Politik kompakt:Zahlreiche Tote bei Massaker in Syrien

Trotz offizieller Zugeständnisse von Präsident Assad - die Gewalt in Syrien ebbt nicht ab: Wenige Stunden bevor die ersten internationalen Beobachter in das Land kommen, berichten Aktivisten von neuen Massakern mit mehr als 100 Toten. Die Sicherheitskräfte dagegen spechen von der Bekämpfung von "Terroristen". Bundesaußenminister Westerwelle bestellt angesichts der Gewalt den syrischen Botschafter in Deutschland ein.

im Überblick

Wenige Stunden vor der Ankunft der ersten arabischen Beobachter in Syrien haben Aktivisten von neuen Massakern berichtet. In der Provinz Idlib seien am Mittwoch 70 Menschen getötet worden. In dem Dorf Flaifel hätten die Regierungstruppen ein Massengrab ausgehoben, um ihre Opfer dort zu verscharren. Die staatliche Nachrichtenagentur Sana meldete, die Sicherheitskräfte hätten in den Provinzen Idlib und Daraa Dutzende "Terroristen" festgenommen und zahlreiche Mitglieder "terroristischer Banden" getötet.

Zudem sollen bei einem Großangriff auf eine Ortschaft im Norden des Landes mindestens 100 Menschen getötet worden sein. Die Offensive gegen das Dorf Kfar Owaid sei ein "organisiertes Massaker" gewesen, sagte Rami Abdul-Rahman von dem in London ansässigen Syrischen Observatorium für Menschenrechte. Auch in anderen Landesteilen sollen Zivilisten ums Leben gekommen sein.

Die US-Regierung hatte am Dienstag wegen der jüngsten Berichte über Gräueltaten des Regimes von Präsident Baschar al-Assad dessen Rücktritt gefordert. Die Arabische Liga will ein erstes Team von 14 Diplomaten und Experten nach Damaskus schicken, das die geplante Beobachtermission vorbereiten soll. Rund 50 Beobachter, die bis Ende Dezember in Syrien eintreffen sollen, werden die Aufgabe haben, die Freilassung der Regimegegner und den Abzug der Armee aus den Städten zu überwachen.

Angesichts der zunehmenden Gewalt in dem Land hat Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) den syrischen Botschafter in Deutschland, Radwan Loutfi, erneut einbestellt. Der Beauftragte für Nah- und Mittelostpolitik, Boris Ruge, übermittelte dabei die Forderung der Bundesregierung nach einem sofortigen Ende der Gewalt. Die Bundesregierung werde mit ihren Partnern weiter den "politischen, diplomatischen und wirtschaftlichen Druck auf Syrien erhöhen", bis die syrische Führung sich an ihre internationalen Verpflichtungen halte, erklärte das Auswärtige Amt.

(dpa/dapd/AFP)

Israel weist die Kritik am Ausbau von Siedlungen scharf zurück, der Sparkurs des italienischen Regierungschefs Monti erhält die Zustimmung des Senats und der ukrainische Präsident hält eine Freilassung von Julia Timoschenko für denkbar. Lesen Sie hier weitere Meldungen.

Israel weist Kritik der EU scharf zurück

Israel hat Kritik von EU-Staaten am Ausbau seiner Siedlungen und an gewalttätigen Übergriffen militanter Siedler scharf zurückgewiesen. Die Europäische Union solle sich lieber um so brennende Themen wie das Blutvergießen in Syrien, den Aufbau der Demokratie in arabischen Staaten und die globale Gefahr einer iranischen Atombombe kümmern. Wenn die EU so weitermache, werde sie "irrelevant", stand in einer von israelischen Medien verbreiteten Erklärung des Außenministeriums.

Die derzeitigen EU-Mitglieder im UN-Sicherheitsrat Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Portugal hatten am Dienstag Israels Genehmigung für neue Wohnungsbauten in den als illegal angesehen Siedlungen im Westjordanland scharf kritisiert. Der Ausbau aller Siedlungen einschließlich derer im arabischen Ostteil Jerusalems müssten sofort beendet werden, stand in einer gemeinsamen Erklärung. Der fortdauernde Ausbau sei eine "verheerende Botschaft" für den Friedensprozess.

Offiziell hält die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ebenso wie der Westen und die Palästinenserführung an dem Ziel einer Zweistaatenlösung fest: Israel und ein Palästinenserstaat im Westjordanland und dem Gazastreifen.

