Politik kompakt:Merkel drängt auf Reformen in Osteuropa

Beim EU-Ostgipfel kritisiert die Bundeskanzlerin die Ukraine und Weißrussland und fordert demokratische Reformen ein. Der Umgang mit der Opposition sei völlig inakzeptabel. Im Mittelpunkt des Treffens steht die engere Anbindung der Länder der Östlichen Partnerschaft.

Kurzmeldungen im Überblick.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat auf demokratische Reformen in den Partnerländern gedrängt. Sie sei sehr für die wirtschaftliche Öffnung der EU nach Osten, sagte die Kanzlerin am Freitag in Warschau, wo sie am zweitägigen EU-Osteuropa-Gipfel teilnimmt. "Zugleich habe ich aber zum Gipfelauftakt auf die Notwendigkeit demokratischer Reformen hingewiesen", betonte die deutsche Regierungschefin.

Dies gelte insbesondere für die Ukraine und Weißrussland. Im Falle Kiews sorgt vor allem der Prozess gegen Oppositionsführerin Julia Timoschenko für Unmut. Merkel kündigte an, darüber am Rande des Gipfels mit dem ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch zu sprechen. Die EU hält das Verfahren gegen die ehemalige Regierungschefin wegen Amtsmissbrauchs für politisch motiviert. Die noch in diesem Jahr angestrebte Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens macht Brüssel deshalb von einer Freilassung Timoschenkos abhängig.

Merkel verurteilte auch das Regime von Alexander Lukaschenko, ohne den autoritären Herrscher Weißrusslands beim Namen zu nennen. "Der Umgang mit der Opposition durch das Regime ist völlig inakzeptabel. Die Opposition leidet", sagte Merkel, die sich in der Nacht mit Vertretern der weißrussischen Opposition getroffen hatte.

Im Mittelpunkt des Treffens steht die engere wirtschaftliche und politische Anbindung von sechs ehemaligen Sowjetrepubliken an die EU. Zu den Ländern der sogenannten Östlichen Partnerschaft gehören die Ukraine, Weißrussland, Moldawien, Georgien, Armenien und Aserbaidschan. Überschattet wird der Gipfel jedoch vom Streit mit der Ukraine und Weißrussland, denen die EU die Missachtung demokratischer Grundrechte vorwirft.

Der UN-Sicherheitsrat streitet über eine Syrien-Resolution, der Chef des Übergangsrats will keine Führungsrolle in Libyen übernehmen und ein neuer Kandidat für das Amt des Generalbundesanwalts ist im Gespräch. Lesen Sie auf den folgenden Seiten weitere Meldungen.

UN ringen um Syrien-Resolution

Der UN-Sicherheitsrat ist in der Frage möglicher Sanktionen gegen die Regierung in Syrien gespalten. Der Rat beriet an diesem Donnerstag in New York erneut über eine Resolution, die das harte Vorgehen gegen Regierungsgegner verurteilen und politische Gespräche aller beteiligten Parteien fordern würde.

Die europäischen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates haben den Entwurf aufgeweicht. Eine Einigung ist trotzdem nicht in Sicht. Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Portugal beharren darauf, dass auch Sanktionen erwogen werden sollten, falls Syrien nicht auf die Forderungen eingeht.

Trotz der Änderungen erklärte Russland, es werde dem neuen Text nicht zustimmen. Der russische Botschafter Witali Tschurkin sagte, Russland sei gegen jegliche Erwähnung von möglichen UN-Sanktionen in der Zukunft. Auch China, Indien, Brasilien und Südafrika, die zusammen mit Russland als die "BRICS"-Staaten bekannt sind, versagen der europäischen Initiative bisher ihre Zustimmung.

Auf entsprechende Textpassagen wollen die Europäer jedoch nicht verzichten. Eine Hauptnachricht der Resolution müsse sein, dass es weitere Schritte geben werde, wenn die Repression und Gewalt in Syrien kein Ende finde, sagte der deutsche UN-Botschafter Peter Wittig. Es wird davon ausgegangen, dass die USA diese Haltung unterstützen.

