Politik kompakt:US-Soldat bekennt Schuld bei Haditha-Prozess

Der Prozess um eines der schwersten Kriegsverbrechen der US-Armee im Irak steht vor dem Abschluss. Mehr als sechs Jahre nach dem Massaker an 24 irakischen Zivilisten in der Stadt Haditha erwartet den verantwortlichen Unteroffizier ein mildes Urteil.

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Im Militärprozess um eines der schwersten Kriegsverbrechen der US-Armee im Irak darf der verantwortliche Soldat nach einem Schuldbekenntnis auf ein mildes Urteil hoffen. Der Unteroffizier Frank Wuterich gestand am Montag vor einem Militärgericht in Kalifornien, bei der Tötung von 24 Zivilisten im irakischen Haditha durch seine Einheit die Dienstpflicht verletzt zu haben. Im Gegenzug ließ die Anklage den Vorwurf des Totschlags fallen.

Politik kompakt: US-Soldaten auf Patrouille in den Straßen von Haditha (Archivbild). In der irakischen Stadt ereignete sich im Jahr 2005 ein Massaker, bei dem 24 Zivilisten getötet wurden.

US-Soldaten auf Patrouille in den Straßen von Haditha (Archivbild). In der irakischen Stadt ereignete sich im Jahr 2005 ein Massaker, bei dem 24 Zivilisten getötet wurden.

(Foto: AFP)

Das Strafmaß sollte nach Armeeangaben an diesem Dienstag festgelegt werden. Nach der Vereinbarung zwischen Anklage und Verteidigung drohen dem 31-Jährigen maximal drei Monate Gefängnis. Weiterhin könnte der Unteroffizier zum einfachen Gefreiten degradiert und mit Gehaltseinbußen bestraft werden.

Am 19. November 2005 war eine Gruppe Marineinfanteristen nach dem Tod eines Kameraden bei einem Bombenanschlag in einem regelrechten Rachefeldzug durch Haditha in der Provinz al-Anbar im Nordwesten des Landes gezogen. Rund drei Stunden lang gingen sie von Haus zu Haus und töteten 24 Menschen, darunter zehn Frauen und Kinder. Die US-Armee hatte anfangs erklärt, die Zivilisten seien durch einen Sprengsatz ums Leben gekommen. Recherchen des US-Magazins Time brachten das Massaker 2006 ans Licht.

In einem Interview der CBS-Dokumentarsendung 60 Minutes hatte Wuterich 2007 bereits eingeräumt, seine Einheit angewiesen zu haben, "zuerst zu schießen und dann zu fragen". Er hatte vor dem fatalen Patrouillengang in Haditha keinerlei Kampferfahrung. Der Unteroffizier, der die Einheit befehligt hatte, stand seit Anfang Januar vor Gericht und musste sich unter anderem wegen Totschlags in neun Fällen verantworten. Gegen sieben andere Soldaten, die wegen des Haditha-Massakers beschuldigt worden waren, wurde das Strafverfahren eingestellt.

Die Entscheidungen der US-Militärjustiz zum Haditha-Massaker hatten in der irakischen Bevölkerung immer wieder für Empörung gesorgt. Im Dezember waren die letzten US-Truppen aus dem Irak abgezogen worden. Eine weitere Stationierung war daran gescheitert, dass Bagdad den US-Soldaten keinen Schutz vor Strafverfolgung mehr gewähren wollte.

(AFP)

Ägyptens Militärmachthaber heben Notstandsgesetze teilweise auf, Kanada liefert einen Völkermord-Verdächten nach vielen Jahren an Ruanda aus und die niedersächsische CDU fordert in der Causa Wulff eine Entschuldigung vom Grünen-Chef. Lesen Sie hier weitere Meldungen.

Ägyptischer Militärrat hebt Notstandsgesetze teilweise auf

Der Vorsitzende des regierenden Militärrats in Ägypten hat die umstrittenen Notstandsgesetze teilweise aufgehoben. Feldmarschall Hussein Tantawi sagte in einer im Staatsfernsehen übertragenen Rede, die Aufhebung trete an diesem Mittwoch in Kraft. Der Mittwoch ist der erste Jahrestag des Beginns der Protestwelle, die zum Sturz des langjährigen Präsidenten Hosni Mubarak führte. Die Gesetze gelten aber nach wie vor für Verbrechen, die von "Schlägertypen" verübt würden, sagte Tantawi.

Mit seiner Ankündigung dürfte er kaum Menschenrechtsgruppen besänftigen, die das Militär für die häufige Verwendung des Begriffs "Schlägertypen" kritisieren, um damit das Vorgehen gegen Demonstranten zu rechtfertigen. Mindestens 12.000 Zivilpersonen sei seit der Übernahme der Macht durch die Militärs am 11. Februar vergangenen Jahres der Prozess vor Militärgerichten gemacht worden, beklagen Menschenrechtsgruppen. Vielen von ihnen sei rücksichtsloses Verhalten vorgeworfen worden, obwohl sie nur Demonstranten waren.

