Süddeutsche Zeitung

Porter-Skandal:FBI-Chef widerspricht dem Weißen Haus

  • Der Skandal um Rob Porter, den ehemaligen Stabssekretär im Weißen Haus, weitet sich aus.
  • Porter war zurückgetreten, nachdem seine beiden Ex-Frauen Vorwürfe körperlicher Gewalt gegen ihn erhoben hatten. Auch das FBI ermittelte.
  • Jetzt geht es um die Frage, wer im Weißen Haus wann von den Vorwürfen wusste. FBI-Chef Wray zufolge war man dort schon früh umfassend informiert.
  • Auch der Stuhl von Trumps Stabschef Kelly wackelt nun.

Von Thorsten Denkler, New York

US-Präsident Donald Trump dürfte den Tag inzwischen verfluchen, an dem er Christopher Wray zum neuen FBI-Chef gemacht hat. Dessen Vorgänger James Comey hatte Trump im vergangenen Mai gefeuert - unter anderem, weil der ihm keine Loyalität zusichern wollte.

Seit diesem Dienstag aber müsste auch Trump klar sein, dass Wray kaum beabsichtigt, die mächtige Bundespolizei grundsätzlich anders als Comey zu führen. Nämlich als eine von politischen Einflüssen unabhängige, unbestechliche und nur der Wahrheit verpflichtete Behörde.

An diesem Dienstag musste Wray wie alle anderen Chefs der US-Nachrichtendienste zum jährlichen Rapport vor dem Geheimdienstausschuss des Senats erscheinen. Eine Frage, die die Senatoren neben vielen anderen umtrieb: Wann hat das FBI das Weiße Haus vor Rob Porter gewarnt, der dort bis vor einer Woche als Stabssekretär gearbeitet hat?

Wrays Antwort darauf widerspricht in vielem dem, was das Weiße Haus bisher zu dem delikaten Fall verlautbaren ließ. Aber der Reihe nach. Porter musste gehen, weil kurz zuvor Vorwürfe seiner beiden Ex-Frauen öffentlich bekannt wurden: Er soll sie physisch misshandelt haben. Von einer der Frauen gibt es Fotos, ihr Gesicht zeigt Spuren von Gewalt - angeblich eine Folge von Porters Schlägen. Dem FBI waren die Vorwürfe schon seit Januar 2017 bekannt. Es hat sie eingehend untersucht und schließlich Porter die nötige Sicherheitsfreigabe für seinen Job nur befristet ausgestellt. Bis zum 15. Januar 2018.

Als Stabssekretär steht Porter zwar nicht in der ersten Reihe. Aber über seinen Schreibtisch gingen alle schriftlichen und zum Teil streng geheimen Vorlagen für Donald Trump. Porter hatte dafür zu sorgen, dass die richtigen Papiere zur richtigen Zeit beim US-Präsidenten landeten. Kein ganz unwichtiger Job. Und einer, den er sicher gerne behalten hätte. Seine Ex-Frauen wollte Porter deshalb offenbar dazu bringen, ihn in schriftlichen Erklärungen für das FBI reinzuwaschen. Die aber entschieden sich, stattdessen an die Öffentlichkeit zu gehen. So kam der Skandal ins Rollen.

Widersprüchliches Verhalten

Das Weiße Haus hat sich dazu von Anfang an widersprüchlich verhalten. Zunächst hieß es, dass bis zu den Veröffentlichungen niemand Kenntnis von den Vorwürfen gehabt habe. Die Anschuldigungen wurden in den ersten Tagen nach der Veröffentlichung sogar als falsch zurückgewiesen. Porter habe nichts zu befürchten. Selbst als Porter zurücktrat, wurde er aus dem Weißen Haus noch mit Lob überschüttet.

Erst Tage später wurde eingeräumt, die Führungsspitze im Weißen Haus habe schon im November erstmals von den Problemen mit Porter erfahren. Und dann will man dort doch schon im Juni 2017 erstmals vom FBI gehört haben, was ihm vorgeworfen wird. Mit einem Update im November. Allerdings, so hieß es, warte man weiter auf einen abschließenden Bericht des FBI in der Sache. Darum habe kein dringender Handlungsbedarf vorgelegen.

Auch Donald Trump hat sich eingemischt und Porter nach seinem Rücktritt gegen alle Vorwürfe verteidigt. Der habe sehr gute Arbeit geleistet, es müssten bei solchen Vorwürfen immer alle Seiten gesehen werden. Porter mache jetzt eine harte Phase durch. Und außerdem habe der ehemalige Stabssekretär ja erklärt, dass an den Vorwürfen nichts dran sei. Über die misshandelten Frauen verlor Trump kein Wort.

FBI-Chef Wray hingegen berichtet vor dem Senats-Ausschuss von einem völlig anderen Ablauf. Das Weiße Haus sei schon Monate früher, im März 2017, von seiner Behörde grundsätzlich über Porter in Kenntnis gesetzt worden. Ende Juli habe das FBI dann dem Weißen Haus einen "vollständigen Hintergrundbericht" dazu übermittelt. Was bedeutet, dass danach eigentlich keine Fragen mehr offen gewesen sein dürften.

Im November aber seien vom Weißen Haus weitere Nachforschungen eingefordert worden. Eine Anweisung, die in der Regel aus der Führungsebene des Weißen Hauses kommen muss. Noch im gleichen Monat sei dem Weißen Haus ein weiterer Bericht zugesandt worden, sagt Wray. Im Januar 2018 hätte das FBI dann die Untersuchungs-Akte Porter geschlossen, Wochen bevor die Fälle öffentlich wurden und Porter zurücktreten musste. Es seien danach aber noch weitere Informationen eingegangen, die das FBI ergänzend an das Weiße Haus weitergereicht habe.

FBI-Chef Wray: Das FBI hat korrekt gehandelt

Wray ließ jedenfalls keinen Zweifel daran, dass sich das FBI zu jeder Zeit an das eingeübte und bewährte Protokoll in Fragen der Sicherheitsfreigabe gehalten hat. Am Tag zuvor hatte dagegen Trumps Sprecherin Sarah Huckabee Sanders noch angedeutet, dass möglicherweise beim FBI etwas schiefgelaufen sein könnte. Es sei jetzt Sache der "Strafverfolgungsbehörden und Nachrichtendienste zu entscheiden, ob sie ihre Prozesse verändern sollten", sagte sie.

Im Brennpunkt steht jetzt vor allem Stabschef John Kelly. In der vergangenen Woche hatte er die eigenen Mitarbeiter mit unterschiedlichen Angaben über die tatsächlichen Abläufe irritiert. Erst 40 Minuten vor Porters Rücktritt sei ihm das ganze Ausmaß der Sache klar geworden, soll er gesagt haben. Dabei hätte er spätestens ab November wissen müssen, dass es Probleme mit Porters Hintergrund-Check gibt. Wenn nicht schon im Juli.

Wenn dem so ist, dann hat er Porter wider besseres Wissen im Amt belassen. Und ihn auch im Weißen Haus weiterarbeiten lassen, nachdem dessen Sicherheitsfreigabe Mitte Januar auslief.

Hinzu kommt das pikante Detail, dass Porter mit Hope Hicks liiert ist, der Kommunikationsdirektorin des Weißen Hauses. Sie ist eine langjährige Vertraute von Donald Trump. Dass das Weiße Haus Porter nicht umgehend gefeuert hat, als die Vorwürfe bekannt wurden, soll auch an ihr gelegen haben. Und all das geschah unter der Verantwortung von Kelly. Gründe für einen Rücktritt gäbe es also genug.

Kelly, Ex-Marine und hochdekorierter Vier-Sterne-General, ist erst seit Juli 2017 im Amt. Sein Job war es, Ordnung in das Chaos im Weißen Haus zu bringen. Er setzte mit militärischer Härte neue Regeln durch. Was Trump vorgelegt wurde, wer zu ihm vorgelassen wurde, das bestimmte seitdem er. Porter war dabei eine seiner Stützen.

Loyalität ist für einen Ex-Militär wie ihn eine Frage der Ehre. Porter verteidigte er nach den Vorwürfen, er sei ein "Freund, ein Vertrauter und ein verlässlicher Profi". Genauso hat er sich in seinen militärischen Führungspositionen vor Soldaten gestellt.

Im Fall Porter scheint Kelly klar geworden zu sein, dass er sich in der Politik nicht mehr so leichtfertig auf eine Seite stellen kann. Vergangenen Freitag soll er gegenüber Vertrauten erklärt haben, er sei bereit zu gehen, wenn es gewünscht sei. Offenbar ist es das aber nicht. Zumindest nicht von Trump. Noch nicht. Der US-Präsident soll sich bereits Gedanken darüber gemacht haben, wer Kellys Posten übernehmen könnte.

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