Ursprünglich hatten die Diplomaten gehofft, am Freitag über einen endgültigen Entwurf abzustimmen. Laut Indiens Botschafter Hardeep Signh Puri ist dies unwahrscheinlich. Die Mitglieder seien noch dabei, sich eine gemeinsame Position zu erarbeiten. Frankreich wollte den europäischen Resolutionsentwurf indes überarbeiten, um diesen bei weiteren Gesprächen am Freitag vorzulegen.

Acht Menschenrechtsorganisationen forderten am Donnerstag in einer gemeinsamen Erklärung eine "starke Resolution" der UN zur Verurteilung der Gewalt im Land. Nach UN-Angaben kamen bei der Niederschlagung der seit sechs Monaten andauernden Proteste gegen Präsident Baschar al-Assad bereits mehr als 2700 Zivilisten ums Leben. Auch am Freitag ging die Gewalt weiter. In Rastan wurden nach Informationen der staatlichen Nachrichtenagentur sieben Soldaten getötet. In der Protesthochburg kämpfen seit Tagen abtrünnige Soldaten und bewaffnete Bewohner gegen die Assad-Einheiten.

(rtr/dapd/dpa)

Dschibril lehnt künftige Führungsrolle ab

Bei der zukünftigen Entwicklung Libyens wird der Regierungschef des Nationalen Übergangsrates, Mahmud Dschibril, keine Führungsrolle mehr spielen. Er werde kein politisches Amt in der neuen Regierung übernehmen, sagte Dschibril in Tripolis.

Das Exekutivbüro des Übergangsrates werde seine Arbeit aber bis zur "völligen Befreiung" Libyens fortführen, versicherte Dschibril, der für seine liberale Haltung bekannt ist und sich im Übergangsrat dem Widerstand der Islamisten ausgesetzt sieht. Der Rat hatte am Dienstag erklärt, die Bildung einer Übergangsregierung zu verschieben, bis das Land vollkommen unter Kontrolle sei.

Der republikanische US-Senator Mark Kirk sagte am Donnerstag nach einem Besuch in Libyen, Dschibril habe ihm gegenüber erklärt, vorgezogene Wahlen zu befürworten. Zudem habe er versichert, dass die Islamisten lediglich auf zehn bis 15 Prozent der Stimmen kommen würden.

Unklar war, ob Dschibril mit seinen Äußerungen vom ursprünglichen Zeitplan für die Wahlen abwich, der nach der Einnahme der Hauptstadt Tripolis Ende August von den früheren Rebellen verkündet worden war. Dieser sieht vor, dass der Übergangsrat acht Monate lang bis zur Wahl einer verfassungsgebenden Versammlung regieren kann.

Obwohl es in den Gaddafi-Hochburgen Bani Walid und Sirte noch immer heftige Gefechte gibt, zeigte sich Kirk überzeugt, dass die Kämpfe bis Ende Oktober beendet würden. Er sei zuversichtlich, dass der Konflikt bis dahin beendet sei, trotz Befürchtungen, dass sich Gaddafi-Kämpfer auf der anderen Seite der Grenze im Niger oder in Algerien befinden könnten. Der Nationale Übergangsrat habe bereits vor mehr als einer Woche die Kontrolle über wichtige Positionen übernommen.

Derweil wurde der Sprecher Gaddafis von den Kämpfern der neuen libyschen Führung gefasst. Mussa Ibrahim sei nahe Gaddafis Heimatstadt Sirte aufgegriffen worden worden, sagte ein Kommandeur des Nationalen Übergangsrats.

(AFP)

Neuer Kandidat für Amt des Generalbundesanwalts

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat einem Zeitungsbericht zufolge einen neuen Kandidaten für das Amt des Generalbundesanwalts. Wie die Financial Times Deutschland unter Berufung auf Regierungskreise meldet, soll der Celler Generalstaatsanwalt Harald Range oberster deutscher Strafverfolger werden. Der 63-Jährige sei FDP-Mitglied und solle Monika Harms nachfolgen, die heute in den Ruhestand geht.

