Politik kompakt:Truppen in Jemen erschießen Demonstranten

Hartes Vorgehen gegen Demonstranten im Jemen: Mit scharfer Munition, Tränengas und Wasserwerfern haben die Truppen von Machthaber Salih eine Demonstration aufgelöst. Mindestens 15 Menschen wurden getötet.

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Im südjemenitischen Tais haben Sicherheitskräfte auf Demonstranten geschossen und Ärzten zufolge mindestens 15 von ihnen getötet. Andere Augenzeugen sprachen von mindestens 20 Toten. Es werde damit gerechnet, dass die Zahl der Toten weiter steige, hieß es. Hunderte Menschen seien bei den Auseinandersetzungen am Sonntagabend verletzt worden.

Die Polizei war mit scharfer Munition, Tränengas und Wasserwerfern gegen die Demonstranten vorgegangen, die seit Tagen auf dem zentralen Platz campierten und eine Freilassung inhaftierter Regimegegner forderten.

Wie der Leiter eines Feldlazaretts, Sadek al Schugaa, berichtete, hätten die Einheiten der Republikanischen Garde von Präsident Ali Abdullah Salih wahllos in die Menge gefeuert. Die Soldaten seien vor Morgengrauen mit Panzern auf den zentralen Platz vorgerückt, auf dem die Demonstranten Zelte errichtet hatten, sagte al Schugaa.

Ein jemenitischer Journalist berichtete dem arabischen Nachrichtensender al-Dschasira am Sonntagabend zudem, mehrere Zelte der Regimegegner seien in Brand gesteckt worden. Etwa hundert Demonstranten seien verletzt worden.

Die Regierung ließ am Montag nach Angaben von Augenzeugen außerdem die von Aufständischen gehaltene Ortschaft Sindschibar aus der Luft beschießen. Soldaten hatten bis in den Morgen versucht, die Aufständischen aus Sindschibar zu vertreiben. Mindestens vier Kämpfer kamen ums Leben, wie ein Krankenhausmitarbeiter erklärte.

Seit Mitte Februar fordern Hunderttausende Jemeniten bei Straßendemonstrationen den Rücktritt Salihs. Immer wieder eröffnen Sicherheitskräfte und bewaffnete Salih-Anhänger das Feuer auf die Protestierenden.

Auch in Syrien geht das Regime weiter mit Gewalt gegen seine Gegner vor. Sicherheitskräfte erschossen in der Stadt Talbisseh im Zentrum des Landes drei Zivilisten. Wie Menschenrechtsaktivisten mitteilten, kamen damit in Talbisseh sowie den nahe gelegenen Städten Rastan und Homs seit dem Vortag mindestens 14 Menschen ums Leben. Die syrische Armee hatte Rastan,Talbisseh und ein Dorf in der Umgebung am Sonntag mit dutzenden Panzern umstellt, um die Proteste zu unterbinden.

(AFP/dapd/dpa/Reuters)

Französische Anwälte wollen Sarkozy verklagen, junge Spanier wollen weiter demonstrieren, der Kremlkritiker Chodorkowskij stellt erneut ein Gnadengesuch und in Nigeria sterben mehrere Menschen bei Anschlägen. Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.

Sarkozy soll wegen Libyen-Einsatz verklagt werden

Zwei renommierte französische Anwälte wollen Staatschef Nicolas Sarkozy wegen "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" in Libyen anzeigen. Roland Dumas und Jacques Verges wollten eine entsprechende Klage mehrerer Familien von Opfern von Nato-Angriffen unterstützen, sagte ein Vertreter des libyschen Justizministeriums am Sonntag in Tripolis.

Der frühere französische Außenminister Dumas nannte den Militäreinsatz in Libyen einen "brutalen Angriff auf einen souveränen Staat". Er sei bereit, den libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi im Fall eines Prozesses vor dem Internationalen Strafgerichtshof zu verteidigen. Verges bezeichnete die Mitglieder der Militärkoalition als "Mörder".

Unterdessen besuchte der französische Philosoph Bernard-Henri Lévy, der entscheidend zu Frankreichs führender Rolle im Libyen-Konflikt beitrug, am Sonntag die Rebellenhochburg Misrata im Westen Libyens. Lévy hatte vor Beginn des Militäreinsatzes ein Treffen von Sarkozy mit Vertretern der libyschen Rebellen organisiert. Nach dem Treffen erkannte Frankreich als erstes Land den Übergangsrat der Rebellen als legitime Vertretung in Libyen an und forderte Luftangriffe gegen die Truppen Gaddafis.

(AFP)

Zweite Runde der Kommunalwahlen in Italien fortgesetzt

In Italien ist am Montag die zweite Runde der Kommunalwahlen fortgesetzt worden. Mehr als 6,5 Millionen Italiener waren aufgerufen, in 88 Städten und Gemeinden bis zum Nachmittag ihre Stimme abzugeben. Gewählt wurden neben den Bürgermeistern auch die Präsidenten von sechs italienischen Regionen. Die Wahl galt als Stimmungstest für den konservativen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi.

Bei der Stichwahl um das Bürgermeisteramt in Berlusconis Heimatstadt Mailand drohte der dort seit 20 Jahren regierenden Rechten eine Niederlage. Der Kandidat der Linken, Giuliano Pisapia, hatte in Mailand in der ersten Runde vor zwei Wochen mit 48 Prozent der Stimmen vor Bürgermeisterin Letizia Moratti von Berlusconis Partei Volk der Freiheit (PdL) gelegen, sie hatte 41,6 Prozent der Stimmen bekommen.

Auch in Neapel, das seit Monaten von einer schweren Müllkrise beherrscht wird, wird das Abstimmungsergebnis mit besonderer Spannung erwartet. Die Wahlbüros sollten bis 15.00 Uhr geöffnet bleiben. Berlusconi hatte im Vorfeld der Wahl deren Bedeutung heruntergespielt. "Das Ergebnis wird keine Auswirkungen auf die Regierung haben", sagte er laut der Zeitung Il Giornale zu Vertretern aus seinem Umfeld. Der italienische Ministerpräsident muss sich derzeit in mehreren Prozessen vor Gericht verantworten, darunter wegen einer Sex-Affäre mit einer Minderjährigen.

(AFP)

Spanische Demonstranten machen weiter

Die spanische Protestbewegung gegen Arbeitslosigkeit und Sparpolitik gibt nicht auf. Tausende von Demonstranten entschieden in der Nacht zum Montag in Madrid, dass das vor zwei Wochen errichtete Protestcamp auf dem Platz Puerta del Sol bestehenbleibt. Allerdings soll die Fläche verkleinert werden. In anderen Städten trafen die Bewohner von Protestlagern ähnliche Entscheidungen.

In Madrid hatten konservative Politiker und Inhaber von Läden in der Umgebung des Camps gefordert, dass die Sicherheitskräfte den Platz räumen lassen. Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba hatte angekündigt, Gespräche mit der Polizei zu führen und dann eine Entscheidung über eine mögliche Räumung zu treffen. In Barcelona hatte die Polizei am Freitag versucht, ein Protestcamp auf der Plaza de Cataluña zu räumen. Die Aktion wurde jedoch ein Reinfall und brachte den Demonstranten neuen Zulauf von Sympathisanten ein. Die Camp-Bewohner in Barcelona entschieden ebenfalls, ihre Protestaktion fortzusetzen.

Die Bewegung "Echte Demokratie jetzt!" war am 15. Mai spontan entstanden. Die "spanische Revolution" brachte Zehntausende auf die Beine und sorgte weltweit für Schlagzeilen. Die Proteste richten sich unter anderem gegen die hohe Arbeitslosigkeit in Spanien, gegen die Macht der Banken und der großen Parteien.

(dpa)

Rasmussen: "Gaddafis Terrorregime geht dem Ende zu"

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sieht bedeutende Fortschritte beim Einsatz des Militärbündnisses in Libyen. Die Luftangriffe hätten die Möglichkeiten des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi, gegen sein eigenes Volk vorzugehen, deutlich verringert, sagte Rasmussen auf einem Nato-Forum in Bulgarien. "Unsere Operation in Libyen erreicht ihre Ziele. Und wir verhindern, dass Gaddafi die seinigen erreicht", erklärte Rasmussen. "Das Terrorregime Gaddafis geht dem Ende zu."

Der Nato-Generalsekretär sprach von einer zunehmenden Isolation Gaddafis im In- und Ausland. Sogar jene, die ihm am nächsten stünden, liefen über oder gingen ins Ausland, sagte Rasmussen. Der Druck auf Gaddafi werde jedenfalls aufrechterhalten, bis alle Angriffe auf Zivilisten gestoppt würden.

Am Sonntagabend hatte ein tunesischer Radiosender gemeldet, 30 libysche Soldaten seien desertiert und mit einem Boot nach Tunesien geflohen. Die Soldaten erklärten, sie seien bereit, in die von den Aufständischen kontrollierten Gebiete Libyens zu gehen, um dort auf der Seite der Rebellen zu kämpfen. Am vergangenen Freitag hatten auf die gleiche Weise bereits 22 libysche Armeeangehörige das Land verlassen, darunter etliche hochrangige Offiziere.

Die staatliche libysche Nachrichtenagentur Jana berichtete von neuen Nato-Luftangriffen auf Ziele in den Bezirken Nalut und Al-Dschufra in der Nacht. Die Aufständischen meldeten dagegen in ihren eigenen Medien einen Luftangriff nahe der Stadt Slaiten. Dabei sollen zehn Panzer der Gaddafi-Truppen zerstört worden sein.

Der südafrikanische Präsident Jacob Zuma ist unterdessen in Libyen eingetroffen, wo er im Konflikt zwischen Gaddafi und den Aufständischen vermitteln will. Angeblich soll es bei dem Gespräch auch um eine mögliche "Exit-Strategie" für Gaddafi gehen.