(dpa)

Der drastische Sparkurs des italienischen Regierungschefs Mario Monti hat nach dem Billigung durch das Abgeordnetenhaus auch die breite Zustimmung des Senats erhalten. Bei einer Vertrauensabstimmung stellten sich in Rom 257 Senatoren hinter das Anti-Krisen-Programm der Regierung, 41 votierten dagegen. Damit kann Montis Maßnahmenbündel mit Steuererhöhungen und Rentenreform Gesetz werden. "Dieses äußerst dringliche Dekret versetzt Italien in die Lage, die schwerste Krise Europas erhobenen Hauptes anzugehen", erklärte Monti vor dem Votum. Hauptziel des Gesetzes ist ein ausgeglichener Staatshaushalt 2013.

Für sein Sparpaket von geschätzten mehr als 25 Milliarden Euro hatte Monti die Unterstützung der beiden größten Parteien, der PdL (Volk der Freiheit) Silvio Berlusconis und der Mitte-Links Partei PD (Demokratische Partei). Dagegen stimmten vor allem Senatoren der rechtspopulistischen Lega Nord und die Anti-Korruptionspartei IDV (Italien der Werte).

Der im November als parteiloser Chef einer Technokratenregierung eingesetzte Monti hatte zugesagt, sein erstes Sanierungspaket für das unter hoher Verschuldung und einsetzender Rezession leidende Italien noch vor Weihnachten Gesetz werden zu lassen.

(dpa)

Janukowitsch hält Freilassung von Timoschenko für denkbar

Der ukrainische Staatspräsident Viktor Janukowitsch hält eine Freilassung der inhaftierten Oppositionsführerin Julia Timoschenko für denkbar. Das sagte der Staatschef nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur RIA-Novosti vor der Fortsetzung des Berufungsprozesses gegen die ehemalige Regierungschefin am Donnerstag in Kiew.

"Ich habe nichts dagegen, dass Timoschenko unter gewissen vom Gesetz vorgesehenen Bedingungen freigelassen wird", sagte Janukowitsch, fügte allerdings hinzu, dass er kein Recht habe, sich in das Justizsystem einzumischen.

Westliche Beobachter halten die Aussage für wenig glaubhaft. Experten gehen davon aus, dass der Prozess gegen die wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Haft verurteilte Timoschenko aus dem Präsidentenpalast heraus gesteuert wird.

Timoschenko will unterdessen in ihrem Land nicht länger Berufung gegen ihre Haftstrafe einlegen, sondern ihren Fall vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bringen. Die Gerichte in der Ukraine würden alle von der Regierung kontrolliert, erklärte ihr Büro zur Begründung.

(dapd)

Bundesverfassungsgericht erweitert Gebührenbefreiung

Das Bundesverfassungsgericht hat die Befreiung von Rundfunkgebühren für Menschen mit geringem Einkommen erweitert. Liegen Sozialhilfeempfänger oder Geringverdiener nur knapp über dem Existenzminimum, darf sie die Rundfunkgebühr nicht unter das Existenzminimum drücken.

In den konkreten Fällen lagen eine alleinerziehende Sozialhilfeempfängerin und ein Rentner nur knapp über dem Existenzminimum. Weil sie einen geringen Zuschlag erhielten, der sie über die festgesetzte Mindestgrenze hob, verlangte der öffentlich-rechtliche Rundfunk die volle Gebühr. Die Öffentlich-Rechtlichen hatten ursprünglich bei jeder Überschreitung des Existenzminimums die Gebühr erhoben.

Das Bundesverfassungsgericht erklärte das für verfassungswidrig, weil die Betroffenen dann unter das gesetzlich anerkannte Minimum fallen würden. Die Gebühr darf künftig maximal so hoch bemessen werden, dass das Existenzminimum verschont bleibt. Nachdem die Alleinerziehende und der Rentner Verfassungsbeschwerde eingelegt hatten, zogen die Öffentlich-Rechtlichen die Gebührenerhebung zurück. Das Bundesverfassungsgericht entschied im Rahmen des Kostenersatzes nun dennoch über die beiden Fälle.

(dapd)

Mehrere Massengräber in Peru entdeckt

In Peru sind in den vergangenen Monaten mehrere Massengräber entdeckt worden, in denen die Leichname von rund 100 Opfern des blutigen Konflikts des Landes in den Jahren 1980 bis 2000 liegen könnten. Der Bürgermeister der in der Region Ayacucho gelegenen Stadt Ayahuanco sagte am Mittwoch (Ortszeit) der Nachrichtenagentur Andina, Zeugen hätten von acht bis 14 Massengräbern berichtet, die von Herbst an gefunden worden seien. Die menschlichen Überreste seien bei Arbeiten im Erdreich entdeckt worden.

Der Parlamentsabgeordnete Alberto Beingolea sagte dem Radiosender RPP, Bewohner der Region hätten ihm von zwölf bis 14 Gräbern berichtet, in denen die Überreste von insgesamt rund 100 Toten lägen. Demnach übernahm die für die rund 550 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Lima gelegene Region Ayacucho zuständige Staatsanwaltschaft die Ermittlungen.

Die Region stand im Mittelpunkt des Jahrzehnte währenden blutigen Konflikts zwischen Regierungstruppen und der maoistischen Guerilla-Gruppe Leuchtender Pfad. Der Leuchtende Pfad (Sendero luminoso) hatte 1979 einen "Volkskrieg" zum Umsturz der herrschenden Klasse ausgerufen. In dem folgenden 20-jährigen Gewaltkonflikt starben nach Schätzungen der peruanischen Wahrheits- und Versöhnungskommission rund 70.000 Menschen. 15.000 Menschen verschwanden spurlos. Immer wieder werden Massengräber gefunden.

(AFP)

Bischof räumt Fehler in Missbrauchsfall ein

Im Umgang mit einem jüngst bekannt gewordenen Missbrauchsfall durch einen Pfarrer in Saarbrücken-Burbach hat der Trierer Bischof Stephan Ackermann "gravierende Fehler" eingeräumt. Der Geistliche sei trotz eines Geständnisses und Hinweisen der Polizei im Januar dieses Jahres nicht beurlaubt worden, räumte Ackermann in einem offenen Brief ein.

Er habe an Messen und einer Kindergarten-Einweihung teilgenommen. Die Leitlinien für den Umgang mit sexuellem Missbrauch Minderjähriger seien "nicht konsequent" umgesetzt worden. Der im September pensionierte Pfarrer soll eine Ministrantin bereits über Jahre hinweg missbraucht haben.

(dapd)

Rumänische Regierung übersteht Misstrauensantrag

Die bürgerliche rumänische Regierung hat einen Misstrauensantrag der liberalen und sozialistischen Opposition überstanden. Damit gelten auch eine Änderung des Wahlgesetzes und die Einführung strengerer Vorschriften zur Ernennung der obersten Richter als angenommen.

Diese beiden Gesetze hatte Ministerpräsident Emil Boc an eine Vertrauensfrage gekoppelt, um sie schnell und sicher durch das Parlament zu bringen. Laut Neuregelung des Wahlgesetzes sollen künftig Parlaments- und Kommunalwahlen am selben Tag stattfinden. Die Regierung will damit Kosten sparen. Die Opposition kritisiert, dass die Zusammenlegung der Wahltermine die Regierungsparteien begünstige.

209 Parlamentarier stimmten für den Misstrauensantrag, so dass die 234 Stimmen, die für eine Abwahl der Regierung notwendig gewesen wären, nicht zusammenkamen. Die Regierungsfraktionen boykottierten fast vollzählig die Abstimmung, nur vier ihrer Parlamentarier gaben ein Votum ab. Boc hat die Kopplung von Gesetzesprojekten an eine Vertrauensfrage als Druckmittel für das Parlament nunmehr zum zehnten Mal angewandt. Diese Methode wird kritisiert, weil in diesem Fall die Gesetze ohne Debatte und Abstimmung als angenommen gelten, falls keine Fraktion einen Misstrauensantrag stellt. Kommt es zur Vertrauensabstimmung, kann das Gesetz nicht abgelehnt werden, ohne dass zugleich die Regierung fällt. So ein Verfahren gibt es auch in Frankreich.

(dpa)

Tunesischer Ministerpräsident stellt Regierung vor

Der designierte Ministerpräsident Tunesiens, Hamadi Jebali von der gemäßigt-islamistischen Ennahda-Partei, hat seine Koalitions-Regierungsmannschaft vorgestellt. Ennahda, die als stärkste Kraft aus den ersten freien Wahlen des nordafrikanischen Landes im Oktober hervorging, soll nach Angaben der Partei die Ministerien für Inneres, Justiz und auswärtige Politik besetzen.

Jebali hat seine Mannschaft von 30 Ministern und elf Staatssekretären der verfassungsgebenden Versammlung vorgestellt. Die wird in den nächsten Tagen über die Besetzung entscheiden. Die neue Koalitions-Regierung mit der Mitte-Links-Partei CPR (Kongress für die Republik) und der linksgerichteten Partei Ettakatol soll die Übergangsregierung ablösen, die nach der Vertreibung des Autokraten Zine el Abidine Ben Ali im Januar die Geschäfte geführt hatte.

(dpa)

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