Politik kompakt:Türkei unterstützt libysche Rebellen mit Millionen

Die türkische Regierung hat ihre diplomatischen Beziehungen zum Gaddafi-Regime abgebrochen. Zugleich erkannte sie den Nationalen Übergangsrat der Rebellen in Libyen offiziell an - und versprach Millionenhilfe.

im Überblick

Die Türkei wendet sich von Muammar al-Gaddafi ab. Das Land hat seine diplomatischen Beziehungen zu Libyen abgebrochen. Der Botschafter sei zurückgerufen worden, berichtete das türkische Amtsblatt am Wochenende. Zugleich erkannte die türkische Regierung den Nationalen Übergangsrat der Rebellen in Libyen offiziell an und versprach eine Millionenhilfe. Bei einem Besuch in Bengasi habe Außenminister Ahmet Davutoglu der Rebellenführung 200 Millionen US-Dollar (138 Millionen Euro) zugesagt, berichteten türkische Medien.

Turkish FM Davutoglu shakes hands with head of the Transitional National Council Abdel Jalil in the rebel stronghold of Benghazi

Millionenhilfe für die Aufständischen: Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu (r.) sichert dem Vorsitzenden des Übergangsrates Mustafa Abdul Dschalil Unterstützung zu.

(Foto: REUTERS)

Davutoglu hatte am Sonntag in Bengasi den Vorsitzenden des Übergangsrates und ehemaligen Justizminister Mustafa Abdul Dschalil getroffen. Zuvor hatte der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan Gaddafi immer wieder zu einer friedlichen Lösung aufgefordert und mehrfach mit ihm telefoniert. So hatte er ihm Hilfe beim Verlassen des Landes angeboten. Die Türkei könne die Ausreise Gaddafis an einen Ort seiner Wahl organisieren und dies mit ihren Verbündeten regeln.

Die libyschen Rebellen sehen eigenen Angaben zufolge keine Möglichkeit für einen Verbleib Gaddafis in seiner Heimat. Sie widersprachen Medienberichten, die den Vorsitzenden des Nationalen Übergangsrats der Aufständischen, Mustafa Abdel Dschalil, mit der Aussage zitiert hatten, Gaddafi brauche das Land nicht zu verlassen, wenn er die Waffen ruhen lasse und zurücktrete. Ein Rebellensprecher bezeichnete dies jedoch als persönliche Ansicht Dschalils. "Wenn Gaddafi uns einen Ort zeigt, an dem er keine Menschen verletzt, gefoltert oder getötet hat, dann kann er bleiben, aber einen solchen Ort gibt es nicht", sagte Ghoga. Ein derartiges Zugeständnis stehe für die Rebellen daher nicht zur Debatte.

(dapd)

Bei einem neuen Anschlag auf ein Bierlokal in Nigeria sterben mehrere Menschen, in Syrien werden Demonstranten getötet und Außenminister Westerwelle spricht sich für eine enge Anbindung der Türkei an die EU aus. Lesen Sie auf den kommenden Seiten weitere Meldungen.

Tote bei neuem Anschlag auf Bierlokal in Nigeria

Bei einem erneuten Anschlag mutmaßlicher Islamisten auf einen Biergarten in Maiduguri im Nordosten Nigerias sind mindestens fünf Menschen getötet worden. Nach Angaben des arabischen Senders al-Dschasira wurden zehn weitere verletzt. Der Sprengsatz sei am Sonntagnachmittag in dem hauptsächlich von Soldaten und Polizisten besuchten Lokal explodiert.

Erst vor einer Woche waren bei einem ähnlichen Anschlag in Maiduguri 25 Menschen getötet worden. Militärchef Gen Jack Nwaogbo schrieb die Angriffe Mitgliedern der radikalislamischen Sekte Boko Haram zu, die Alkoholkonsum als "westlichen Lebensstil" ablehnen. Sektenmitglieder erschossen Medienangaben zufolge in einem anderen Stadtteil einen Motorradfahrer auf offener Straße. Am Samstag seien vier weitere Menschen erschossen worden, hieß es. Die 2002 gegründete Gruppe, die sich selbst als "nigerianische Taliban" bezeichnet, hat in den vergangenen zwei Jahren immer wieder Anschläge auf Polizeieinrichtungen und christliche Kirchen verübt.

(dpa)

Syrische Demonstranten erschossen

In einem Vorort der syrischen Hauptstadt Damaskus sind Bewohnern zufolge zwei Demonstranten erschossen worden. Zudem gebe es viele Verletzte, sagte ein Bewohner der Nachrichtenagentur Reuters. Nach seinen Worten ging am Sonntag ein Kugelhagel über die Demonstranten nieder, die in dem verarmten Vorort Hadschar al-Aswad gegen die Staatsführung von Baschar al-Assad protestierten. In dem Ort leben Tausende Flüchtlinge aus den Golanhöhen, die von Israel besetzt sind.

