Politiker-Biografien:Deutscher Druck

Warum Barack Obamas Memoiren in Containern über den Atlantik reisen.

Von Thorsten Denkler

Manch einen mag es überraschen, aber die USA sind noch immer ein Bücher-Land. Nach Angaben des Verlegerverbandes kaufen die Amerikaner jedes Jahr 2,8 Milliarden Titel, das bedeutet einen Umsatz von etwa 26 Milliarden Dollar. Doch das kommende Buch von Barack Obama ist dann doch zu viel für die Branche.

Am 17. November wird weltweit der erste Teil seiner Memoiren "Ein verheißenes Land" in 25 Sprachen erscheinen, zwei Wochen nach der Präsidentschaftswahl. Auf Englisch natürlich, aber auch auf Deutsch, Spanisch, Arabisch, Chinesisch, Finnisch und Vietnamesisch. Erstauflage: drei Millionen Exemplare.

Doch nur zwei Millionen Bücher können in den USA gedruckt werden. Denn die Druckereien haben in diesem Wahlherbst reichlich zu tun mit anderen Polit-Bestsellern. Das Buch von Mary Trump über ihren Onkel im Weißen Haus hat sich allein in den ersten Wochen mehr als 1,5 Millionen Mal verkauft. Gerade erst ist das Enthüllungsbuch "Rage" ("Wut") der Washington-Post-Legende Bob Woodward über die Trump-Präsidentschaft erschienen. Es war schon Nummer drei auf der Amazon-Bestsellerliste, bevor es in den Läden lag. Jetzt ist es Nummer eins.

Wegen der Überlastung der Druckereien werden eine Million Obama-Bücher in Deutschland gedruckt. Verpackt in 112 Container gelangen sie auf drei Frachtschiffen in die USA.

In die Millionen geht auch das Honorar. Barack und seine Frau Michelle Obama haben mit dem Verlag Penguin Random House nach einem beispiellosen Bietergefecht ein gemeinsames Honorar von 65 Millionen Dollar ausgehandelt. Das Investment dürfte sich sogar gelohnt haben. Michelle Obamas Buch "Becoming" hat sich seit dem Erscheinen im November 2018 etwa 8,1 Millionen Mal verkauft.

Ein schöner Sprung in Barack Obamas persönlicher Gehaltsstatistik: Für sein erstes Buch "Dreams from My Father" ("Ein amerikanischer Traum"), 1995 bei Times Books erschienen, erhielt er einen Vorschuss von 40 000 Dollar. Obama hatte es eigentlich an den Verlag Simon & Schuster verkauft. Der aber kündigte ihm - Obama hatte zu lange gebraucht - und dürfte sich heute ärgern. Das Buch wurde inzwischen 3,3 Millionen Mal verkauft.

Anders als die meisten Politiker hat Obama keinen Schreiber engagiert, um seine Gedanken zu Papier zu bringen. Er schreibt noch selbst. Und das anerkanntermaßen gut. Obama wird als der literarischste Präsident seit Abraham Lincoln gefeiert. Neben "Ein amerikanischer Traum" wurde auch "Hoffnung wagen" zu einem Verkaufsschlager, das Buch, mit dem er seine Präsidentschaftskampagne 2008 vorbereitete.

Mit seinem jüngsten Werk hat Obama kurz nach dem Ende seiner Präsidentschaft begonnen. Und es nach dreieinhalb Jahren auf immerhin 768 Seiten gebracht. Er zeichnet darin seinen Werdegang ins Weiße Haus bis zu dem Tag nach, an dem 2011 Osama bin Laden getötet wurde, der Drahtzieher der Attentate vom 11. September 2001.

Wer also wissen will, wie Obama sich fühlte, als er am 20. Januar 2017 das Oval Office an Donald Trump übergab, der muss auf Teil zwei warten. Womöglich weitere vier Jahre.

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