Süddeutsche Zeitung

Politik kompakt:Ermittlungen gegen Sarrazin eingestellt

Ihm kann keiner was: Nach dem gescheiterten SPD-Ausschlussverfahren stellt die Justiz die Ermittlungen wegen Volksverhetzung gegen den Ex-Finanzsenator und Buchautor Thilo Sarrazin ein. 47 Menschen hatten ihn angezeigt. Er hatte gesagt, die Deutschen würden durch Einwanderung "immer dümmer".

Kurzmeldungen im Überblick.

Die Staatsanwaltschaft Darmstadt hat die Ermittlungen gegen den ehemaligen Bundesbanker und früheren Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung eingestellt. Es könne auch nicht mit der "für eine Anklage erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden", dass der 66-Jährige vor genau einem Jahr bei einem Vortrag in Darmstadt die Straftatbestände der Beleidigung und der Beschimpfung von Bekenntnissen erfüllt habe, teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Der Autor des Bestsellers Deutschland schafft sich ab gesagt, er befürchte, dass sich das schwächere Bildungsniveau vieler Zuwanderer negativ auf Deutschland aus. "Wir werden auf natürlichem Weg durchschnittlich dümmer", hatte er gesagt.

Nach Berichten über den Vortrag waren laut Staatsanwaltschaft insgesamt 47 Anzeigen eingegangen. Sarrazin habe die Vorwürfe aber bestritten. Das SPD-Mitglied hatte mit seinen eigenwilligen Thesen zur Integrationspolitik auch in seiner Partei für Unmut gesorgt - ein Ausschlussverfahren wurde allerdings eingestellt.

Amerikanischen Streitkräfte greifen Al-Qaida-Ziele im Jemen an und der UN-Chefumweltpolitiker lobt den deutschen Atomausstieg: Lesen Sie weitere Kurzmeldungen auf den nächsten Seiten.

(dpa)

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat den Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung fertig gestellt und dem Bundesinnenministerium zugeleitet. Das verlautete am Freitag in Berlin aus Regierungskreisen. Wie die Zeitung Die Welt am Freitag aus dem Entwurf berichtete, sollen Telekommunikationsdaten von Bürgern nach dem Willen der Ministerin nur im Falle eines konkreten Verdachts gespeichert werden.

Statt sämtliche Daten aller Bürger ohne Anlass zu speichern, würden damit nur die bei den Unternehmen ohnehin vorhandenen Daten "eingefroren", heißt es demnach in dem 35 Seiten umfassenden Papier zum sogenannten Quick-Freeze-Verfahren.

Gespeichert werden soll laut Bericht nur dann, wenn es einen konkreten Anlass gibt, der die "Erforschung eines Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Beschuldigten" unbedingt erforderlich macht. Der Entwurf trage "wesentlichen Bedürfnissen der Strafverfolgungsbehörden angemessen Rechnung", begrenze aber "die Menge der zu speichernden Daten auf das notwendige Maß", zitierte die Zeitung aus der Begründung des Gesetzentwurfs.

Der Entwurf der FDP-Politikerin dürfte für neuen Streit in der Koalition sorgen. Die Union will die Anbieter von Telefon- und Internetdiensten verpflichten, die Daten möglichst lange, möglichst umfangreich und ohne konkreten Anlass zu speichern - damit die Sicherheitsbehörden im Fall einer schweren Straftat darauf zugreifen können.

Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hatte unlängst ein Kompromissangebot genannt: Demnach ist seine Partei bereit, die Daten nicht wie ursprünglich geplant für sechs Monate zu speichern, sondern begnüge sich mit drei Monaten.

Leutheusser-Schnarrenberger sagte der Welt nun: "Die FDP lehnt es ab, dass Daten von 82 Millionen Bürgern auf Halde gelegt werden - ob das jetzt drei Monate sind oder sechs." Es könne allein um eine anlassbezogene Speicherung für einen überschaubaren Personenkreis gehen.

Widerspruch kommt aus Bayern: Innenminister Joachim Herrmann nannte den Gesetzentwurf von Leutheusser-Schnarrenberger "völlig inakzeptabel". Das von ihr vorgeschlagene Verfahren verkehre "den Sinn der Vorratsdatenspeicherung ins völlige Gegenteil".

Aus Herrmanns Sicht ist die Vorratsdatenspeicherung nicht nur für Fälle da, in denen es bereits einen Anfangsverdacht gibt. "Es geht aber gerade darum, Tätern nachträglich auf die Spur zu kommen, die ursprünglich nicht unter Verdacht standen", sagte Herrmann.

Union und FDP ringen seit fast zwei Jahren um die Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung. Das Bundesverfassungsgericht hatte die alte Regelung im März 2010 als verfassungswidrig gekippt und eine Neuregelung angemahnt.

(AFP/dpa)

Noch vor Aussetzung der Wehrpflicht hat Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) sein Ziel erreicht, mindestens 5000 freiwillig Wehrdienstleistende für die Bundeswehr zu gewinnen.

Seit Jahresbeginn hätten sich 5500 junge Leute verbindlich für den bis zu 23-monatigen Dienst angemeldet, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Hinzu kämen 4500 Grundwehrdienstleistende, die sich freiwillig zu einer längeren Dienstzeit verpflichtet hätten.

De Maizière hatte bei der Vorstellung seiner Bundeswehrreform vor wenigen Wochen 5000 Freiwillige als Minimalziel ausgegeben. Sein Vorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg wollte noch 7500 bis 15.000 erreichen. Insgesamt sollen der Bundeswehr der Zukunft mindestens 175.000 Soldaten plus 2500 Reservisten angehören.

