Politiker im Urlaub:Mit Bambi und Brusthaar

Ein echter Politiker kennt keine Ferien. So muss auch der Familienurlaub als Bühne für makellose Inszenierungen herhalten. Nicht immer erfolgreich.

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Bei standesgemäßen Urlaubsfotos von Politikern gibt es mehrere Regeln zu beachten. Die wichtigste: Niemals lächerlich wirken oder sich allzu freizügig zeigen. Denn ein weißes Bäuchlein, nicht mehr allzu straff, lässt die immer wieder beschworene Disziplin unglaubwürdig dastehen. Reichspräsident Freidrich Ebert (rechts) und Reichswehrminister Gustav Noske hatten im Sommer 1919 offenbar noch nicht von dieser Regel gehört. Gut gelaunt und so gar nicht staatsmännisch zeigten sie sich in schlabbrigen Badehosen in der Ostsee. Schon drei Monate später musste Ebert den fröhlichen Schnappschuss bereuen - am Tag seiner offiziellen Vereidigung veröffentlicht eine Tageszeitung das Foto großformatig. Der Reichspräsident wurde zum Gespött der Antidemokraten, die keine Gelegenheit ausließen, um die junge Weimarer Republik zu demontieren. Foto: bpk-Images

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In den Anfängen der Bundesrepublik versuchte man solche Fauxpas durch inszenierte Bilder auszuschließen. Dennoch ist unfreiwillige Komik nicht ausgeschlossen: 1959 spielte Wirtschaftminister Ludwig Erhard mit seinen Enkelinnen im Garten seines Hauses am Tegernsee Ball. In alltäglicher Gewohnheit, wie ein Fabrikschlot dampfend, mit Pomade im Haar und im feinen Stöffchen stand er ziemlich unbeweglich da. Foto: dpa (aus: "Bin baden!", Köln 2010)

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Nicht mal im Urlaub verzichteten Politiker damals auf gebügelte Oberhemden, damit die vermeintliche Autorität keinen Schaden nimmt. So auch Konrad Adenauer. Korrekt im Anzug gekleidet spielte der damalige Bundeskanzler 1963 eine Partie Boccia. Auch bei mediterraner Hitze im italienischen Cadenabbia mochte der CDU-Politiker seinen Dienstdress lieber nicht gegen Freizeitkleidung eintauschen. Foto: AP

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Ging es in den Wirtschaftwunderjahren noch darum, sich vor allem seriös zu präsentieren, sollten die Urlaubsreportagen der späteren Regierungschefs Charakter zeigen - positiven natürlich. Als Kapitän bediente Helmut Schmidt 1978 ein Bild, das nur so vor Symbolik strotzt. Gemütlich schipperte der Bundeskanzler auf seinem Segelboot "Mistral" durch die Kieler Bucht. Stolz, Freiheit, Besonnenheit. Bei diesen Attributen durfte ausnahmsweise die ansonsten obligatorische Mentholfluppe fehlen. Foto: dpa

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Hoppla! Da brach doch glatt der Zaun unter Vati zusammen. Schon vor seinem Posten als Regierungschef der Bundesrepublik ließ sich Helmut Kohl mit seiner Familie möglichst unspontan und fröhlich von angeheuerten Fotografen in Szene setzen. Das ist gut fürs Image. Bei diesem Sommerurlaub in St. Gilgen hielt der rustikale Zaun der Kohlschen Idylle jedoch nicht stand. Foto: dpa (aus: "Bin baden!", Köln 2010)

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Viele Jahre nach dem Ebert-Fall trauten sich einige Politiker wieder in Badehosen vor die Kameras. So wie der ehemalige Bundesaußenminister Klaus Kinkel. 1994 zeigte er auf der Insel Juist offen Brusthaar und Sonnenbrand. Selbstbewusst und zukunftsweisend deutete er in die Ferne, während er mit seinem Amtskollegen aus der Schweiz, Flavio Cotti, durch die Nordsee stapfte. Foto: dpa

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Die Kohls vertrauten auf die Wirkung von konservativen Motiven. Große braune Augen und kuscheliges Fell waren 1994 ihre Garanten für einen heimeligen Urlaubsgruß aus dem österreichischen St. Gilgen. Mit perfekt aufeinander abgestimmtem Outfit in Creme und Rot fütterte Hannelore Kohl ein kleines Rehkitz, dessen Mutter wahrscheinlich das gleiche grausige Schicksal ereilt hat, wie einst Bambis Mutter. Oh weh. Gut, dass der deutsche Bundekanzler gerade zur Stelle war, um das possierliche Tierchen zu retten. Foto: AP