Der Begriff "Schlägertypen" wurde in den unabhängigen Medien bereits dazu benutzt, um sich über die Militärs lustig zu machen. Einige junge Demonstranten riefen zuletzt bei Kundgebungen: "Wir sind Schlägertypen". Die Notstandsgesetze waren während der gesamten 29 Regierungsjahre von Mubarak in Kraft.

(dapd)

Kanada liefert Völkermord-Verdächtigen an Ruanda aus

Nach jahrelangen Gerichtsstreitigkeiten hat Kanada Léon Mugesera, einen angeblichen Anstifter zum Völkermord in Ruanda, an sein Heimatland ausgeliefert. "Léon Mugesera ist im Flugzeug nach Kigali", schrieb die ruandische Außenministerin Louise Mushikiwabo auf ihrer Twitter-Seite. Die Auslieferung Mugeseras, eines früheren Beamten des Präsidialamts in Ruanda, sei Jahrzehnte überfällig, erklärte Mushikiwabo. "Kanada hat das Richtige getan."

Von den kanadischen Behörden gab es zunächst keine Bestätigung. Ruanda hatte Kanada 1996 um die Auslieferung Mugeseras gebeten, der als einer der Anstifter zum Völkermord von Hutus an Tutsis im Jahr 1994 gilt, bei dem mehr als 800.000 Menschen starben. Der 59-Jährige war ein leitender Mitarbeiter des damaligen Hutu-Präsidenten Juvenal Habyarimana. Er soll angeblich schon 1992 bei einer Massenveranstaltung Hutus aufgefordert haben, Tutsis zu ermorden.

Mugesara floh bereits 1993 mit seiner Familie nach Kanada. Seit 1996 kämpfte er vor Gericht gegen seine Auslieferung. Am Montag hob ein Gericht in Québec den letzten Antrag seiner Anwälte auf Unterlassung auf.

(dpa)

Niedersächsische CDU fordert Entschuldigung von Wenzel

Die CDU in Niedersachsen fordert vom Chef der Grünen-Landtagsfraktion, Stefan Wenzel, wegen seiner "Lügner"-Aussage gegenüber Bundespräsident Christian Wulff eine Entschuldigung. "Wenzel hat mit seiner Äußerung die Schwelle der Strafbarkeit überschritten", sagte Landtagsfraktionschef Björn Thümler der Neuen Osnabrücker Zeitung. Die Ankündigung des Grünen-Politikers, die Aussage nicht wiederholen zu wollen, reiche bei weitem nicht aus, um den Schaden wieder gut zu machen. "Wenn man immer wieder sagt, wir wollen das Amt nicht beschädigen, dann darf man nicht sagen, dass der Bundespräsident lügt. Wir sollten in der Ton- und Wortwahl abrüsten und auf eine sachliche und menschlich angemessene Ebene zurückkehren."

Wenzel hatte im Rahmen der laufenden Debatte um die umstrittene Lobby-Veranstaltung Nord-Süd-Dialog Wulff als "Lügner" bezeichnet. Wulffs Staatskanzleichef Lothar Hagebölling, heute Chef des Bundespräsidialamtes, hatte dem Landtag im April 2010 mitgeteilt, es habe keine Beteiligung oder Finanzierung durch das Land Niedersachsen gegeben.

Am Wochenende wurde bekannt, dass das Landwirtschaftsministerium 3411 Euro für Kochbücher gezahlt haben soll, die auf der Party als Geschenke verteilt worden waren. Wulffs einstiger Regierungssprecher und späterer Präsidentensprecher Olaf Glaeseker steht in dem Zusammenhang unter Korruptionsverdacht. Inzwischen steht zudem fest, dass die Landesregierung damals sehr wohl an der Organisation der privat organisierten Lobby-Veranstaltung beteiligt war.

Die deutsche Vorsitzende der Anti-Korruptionsorganisation Transparency International, Edda Müller, warf Wulff vor, möglicherweise gesetzwidrige Aktivitäten Glaesekers geduldet und selber Privatinteressen in unzulässiger Weise mit seinem Amt vermengt zu haben. Wulff habe als Ministerpräsident in Niedersachsen offenbar nicht geprüft, ob Glaeseker für die Unterstützung des Nord-Süd-Dialogs des Privatveranstalters Manfred Schmidt private Gegenleistungen erhalten habe, sagte Müller Zeit Online. "Er hat offensichtlich nicht gefragt, weil er es wohl gar nicht wissen wollte."

(dpa)

Weniger Klagen gegen Hartz IV

Die Zahl der Klagen vor den Sozialgerichten gegen Hartz-IV-Bescheide ist erstmals zurückgegangen. 2011 wurden 144.180 neue Verfahren registriert - neun Prozent weniger als im Vorjahr, berichtete die Saarbrücker Zeitung vorab unter Berufung auf eine Stellungnahme der Bundesregierung zu einer Anfrage der Linksfraktion im Bundestag.