An diesem Montag stürmten Assads Truppen die Stadt Hama im Westen des Landes, wie Bewohner berichteten. Soldaten und Sicherheitskräfte seien mit mindestens 30 Bussen in die Stadt gebracht worden. "Sie schießen willkürlich in Wohngebieten", sagte ein Bewohner per Telefon. Demonstranten fordern seit Monaten von Assad demokratische Reformen. Der Machthaber geht gegen die Opposition mit Armee und Polizei vor.

(Reuters)

Westerwelle fordert engere Anbindung der Türkei

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hat sich für eine engere Anbindung des Nato-Mitglieds Türkei an die Europäische Union ausgesprochen. "Ich leiste meinen Beitrag dazu, dass es zu Ergebnissen führt, wenn die Türkei Fortschritte macht", sagte Westerwelle der Zeitung Die Welt. Dass seit nunmehr einem Jahr kein neues Kapitel zum Beitritt des Landes in die EU eröffnet worden sei, bedeute Stillstand, der allen Seiten schade. "Wir wollen diesen Stillstand überwinden", sagte der Außenminister.

Westerwelle ist gerade von einem Besuch in der Türkei zurückgekehrt, wo er sich ausgiebig mit seinem Amtskollegen Ahmet Davutoglu ausgetauscht hat. Der türkische Außenminister beginnt in diesen Tagen eine Reise in die arabischen Umbruchstaaten, die ihn nach Syrien, Ägypten und Libyen führen wird. Westerwelle nannte die Türkei eine "Brücke in die islamische Welt".

(dapd)

Anschlag auf ägyptisch-israelische Pipeline

Zum dritten Mal seit dem politischen Umbruch in Ägypten haben Saboteure einen Anschlag auf eine Gaspipeline nach Jordanien und Israel verübt. Augenzeugen auf der Sinai-Halbinsel sagten, bewaffnete maskierte Männer hätten am Montagmorgen im Bezirk Bir al-Abed eine Explosion an der Pipeline ausgelöst. Über dem Ort sei eine hohe Rauchsäule aufgestiegen. Verletzte gab es nach offiziellen Angaben nicht.

Viele Ägypter lehnen die Gas-Lieferungen an den jüdischen Staat wegen der israelischen Besatzungspolitik ab. Der Gouverneur der Provinz Nord-Sinai, Abdulwahab Mabruk, sagte, die Saboteure hätten eine Zeitbombe benutzt. Der Anschlag sei ein Verbrechen, da dadurch nicht nur die Exporte beeinträchtigt würden, sondern auch die Stromversorgung auf dem Sinai und die Produktion in einer nahe gelegenen Zementfabrik.

Der Außenminister der ägyptischen Übergangsregierung, Mohammed al-Orabi, hatte kurz vor dem Anschlag in einem Interview erklärt, sein Amt werde demnächst über die Frage der Gas-Exporte nach Israel beraten. Zunächst müssten allerdings die internen Reformen im Ministerium abgeschlossen werden.

(dpa)

Vorratsdatenspeicherung: Brüssel schickt Brandbrief

Die EU-Kommission hat die Bundesregierung ultimativ zu einer Regelung der Vorratsdatenspeicherung zur Kriminalitätsbekämpfung aufgefordert. Wie die Zeitungen der WAZ-Mediengruppe berichten, hat Brüssel die Regierung in Berlin in einem Brandbrief aufgefordert, die Vorgabe der EU umzusetzen, wonach Daten von Telefon- und Internetverbindungen sechs bis 24 Monate gespeichert werden müssen.

In dem Schreiben kritisiere Brüssel, dass "Deutschland seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist". Die Kommission verlange eine Stellungnahme bis Mitte August und behält sich ausdrücklich die Verhängung eines Bußgeldes wegen Vertragsverletzung gegen die Bundesrepublik vor. Vor allem Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) wehrt sich gegen die Speicherung der Kommunikationsdaten. Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und die Mehrheit der Innenminister der Bundesländer sind dafür.

(dapd)

Moskau warnt Nato vor Alleingang bei Raketenabwehr

Bei einer Sitzung des Nato-Russland-Rats hat Moskau die Militärallianz erneut eindringlich vor dem Aufbau eines Raketenabwehrsystems ohne Russland gewarnt. Noch sei eine echte strategische Partnerschaft möglich, sagte Außenminister Sergej Lawrow in der Schwarzmeerstadt Sotschi.

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen räumte ein, dass es noch viele Hindernisse zwischen beiden Seiten gebe. Die Verhandlungen mit Moskau über ein Raketenabwehrsystem seien "kompliziert", sagte er nach Angaben der Agentur Interfax. Zu dem eintägigen Treffen in Südrussland wurde auch Kremlchef Dmitrij Medwedjew erwartet.

Ein Scheitern der Verhandlungen habe ernste Folgen, warnte der russische Nato-Botschafter Dmitrij Rogosin. Moskau werde dann mit dem Aufbau eines eigenen Verteidigungssystems beginnen und könnte auch aus dem jüngst geschlossenen Start-Abkommen mit den USA zur atomaren Abrüstung aussteigen. Zudem sei die Stationierung von Kurzstreckenraketen nahe der Nato-Ostgrenze nicht ausgeschlossen.

