Politische Krise in Bagdad:Irakischer Vize-Präsident zum Tode verurteilt

Die politische Lage im Irak wird zunehmend instabil, der Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten fordert immer mehr Todesopfer. Nun ist der irakische Vizepräsident Tariq al-Haschemi in Abwesenheit zum Tod verurteilt worden. Das Urteil gegen den flüchtigen Sunniten dürfte die Krise weiter verschärfen.

Der irakische Vizepräsident Tariq al-Haschemi ist in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden. Der sunnitische Politiker sei für den Tod eines Anwalts und eines Generals verantwortlich, teilte ein Gericht in der Hauptstadt Bagdad mit. Sein Privatsekretär und Schwiegersohn Ahmed Kahtan wurde ebenfalls zum Tode verurteilt.

Al-Haschemi wird wegen Verdachts auf "Führung und Finanzierung terroristischer Anschläge" per internationalem Haftbefehl in den 190 Mitgliedsstaaten von Interpol gesucht. Der sunnitische Politiker der Irakischen Islam-Partei (IIP) war Ende 2011 in die autonomen Kurdengebiete im Nordirak geflohen, nachdem der schiitische Ministerpräsident Nuri al-Maliki einen Haftbefehl gegen ihn veranlasst hatte. Anfang April 2012 reiste al-Haschimi dann nach Katar aus, anschließend nach Saudi-Arabien und von dort aus weiter in die Türkei. Al-Haschemi war zuletzt am vergangenen Freitag in Istanbul gesehen worden. Ob er sich noch immer in der Türkei aufhält, ist unklar.

Al-Maliki wirft dem Vizepräsidenten vor, Leibwächter finanziell unterstützt zu haben, die in Anschläge verwickelt waren. Im Staatssender Al-Iraqia wurden 2012 wurden Geständnisse von drei seiner Leibwächter gezeigt, nach denen er sie zu neun Bomben- und Mordanschlägen zwischen 2009 und 2011 angestiftet haben soll. Er soll sich an einem Attentat gegen al-Maliki beziehungsweise an einem Anschlag auf den Repräsentantenrat im November beteiligt haben. Einer der Leibwächter kam in der Folge ums Leben.

Der Sekretär von al-Haschemi habe die Taten koordiniert. Insgesamt soll er für 150 Terror- und Mordanschläge verantwortlich gewesen sein. Außerdem soll al-Haschemi einen Putsch vorbereitet haben. Al-Haschemi selbst weist die gegen ihn erhobenen Vorwürfe als politisch motiviert zurück.

Islamistische Terroranschläge erschüttern das Land

Die Verurteilung verschärfte den innenpolitischen Machtkampf zwischen Sunniten und Schiiten im Irak, der seit dem Abzug der US-Truppen wieder stark zugenommen hat. Das Verhältnis zwischen der schiitischen Bevölkerungsmehrheit (etwa 60 Prozent) und der sunnitischen Minderheit (etwa 20 Prozent) ist immer noch sehr angespannt.

In den vergangenen Monaten erschütterten immer wieder Anschläge islamistischer Extremisten und Al-Qaida-Verbündeter das Land. Bombenterror gehört immer noch zum Alltag im Irak, auch wenn die bürgerkriegsartigen Konflikte 2006 und 2007 mit Tausenden Toten ihren Höhepunkt erreicht hatten. Meist werden sie dem irakischen Ableger des Terrornetzes al-Qaida zugeschrieben.

Bei einer aktuellen Anschlagsserie sind dabei mehrere Dutzend Menschen ums Leben gekommen. Einer der schwersten Angriffe traf einen Militärstützpunkt in dem nördlich von Bagdad gelegenen Dudschail, wo Bewaffnete und ein Selbstmordattentäter einen Militärstützpunkt angriffen. Der Polizei zufolge wurden dabei elf Soldaten getötet und sieben weitere verletzt.

Zudem detonierte eine Autobombe vor einem französischen Konsulargebäude in der sonst vergleichsweise ruhigen Stadt Nassirija, 300 Kilometer südlich der Hauptstadt. Dabei wurde ein Wachmann getötet, wie die Polizei weiter mitteilte. Vier weitere Beamte wurden verletzt. Zunächst bekannte sich niemand zu den Anschlägen, die auch Orte wie Kirkuk, Amara, Samarra und Basra trafen.

Im nordirakischen Kirkuk tötete eine Autobombe acht Menschen, die sich als Polizeiwachen für einen irakischen Ölkonzern bewerben wollten. Zwei Autobomben rissen in Amara mindestens 16 Menschen in den Tod, wie aus Polizei- und Krankenhauskreisen verlautete.

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