Politik kompakt:Tea-Party-Kandidat brüskiert Republikaner

Schlappe für die republikanische Parteiführung: Bei den Vorwahlen für den US-Senat in Kentucky siegt ein ultrakonservativer Seiteneinsteiger. Kurzmeldungen im Überblick.

Bei einer Vorwahl über die Kandidaten für den US-Senat im Bundesstaat Kentucky musste die republikanische Parteiführung eine Schlappe einstecken. Der vom Washingtoner Partei-Establishment unterstützte Senatskandidat Trey Grayson lag US-Medienberichten zufolge bei der Abstimmung hinter dem politischen Seiteneinsteiger Rand Paul. Dieser war als Kandidat der ultrakonservativen Basisbewegung Tea Party angetreten. Beide hatten sich um die Nachfolge eines republikanischen Senators beworben, der freiwillig ausscheidet. Auch in Pennsylvania und Arkansas fanden Vorwahlen über die Kandidaten für den US-Senat statt.

Rand Paul, Reuters

Liegt bei der Vorwahl für den US-Senat in Kentucky vorn: Rand Paul, Republikaner und Repräsentant der ultrakonservativen Tea-Party-Bewegung.

(Foto: Foto: Reuters)

Die Kritik in der Union an Umweltminister Röttgen wächst, Aufständische greifen die größte US-Militärbasis in Afghanistan an und der inhaftierte Regierungskritiker und frühere russische Öl-Magnat Michail Chodorkowski hat seinen Hungerstreik abgebrochen: Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.

Kritik der Union an Röttgen wächst - der Umweltminister wehrt sich

In der Union wächst die Kritik an Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU). Der bayerische Umweltminister Markus Söder (CSU) warf Röttgen vor, er verfüge über kein schlüssiges Gesamtkonzept für eine klimaverträgliche Energiepolitik: "Man kann nicht aus der Kernenergie aussteigen wollen, die Solarförderung kürzen, kein Konzept für Energiespeichertechnologien haben und gleichzeitig Klimaschutzziele erfüllen wollen", sagte Söder der Augsburger Allgemeinen. Söder forderte von der Bundesregierung eine dauerhafte Energiestrategie, die sich am Primat von Klimaschutz und Versorgungssicherheit orientiere. Dazu sei auch eine Verlängerung der Laufzeiten für Kernkraftwerke notwendig.

Unterdessen hat Röttgen im Streit um längere Laufzeiten für Atomkraftwerke die Attacken des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) scharf zurückgewiesen. "Herr Mappus muss lernen, dass man sachliche Konflikte mit Argumenten austrägt", sagte er der Bild-Zeitung. Die Zeit sei zu ernst, "um jetzt vorrangig Eigenprofilierung zu betreiben."

Mappus hatte Röttgen den Rücktritt nahegelegt, weil dieser erklärt hatte, eine Verlängerung von AKW-Laufzeiten bedürfe tendenziell der Zustimmung des Bundesrates. In der Länderkammer hat Schwarz-Gelb seit dem Debakel bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen keine Mehrheit mehr. Röttgens Kritiker halten eine Zustimmung des Bundesrates zu längeren AKW-Laufzeiten nicht für nötig.

Linksfraktion erhält Doppelspitze erst 2011

Gregor Gysi wird die Linke im Bundestag noch bis Herbst 2011 alleine führen. Erst dann soll die Fraktion nach dem Vorbild der Linkspartei eine Doppelspitze mit mindestens einer Frau erhalten. Zudem sollen die Chefposten zwischen ost- und westdeutschen Abgeordneten aufgeteilt werden. Das entschied die Fraktion am Mittwochabend auf einer Sondersitzung in Berlin "mit großer Mehrheit", wie Sprecher Hendrik Thalheim mitteilte. Am vergangenen Wochenende hatte die Linke mit Gesine Lötzsch und Klaus Ernst bereits ein gemischtes Duo an die Spitze der Partei gewählt. Gysi ist seit dem Rückzug von Oskar Lafontaine aus der Fraktionsspitze im vergangenen Herbst alleiniger Vorsitzender.

Aufständische greifen US-Militärbasis in Afghanistan an

Radikal-islamische Aufständische haben die größte US-Basis in Afghanistan angegriffen. Der Stützpunkt Bagram rund 75 Kilometer nördlich von Kabul sei unter anderem mit Raketen und Panzerfäusten beschossen worden, teilte das US-Militär mit. Sieben Angreifer seien getötet, fünf Soldaten verletzt worden. Ein Gebäude auf der Basis sei leicht beschädigt worden. Die Truppen hätten sofort auf den Angriff reagiert, sagte ein Militärsprecher. Die Kämpfe dauern an.

Erst Ende März hatten die radikalislamischen Taliban eine Rakete auf die Basis abgefeuert - kurz nach einem Besuch von US-Präsident Barack Obama.

Chodorkowskij bricht Hungerstreik ab

Der inhaftierte Regierungskritiker und frühere russische Öl-Magnat Michail Chodorkowskij (46) hat seinen Hungerstreik nach zwei Tagen abgebrochen. Das Ziel, auf die Justizwillkür in Russland und seine persönliche Lage hinzuweisen, sei erreicht. Das sagte der bekannteste Häftling des Landes am Mittwoch nach Angaben der Agentur Interfax. "Ich bin überrascht von der Offenheit des russischen Präsidenten und des Vorsitzenden des Obersten Gerichts", sagte Chodorkowskij, der seit 2003 wegen Steuerbetrugs im Gefängnis sitzt. Der Chef des inzwischen zerschlagenen Ölkonzerns Yukos hatte mit dem am Montag begonnenen Hungerstreik gegen die jüngste Verlängerung seiner Untersuchungshaft protestiert.

Kremlchef Dmitrij Medwedjew hatte zuvor mitteilen lassen, dass er über den Hungerstreik Chodorkowskijs informiert sei. Ein Gericht soll in den nächsten Tagen über die Haftbeschwerde des prominenten Kritikers von Russlands Regierungschef Wladimir Putin entscheiden.

Kommission gibt Kaczynskis Piloten Mitschuld

Fünf Wochen nach dem tödlichen Flugzeugabsturz des polnischen Präsidenten Lech Kaczynski in Russland hat die bilaterale Untersuchungskommission MAK den Piloten eine Mitschuld gegeben. Die Piloten hätten trotz mehrfacher Warnung vor dichtem Nebel versucht, die Maschine vom Typ Tupolew TU-154 auf dem Flughafen der Stadt Smolensk zu landen. Das sagte die Leiterin der Kommission, Tatjana Anodina, am Mittwoch nach Angaben der Agentur Interfax in Moskau.

Die offizielle Untersuchung des Absturzes mit insgesamt 96 Toten habe zudem ergeben, dass die Piloten nicht besonders flugerfahren gewesen seien und in Polen kein spezielles Krisentraining erhalten hätten. Die Auswertung der Flugschreiber ergab laut Anodina, dass sich kurz vor dem Absturz außer der Crew "unbefugte Personen" im Cockpit befunden hätten. Die polnische Seite versuche derzeit, die Stimmen zuzuordnen. Die Kommissionschefin schloss erneut einen terroristischen Anschlag oder einen technischen Defekt aus.

Präsidentenwahl in Kirgistan abgesagt

Die für Oktober geplante Wahl eines neuen Präsidenten Kirgistans ist von der Übergangsregierung abgesagt worden. Die Chefin der Übergangsregierung, Rosa Otunbajewa, solle bis Ende 2011 die Aufgaben des Präsidenten übernehmen, teilte die Übergangsregierung in Bischkek in einem Dekret mit. Staatschef Kurmanbek Bakijew war vor rund einem Monat durch Massenproteste gestürzt worden.

Bei neuen blutigen Unruhen sind in der zentralasiatischen Republik mindestens drei Menschen getötet und mehr als 62 weitere verletzt worden. Bei den gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Kirgisen und der usbekischen Minderheit seien im Süden des Landes Menschen durch Schüsse, Steinwürfe und Knüppel verletzt worden, teilte das Gesundheitsministerium mit. In Dschalal-Abad wurde wegen der blutigen Straßenschlachten bis zum 1. Juni der Ausnahmezustand verhängt.