(dpa)

Weißrussische Polizei geht hart gegen Demonstranten vor

Die weißrussische Polizei hat am Sonntag Dutzende Demonstranten bei Protesten gegen Präsident Alexander Lukaschenko festgenommen. Die Polizei ging am Abend in großer Zahl vor dem Hauptbahnhof von Minsk gegen die Demonstranten vor, die sich nach einem Aufruf im Internet aus Anlass des Unabhängigkeitstags versammelt hatten und ihren Protest wie schon seit Wochen durch rhythmischen Applaus ausdrückten.

Sicherheitskräfte in Zivilkleidung und einige Demonstranten schlugen aufeinander ein. Die Polizei feuerte Tränengas auf die Teilnehmer, unter denen auch ältere Menschen und Mütter mit Kindern waren. Die Behörden schickten so viele Zivilbeamte an den Bahnhof, dass zwei Gruppen von ihnen fast aufeinander losgegangen wären und ihren Irrtum erst im letzten Moment bemerkten. Die Proteste hatten den ganzen Tag angehalten, während Lukaschenko bei einer Freiluft-Veranstaltung zum Unabhängigkeitstag von Anhängern bejubelt wurde.

Angaben der nur locker organisierten Opposition zufolge kam es in mindestens sechs weiteren Städten zu Protesten. Auch dort seien einige Teilnehmer festgenommen worden. Lukaschenko gilt als letzter Diktator Europas und hat Mitte Juni ein hartes Vorgehen gegen die Opposition angekündigt. Weißrussland steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise und musste zuletzt seine Währung um 36 Prozent abwerten. Die Regierung wird vom benachbarten Russland unterstützt.

(Reuters)

Tote bei Clankämpfen in Somalia

Bei schweren Kämpfen verfeindeter Clans in Zentralsomalia sind am Sonntagabend mindestens 25 Menschen getötet und 75 verletzt worden. Auslöser der Gewalt seien Streitigkeiten um den Zugang zu Wasser gewesen. Die Auseinandersetzungen zwischen den Stämmen aus der Region Mudug hätten bereits vor Tagen begonnen und sich immer weiter gesteigert, sagten Augenzeugen. "Krankenwagen haben die Verletzten vom Kampffeld zum Krankenhaus gebracht", erklärte ein Klinikmitarbeiter.

Der somalische Präsident Sheik Sharif Ahmed kündigte an, Vermittler in das Gebiet schicken zu wollen, um eine Lösung zu finden. "Wir rufen die beiden Clans dazu auf, ihre Kämpfe zu beenden", sagte er bei einer Pressekonferenz. In Somalia herrscht seit über 20 Jahren ein brutaler Bürgerkrieg, bei dem es immer wieder zu militärischen Konflikten zwischen Kriegsherren, einzelnen Gruppen, Clans und Milizen kommt. Hauptsächlich geht es dabei um Wasser und Land.

(dpa)

Nach Krebsbehandlung: Chavez wieder in Venezuela

Einen Tag vor der großen Feier zum 200. Jahrestag der Unabhängigkeit Venezuelas ist Präsident Hugo Chavez wieder in seinem Land eingetroffen. Er befand sich zur Behandlung einer Krebserkrankung in Kuba, und es war unklar, ob er an der Feier teilnehmen würde. Das staatliche Fernsehen zeigte, wie Chavez von Ministern seiner Regierung auf dem Flughafen begrüßt wurde. Außerdem zeigte der Sender Aufnahmen von der Verabschiedung des Politikers durch den kubanischen Präsidenten Raul Castro.

Die 200-Jahr-Feier ist eine wichtige Gelegenheit für den Linkspopulisten, sich der Bevölkerung einmal mehr als Wiedergeburt des Unabhängigkeitskämpfers Simon Bolivar zu präsentieren. Die Anhänger von "El Comandante" werden ihn in den Straßen feiern. Vor allem in den Elendsvierteln der Hauptstadt wird Chavez hoch angerechnet, dass er die Öleinnahmen des Landes zum Bau von Krankenhäusern und Schulen eingesetzt hat.

(Reuters)

Wulff warnt vor Verharmlosung der DDR-Diktatur

Bundespräsident Christian Wulff hat sich gegen eine Verharmlosung der SED-Diktatur gewandt. Es sei erschreckend, wie verklärend und beschönigend manche bis heute auf die DDR zurückschauten, sagte Wulff bei einem Besuch der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur in Berlin. Er eröffnete eine gemeinsame Veranstaltungsreihe des Bundespräsidenten und der Stiftung unter dem Titel "Vergangenheit erinnern - Demokratie gestalten".

Obwohl das Wissen über die DDR und den Widerstand von Oppositionellen gewachsen sei, habe er den Eindruck, dass der menschenverachtende Charakter der SED-Diktatur noch nicht ausreichend im öffentlichen Bewusstsein verankert sei, betonte Wulff. Er rief gerade junge Menschen auf, sich mehr aus dem Alltag der DDR und deren "dunklen Seiten" wie Unfreiheit und Gängelung erzählen zu lassen. Den Opfern müsse mehr zugehört werden, ihr Widerstand gewürdigt werden. Sie seien Vorbilder für Zivilcourage.

(dpa)

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