USA:Der Senator, der das fast Unmögliche schaffen soll

Senator Tim Scott, a Republican from South Carolina, speaks at the Senate Small Business and Entrepreneurship Hearings t

Senator Tim Scott ist der einzige Afroamerikaner unter den republikanischen Senatoren.

(Foto: imago images/UPI Photo)

Der Republikaner Tim Scott soll die Polizei reformieren. Der zurückhaltende Politiker aus dem Süden hat selbst oft Rassismus erlebt.

Von Hubert Wetzel, Washington

Plötzlich will jeder in Washington etwas gegen Rassismus und Brutalität bei der Polizei tun. Im Weißen Haus arbeitet Präsident Donald Trump an einem Dekret. Im Abgeordnetenhaus arbeiten die Demokraten an ihrem eigenen Gesetzentwurf. Und im Senat arbeitet Tim Scott an einem Maßnahmenpaket, das nicht nur so formuliert sein soll, dass es in beiden Parlamentskammern genügend Stimmen von Republikanern und Demokraten bekommt, sondern danach auch noch von Trump unterzeichnet wird.

Das zu schaffen, sei "fast unmöglich", urteilte das Internetmagazin Politico vor einigen Tagen. Tim Scott weiß das. "Wenn Gott uns nicht seinen Segen gibt, dann ist alles vergebens", sagte er.

Andererseits: Dass Tim Scott überhaupt dorthin gelangen würde, wo er jetzt ist, war auch nie selbstverständlich. Der 54-Jährige ist in South Carolina in Armut aufgewachsen, seine Mutter hielt ihn und seine Brüder mit mehreren Jobs über Wasser. Nach der Schule ging er mit einem Football-Stipendium aufs College, er studierte Politikwissenschaft und eröffnete eine Versicherungsagentur. 1995 ging er zunächst in die Lokalpolitik, 2010 kandidierte er dann erfolgreich für einen Sitz im US-Abgeordnetenhaus. Ende 2012 ernannte die damalige Gouverneurin von South Carolina, Nikki Haley, ihn zum Senator, weil einer der beiden Sitze des Bundesstaates in der Kongresskammer frei geworden war. Seitdem ist Tim Scott der einzige Afroamerikaner unter den 53 republikanischen Senatoren.

Bei den meisten politischen Themen vertritt Scott orthodoxe konservative Positionen - er ist ein überzeugter Republikaner. Doch als Schwarzer aus dem Süden hat Scott das, was man "systemischen Rassismus" nennt, oft genug erlebt. Er sei zigmal bei Verkehrskontrollen von der Polizei gestoppt worden, hat er erzählt. Warum? Wegen seiner Hautfarbe. Selbst als er längst Senator war und die Anstecknadel trug, die ihn als Angehörigen der Kammer ausweist, habe ein Beamter der Capitol Police ihn im Kapitol einmal auf dem Gang angehalten. "Die Nadel kenne ich", habe der Polizist herausfordernd zu ihm gesagt. "Aber Sie kenne ich nicht."

Jetzt also soll Scott für die Republikaner ein Gesetz gegen Polizeigewalt schreiben. Das hat ihm viel Kritik von Linken eingebracht. Er sei ein Alibi-Schwarzer oder Laufbursche einer Partei, die sich für Afroamerikaner nicht interessiere, wurde ihm vorgeworfen. Das Wort "boy" fiel - ein hässlicher, rassistischer Ausdruck für einen Afroamerikaner. Scott blieb ruhig und wehrte sich mit dem Hinweis, dass in der demokratischen Senatsfraktion auch nur zwei Schwarze säßen. Das sei ja auch keine sehr beeindruckende Bilanz.

Scott ist ein zurückhaltender Politiker. Doch vielleicht macht ihn das zu einem guten Vermittler. Denn es gibt im Kongress zwar viele Ideen dazu, was man gegen Polizeibrutalität unternehmen könnte, aber keine klare Linie. Die Demokraten wollen nationale Vorgaben für die Tausenden lokalen Polizeibehörden machen und problematische Police Departments bestrafen können. Außerdem soll die juristische Immunität von Polizisten eingeschränkt werden. Den Republikanern geht so viel Kontrolle aus Washington zu weit. Sie wollen zunächst nur die Polizeiausbildung verbessern und eine Datenbank einrichten, in der Informationen über rassistische Vorfälle und Beamte gesammelt werden. Was Trump will? Wer weiß.

Klar ist jedoch, dass die Bereitschaft im Parlament vorhanden ist, etwas zu tun. Das wurde diese Woche auch deutlich, als der Verteidigungsausschuss des Senats mit den Stimmen fast aller Republikaner dafür votierte, Militärstützpunkte umzubenennen, die die Namen von Südstaaten-Generälen tragen. Die republikanischen Senatoren stellten sich damit direkt gegen Trump, der das ausdrücklich abgelehnt hatte. Ein tief gläubiger Mensch wie Tim Scott könnte darin ein Zeichen sehen, auf welcher Seite in der Debatte der Segen Gottes liegt.

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