Süddeutsche Zeitung

Polizeikontrolle von Journalisten bei Pegida:Sachsens SPD-Chef kritisiert Koalitionspartner CDU

  • Der sächsische SPD-Chef Dulig wirft dem Koalitionspartner CDU vor, mitverantwortlich zu sein für die Verharmlosung rechter Tendenzen im Freistaat.
  • Auslöser war das Vorgehen der Dresdner Polizei gegen Journalisten am Rande einer Pegida-Demonstration.
  • Dulig forderte Konsequenzen für den LKA-Mitarbeiter, der bei Pegida mitlief und dabei die Polizeikontrolle der Journalisten auslöste.
  • Besonders verärgert ist Dulig über Ministerpräsident Kretschmer, der der Polizei über Twitter attestiert hatte, ordnungsgemäß gehandelt zu haben.

Die Vorgänge rund um das umstrittene Vorgehen der Dresdner Polizei gegen Journalisten am Rande einer Demonstration der radikal rechten Pegida-Bewegung verschlechtern das Klima in der sächsischen Staatsregierung. Momentan regieren in Dresden die CDU mit der SPD als Juniorpartnerin, welche die Konservativen nun kritisiert. Der SPD-Landesvorsitzende und stellvertretende Ministerpräsident Martin Dulig gibt der CDU indirekt eine Mitverantwortung für die Vorgänge rund um das umstrittene Vorgehen der Polizei gegen Journalisten bei einer ausländerfeindlichen Pegida-Demonstration in Dresden.

Dabei war bekannt geworden, dass der Auslöser der Polizeikontrolle ein Demonstrant war, der beim Landeskriminalamt arbeitet. "Wir haben jahrelang eine Verharmlosung von bestimmten rechten Tendenzen in Sachsen gehabt. Von daher sind wir jetzt konfrontiert mit den Auswirkungen auch der Versäumnisse der letzten Jahrzehnte", sagte Dulig in der ARD. In den letzten Jahrzehnten hatte die CDU allein oder mit der FDP regiert.

Für den LKA-Mitarbeiter müsse der Vorfall Folgen haben. "So wie die Dinge sich darstellen, kann es nicht ohne Konsequenzen bleiben", sagte Dulig. Er wolle sich gar nicht vorstellen, dass "solche Leute an sensible Daten kommen, dass sie diesen Staat vertreten". Mit Blick auf das Agieren der Polizei fügte er hinzu: "Was man machen sollte, ist, dass man in Einsatzbefehlen den klaren Hinweis gibt, dass die Arbeit von Journalisten zu unterstützen ist." So sei es auch in anderen Bundesländern üblich.

Dulig griff Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) direkt an, der nach dem Vorfall in Dresden der Polizei via Twitter die "Ordnungsmäßigkeit" ihres Einsatzes bescheinigt hatte, durch den das ZDF-Team vorübergehend an seiner Arbeit gehindert worden war. "Ich habe mich (...) sehr geärgert", sagte Dulig zum Tweet von Kretschmer. Nun sei eine Versachlichung der Debatte nötig. Man dürfe nicht das ganze Land Sachsen für diese Vorgänge in Haftung nehmen.

Zugleich warnte Dulig vor Pauschalurteilen über Sachsen. "Wir dürfen nicht das ganze Land in Geiselhaft von Rechten nehmen, das wird der Vielfalt und den Menschen hier nicht gerecht. Wenn man das Urteil über dieses Land schon wieder gesprochen hat, treibt man genau diejenigen wieder in die Arme derjenigen, wo wir sie genau nicht hinhaben möchten."

Bei Protesten gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der vergangenen Woche hatte sich ein Demonstrant lautstark gegen ZDF-Filmaufnahmen gewehrt und den Journalisten vorgeworfen, eine Straftat zu begehen, indem sie ihn filmten. Daraufhin kontrollierte die Polizei das ZDF-Team, das erst nach einer Dreiviertelstunde wieder seiner Arbeit nachgehen konnte. Später stellte sich heraus, dass es sich bei dem Demonstranten um einen LKA-Mitarbeiter handelte.

Der Vorfall hatte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einem Besuch in Tiflis veranlasst, den hohen Rang der Pressefreiheit zu betonen.

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