Politik kompakt:Türkei besetzt Militärspitze neu

Ministerpräsident Erdogan festigt seine Kontrolle über die Armee: Wegen Putschvorwürfen gegen Hunderte Militärangehörige war die Armeeführung zurückgetreten - nun hat die Türkei die vakanten Posten neu besetzt.

im Überblick

Nach dem geschlossenen Rücktritt der Armeeführung in der Türkei sind die Spitzenposten der Streitkräfte neu besetzt worden. Präsident Abdullah Gül ernannte den bisherigen Gendarmeriechef Necdet Özel zum Generalstabschef. Sein Vorgänger Isik Kosaner war zusammen mit den Chefs von Heer, Luftwaffe und Marine aus Protest gegen die Inhaftierung von 250 Generalen und Offizieren in der vergangenen Woche zurückgetreten, denen Putschpläne vorgeworfen werden. Auch die Chefposten der Teilstreitkräfte von Heer, Marine und Luftwaffe wurden neu vergeben.

Politik kompakt: Der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan (r) mit seinem neuen Generalstabschef Necdet Özel.

Der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan (r) mit seinem neuen Generalstabschef Necdet Özel.

(Foto: AFP)

Mit dem Wechsel an der Spitze der Streitkräfte festigt der islamisch-konservative Regierungschef Tayyip Erdogan seine Kontrolle über die einst allmächtige Armee. Sie sieht sich als Bewahrerin des weltlichen Erbes des Staatsgründers Kemal Atatürk und hat sich seit 1960 dreimal an die Macht geputscht . Noch 1997 setzte die Generalität die Absetzung einer Regierung durch, der auch Erdogan und der heutige Präsident Gül angehörten.

(dapd/Reuters)

Als Reaktion auf die Atomkatastrophe in Fukushima entlässt die japanische Regierung drei Beamte im Energiesektor, Athen will mit dem Bau eines Grabens illegale Migranten aufhalten und in Afghanistan wird ein Geheimagent getötet. Lesen Sie auf den folgenden Seiten weitere Meldungen.

Nach Fukushima: Entlassungen im Energiesektor

Wegen ihres Umgangs mit der Atomkatastrophe von Fukushima und zahlreicher Skandale will die japanische Regierung drei ranghohe Beamte des Energiesektors entlassen. Er plane einen "umfassenden" Personalwechsel innerhalb seines Ministeriums, sagte Wirtschaftsminister Banri Kaieda. Sein Ressort ist auch für die Entwicklung und Regulierung der Atomwirtschaft zuständig.

Kaieda bestätigte Medienberichte, wonach sein Stellvertreter sowie die Chefs der Behörde für Rohstoffquellen und der Atomaufsichtsbehörde entlassen werden sollten. Offiziell mitgeteilt werden sollten die Entlassungen zu einem späteren Zeitpunkt. Medienberichten zufolge erwägt Kaieda auch, selbst zurückzutreten, nachdem er den Personalwechsel eingeleitet hat.

Die Beziehung des Ministers zu Regierungschef Naoto Kan hatte sich in den vergangenen Monaten deutlich verschlechtert. Kan sprach sich kürzlich für den Atomausstieg aus und kritisierte die enge Verbindung von Kaiedas Ministerium zur Energieindustrie. Zudem plant Kan, die Atomaufsichtsbehörde aus dem Ministerium auszugliedern, um deren Unabhängigkeit und Effizienz zu gewährleisten.

Seit der Atomkatastrophe im Reaktor Fukushima I in Folge des schweren Erdbebens und Tsunamis vom 11. März steht die japanische Bevölkerung der Atomindustrie zunehmend misstrauisch gegenüber.

(AFP)

Athen baut Graben gegen illegale Migration

Griechenland will mit dem Bau eines etwa 120 Kilometer langen Grabens die illegale Migration aus der Türkei über den Grenzfluss Evros (türkisch: Meric) stoppen. Der Bau des 30 Meter breiten und sieben Meter tiefen Grabens hat nach Angaben der Online-Ausgabe der Athener Zeitung To Vima bereits begonnen.