(dpa)

Mindestens zehn Tote bei Anschlägen in Nigeria

Eine Serie von Bombenanschlägen auf eine Kaserne im Nordosten Nigerias hat nach Polizeiangaben mindestens zehn Menschen das Leben gekostet. Die Explosionen ereigneten sich am Sonntagabend wenige Stunden nach der Vereidigung des neuen Präsidenten Goodluck Jonathan. Die drei Sprengsätze detonierten vor einer Kaserne in der Stadt Bauchi, wie der Polizeichef des gleichnamigen Staates, Mohammed Indabawa, der Nachrichtenagentur AP sagte. Neun Menschen wurden verletzt.

Die neuerliche Gewalt wirft ein Schlaglicht auf die Herausforderungen, vor denen Präsident Jonathan steht. Der christliche Amtsinhaber hatte die Abstimmung vom 16. April gegen seinen muslimischen Herausforderer Muhammadu Buhari gewonnen. Nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses kam es im Norden des Landes zu Unruhen zwischen Muslimen und Christen mit Hunderten Toten, obwohl Beobachter die Abstimmung als die fairste seit mehr als zehn Jahren bezeichnet hatten.

(dapd)

Pakistan soll Militär-Offensive gegen Taliban starten

Pakistan will einem Medienbericht zufolge eine militärische Offensive gegen islamische Extremisten in Nord-Waziristan starten. Auf Luftangriffe in der von al-Qaida und Taliban besetzten Region an der Grenze zu Afghanistan solle der Einsatz von Bodentruppen folgen, zitiert die pakistanische Zeitung The News hochrangige Kreise in ihrer Montagsausgabe. Demnach sei der Feldzug beim Pakistan-Besuch der US-Außenministerin Hillary Clinton in der vergangenen Woche vereinbart worden.

Clinton hatte bei ihrem Besuch ein härteres Vorgehen gegen Islamisten gefordert und angekündigt, sie erwarte von der pakistanischen Regierung "entscheidende Schritte in den kommenden Tagen". Die US-Botschaft überprüft nach Angaben eines Mitarbeiters den Zeitungsbericht.

Die Amerikaner fordern seit langer Zeit eine entsprechende Militär-Offensive von Pakistan, um Jagd auf die afghanische Extremistengruppe Haqqani zu machen, die amerikanische Truppen in Afghanistan bekämpfen. Nach der Tötung des Al-Qaida-Chefs Osama bin Laden durch US-Elitesoldaten in Pakistan hat sich der Druck auf die pakistanische Regierung bedeutend erhöht.

(Reuters)

Chodorkowskij will erneut Gnadengesuch stellen

Der inhaftierte russische Kremlkritiker Michail Chodorkowskij will nach Angaben seines Anwalts erneut eine vorzeitige Haftentlassung beantragen. Das kündigte der Verteidiger des früheren Öl-Oligarchen, Wadim Kljuwgant, am Montag in Moskau an. Wann der Antrag eingereicht werden sollte, sagte er nicht. Chodorkowski hatte bereits 2008 ein Gnadengesuch gestellt, das aber von einem Gericht abgelehnt wurde. In der vergangenen Woche hatte ein Moskauer Gericht einen Berufungsantrag Chodorkowskijs abgewiesen und dessen 14-jährige Haftstrafe um lediglich ein Jahr reduziert.

Chodorkowskij war im Dezember für schuldig befunden worden, Öl im Wert von 25 Milliarden Dollar (17,8 Milliarden Euro) von drei Tochterfirmen seines Ölkonzerns Jukos gestohlen zu haben. Das Urteil wurde international scharf kritisiert. Der einst reichste Mann Russlands verbüßte bereits zuvor eine achtjährige Haftstrafe, die in diesem Jahr zu Ende gegangen wäre und auf die neue Haftstrafe angerechnet wird. Als treibende Kraft hinter der Verurteilung wird der russische Ministerpräsident und ehemalige Staatspräsident Wladimir Putin vermutet. Chodorkowskij galt als politische Bedrohung für Putin, der zum Zeitpunkt von Chodorkowskijs Festnahme im Jahre 2003 Präsident war.

(dapd)

Birmas Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi geht erstmals seit acht Jahren im Juni wieder auf Tour in ihrem Heimatland. Die populäre Oppositionspolitikerin bestätigte die Reiseabsichten in einem Gespräch mit Studenten in Hongkong. Sie hatte jahrelang friedlich gegen das Militärregime gekämpft. Zu ihren Veranstaltungen waren in der Provinz immer Tausende Menschen gekommen.

Bei ihrer letzten Reise außerhalb der Hafenstadt Rangun 2003 war ihr Konvoi von regimefreundlichen Schlägertrupps angegriffen worden. Sie wurde festgenommen und anschließend wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses angeklagt. Suu Kyi hat fast 16 der vergangenen 20 Jahre unter Hausarrest verbracht. Im November 2010 kam sie frei, eine Woche nach den umstrittenen Wahlen der Jahrzehnte lang regierenden Militärjunta. Die Partei des Militärs gewann.

(dpa)

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