Harms wird an diesem Freitag bei einem Festakt in Karlsruhe offiziell von Leutheusser-Schnarrenberger aus dem Amt verabschiedet. Die Amtsgeschäfte übernimmt zunächst Harms' bisheriger Stellvertreter Rainer Griesbaum.

Der ursprüngliche Favorit der Ministerin, der Stuttgarter Regierungspräsident Johannes Schmalzl (FDP), hatte vor einer Woche zurückgezogen, nachdem sich abgezeichnet hatte, dass er keine Mehrheit im Bundesrat bekommen würde. In mehreren SPD-regierten Bundesländern und in Fachkreisen hatte es Zweifel an der Eignung Schmalzls gegeben.

Um eine neue Blamage zu vermeiden, habe Leutheusser-Schnarrenberger die SPD diesmal frühzeitig einbezogen, heißt es in dem Bericht. Sollten die Länder keine Einwände haben, sei die Berufung Ranges Formsache. Nach einer früheren Vereinbarung mit der Union hat die FDP das Vorschlagsrecht für den Spitzenposten in Karlsruhe.

(dpa/AFP)

Indien testet atomwaffenfähige Rakete

Zum dritten Mal in einer Woche hat Indien am Freitag eine atomwaffenfähige Rakete getestet. Der Test der Boden-Boden-Rakete vom Typ Agni II mit einer Reichweite von 2000 Kilometern sei erfolgreich verlaufen, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Neu Delhi. Das Ziel vor der Küste des ostindischen Bundesstaats Orissa sei getroffen worden.

Am Samstag und am Montag hatte Indien bereits zwei Raketen mit kürzeren Reichweiten getestet. Indien und das verfeindete Nachbarland Pakistan testen regelmäßig atomwaffenfähige Raketen.

(dpa)

Ausschreitungen bei Bildungsprotesten in Chile

Die chilenische Regierung und die Führer der Studenten- und Lehrerbewegung haben keine Annäherung ihrer Standpunkte bei der umstrittenen Reform des Erziehungswesens erreicht. "Es war ein schwieriges Treffen", sagte der Vorsitzende der Lehrergewerkschaft, Jaime Gajardo, nach dem zweistündigen Gespräch mit Erziehungsminister Felipe Bulnes am Donnerstag. Die Gespräche sollen am nächsten Mittwoch fortgesetzt werden, erklärte Bulnes.

Begleitet wurde das Treffen von weiteren Demonstrationen, an denen sich nach Angaben der Organisatoren bis zu 100.000 Schüler und Studenten beteiligten. Es kam zu Zusammenstößen mit der Polizei, die Wasserwerfer und Tränengas einsetzte.

Die Protestbewegung will weiterhin aktiv bleiben. Bei mehreren Demonstrationen wurden in Chile 114 Menschen festgenommen. In Chile protestieren Schüler, Lehrer und Studenten seit Monaten für eine stärkere finanzielle Beteiligung des Staates an der Bildung sowie für eine bessere Ausstattung der staatlichen Schulen.

(dpa/AFP)

Israel bombadiert Flüchtlingslager nach Raketenbeschuss

Die israelische Armee hat am Donnerstag mit einem Luftangriff auf einen Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen reagiert. Die Rakete aus dem Palästinensergebiet sei in einem verlassenen Gebäude im Süden Israels eingeschlagen, sagte ein Sprecher der israelischen Armee. Die Luftwaffe bombardierte daraufhin ein Ziel der radikalislamischen Hamas im Flüchtlingslager Maghasi im Gazastreifen, wie Bewohner des Camps berichteten.

Der Armeesprecher bestätigte den Luftangriff und erklärte, es habe sich um eine Vergeltungsmaßnahme für den Raketenbeschuss gehandelt. Berichte über Tote oder Verletzte auf beiden Seiten lagen nicht vor.

Im vergangenen Monat waren bei einem erneuten Gewaltausbruch rund um den Gazastreifen 27 Palästinenser und ein Israeli getötet worden. Vorausgegangen war ein Anschlag in der Region von Eilat im Süden Israels, bei dem acht Israelis ums Leben kamen.

(AFP)

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: