Politskandal um Bo Xilai:Chinesisches Gericht verurteilt Ex-Polizeichef

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Er war ein enger Vertrauter Bo Xilais und gilt als Schlüsselfigur im Skandal um den geschassten Spitzenpolitiker: Ein Gericht in China hat Wang Lijun, den früheren Polizeichef der Millionenmetropole Chongqing, zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt - wegen Machtmissbrauch, Korruption und Fahnenflucht.

Die Schlüsselfigur im Skandal um den entmachteten chinesischen Spitzenpolitiker Bo Xilai ist zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Wang Lijun, ehemaliger Polizeichef, Vizebürgermeister der Millionenmetropole Chongqing und Vertrauter Bo Xilais, hatte die Politaffäre im Frühjahr ins Rollen gebracht. Er akzeptierte die Strafe und will keine Berufung einlegen.

Bestechlichkeit, Rechtsbeugung, Fahnenflucht: Ein chinesisches Gericht hat den früheren Polizeichef von Chongqing, Wang Lijun (hier auf einem Bild vom 18. September), in mehreren Anklagepunkten schuldig gesprochen.  (Foto: AFP)

In der 15-jährigen Haftstrafe gegen den Ex-Polizeichef kombinierte das Volksgericht in der Stadt Chengdu mehrere Verurteilungen. Wang Lijun erhielt sieben Jahre wegen Rechtsbeugung, auch weil er den Mord anfangs gedeckt hatte. Zwei Jahre wurden wegen Fahnenflucht verhängt, weil er ins US-Konsulat geflüchtet war. Für Korruption gab es neun Jahre und weitere zwei für Machtmissbrauch.

Mit seinen Enthüllungen hatte Wang Lijun die größte Krise in der jüngeren Geschichte der Kommunistischen Partei Chinas ausgelöst. In dem Politkrimi war der mächtige Parteichef von Chongqing, Bo Xilai, im Frühjahr gestürzt worden. Gegen das Ex-Politbüromitglied ermittelt die Partei wegen "schwerer disziplinarischer Verstöße". Seine Frau Gu Kailai erhielt im August wegen Mordes an dem befreundeten britischen Geschäftsmann Neil Heywood ein Todesurteil auf Bewährung.

In dem Gerichtsverfahren war der Verdacht aufgekommen, dass der gestürzte Bo Xilai den Giftmord seiner Frau gedeckt haben könnte. Wang Lijun habe ihn im Januar über den dringenden Verdacht unterrichtet, dass seine Frau den Briten ermordet haben könnte. Ein wütender Bo Xilai habe ihn mit einer Ohrfeige zurückgewiesen, hieß es in Zeugenaussagen.

Politisch unsichere Atmosphäre

Die Auseinandersetzung führte zum Zerwürfnis zwischen beiden. Am Ende flüchtete Wang Lijun aus Angst um sein Leben in das US-Konsulat, wo er ebenfalls über den Mordverdacht sprach. Experten gehen davon aus, dass der Spitzenpolitiker Bo Xilai möglicherweise ebenfalls angeklagt wird. Es scheint aber ungewiss, ob ein solch spektakulärer Prozess noch vor dem im Oktober erwarteten Parteitag stattfinden wird.

"Die Strafe liegt in einem normalen Umfang", sagte seine Verteidigerin Wang Yuncai telefonisch der Nachrichtenagentur dpa in Peking. Dem 52-Jährigen hatte auch die Todesstrafe oder lebenslange Haft gedroht. "Aber rechtlich gab es viele Umstände in diesem Fall, die zu einer milderen Strafe führen konnten", sagte die Anwältin. So war der Ex-Polizeichef geständig und hatte kooperiert.

In der gegenwärtig politisch unsicheren Atmosphäre gibt es bislang allerdings nicht einmal ein offizielles Datum für den 18. Parteikongress, auf dem der seit Jahren vorbereitete Generationswechsel in der Parteiführung besiegelt werden soll. Der 59-jährige Vizepräsident Xi Jinping soll das Ruder als künftiger Staats- und Parteichef von Hu Jintao übernehmen, der mit 69 Jahren abtritt.

Nach Informationen aus chinesischen Medienkreisen soll der nur alle fünf Jahre stattfindende Parteitag am 18. oder 19. Oktober beginnen, doch gibt es dafür bislang keine Bestätigung. Das Vorgehen gegen Bo Xilai ist politisch schwierig, weil er als Sohn des Revolutionärs Bo Yibo, einem der einst "acht Unsterblichen" der Partei, großes Ansehen genießt.

Auch haben ihn die linkskonservativen Kräfte in der Partei zu ihrer Galionsfigur erhoben, weil er in Chongqing eine stark sozialistische Politik verfolgt und klassische maoistische Traditionen wiederbelebt hatte. Vor seinem Sturz waren ihm gute Chancen auf einen Aufstieg in die neue Führungsmannschaft nachgesagt worden.

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