Süddeutsche Zeitung

Neuer US-Außenminister:Mike Pompeo ist ein Mann nach Trumps Geschmack

Der designierte US-Außenminister gilt als wenig zimperlich - und steht voll hinter Donald Trump. Das dürfte die Sicherheitspolitik der USA nicht ausgewogener machen.

Von Thorsten Denkler, New York

Mike Pompeo dachte nicht daran, seine Tonlage zu ändern, als er vor einem Jahr Chef des US-Auslandsgeheimdienstes CIA wurde. Eigentlich sollten Geheimdienstchefs in der Regel eher unpolitische Menschen sein und ihre Chefs möglichst neutral informieren. Die politischen Entscheidungen müssen dann andere treffen.

Pompeo hat das nicht ganz so eng gesehen. Der frühere Kongressabgeordnete aus dem Bundesstaat Kansas hat als CIA-Chef Reden gehalten und Interviews gegeben, in denen er keinen Hehl aus seinen politischen Ansichten gemacht hat. Schon als Kongressabgeordneter macht er klar, dass er - wie US-Präsident Donald Trump - das internationale Nuklearabkommen mit Iran für großen Unsinn und Iran für den größten Terror-Sponsor weltweit hält. Kaum ein halbes Jahr im Amt, nannte er das Land einen "despotischen Gottesstaat" und ein "bösartiges Imperium", das alles daran setze, seine Macht weit über seine Staatsgrenzen hinaus zu erweitern. Zurückhaltung klingt anders.

Trump muss das beeindruckt haben. Endlich mal kein Bedenkenträger wie der am Dienstag von ihm gefeuerte Außenminister Rex Tillerson. Außerdem ist Pompeo loyal. Für Trump eine der wichtigsten Eigenschaften. Deshalb, und weil es so gut wie keine Themen gibt, in denen sie nicht übereinstimmen, soll Pompeo jetzt Außenminister werden. Von ihm jedenfalls wird sich Trump nicht anhören müssen, er sei ein "Trottel". Das soll im vergangenen Sommer Tillerson über Trump gesagt haben.

Pompeo ist 2010 auf dem Ticket der rechtskonservativen Tea Party für die Republikaner in den Kongress gewählt worden. Er vertritt die Klassiker der evangelikalen Rechten in den USA. Klimawandel? Eher ein Märchen. Abtreibung? Nur wenn die Frau in Lebensgefahr ist. Ehe von gleichgeschlechtlichen Paaren? Besser nicht. Die Gesundheitsreformen von Barack Obama hält er für so grundfalsch wie jede noch so kleine Verschärfung der Waffengesetze. Pompeo ist Lebenszeit-Mitglied der Waffenlobby NRA und wird von ihr unterstützt. Wenn es eine Grundbedingung für einen Außenminister ist, sich mit dem Regierungschef gut zu verstehen, dann ist Pompeo für Trump die Idealbesetzung.

Aufgewachsen ist Pompeo in Kalifornien. 1986 machte er seinen Abschluss an der namhaften Militärakademie West Point. Als Soldat diente er unter anderem in einer Panzereinheit an der innerdeutschen Grenze und im ersten Irakkrieg. In Harvard wurde er anschließend zum Juristen ausgebildet. Seinen Abschluss machte er 1994. Danach arbeitete er zunächst als Anwalt.

Mit anderen West-Point-Absolventen startete er 1998 eine Karriere als Geschäftsmann. Sie gründeten mit Thayer Aerospace einen erfolgreichen Zulieferer für die zivile und militärische Luftfahrt. Einen Teil des Investments übernahm damals Koch Industries. Das Unternehmen wird von den Brüdern Charles und David Koch geleitet. Die Koch-Brüder gehören zu den wichtigsten und einflussreichsten Geldgebern im republikanischen Politik-Universum. Wer etwas werden will in der Republikanischen Partei, der kommt um die Koch-Brüder nicht herum.

Pompeo verkaufte 2006 seine Anteile und wurde Präsident von Sentry International. Ein Unternehmen, das schweres Gerät für die Ölförderung bereitstellt. Die Koch-Brüder spielen auch hier mit. Außerdem finanzierten sie mit 80 000 Dollar seinen Wahlkampf, als er 2010 erstmals als Kandidat in Kansas für das Repräsentantenhaus antrat. Er gewann die Wahl. Und dann alle zwei Jahre wieder - zuletzt 2016. Für Pompeo ist sicher nicht von Nachteil, dass der Firmensitz von Koch Industries in seinem ehemaligen Wahlkreis liegt.