Al-Qaida plante Anschläge auf Fußball-WM

Al-Qaida plante nach Angaben eines verhafteten Mitglieds Anschläge während der Fußballweltmeisterschaft in Südafrika. Ziel sollten offenbar Niederländer und Dänen sein. "Wenn wir nicht zu den Teams hätten vordringen können, hätten wir die Fans angegriffen", sagte das im Irak festgenommene Mitglied des Terrornetzwerks. Er und seine Freunde hätten sich dafür rächen wollen, dass der Prophet Mohammed in jenen Ländern beleidigt worden sei. Nach Angaben der irakischen Sicherheitskräfte hatten die mutmaßlichen Terroristen aber noch keine konkreten Schritte zur Vorbereitung von Anschlägen in Südafrika unternommen.

Bundesanwaltschaft: Wichtige Buback-Akten sind erhalten

Der Sprecher der Bundesanwaltschaft, Frank Wallenta, hat einem Bericht der Bild-Zeitung widersprochen, wonach "wichtige Akten" im Fall Buback vernichtet worden seien. Das Bundeskriminalamt habe 1994 zwar sogenannte Spurenakten zum RAF-Mord an Generalbundesanwalt Siegfried Buback vernichtet - dabei habe es sich aber ausschließlich um Material gehandelt, das in möglichen Strafverfahren keine Bedeutung haben konnte, sagte der Sprecher. "Generell gilt: Wenn irgendein denkbarer Bezug zur Tat oder möglichen Tätern besteht, kommt die Information in die Ermittlungsakten", sagte Wallenta.

Generalbundesanwalt Siegfried Buback und seine beiden Begleiter waren am 7. April 1977 in Karlsruhe von RAF-Terroristen erschossen worden. Wer genau die tödlichen Schüsse abgab, konnte bislang nicht geklärt werden. Im April diesen Jahres hatte die Bundesanwaltschaft Anklage gegen die frühere RAF-Terroristin Verena Becker erhoben. Sie soll als Mittäterin an dem Attentat beteiligt gewesen sein.

Kabinett beschließt kürzeren Wehr- und Zivildienst

Der Wehr- und der Zivildienst sollen noch in diesem Jahr von neun auf sechs Monate verkürzt werden. Das Kabinett beschloss am Mittwoch nach wochenlangem Ringen die umstrittene Reform, die erstmals auch die Option einer freiwillige Verlängerung des Zivildienstes um drei bis sechs Monate vorsieht. Das erfuhr die Nachrichtenagentur dpa aus Regierungskreisen. Die Verkürzung von Wehr- und Zivildienst gilt bereits ab dem 1. Juli. Die FDP hatte die Reform bereits in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt. Ursprünglich wollten die Liberalen die Dienstpflicht ganz aussetzen, die Union wollte dagegen bei neun Monaten bleiben.

US-Justiz ordnet Ausweisung von KZ-Wächter nach Österreich an

Ein Gericht in den USA hat die Ausweisung eines früheren Wächters im NS-Konzentrationslager Sachsenhausen nach Österreich angeordnet. Wie das US-Justizministerium in Washington mitteilte, soll der heute 85-jährige Anton Geiser in sein Heimatland überstellt werden. Als NS-Mittäter müsse Geiser "zur Verantwortung gezogen werden". Wann Geiser nach Österreich gebracht werden soll und welche Vorwürfe ihm in einem möglichen Prozess gemacht werden könnten, ist unklar.

Geiser wanderte 1956 aus Österreich in die USA ein und wurde sechs Jahre später US-Staatsbürger. 2006 wurde ihm die amerikanische Staatsangehörigkeit aber wieder entzogen, weil er als NS-Mittäter kein Recht auf Einreise in die USA hatte. Nach Angaben des US-Justizministeriums hatte Geiser in dem Verfahren um die Aberkennung seiner Staatsbürgerschaft eingeräumt, 1943 als bewaffnetes Mitglied der SS-Totenkopfverbände als Wächter im KZ Sachsenhausen bei Berlin gearbeitet zu haben.

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