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Norbert Blüm ist eine richtige Frohnatur. Und auf dem Kopf stehen kann er auch noch. Das demonstrierte der CDU-Politiker 1997 während einer Dienstreise in Nepal mit vollem Körpereinsatz. Das Bild zeigt: "Seht her, ich bin für jeden Spaß zu haben und total locker." Ob das Wählerstimmen eingebracht hat, ist jedoch fraglich - ein Jahr später ging die Ära Kohl zu Ende. Foto: dpa (aus: "Bin baden!", Köln 2010)

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Der ehemalige Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) inszenierte sich als Sportsfreund. Regelmäßig wurde er beim Wandern oder auf dem Fahrrad abgelichtet. Doch bei dieser Fahrradtour 1997 in der Nähe vom bayerischen Mindelheim wirkte sein Outfit, bestehend aus Bundfaltenhose, weißen Turnschuhen und Kinderfahrradhelm, nicht ganz so sportlich, wie er es sich vielleicht erhofft hatte. Foto: AP

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Politiker wollen heute möglichst dynamisch wirken. So wie Sigmar Gabriel (links) und Kurt Beck (rechts): Die beiden SPD-Politiker unternahmen 2000 genossenschaftlich eine Fahrradtour entlang der Mosel. Ein bodenständiges Freizeitvergnügen. Foto: dpa

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Auch auf die korrekt konservative Rollenverteilung wurde früher noch viel Wert gelegt. Bei einem kleinen Bootsausflug zur Insel Mainau ließ sich Angela Merkel 2000 die Umgebung vom Ministerpräsidenten Erwin Teufel ganz genau zeigen und erklären. Als Kanzlerin durfte sie diesen Part jetzt endlich selbst übernehmen. Foto: Reuters

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"Total verliebtes" Planschen auf Mallorca: Eigentlich wollte der damalige Verteidigungsminister 2001 sein Image aufpolieren. Volksnah, locker und auch ein bisschen albern zeigten sich Rudolf Scharping und seine Lebensgefährtin Kristina Gräfin Pilati-Borggreve im strahlend blauen Pool. Doch auch was gut inszeniert ist, muss nicht immer erfolgreich sein. Statt der erhofften Sympathien erntete das Pärchen am Ende nur öffentliche Häme und der Politiker den Beinamen Bin baden. Denn während der Verteidigungsminister sich im Pool vergnügte, befand sich die Bundeswehr mitten in ihrem ersten Kampfeinsatz auf dem Balkan. Die Opposition fand, dass das nicht zusammenpasse und forderte Scharpings Rücktritt, der mit etwas Verzögerung auch ein Jahr später folgte. Foto: dpa

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Wenn das mal kein Zufall war. Da trug doch Karin Stoiber 2004 passend zu den rosafarbenen Lupinen in den schweizer Bergen Polo-Shirt und Pullover. Und auch Edmund Stoiber ist ganz verzückt von der sommerlichen Blütenpracht... ...doch die Kameralinse konnte er nicht ganz außer Acht lassen und posierte gekonnt sympathisch vor den fluffigen Schönwetterwolken. Schließlich machen solche Bilder den ein oder anderen verbalen Ausrutscher im Job wieder wett. Foto: AP

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Ein wenig Folklore fürs Bild. Es wirkt sich immer gut auf das Image aus, wenn der urlaubende Politiker Interesse für die Kultur der Urlaubsregion zeigt. Mit einem Lächeln im Gesicht lauschten der damalige Bundespräsident Horst Köhler und Gattin Eva 2005 nach einer Wanderung im bayerischen Wald dem volkstümliche Programm von zwei Musikern. Dabei standen sie stets unter der Beobachtung zahlreicher Touristen, die auf einen Schnappschuss der prominenten Urlauber für das eigene Familienalbum hofften. Foto: AP

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Seit ihrem Amtsantritt als Bundeskanzelerin achtet Angela Merkel peinlich genau auf ihr Erscheinungsbild. Die Haare sind stets adrett frisiert und die Klamotten sind maßgeschneidert. Vergessen sind die Witzchen über fettige Strähnen und tiefe Augenringe. Doch im Sommerurlaub 2006 auf der italienischen Insel Ischia fiel die Kanzlerin plötzlich wieder in alte Verhaltensmuster zurück. Im Partnerlook spazierten sie und ihr Mann ganz unbedarft durch den Ort San'Angelo. Doch hatte Merkel nicht mit Paparazzis gerechnet, die ihre entlarvenden Kameras auf sie richteten. Da half nur noch ein Lächeln zur Schadensbegrenzung... Noch mehr Urlaubserinnerungen von Politikern zum Schmunzeln findet man im Buch "Bin baden! - Deutsche Politiker im Urlaub" von Markus Caspers, erschienen im Fackelträger-Verlag. Foto: dpa

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