungen aus CSU-Kreisen. Nach der fast schon desaströsen Amtszeit von Michael Glos reicht es als Qualifikation für ein Bundesministerium zurzeit anscheinend, jung und unverbraucht zu sein und als intelligent und lernfähig zu gelten.
Die große Frage, die Guttenbergs Wechsel ins Bundeskabinett aufwirft, ist jedoch: Was wird er im Herbst? Die Wahrscheinlichkeit, dass die CSU nach der Bundestagswahl im September das Wirtschaftsministerium behält, ist sehr gering, da es in einer schwarz-gelben Regierung mit Sicherheit an die FDP fallen würde. Guttenberg, das Nachwuchstalent der CSU, wird sich kaum für wenige Monate als Interimsminister verbraten lassen, ohne von Parteichef Seehofer auch für danach eine Zusage zu haben.
Es wird spekuliert, dass dieser ihm den Posten des CSU-Landesgruppenleiters in Berlin versprochen hat. Und das wirft die nächste Frage auf: Was wird aus Peter Ramsauer?
Das Karussell dreht sich bei der CSU unter Fahrleiter Seehofer noch ein wenig schneller als sonst.