Die Internetseite veröffentlichte eine Karte mit dem Verlauf des Grabens entlang des Flusses auf der griechischen Seite. Die ersten 14,5 Kilometer des Grabens seien bei der Ortschaft Orestiada ausgehoben worden. Der Graben soll auch militärischen Abwehr-Zwecken dienen, hieß es. Griechenland und die Türkei streiten sich seit Jahrzehnten um Hoheitsrechte.

(dpa)

Geheimdienstler in Afghanistan durch Bombe getötet

In der nordafghanischen Provinz Kundus ist ein Mitarbeiter des regionalen Geheimdienstes durch einen Bombenanschlag getötet worden. Der Sprengsatz sei in seinem Auto angebracht gewesen und habe zudem drei Kinder verletzt, sagte ein Sprecher der Polizei. Die radikalislamischen Taliban bekannten sich zu dem Anschlag und erklärten, dieser habe sich gegen ranghohe Sicherheitsbeamte gerichtet.

Der Norden Afghanistans galt bislang als sicherer als der Süden und der Osten des Landes. Nach einer Reihe von Anschlägen wurden jedoch Befürchtungen über die Stabilität der Region laut. Erst am Dienstag waren drei Mitarbeiter einer privaten Sicherheitsfirma in Kundus getötet worden, nachdem Selbstmordattentäter die Büros der Firma angegriffen hatten. In der Provinz Kundus ist die Bundeswehr stationiert.

(AFP/Reuters)

Israelische Luftwaffe beschießt Gaza-Streifen

Die israelische Luftwaffe hat in der Nacht zwei Angriffe auf Ziele im Gaza-Streifen geflogen. Nach Angaben der israelischen Armee wurden dabei zwei "terroristische Ziele" im Norden des Gaza-Streifen und ein Schmugglertunnel im Süden des Gebietes angegriffen. Augenzeugen zufolge zielten die Angriffe unter anderem auf Stützpunkte des bewaffneten Arms der radikalislamischen Hamas, der Kassam-Brigaden, in der Stadt Gaza.

Die Luftangriffe waren die Reaktion auf zwei Raketen, die am Mittwoch vom Gaza-Streifen aus auf israelisches Territorium abgeschossen worden waren. Seit Mitte Juli wird aus dem Gaza-Streifen wieder häufiger auf israelisches Territorium geschossen, seit Jahresbeginn wurden nach Angaben der israelischen Armee 340 Geschosse abgefeuert. Die israelische Luftwaffe reagiert darauf mit Vergeltungsschlägen.

(AFP)

Norwegischer Attentäter schweigt zu Komplizen

Der geständige Attentäter von Norwegen hat die Materialien für seine Anschläge nach Angaben seines Anwalts größtenteils im Ausland gekauft und dazu etwa 20 Länder bereist. Anders Behring Breivik gebe an, sich das für die Anschläge benötigte Material bei seinen Reisen gekauft zu haben, sagte Anwalt Geir Lippestad der Zeitung Verdens Gang, nachdem sein Mandant am Vortag zum dritten Mal von der Polizei verhört worden war.

"Er sagt, dass ihm mehrere Personen geholfen haben, sich das Material zu beschaffen", sagte der Anwalt. Er machte aber keine Angaben darüber, ob die Kontaktpersonen Behring Breiviks politische Ansichten teilten oder über dessen Pläne informiert waren. Noch immer können die norwegischen Ermittler nicht mit letzter Sicherheit ausschließen, dass der Attentäter von Oslo und der Insel Utöya einen Komplizen hatte.

"Wir denken noch immer, dass er alleine war, aber wir können das noch nicht abschließend beurteilen", sagte Staatsanwalt Christian Hatlo der Nachrichtenagentur AP. "Er hält Informationen zurück, und das macht uns Sorgen." Vor dem Haftrichter hatte der Attentäter allerdings erklärt, er habe in Verbindung zu zwei weiteren "Zellen" gestanden, die ähnliche Anschläge ausführen könnten.

