Politik kompakt:Tauss ab Mai vor Gericht

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Angeblich 102 Fälle von Kinder- und Jugendpornographie: Dem früheren SPD-Abgeordneten Jörg Tauss wird demnächst der Prozess gemacht. Weitere Kurzmeldungen im Überblick.

Der frühere SPD-Politiker Jörg Tauss muss sich ab Mitte Mai wegen Kinderpornografie-Verdachts vor dem Landgericht Karlsruhe verantworten. Das Verfahren soll am 18. Mai beginnen, wie das Gericht am Freitag mitteilte. Das Landgericht ließ die Anklage der Staatsanwaltschaft Karlsruhe demnach in allen Punkten zu. Es legte zunächst fünf Verhandlungstage bis zum 28. Mai fest.

Die Staatsanwaltschaft wirft Tauss vor, zwischen Mai 2007 und Januar 2009 in 102 Fällen überwiegend kinderpornografische, aber auch jugendpornografische Dateien "erlangt, weitergegeben und besessen zu haben." Der im Juni aus der SPD ausgetretene und zur Piratenpartei gewechselte Tauss hatte erklärt, als Abgeordneter lediglich recherchiert zu haben.

Im nordrhein-westfälischen Landtagswahlkampf wird die Sponsoring-Affäre zum dominierenden Thema: Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) sprach in der ARD von "viel politischer Kampagne und Diffamierung". "Wir haben von Anfang an alles auf den Tisch gelegt. Es hat keine gekauften Gespräche gegeben." Es habe lediglich einen "politisch dämlichen Brief" gegeben, aus dem man aber mit dem Rücktritt von CDU-Generalsekretär Hendrik Wüst Konsequenzen gezogen habe. Nach Rüttgers Worten will die Staatsanwaltschaft kein Ermittlungsverfahren einleiten.

SPD-Chef Sigmar Gabriel sah sich gezwungen, Vorwürfe über sein eigenes Sponsoring-Verhalten zurückzuweisen.

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe hatte den SPD-Vorsitzenden im Hamburger Abendblatt scharf attackiert. Gröhe berief sich auf ein Schreiben der niedersächsischen SPD-Landesgruppe, in dem die Sozialdemokraten Sponsoren Gesprächsangebote mit Gabriel unterbreitet hatten - allerdings nicht gegen Bezahlung. Gabriels Attacken seien "heuchlerisch", so Gröhe.

Der SPD-Chef wehrte sich in der ARD: In dem monierten Werbeschreiben für ein Pfingsttreffen der Sozialdemokraten stehe nur, dass er allen Gästen zur Verfügung stehe. Dafür müsse niemand Geld bezahlen. "Sponsoring ist okay, das kann jeder machen", sagte Gabriel. Mit Blick auf Rüttgers fügte er hinzu: "Ein Amtsträger hat Amtszeit verkauft. Das ist nun wirklich etwas anderes als Sponsoring."

Russland und China rufen Iran zum Einlenken im Atomstreit auf und Gordon Brown wird von einem Ex-Armeechef scharf attackiert: Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.

Polizei stürmt Tempelberg

Israelische Sicherheitskräfte haben am Freitag erneut den Tempelberg in der Altstadt von Jerusalem gestürmt. Nach Polizeiangaben hatten zuvor Palästinenser nach dem traditionellen Freitagsgebet Steine auf jüdische Gläubige an der unterhalb des Plateaus gelegenen Klagemauer geworfen. Bei den Krawallen wurden nach Angaben von Polizeisprecher Mickey Rosenfeld 15 Beamte verletzt. Nach palästinensischen Angaben mussten 60 Personen als Folge des Einsatzes mit Tränengas behandelt werden. Nach Angaben des Polizeisprechers waren mehrere hundert Araber in die Krawalle verwickelt. Rosenfeld wies Berichte zurück, wonach die Polizei Gummigeschosse eingesetzt oder die Al-Aksa-Moschee gestürmt habe. Die Polizei habe sich nach dem Einsatz wieder zurückgezogen.

Israelische Sicherheitskräfte haben erneut den Tempelberg in der Altstadt von Jerusalem gestürmt. Nach Polizeiangaben hatten zuvor Palästinenser nach dem traditionellen Freitagsgebet Steine auf jüdische Gläubige an der unterhalb des Plateaus gelegene Klagemauer geworfen. Nach palästinensischen Augenzeugenberichten setzten die israelischen Sicherheitskräfte auch Tränengas ein. Zwei Polizisten sowie ein Palästinenser wurden den Angaben zufolge bei den Krawallen leicht verletzt.

Der Tempelberg (Haram El-Scharif) mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee ist die drittheiligste Stätte im Islam. Die Krawalle in der Altstadt von Jerusalem sowie in Hebron im südlichen Westjordanland hatte begonnen, nachdem Israel vor knapp zwei Wochen zwei im Westjordanland gelegene Kulturstätte zum Nationalerbe erklärt hatte.

Bei einem Selbstmordanschlag im Nordwesten von Pakistan sind am Freitag mindestens zwölf Menschen getötet und 30 weitere verletzt worden. Ziel war nach Polizeiangaben offenbar eine Gruppe von schiitischen Muslimen. Der Selbstmordattentäter sprengte sich an einer Tankstelle in der Ortschaft Hangu in die Luft. Sieben Menschen waren auf der Stelle tot, fünf weitere erlagen später im Krankenhaus ihren schweren Verletzungen.

Russland und China rufen Iran zum Einlenken in Atomstreit auf

Im Atomstreit mit Iran haben Russland und China die Regierung in Teheran zum Einlenken aufgefordert. Der Golfstaat müsse sich dazu bereiterklären, Uran im Ausland anreichern zu lassen, sagten Vertreter beider Länder vor dem UN-Sicherheitsrat in New York. Die anderen Veto-Mächte Großbritannien, Frankreich und die USA sprachen sich für neue Sanktionen aus. Der russische UN-Botschafter erteilte diesem Vorhaben allerdings eine Absage und rief erneut zu einer diplomatischen Lösung auf: "Wir glauben, dass es noch immer Raum für Verhandlungen gibt", sagte Witali Tschurkin. Der Konflikt sollte durch einen Dialog beigelegt werden.

Chinas stellvertretender UN-Botschafter Liu Zhenmin forderte alle Beteiligten auf, ihre Bemühungen zu verdoppeln, um eine Lösung zu finden, die dem Golfstaat Kernbrennstoff sichert. Zugleich drängte er die Regierung in Teheran, ihre Zusammenarbeit mit der Internationalen Atomenergiebehörde zu verbessern.

Ex-Armeechef wirft Brown Unterfinanzierung der Truppen im Irak vor

Vor dem Auftritt des britischen Premierministers Gordon Brown im Untersuchungsausschuss zum Irak-Krieg hat ein früherer Armeechef dem damaligen Finanzminister vorgeworfen, die britischen Truppen nicht ausreichend finanziell unterstützt zu haben. Dies habe "zweifellos das Leben von Soldaten gekostet", sagte General Charles Guthrie der britischen Zeitung The Times. In der Anhörung solle Brown daher gefragt werden, warum er so "wenig mitfühlend" gewesen ein. Im Januar hatte bereits Ex-Verteidigungsminister Geoff Hoon vor dem Untersuchungsausschuss ausgesagt und angegeben, dass die britischen Truppen vor dem Irak-Krieg jahrelang unterfinanziert gewesen seien.

Die Bundesanwaltschaft hat in Nordrhein-Westfalen sechs Mitglieder einer tamilischen Separatistengruppe festnehmen lassen. Sie sollen bei Landsleuten in erpresserischer Weise Geld eingetrieben haben, um für die Rebellengruppe "Befreiungstiger von Tamil Eelam" (LTTE) Vermögens- und Sachwerte zu beschaffen. Bis auf einen sind alle in Haft. Ihnen wird vorgeworfen, an einer kriminellen Vereinigung beteiligt zu sein.

