Politik kompakt:Ein "atomares Fass ohne Boden"

Teurer Müll: Noch auf Jahrzehnte wird es den Bund Milliarden kosten, die Atomreaktoren und Kernforschungsanlagen zu schließen. Kurzmeldungen im Überblick.

Die Beseitigung alter Atomreaktoren und Kernforschungsanlagen wird den Bund noch auf Jahrzehnte Milliarden kosten. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der SPD-Fraktion hervor, die der Financial Times Deutschland vorliegt. Demnach schätzt das Bundesforschungsministerium die künftigen Ausgaben des Bundes für den Rückbau alter Atomanlagen auf etwa 5,4 Milliarden Euro bis zum Jahr 2035.

Politik kompakt: Eingelagerte Fässer mit Atommuell, aufgenommen am 21. Oktober 2009 im Atommuellendlager in Morsleben.

Eingelagerte Fässer mit Atommuell, aufgenommen am 21. Oktober 2009 im Atommuellendlager in Morsleben.

(Foto: ag.ap)

Zugleich räume das Ressort erhebliche Risiken ein. Bei praktisch allen Rückbauprojekten sei "in Zukunft mit weiteren Kostensteigerungen" zu rechnen, heißt es in dem Schreiben. Grund seien die rapide steigenden Kosten für die Zwischen- und Endlagerung radioaktiver Abfälle. So kalkuliere die Regierung allein für die Stilllegung und Sanierung des skandalumwitterten Endlagers Asse II mit Gesamtkosten von "mehr als zwei Milliarden Euro". Eine komplette Rückholung des Atommülls aus dem maroden Salzbergwerk werde nach einer ersten Machbarkeitsstudie etwa 3,7 Milliarden Euro kosten. Beim Rückbau der DDR-Kernkraftwerke in Greifswald und Rheinsberg würden Mehrkosten von einer Milliarde Euro gegenüber der ursprünglichen Planung erwartet.

Angesichts zahlreicher Sanierungsprojekte wie der Asse und dem Endlager Morsleben drohe "ein atomares Fass ohne Boden", sagte der SPD-Haushaltspolitiker Klaus Hagemann der FTD.

(apn)

Al-Qaida tötet eine französische Geisel; bei einem Selbstmordanschlag in Bagdad sterben vier Menschen; der Geldgeber des einstigen Serbenführer Milosevic erhält in Russland Asyl: Lesen Sie weitere Kurzmeldungen auf den folgenden Seiten.

Terroristen töten französische Geisel

Der nordafrikanische Flügel der Extremistengruppe al-Qaida hat eine französische Geisel getötet. In einer vom Fernsehsender Al Dschasira am Sonntagabend gesendeten Erklärung gab ein Anführer der Gruppe dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy persönlich die Schuld am Tod des entführten Franzosen Michel Germaneau. Der gescheiterte Befreiungsversuch sei das Todesurteil für die Geisel gewesen.

Präsident Nicolas Sarkozy bestätigte am Montag, der 78-jährige pensionierte Ingenieur sei nicht mehr am Leben. Französische Elitesoldaten hätten in Zusammenarbeit mit mauretanischen Truppen versucht, den am 20. April in der Sahel-Zone entführten Michel Germaneau in einem Wüstenlager in Mali zu befreien. Die Geisel sei aber nicht gefunden worden. Sarkozy hat für Montag ein Krisentreffen anberaumt, an dem neben dem Ministerpräsidenten auch die Ressortchefs für Verteidigung, Außenpolitik und Inneres teilnehmen sollten.

(Reuters)

Viele Zivilisten sterben bei Raketenangriff in Südafghanistan

Bei einem Raketenangriff im Süden Afghanistans sind nach offiziellen Angaben 40 bis 45 Zivilisten getötet worden. Ein Sprecher des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai bestätigte damit am Montag in Kabul einen Bericht des britischen Rundfunksenders BBC. Karsai hatte zuvor angekündigt, der Nationale Sicherheitsrat solle den Vorfall untersuchen, bei dem am Freitag ein Dorf in der südafghanischen Unruheprovinz Helmand getroffen wurde.

In der Gegend kämpfen Soldaten der internationalen Nato-Truppe Isaf gegen radikalislamische Taliban. Die Untersuchung solle nun klären, ob die Isaf für den Abschuss der Rakete verantwortlich sei, sagte der Karsai-Sprecher. Demnach schlug das Geschoss in einem Haus ein, in dem bis zu 45 Menschen Zuflucht gesucht hatten. Zuvor hatte die afghanische Regierung mitgeteilt, durch die Rakete seien auch Frauen und Kinder getötet worden. Die Nato hat Vorwürfe der afghanischen Regierung zurückgewiesen, sie sei für die zivilen Opfer verantwortlich. Alle Spekulationen über zivile Opfer seien "zu diesem Zeitpunkt vollkommen unbegründet", sagte ein Sprecher des Militärbündnisses.

