Am Wahlabend 2017 ist das Entsetzen groß in der Republik: Mehr als zwölf Prozent für die teilweise rechtspopulistische, teilweise rechtsradikale Alternative für Deutschland (AfD) - das wollten bis zu diesem 24. September viele für unmöglich halten. Doch als die Wahllokale geschlossen sind, gibt es kein Vertun mehr und keinen Zweifel: Auch in Deutschland feiert eine Ausländer- und islamfeindliche Partei Triumphe.
Sie hat ihren Erfolg nicht mit einem ausgeklügelten Programm oder einer positiven Idee errungen. Angst ist zu ihrem größten Verbündeten geworden. Die Angst vor Ausländern und Flüchtlingen; die Angst vor Abstieg und Arbeitsplatzverlust; die Angst vor Armut und Abgehängtwerden. Es ging ihr um die Wut gegen Ausländer, um den Zorn auf eine vermeintlich entrückte Elite. Es ging ihr um den Hass auf eine Kanzlerin, die das Land noch einmal ganz neu für alles Fremde geöffnet habe. Auch wenn die AfD, wenn Trump und die Brexiteers vorgeben, etwas beschützen zu wollen - sie möchten nichts heilen oder verbinden. Sie wollen trennen und spalten.
Aus diesem Grund wird es höchste Zeit, dass sich die anderen Parteien bewusst machen, was da passiert ist. Bemerkenswert ist nicht der Fremdenhass und auch nicht die Tatsache, dass dieser Haltung sozial Schwache wie gut Betuchte erliegen können. Bemerkenswert ist, dass es der AfD wie keiner anderen Partei gelungen ist, ihre Auftritte und ihre Kampagne mit einer mächtigen Leidenschaft aufzuladen. Bei keiner anderen Partei war die Stimmung so angeheizt, keine Partei entwickelte auch nur annähernd so viel Energie; bei keiner waren Anziehung und Abstoßung so stark wie bei der Alternative für Deutschland.
Damit hat sie 2017 wiederholt, was die Brexit-Anhänger und das Trump-Team 2016 vorgemacht haben: Wer siegen will, muss die Energie und die Leidenschaft auf seiner Seite haben. Wer genau hinsah, konnte diesen Unterschied zwischen Brexit-Anhängern und EU-Befürwortern in Großbritannien präzise studieren; wer mit offenen Augen durch die Welt geht, konnte ihn im Vergleich zwischen Clinton- und Trump-Veranstaltungen binnen Minuten ausmachen. Und wer wirklich verstehen wollte, was da geschieht, konnte dem gleichen Phänomen im Herbst 2017 in Deutschland begegnen.
Nicht die ruhige Analyse, nicht die sachliche Begründung bewegte Millionen Wähler dazu, der AfD ihre Stimme zu geben. Zum Sieg verhalf ihr eine ungezügelte Emotion, oft vermengt mit der Ablehnung aller Fakten. Hauptsache Zorn auf die Eliten, Hauptsache Hass gegen die Vertreter eines demokratischen Liberalismus.