Nach Angaben der Bundesanwaltschaft vom Freitag wurden die Männer schon am Mittwoch festgenommen. Es wurden acht Objekte durchsucht, darunter das Zentrum des "Tamil Coordination Committee" (TCC) in Oberhausen. Es ist die erste größere Aktion der Karlsruher Behörde gegen tamilische Separatisten. Die Rebellengruppe LTTE kämpft mit Waffengewalt für einen unabhängigen Staat im Norden und Osten der Inselrepublik Sri Lanka, wo der größte Teil der tamilischen Minderheit lebt. Die Tamilen, die Hindus sind, fühlen sich von der Mehrheit der buddhistischen Singhalesen diskriminiert.

China plant Rekordverschuldung wegen Krise

Trotz wirtschaftlicher Erholung plant China auch in diesem Jahr eine Rekordverschuldung zur Bewältigung der globalen Wirtschaftskrise. Zum Auftakt der diesjährigen Plenarsitzung des Volkskongresses in Peking gab Regierungschef Wen Jiabao acht Prozent als Ziel für das wirtschaftliche Wachstum vor. In seinem Rechenschaftsbericht vor knapp 3000 Delegierten in der Großen Halle des Volkes sprach Wen Jiabao von einem "entscheidenden Jahr" im Kampf gegen die Wirtschaftskrise. "Auch wenn das Umfeld für wirtschaftliche Entwicklung in diesem Jahr besser ist, sind wir weiter mit einer sehr komplizierten Situation konfrontiert." Das Haushaltsdefizit soll wegen erwarteter geringerer Einnahmen auf 1,05 Billionen Yuan, umgerecht 100 Milliarden Euro, ansteigen. Das ist der höchste Stand seit Gründung der Volksrepublik vor 60 Jahren.

FDP für schnelle Umsetzung der Wehrdienstverkürzung

Die FDP hat von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) eine schnelle Umsetzung der geplanten Wehrdienstverkürzung verlangt. "Die Zeit drängt: Bis spätestens Mai muss das Verteidigungsministerium dem Parlament einen Vorschlag vorlegen", sagte die zuständige Expertin der FDP-Fraktion, Elke Hoff, in der Financial Times Deutschland. "Auch die Detailfragen müssen bis dahin gelöst werden. Sonst kann der Bundestag nichts beschließen." Union und FDP hatten vereinbart, den Wehr- und Zivildienst zum 1. Januar 2011 von neun auf sechs Monate zu reduzieren.

Während die FDP eine Freiwilligenarmee favorisiert, hält die Union an der Wehrpflicht fest. Wohlfahrtsverbände kritisieren den Minimalkompromiss der Koalitionäre vor allem wegen des dann ebenfalls verkürzten Zivildiensts. Die Grünen bezeichneten die Einigung von Union und FDP auf eine zeitliche Herabsetzung von Wehr- und Zivildienst als "vermurksten Kompromiss".

Teheran beruft Italiens Botschafter nach Festnahme zweier Iraner ein

Nach der Festnahme von zwei Iranern und fünf Italienern durch die italienische Polizei wegen des Verdachts auf Waffenschmuggel in Iran hat Teheran den italienischen Botschafter einberufen. Alberto Bradanini sei ins Teheraner Außenministerium bestellt worden, um die Gründe der Festnahmen darzulegen, zitierten iranische Nachrichtenagenturen Ministeriumssprecher Ramin Mehmanparast. Die Festnahmen bezeichnete er demnach als neuen Versuch der "Irreführung".

Die beiden Iraner, darunter ein Journalist, der für den Teheraner Geheimdienst arbeiten soll, und fünf Italiener waren in Italien festgenommen worden. Der Festnahme waren achtmonatige Ermittlungen vorausgegangen. Gemeinsam mit zwei weiteren Verdächtigen im Iran soll die Gruppe unter anderem Panzerabwehrmunition, chemischen Sprengstoff und optische Zielgeräte in Iran geschmuggelt haben. Auch den beiden Kontaktmännern im Iran, die ebenfalls per Haftbefehl gesucht werden, unterstellen die italienischen Ermittler Verbindungen zum iranischen Geheimdienst.

Nach Erkenntnissen der zuständigen Staatsanwaltschaft soll das militärische Gerät vor allem in Deutschland beschafft und seit "spätestens 2007" über Großbritannien, die Schweiz oder Rumänien in Iran geschmuggelt worden sein.

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