Einfach nicht abtreten. Guilio Andreotti, Jahrgang 1919, war darin der unangefochtene Großmeister. Von 1948 bis 1992 gehörte der Christdemokrat beinah durchgängig der italienischen Regierung an. Innenminister, Finanziminister, Verteidigungsminister, Minister für Industrie, Handel und Handwerk, Minister für Haushalt und Wirtschaftsplanung, Außenminister. Andreotti ließ nichts aus.
Zum Ministerpräsidenten wurde er insgesamt sieben Mal gewählt. Für den überzeugten Katholiken sicherlich eine bedeutsame Zahl, immerhin gibt es sieben christliche Tugenden ebenso wie sieben Todsünden. Obwohl sich Andreotti jeden Morgen um sechs Uhr beim Beten zeigte, trauten ihm nicht alle ein tugendhaftes Leben zu: immer wieder wurde ihm vorgeworfen, mit der Mafia zu kooperieren. Sogar des Auftrags zum Mord wurde er beschuldigt. Doch keiner der Gerichtsprozesse gegen Andreotti führte zu seiner Verurteilung.
Andreotti blieb bei all der Aufregung gelassen. "Die Macht reibt nur den auf, der sie nicht hat", ließ er sich gern zitieren. Und als sich die Kritik immer weiter häufte, kommentierte er lässig: "Das einzige, wofür man mich nicht für verantwortlich hält, sind die Punischen Kriege weil ich damals noch zu jung war." Mit derart markigen Aussprüchen und seinem leichten Buckel eignete sich der Politiker so perfekt als Prototyp des fiesen Machtmenschen, dass sein Leben schließlich als Politsatire verfilmt wurde.
2008 kam "Il Divo" von Paolo Sorrentino in die Kinos. Die Frage, wie Andreotti es schaffte, so lange an der Macht zu bleiben, beantwortete der Film eindeutig: Il Divo, die Diva, ist ein intriganter Verbrecher. Andreottis Reaktion: "Dieses Werk ist eine Niederträchtigkeit. Ein boshafter Film." Allzusehr aufgerieben dürfte ihn der Film dennoch nicht haben. An seiner Position als Senator auf Lebenszeit änderte er schließlich nichts. Jetzt ist er im Alter von 94 Jahren gestorben.