Politiker:Ein Wort zu viel

In der Debatte nach Köln ist Einiges zu schnell und auch unüberlegt gesagt worden. Einer hat besonders daneben gehauen.

Von Nico Fried

Justizminister Heiko Maas hat viel gesagt, seit die Übergriffe aus der Silvesternacht in Köln bekannt geworden sind. Ein Pressestatement, zwei Interviews, darüber sollten sich Medien nicht beklagen, die Medien fragen ja auch an. Eine solche Häufung kann freilich dazu führen, dass ein Politiker die Verpflichtung fühlt, jedesmal was Neues, oder das schon Gesagte noch mal anders zu sagen. Irgendwann gehen dann die Worte aus. Oder man benutzt die falschen.

Einen Zivilisationsbruch hat Maas die Ereignisse in Köln genannt. Das hätte er besser nicht getan. Denn der Zivilisationsbruch ist ein Wort, das zwar für barbarische Verbrechen generell steht, mit Bezug auf Deutschland aber vor allem in Forschung und Publizistik zum Nationalsozialismus verwendet wird. Der Historiker Dan Diner hat dieses Wort geprägt, um der Singularität des systematisch geplanten Mordes an Millionen Juden einen eigenen Begriff zu geben, der gerade deshalb auch singulär bleiben sollte. Im deutsch-israelischen Verhältnis taucht dieses Wort immer wieder auf, der langjährige Botschafter in Deutschland, Shimon Stein wie auch Angela Merkel sprechen stets vom "Zivilisationsbruch der Shoah".

Die Übergriffe von Köln waren kriminell, verbrecherisch, widerlich. Aber es gibt bei aller verständlichen Empörung Worte, die darauf nicht passen - auch weil man seiner eigenen guten Absicht damit keinen Gefallen tut.

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