Pompeo will die Feinde der USA zerstören

Pompeo war nie zimperlich in öffentlichen Auftritten. Vor ein paar Jahren bezeichnete er Muslime, die sich nicht unmissverständlich gegen islamistischen Terror stellten, als "potenzielle Komplizen" des Terrors. Als er einmal das Gefangenenlager in Guantánamo besucht hatte, sagte er über Insassen, die sich im Hungerstreik befanden, nach seinem Eindruck hätten diese dort ganz schön an Gewicht zugelegt. Über den Whistleblower Edward Snowden würde er am liebsten die Todesstrafe verhängen, sagte er Ende 2016. Waterboarding ist für ihn keine Folter. Selbst darin stimmt er mit Trump überein.

Mit 54 Jahren nun könnte er der Erste werden, der die CIA und dann das Außenministerium leitet. Erst Spion, jetzt Diplomat. Manche sagen, die neue Rolle würde ihm eher liegen: In der Funktion des Außenministers kann er noch offener reden.

Als Diplomat aber ist er bisher nicht aufgefallen. "Pompeo ist ein Hardliner", sagt der politische Analyst Ian Bremmer vom New Yorker Thinktank Eurasia Group. Pompeo sei schlau, aber eben auch recht bombastisch im Auftreten. Damit sei er Trump sehr ähnlich. Aber das bedeute nicht zwangsläufig, dass die künftige Sicherheitspolitik der USA ausgewogener werde.

Was das heißt, hat Pompeo im vergangenen Jahr angedeutet. Im Juli sagte er, wenn es nach ihm ginge, käme es in Nordkorea zu einem Regimewechsel. Später nahm er das zwar nicht zurück, zeigte aber eine gewisse Einsicht, dass ein CIA-Direktor vieles denken kann. Aber nicht alles sagen muss. Das hat dann ja Trump gemacht als er vor den Vereinten Nationen drohte, er werde Nordkorea im Zweifelsfall "total zerstören".

Immerhin scheint sich Pompeo gut vorzubereiten auf die Verhandlungen mit Nordkorea. Am Sonntag sagt er im Sender Fox News, er habe sich in die CIA-Akten der bisherigen Verhandlungen der USA mit Nordkorea eingelesen. Er komme zu dem Schluss, dass die USA nie in einer besseren Verhandlungsposition als heute waren. Wofür er vor allem Trumps harte Haltung verantwortlich macht.

Der Präsident dürfte es vernommen haben. Gefallen haben müsste Trump auch das harte Durchgreifen von Pompeo. In Afghanistan etwa schickt Pompeo inzwischen kleine Teams von hervorragend ausgebildeten Agenten in die Region. Ihr Ziel: militante Taliban im ganzen Land jagen und töten. "Wir können unsere Mission nicht erfüllen, wenn wir nicht aggressiv sind", sagte Pompeo später. "Wir müsse jede Minute darauf konzentriert sein, unsere Feinde zu zerstören."

Für seine Behörde war Pompeo ein Chef zur richtigen Zeit. Kurz nach seiner Wahl hatte Trump mehrfach die Kompetenz und die Verlässlichkeit der CIA in Frage gestellt. Es stellte sich aber bald heraus, dass Pompeo einen guten, geradezu kumpelhaften Draht zu Trump hat. In der CIA-Zentrale in Langley ist das mit Aufatmen zur Kenntnis genommen worden.

Pompeo hat das Vertrauen nutzen können, um der Behörde neues Selbstvertrauen zu geben. Wichtige Posten hat er mit erfahrenen CIA-Leuten besetzt. Trumps Leute blieben außen vor. Was geholfen hat, die Unabhängigkeit der CIA zu garantieren.

Ähnliches hoffen jetzt die Mitarbeiter im Außenministerium. Unter Rex Tillerson waren die Drähte ins Weiße Haus mehr oder minder gekappt. Trump hatte das ehrwürdige State Department zur Bedeutungslosigkeit degradiert. Kaum etwas, das Tillerson machte, stellte Trump zufrieden.

Jetzt aber stehen die wohl schwierigsten Verhandlungen in der bisherigen Amtszeit von Donald Trump an. Im Mai soll es direkte Gespräche zwischen ihm und Nordkoreas Diktator Kim Jong-un geben. Diese müssen gut vorbereitet werden. Eine Riesenaufgabe für das Außenministerium. Dass Trump und Pompeo sich gut verstehen, ist da eine gute Ausgangslage.

Nur in einer Frage laufen Trump und Pompeo nicht synchron: Ob, und wenn ja, wie sehr, Russland in die US-Wahl 2016 eingegriffen hat. Die CIA kommt zu dem Schluss: Russland hat. Und zwar erheblich. Trump hält das alles für eine Farce. In einer Anhörung ließ sich Pompeo allerdings zu der Behauptung hinreißen, die Einflussnahme Russlands habe nach CIA-Informationen keine Auswirkung auf die Wahl gehabt. Die CIA-Erkenntnisse geben so eine Aussage allerdings nicht her. Die Behörde verschickte eine Klarstellung - ein seltener Vorgang. Pompeo wiederholte seine Formulierung seither nicht mehr.

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