Politik kompakt:Unicef: Afghanistan für Kinder am gefährlichsten

Afghanistan hat höchste Kindersterblichkeitsrate, die Staatsanwaltschaft stellt Ermittlungen gegen Sarrazin ein, in Moskau wird ein Priester in seiner Kirche erschossen.

Afghanistan ist Unicef zufolge das gefährlichste Land, in dem ein Kind auf die Welt kommen kann. Ganz besonders gefährdet seien Mädchen, stellte die UN-Kinderhilfsorganisation in ihrem Jahresbericht fest. Acht Jahre nach dem Sturz der Taliban hat das vom Krieg zerrüttete Land demnach die höchste Kindersterblichkeitsrate auf der Welt. Zudem haben 70 Prozent der Bevölkerung keinen Zugang zu sauberem Wasser. Den Daten zufolge sterben 257 von 1000 Neugeborenen noch im Babyalter. Rund 43 Prozent des Landes können von Hilfsorganisationen wegen der Gewalt nicht erreicht werden. Damit werde es immer schwieriger, landesweite Impfaktionen gegen Kinderlähmung oder Masern zu organisieren. Laut Unicef wurden im vergangenen Jahr zudem 317 Schulen angegriffen. Dabei seien 124 Menschen getötet worden und weitere 290 verletzt. Die Zahl der Kinder, die eine Schule besuchten, sei zuletzt wieder zurückgegangen, ganz besonders unter Mädchen.

Unicef, Afghanistan, getty

Wegen der Gewalt in Afghanistan wird es für Hilfsorganisationen immer schwieriger, landesweite Impfaktionen - etwa gegen Kinderlähmung - durchzuführen.

(Foto: Foto: getty)

Staatsanwaltschaft: Kein Strafverdacht gegen Sarrazin

Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin hat sich durch seine umstrittenen Äußerungen zur Integrationspolitik nicht der Volksverhetzung und Verleumdung strafbar gemacht. Das teilte die Staatsanwaltschaft Berlin mit. Sie war diesem Vorwurf aufgrund mehrerer Strafanzeigen gegen Berlins Ex-Finanzsenator nachgegangen. Sarrazin hatte sich in einem Interview abwertend über Türken und Araber geäußert. Einzelne seiner Äußerungen hätten nicht die Grenzen zwischen Meinungsfreiheit und Strafrecht überschritten, hieß es. Die Ermittlungen gegen den 64-Jährigen seien eingestellt worden. Sarrazin war in der Bundesbank degradiert worden.

EU-Kommission: 677 Millionen Euro Entwicklungshilfe für Nigeria

Die EU-Kommission hat Nigeria für die kommenden Jahre Entwicklungshilfe in Höhe von 677 Millionen Euro zugesagt. Mit dem Geld solle unter anderem der Friedensprozess im erdölreichen Nigerdelta vorangebracht werden, hieß es in einer Erklärung der Kommission. Das entsprechende Abkommen zwischen der Kommission und Nigeria wurde bereits am Donnerstag in Brüssel unterzeichnet.

EU-Entwicklungskommissar Karel De Gucht sagte in der Erklärung, er sei "erfreut" darüber, dass ein bedeutender Betrag für den Friedensprozess im Nigerdelta verwendet werden solle. "Wir unterstützen die Regierung Nigerias bei der Rückkehr zu Frieden und Entwicklung in der Region."

Seit mehr als drei Jahren verüben Rebellen in der Region Anschläge auf Förderanlagen, um eine stärkere Beteiligung der Bevölkerung an den Erlösen aus dem Ölgeschäft zu erreichen. Die Anschläge führten zu einem deutlichen Rückgang der Erdölexporte des Landes.

Polen wartet im Streit um Steinbach ab

Im Streit über eine Berufung der Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach in den Stiftungsrat des Zentrums gegen Vertreibungen wartet Polen mit Gelassenheit eine Entscheidung der Bundesregierung ab. "Wir müssen nicht über Frau Steinbach sprechen, das ist eine Sache des innerdeutschen Dialogs", sagte der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski.

Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hat der Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach im Streit um ihre Entsendung in die Vertriebenen-Stiftung indes den Rücken gestärkt. "Es ist gute Tradition in Deutschland und hat sich bewährt, dass Verbände selbst entscheiden, wen sie in Stiftungsbeiräte und ähnliche Gremien entsenden", sagte Koch der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Steinbach und Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sollten sich zusammensetzen und selbst den Dialog führen.

Westerwelle hatte mit einem Veto gegen eine Nominierung Steinbachs gedroht, weil er negative Auswirkungen auf das Verhältnis zu Polen fürchtet. Steinbach ist unter anderem umstritten, weil sie 1991 im Bundestag gegen die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze gestimmt hatte.

Orthodoxer Priester in seiner Moskauer Kirche erschossen

Ein maskierter Mann hat in einer Moskauer einen islamisch-kritischen orthodoxen Priester erschossen. Die Staatsanwaltschaft teilte am Freitag, das Opfer habe in der Vergangenheit wegen seiner Missionsarbeit unter Muslimen Todesdrohungen erhalten. Den Angaben zufolge stürmte der Täter am Donnerstagabend die Kirche des Geistlichen, erschoss ihn und verletzte einen weiteren Priester. Der Anschlag hat Besorgnis über Belastungen des ohnehin angespanntes Verhältnisses zwischen orthodoxen Christen und der muslimischen Minderheit in Russland ausgelöst. Die Generalstaatsanwaltschaft geht nach ersten Ermittlungen davon aus, dass die Tat religiös motiviert ist.

SPD will gegen Verlängerung von OEF-Mandat stimmen

Die SPD will nach Angaben ihres Verteidigungsexperten Rainer Arnold im Bundestag gegen eine weitere Beteiligung der Bundeswehr am Anti-Terroreinsatz "Operation Enduring Freedom" (OEF) stimmen. Arnold begründete dies in der Bild-Zeitung mit einer immer fragwürdigeren rechtlichen Grundlage des Einsatzes, der unter anderem die Piraten am Horn von Afrika bekämpft. Als Regierungspartei hatte die SPD in der vorigen Koalition die Militär-Operation mitgetragen. Die neue Bundesregierung hat am Mittwoch die Verlängerung der Bundeswehr-Beteiligung an der US-geführten OEF um ein Jahr bis Dezember 2010 beschlossen. Der Bundestag muss der Mandatsverlängerung zustimmen.

Steuerermäßigung für Hotels wackelt

Die von Union und FDP versprochene Mehrwertsteuer-Ermäßigung für Hotelübernachtungen steht laut einem Bericht der Financial Times Deutschland auf der Kippe. In der Unions-Bundestagsfraktion und auch in der CDU-Führung gebe es erhebliche Vorbehalte gegen die Steuererleichterung, die Anfang 2010 in Kraft treten soll. Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sei in internen Gesprächen bereits auf Distanz zu dem Vorhaben gegangen. Dem Bericht zufolge hat die Kanzlerin signalisiert, dass sie sich bei den Ministerpräsidenten nicht dafür einsetzen werde, die Senkung von 19 auf 7 Prozent um jeden Preis durch den Bundesrat zu bringen. Ein Scheitern der Steuerermäßigung wäre eine Niederlage für den bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer CSU). Vor allem auf Druck von Bayern und Baden-Württemberg war dieser Punkt in den Koalitionsvertrag von Union und FDP aufgenommen worden.

Thüringen will Bannmeile aufheben

Der Thüringer Landtag will die Bannmeile vor seinem Parlamentsgebäude aufheben. Entsprechende Anträge von Linke und SPD wurden am Freitag in die Ausschüsse überwiesen. Die Bannmeile mit ihrem Demonstrationsverbot passe 20 Jahre nach dem Mauerfall nicht mehr in die politische Landschaft, sagte der Linken-Abgeordnete Andrè Blechschmidt. Die Bannmeile umfasst die etwa 20 Meter breite Straße vor dem Hauptgebäude des Landtags. Sie ist nach dem Bürgerrechtler Jürgen Fuchs benannt. Die SPD hatte ihren Antrag eingebracht, bevor die Koalitionsvereinbarung mit der CDU unterschrieben wurde. Die Christdemokraten blieben bei ihrer kritischer Haltung, kündigten jedoch an, den Entwurf mitzutragen.

Selbstmordattentäter tötet 17 Menschen in Afghanistan

Im Südwesten Afghanistans hat sich am Freitag ein Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt und mindestens 17 Menschen mit in den Tod gerissen. Ziel des Anschlags in einem belebten Viertel der Provinzhauptstadt Fara sei ein ranghohen Polizeioffizier gewesen, teilte die Polizei mit. Er und seine beiden Leibwächter wurden bei dem Anschlag getötet, mindestens 29 Menschen wurden verletzt. Die Provinz Fara liegt an der Grenze zum Iran. Sie ist eine der Regionen, die zunehmend unter Angriffen von Aufständische zu leiden haben, denn die radikal-islamischen Taliban sind von ihren traditionellen Stützpunkten im Süden und Osten auch in den Westen und Norden vorgedrungen. Im Norden Afghanistans ist auch die Bundeswehr stationiert. Ein Sprecher der Internationalen Schutztruppe Isaf erklärte, westliche Soldaten seien nicht zu Schaden gekommen.

Maoisten bringen Zug zum Entgleisen

Maoistische Rebellen haben im ostindischen Bundesstaat Jharkhand Gleise gesprengt und so einen Passagierzug zum Entgleisen gebracht. Ein Polizeisprecher sagte am Freitag, eine Frau sei bei dem Anschlag 160 Kilometer südlich von Jharkhands Hauptstadt Ranchi am Vorabend getötet worden. Mehr als 40 weitere Menschen seien verletzt worden. Indiens Eisenbahnministerin Mamata Bannerjee sagte, acht Waggons seien entgleist, davon seien drei umgestürzt. Lokale Medien berichteten, möglicherweise hätten die Rebellen den Zug angegriffen, weil er Soldaten transportierte, die bei einer Operation gegen die Maoisten in dem benachbarten Bundesstaat Chattisgarh eingesetzt werden sollten. In Jharkhand wird in der kommenden Woche gewählt. Die Rebellen haben zum Boykott der Abstimmung aufgerufen. Die indische Regierung plant eine Offensive gegen die Maoisten, die für ein kommunistisches Regime und gegen die parlamentarische Demokratie in Indien kämpfen.

Micheletti will vorübergehend Amt niederlegen

Der honduranische Interims-Präsident Roberto Micheletti will für mehrere Tage vor und während der Wahlen das Präsidentenamt ruhen lassen. Vom 25. November bis zum 2. Dezember wolle er sich der Macht enthalten, damit sich die Bürger am 29. November auf die Stimmabgabe und nicht auf die Krise im Lande konzentrierten, sagte Micheletti im Radio. Am kommenden Samstag sind die Honduraner aufgerufen, einen neuen Präsidenten zu wählen und das Parlament neu zu besetzen. Micheletti machte jedoch klar, er werde das Ruder im Notfall sofort wieder in die Hand nehmen. Wer während seiner "Auszeit" regieren soll, sagte der derzeitige Machthaber des mittelamerikanischen Landes nicht. Unterdessen erklärte Michelettis Widersacher, der vor fünf Monaten gestürzte Präsident Manuel Zelaya, er werde die Wahlen anfechten. Eine faire und legitime Wahl sei nicht möglich, da er als legitimer Präsident nicht vor der Wahl wieder in das höchste Staatsamt habe zurückkehren dürfen.

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