Geklagt wurde vor allem wegen der Kosten der Unterkunft, der Aufhebung und Erstattung von Leistungen, der Anrechnung von Einkommen und wegen Sanktionen.

Die Linken sehen in der Entwicklung keinen Anlass zur Entwarnung. "Angesichts der Tatsache, dass im Jahr 2005 lediglich 38.655 Verfahren begonnen wurden, muss man immer noch von einer Klageflut sprechen", sagte ihre arbeitsmarktpolitische Sprecherin Sabine Zimmermann dem Blatt. Auch sei die Gesamtzahl der Hartz-IV-Bezieher seit 2010 um fünf Prozent zurückgegangen.

(dapd)

Familienministerium plant Informationszentrum gegen Rechts

Als Reaktion auf die Mordserie der Zwickauer Terrorzelle plant das Familienministerium ein bundesweites "Informations- und Kompetenzzentrum" gegen Rechtsextremismus. "Wir haben inzwischen viel Wissen und Kompetenz im Kampf gegen Rechtsextremismus erworben. Das wollen wir für andere nutzbar machen, indem wir es bündeln", sagte Familienministerin Kristina Schröder (CDU) in Berlin zum Auftakt des "Spitzentreffens gegen Rechtsextremismus".

Bei der Präventionsarbeit gegen Rechtsextremismus geht es laut Schröder vor allem darum, wichtige Personen im Umfeld von Jugendlichen, die in den Rechtsextremismus abzugleiten drohen, zu stärken. Zusammen mit Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hatte Schröder Vertreter von Verbänden und Religionsgemeinschaften zu einem runden Tisch gegen Rechts eingeladen.

(dapd)

Fraktionen einigen sich auf Auftrag für NSU-Untersuchungsausschuss

Die Bundestagsfraktionen haben sich auf den konkreten Auftrag und die Ausgestaltung des Untersuchungsausschusses zum Rechtsterrorismus verständigt. Unions-Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier (CDU) sagte in Berlin, er begrüße den parteiübergreifenden Antrag. "Damit ersparen wir uns unwürdige Debatten bei diesem Thema", sagte Altmaier.

Der Untersuchungsausschuss umfasst elf Mitglieder. Die Union stellt vier Abgeordnete, die SPD drei, die FDP zwei, Grüne und Linke jeweils einen Abgeordneten. Der Ausschuss soll die Hintergründe der rechtsterroristischen Gruppe "Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)" untersuchen sowie mögliche Versäumnisse der deutschen Sicherheitsbehörden. Den Vorsitz soll der SPD-Abgeordnete Sebastian Edathy übernehmen. Der Bundestag soll am Donnerstag offiziell daüber befinden.

(dapd)

Ärzte ohne Grenzen beklagen Gewalt im Südsudan

Die Organisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) hat die anhaltende "brutale Gewalt" zwischen verfeindeten Volksgruppen im Südsudan beklagt. Auch Wochen nach dem Angriff auf die Stadt Pibor und umliegende Dörfer kämen Verletzte in die Krankenhäuser, teilte die Organisation mit. Einige Verletzungen wie Schusswunden und Infektionen seien bereits mehrere Wochen alt, da sich die Betroffenen aus Angst lange versteckt hielten. Die Organisation beobachte weiter eine "Spirale der Gewalt im gesamten Norden des Bundesstaats Jonglei". Bewohner würden dort "gezielt angegriffen".

Tausende bewaffnete junge Männer vom Stamm der Lou Nuer waren Anfang Januar durch die Region Pibor gezogen, die von Angehörigen der Murle bewohnt wird. Die Angreifer brannten Hütten nieder und plünderten ein Krankenhaus von Ärzte ohne Grenzen. Grund für den Angriff waren angebliche Viehdiebstähle der Murle. Die UNO befürchtet hunderte Tote in den vergangenen Wochen. Schätzungen zufolge sind insgesamt mindestens 120.000 Menschen von der Gewalt betroffen.

Wie das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) am Dienstag mitteilte, wurde am Vortag im Südsudan ein Flüchtlingslager mit rund 5000 Insassen aus der Luft angegriffen. Ein Junge sei verletzt worden, mindestens 14 weitere Flüchtlinge würden vermisst, erklärte die Organisation.

Der Südsudan hatte sich im Juli für unabhängig erklärt; die Führung in der Hauptstadt Juba beschuldigte den Norden, für mehrere Bombenangriffe in der Grenzregion verantwortlich zu sein. Die Streitkräfte des Nordens wiesen die Anschuldigungen zurück. Seit der Unabhängigkeit liegen drei Viertel der Ölvorräte des früheren Sudan auf dem Gebiet Südsudans. Um deren Vermarktung gibt es massive Auseinandersetzungen zwischen den beiden Staaten.

(AFP)

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