(AFP)

Hartz-IV-Bescheide mit Fehlern

Auch mehrere Jahre nach dem Start der Hartz-IV-Reform unterlaufen Jobcentern noch immer Fehler beim Ausstellen der Hartz-IV-Bescheide - 99 Prozent sind allerdings inzwischen korrekt. Allein im vergangenen Jahr hätten 162 300 fehlerhafte Grundsicherungsbescheide die Jobcenter verlassen, geht aus dem entsprechenden Jahresbericht der Bundesagentur für Arbeit hervor.

Die Bundesagentur mit Sitz in Nürnberg hatte wiederholt auf die häufigen Personalwechsel in den Jobcentern hingewiesen. Die komplexe Materie und die häufigen Gesetzesänderungen machten zudem eine intensive Einarbeitung der Mitarbeiter notwendig. Trotzdem liege der Anteil der fehlerhaften Bescheide an den jährlich knapp 25 Millionen Bescheiden gerade mal bei 0,7 Prozent. In 830 200 Fällen legten Hartz-IV-Betroffene Widerspruch gegen die Bescheide ein. Knapp jeder dritte Widerspruch sei erfolgreich gewesen.

(dpa)

Bei drei Selbstmordanschlägen im Irak sind am Montag insgesamt 25 Menschen getötet und mehr als 60 weitere verletzt worden. Nach Angaben von Rettungs- und Sicherheitskräften starben mindestens 21 Menschen bei einem Doppelanschlag in der den Schiiten heiligen Stadt Kerbela, 47 weitere wurden verletzt.

Die Mehrheit der Opfer von zwei Autobombenanschlägen in Kerbela seien Polizisten und Pilger aus umliegenden Provinzen, sagte ein Sprecher der Rettungskräfte. Die Stadt liegt rund 110 Kilometer südlich von Bagdad. Anlässlich des Festes zum Gedenken an den Imam Mohammed el Mahdi werden in den kommenden Tagen hunderttausende Pilger in den beiden heiligen Städten Kerbela und Nadschaf erwartet. Die Gegend um Kerbela ist immer wieder Schauplatz von Anschlägen.

Bei einem Selbstmordanschlag vor dem Büro von El Arabija wurden vier Menschen getötet. Nach Angaben eines Journalisten des Senders handelte es sich um drei Wachen und eine Büroangestellte. Laut Innenministerium wurden 16 Menschen verletzt.

(AFP)

Berliner CDU schließt Geert-Wilders-Unterstützer aus

Die Berliner CDU-Fraktionsspitze will ihren Abgeordneten René Stadtkewitz wegen dessen Kontakten zum holländischen Rechtspopulisten Geert Wilders aus der Fraktion ausschließen. Der 45-jährige Stadtkewitz, der wegen Differenzen in der Zuwanderungspolitik bereits aus der CDU ausgetreten war, hatte sich geweigert, Wilders von einer Veranstaltung in Berlin wieder auszuladen.

Deshalb werde der CDU-Fraktionsvorstand das Ausschlussverfahren vorbereiten, sagte CDU-Fraktionsvize Michael Braun am Montag. Die Fraktionsmitglieder sollen darüber in der nächsten Sitzung am 7. September abstimmen.

(dpa)

Asyl für Karic

Einer der wichtigsten Finanziers des früheren serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic, der per Interpol gesuchte Geschäftsmann Bogoljub Karic, hat in Russland politisches Asyl erhalten. Das hätten die russischen Behörden dem serbischen Justizministerium mitgeteilt, berichtete die größte serbische Zeitung Blic.

Karic wird in seiner Heimat beschuldigt, allein in einem Fall den Staat um 40 Millionen Euro geprellt zu haben. Er ist seit 2006 auf der Flucht, konnte aber zuvor laut Medienberichten Hunderte Millionen Euro seines Reichtums außer Landes bringen. In Russland hatten zuvor schon die Milosevic-Ehefrau Mirjana Markovic und ihr gemeinsamer Sohn Marko politisches Asyl bekommen. Auch diese beiden mit internationalem Haftbefehl Gesuchten sollen große Geldsummen außer Landes geschafft haben.

Milosevic ist der wichtigste Drahtzieher in den Bürgerkriegen im ehemaligen Jugoslawien in den 90er Jahren. Er war 2006 im UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag an einem Herzinfarkt gestorben. Einige der heute reichsten Unternehmer Serbiens hatten Milosevic finanziert. An ihrer Spitze stand Karic, dessen weit verzweigte Familie im Gegenzug von Milosevic zahlreiche Monopole wie zum Beispiel im Handymarkt zugesprochen bekam.

(dpa)

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