Behring Breivik werde den Ermittlern zu diesen Fragen keine weiteren Antworten geben, solange seine "extravaganten Forderungen bezüglich einer Revolution in der Gesellschaft" nicht erfüllt würden, sagte Anwalt Lippestad weiter. Medienberichten zufolge hatte Behring Breivik bei seiner zweiten Befragung am vergangenen Freitag unter anderem den Rücktritt der Regierung und die Abdankung des Königs gefordert.

(AFP/AP/dpa)

Baugenehmigung für Wohnungen in Ost-Jerusalem

Israels Innenministerium hat die endgültige Genehmigung für den umstrittenen Bau von 900 neuen Wohnungen im besetzten Ost-Jerusalem gegeben. Der Ausbau der Siedlung von Har Homa nahe der palästinensischen Stadt Bethlehem, mit dessen Planung vor zwei Jahren begonnen worden war, sei nun endgültig genehmigt worden, sagte die Sprecherin Efrat Orbach.

Das Bauprojekt, das sich auf einer Hügelkuppe im Südwesten von Jerusalem erstreckt, ist seit langem umstritten. Hagit Ofran von der israelischen Gruppe Peace Now bezeichnete angesichts der Lage des neuen Projekts die Baugenehmigung als eine "sehr dramatische Entwicklung". Der weitere Ausbau der Siedlung von Har Homa unterbreche die territoriale Verbindung zwischen Jerusalem und Bethlehem, sagte die Aktivistin. Damit würde ein weiteres Hindernis geschaffen, um zu verhindern, dass Ost-Jerusalem zur Hauptstadt eines palästinensischen Staates wird.

(AFP)

Umfrage: Rot-Grün erreicht Rekordwert

Rot-Grün ist einer Umfrage zufolge so populär wie seit mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr. SPD und Grüne kämen bei Bundestagswahlen dem ARD-Deutschlandtrend zufolge derzeit zusammen auf 51 Prozent. Diesen Wert erzielten die ehemaligen Koalitionspartner zuletzt im Februar 2000. Die SPD konnte sich um zwei Punkte auf 28 Prozent im Vergleich zum Vormonat verbessern, die Grünen lagen unverändert bei 23 Prozent.

Stärkste Partei blieb mit unverändert 32 Prozent die Union. Die FDP gab einen Punkt nach und würde mit vier Prozent nicht wieder in den Bundestag einziehen. Die Linkspartei erhielt wie im Juli acht Prozent.

Im Vergleich der Bundeskanzler-Kandidaten setzen sich die möglichen SPD-Bewerber gegen Amtsinhaberin Angela Merkel durch. Bei einer Direktwahl würden sich 44 Prozent für den Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier und 40 Prozent für Merkel entscheiden. Deutlicher noch gewann der ehemalige Finanzminister Peer Steinbrück den Vergleich mit 46 zu 38 Prozent für sich.

(Reuters)

Sarrazin klagt gegen Missbrauch für Wahlwerbung

Der frühere Bundesbankmanager und ehemalige Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) klagt gegen die rechtspopulistische "Bürgerbewegung Pro Deutschland" wegen der Nutzung seines Namens für Wahlwerbung. Sarrazins Anwaltsbüro sagte der Nachrichtenagentur, man wolle ein Verbot des Plakats durchsetzen, auf dem unter einer durchgestrichenen Moschee der Slogan "Wählen gehen für Thilos Thesen!" steht.

Die islamkritische Partei, die bei der Abgeordnetenhauswahl am 18. September antritt, hat seit dem Wochenende solche Plakate in der Stadt aufgehängt. Sarrazin vertrat in seinem Buch "Deutschland schafft sich ab" und in der Debatte darüber umstrittene Thesen zur Integration von Zuwanderern, die bundesweit Empörung auslösten.

(dapd)

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