Nach einem Bericht der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung läuft auch die Gewinnung von Zeitsoldaten für eine Dienstzeit von mindestens zwei Jahren gut. Der Jahresbedarf sei bereits zu 68 Prozent gedeckt, meldet das Blatt unter Berufung auf das Ministerium.

Am 1. Juli tritt das Gesetz über die Aussetzung der Wehrpflicht in Kraft. Dann gelten auch die besseren Konditionen für den neuen Freiwilligendienst. Während Wehrdienstleistende bisher nur 378 Euro im Monat verdienen, werden es künftig 777 bis 1146 Euro sein. Hinzu kommen weitere Leistungen wie Unterkunft, Verpflegung, ärztliche Versorgung oder Sozialversicherungsbeiträge.

(dpa)

Die amerikanischen Streitkräfte haben im Süden Jemens einen Luftangriff gegen Ziele der al-Qaida geflogen. Bei der Offensive seien ein Mitglied der mittleren Führungsebene des Terrornetzwerks mit dem Namen Abu Ali al Harithi und weitere Kämpfer getötet worden, verlautete aus Regierungskreisen in Washington. Der Einsatz sei bereits am Freitag vergangener Woche erfolgt, sagten zwei Gewährsleute. Er folgte auf einen Drohenangriff gegen den in den USA geborenen jemenitischen Geistlichen Anwar al Awlaki vom 5. Mai, bei dem dieser jedoch nicht getroffen wurde.

(dapd)

Der Exekutivdirektor des UN-Umweltprogramms (UNEP), Achim Steiner, hat den von der Bundesregierung gestalteten Ausstieg aus der Atomenergie als einen Weg gelobt, "auf den Deutschland stolz sein kann". Der Atomausstieg sei natürlich eine deutsche Entscheidung, sagte Steiner der Leipziger Volkszeitung. Die Bundesrepublik könne damit nicht den anderen Nationen ihren eigenen Energieweg vorschreiben.

"Wenn Deutschland die Chance nutzt, beispielhaft und erfolgreich den Umstieg zu schaffen und den erneuerbaren Energien einen weiteren Schub zu verschaffen, dann werden sich daran viele andere Staaten orientieren", sagte Steiner. Mit dem mutigen Schritt Deutschlands könne weltweit der Umstieg auf erneuerbare Energien erleichtert werden. Dies erleichtere nicht zuletzt auch die Perspektiven für die noch nicht so weit entwickelten Staaten.

(dapd)

In ihrem Kampf gegen den libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi können die Rebellen mit Finanzhilfen von mehr als einer Milliarde Dollar rechnen. Das Geld sicherten westliche und arabische Länder zu. Die in der sogenannten Libyen-Kontaktgruppe vertretenen Staaten drängten die Aufständischen zugleich, einen detaillierten Plan für die Zeit nach Gaddafi vorzulegen.

Der australische Außenminister Kevin Rudd sagte, Gaddafis Ende könne früher kommen als erwartet. US-Außenministerin Hillary Clinton zufolge gab es Gespräche mit Vertretern aus Gaddafis Umfeld, die eine Machtübergabe für möglich halten.

Unterdessen setzte die Nato in der Nacht zum Freitag offenbar ihre Angriffe auf Tripolis fort. Kurz nach Mitternacht war in der libyschen Hauptstadt eine schwere Explosion zu hören, wie ein Reuters-Reporter berichtete. Diese Zeit nutzt die Nato dort häufig für Luftschläge. Gaddafis Soldaten setzten ihrerseits Angriffe auf Stellungen der Rebellen in den Bergregionen und in der Stadt Misrata fort.

Nach eigenen Angaben strebt die Nato nicht den Tod Gaddafis an. "Wir zielen nicht auf bestimmte Personen", sagte eine Nato-Sprecherin in Brüssel. "Wir greifen wichtige militärische Fähigkeiten an, die benutzt werden können, um die Zivilbevölkerung zu attackieren."

(Reuters)

US-Außenministerin Hillary Clinton hat einen Bericht zurückgewiesen, sie sei am Vorsitz der Weltbank interessiert. "Die Geschichte ist komplett unwahr", sagte Clintons Sprecher Philippe Reines am Donnerstag. Die Außenministerin habe weder mit US-Präsident Barack Obama, dem Weißen Haus noch mit "irgendjemandem sonst über einen Wechsel zur Weltbank" gesprochen. "Sie hat absolut kein Interesse an dem Job bekundet. Sie würde ihn nicht annehmen, wenn er ihr angeboten würde", sagte Reines.

Die Nachrichtenagentur Reuters hatte unter Berufung auf informierte Kreise berichtet, Clinton verhandele mit dem Weißen Haus über einen möglichen Wechsel zur Weltbank im kommenden Jahr. Die Weltbank, deren derzeitiger Präsident Robert Zoellick ist, wollte zu dem Bericht am Donnerstag nicht Stellung nehmen.

(dapd)

Die EU-Kommission hat grünes Licht für einen EU-Beitritt Kroatiens gegeben. Er habe den Mitgliedsländern den Abschluss der offiziellen Verhandlungen mit dem Balkanstaat empfohlen, erklärte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Freitag in Brüssel. Kroatien könnte demnach im Juli 2013 das 28. EU-Mitgliedsland werden.

"In diesem bedeutenden Moment möchte ich den kroatischen Behörden, besonders der aktuellen Regierung, für ihre harte Arbeit in den vergangenen Jahren Beifall spenden", erklärte Barroso. Er gratuliere den Bürgern Kroatiens. Die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien hatten im Jahr 2005 begonnen. Das letzte Wort bei der Aufnahme neuer Mitglieder haben die derzeit 27 EU-Staaten. Akzeptieren die Länder die Empfehlungen der EU-Kommission, wird ein Beitrittsvertrag mit Kroatien aufgesetzt, den alle Länder ratifizieren müssen.

(AFP)

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