NYPD:New Yorks Polizei bekommt erstmals eine Chefin

Nassau County Chief of Detectives Keechant Sewell announced as first ever female NYPD Commissioner, in Queens, New York City

Bislang leitete Keechant Sewell die Polizei in einem großen Bezirk vor den Toren New Yorks - doch das war kein Vergleich mit der riesigen Stadt und ihren Problemen, die sie jetzt erwarten.

(Foto: Andrew Kelly/Reuters)

Keechant Sewell wird oberste Polizistin von New York City. Sie erwartet ein harter Job: Die Gewalt ist gestiegen und das Vertrauen in die Polizei so niedrig wie selten.

Von Hubert Wetzel, Washington

Allein die Zahlen lassen erahnen, was auf Keechant Sewell zukommt: Bisher hatte sie einen hohen Führungsposten in der Polizeibehörde von Nassau County inne, eines Bezirks auf Long Island, ein Stückchen östlich von New York City. In Nassau County leben knapp 1,4 Millionen Menschen, die Polizei dort hat etwa 2400 Beamte. Künftig soll Sewell das New York City Police Department (NYPD) leiten, die größte Polizeibehörde der Vereinigten Staaten. Sie wird fast 35 000 uniformierte Beamte sowie 17 000 Zivilangestellte befehligen und für die Sicherheit von 8,4 Millionen Einwohnern verantwortlich sein. Das ist, um es vorsichtig auszudrücken, eine andere Liga.

Und damit hören die Herausforderungen nicht auf. Sewell ist die erste Frau an der Spitze des NYPD und erst die dritte Afroamerikanerin in diesem Amt. Die Behörde, die sie im Januar übernehmen soll, ist allerdings immer noch weiß und männlich geprägt. Schwarze Frauen sind unter den New Yorker Polizisten stark unterrepräsentiert, vor allem in den höheren Rängen. Dort dominieren nach wie vor Männer, deren Familien einst aus Irland oder Italien in die USA eingewandert sind. Zudem gibt es in einer amerikanischen Großstadt kaum eine wichtigere Behörde als die Polizei, das gilt für New York City ganz besonders. Ob die Busse pünktlich fahren oder der Müll zuverlässig abgeholt wird, ist im Vergleich zu der Frage, ob die Bewohner - und die Touristen - Angst davor haben müssen, auf der Straße er- oder angeschossen zu werden, eher zweitrangig.

Sewell ist zweifellos eine qualifizierte Polizistin, sie hat 23 Jahre lang für das Nassau County Police Department gearbeitet, unter anderem für das Drogendezernat. Aber in einem Umfeld wie New York City - weniger reich, weniger weiß und deutlich krimineller als der Nachbarbezirk - war sie noch nie längere Zeit im Einsatz. Dass der neue demokratische New Yorker Bürgermeister Eric Adams, der früher selbst im NYPD gedient hat, eine Frau ins Amt des Police Commissioner berufen würde, war klar - dafür war die Zeit reif. Dass er den Posten jetzt an Sewell vergeben und dabei erfahrenere Kandidatinnen aus dem NYPD und anderen Städten übergangen hat, ist hingegen eine Überraschung.

Polizeiarbeit ist in den USA politisch extrem heikel geworden

Die Entscheidung zeigt, wie viel Vertrauen der neue Bürgermeister in die neue Polizeichefin setzt. Polizeiarbeit ist in den USA zu einem politisch extrem heiklen Betätigungsfeld geworden. Auf der einen Seite haben es Bürgermeister, Stadträte und Polizeikommandeure mit einer rasanten Zunahme der Gewalt- und Schusswaffenkriminalität zu tun. Wie in vielen amerikanischen Städten ist auch in New York City die Zahl der Morde im ersten Pandemiejahr 2020 um mehr als 40 Prozent gestiegen. Seither stagniert sie auf diesem hohen Niveau.

Auf der anderen Seite ist das öffentliche Vertrauen in Polizeikräfte seit vergangenem Sommer, als in Minneapolis der Schwarze George Floyd von einem weißen Polizisten ermordet wurde und überall im Land Proteste losbrachen, deutlich gesunken. Der ehemalige Polizist Adams hat sich im Wahlkampf zwar klar gegen die bei linken Demokraten beliebte Forderung gestellt, das Polizeibudget zusammenzustreichen. Aber dem politischen Druck, den die "Black Lives Matter"-Bewegung ausübt, werden er und Sewell sich nicht völlig entziehen können. Es war kein Zufall, dass zum Auswahlverfahren für die neue New Yorker Polizeichefin eine simulierte Pressekonferenz gehörte, bei der die Kandidatinnen dazu befragt wurden, warum ein weißer Polizist einen Schwarzen getötet habe. Keechant Sewell hat diesen Test offenbar bestanden.

Zur SZ-Startseite
USA: Donald Trump und Stabschef Mark Meadows

Angriff auf das US-Kapitol
:Parlament für Anklage gegen Trumps Ex-Stabschef

Das Repräsentantenhaus stimmt mit der Mehrheit der Demokraten für eine Anklage gegen Mark Meadows. Der weigert sich, an der Aufarbeitung des Aufstandes vom 6. Januar mitzuwirken. Ob es zu einer Anklage kommt, muss jetzt das Justizministerium entscheiden.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: