Politik kompakt:Rebellen-Anführer: Gaddafi könnte in Libyen bleiben

Überraschende Wende: Entgegen ihrer bisherigen Position zeigen sich die libyschen Rebellen jetzt offen für einen Verbleib von Machthaber Gaddafi im Land. Sie stellen aber Bedingungen. Die neue Haltung liegt auf einer Linie mit jüngsten Äußerungen westlicher Unterstützer.

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Die libyschen Rebellen haben sich im Falle eines Machtverzichts von Muammar al-Gaddafi entgegen ihrer bisherigen Position offen für dessen Verbleib im Lande gezeigt. "Gaddafi kann in Libyen bleiben, aber es wird Bedingungen geben", zitierte das Wall Street Journal am Montag den Chef des Nationalen Übergangsrats, Mustafa Abdel Dschalil.

NATO planes bomb Gaddafi compound

"Gaddafi kann in Libyen bleiben, aber es wird Bedingungen geben": Die libyschen Rebellen haben offenbar ihre Meinung geändert.

(Foto: dpa)

Die Rebellen würden festlegen, wo Gaddafi und seine Familie sich aufhalten dürften und wer sie überwache. Bislang hatten die Aufständischen stets gefordert, dass der Machthaber Libyen verlassen müsse. Die neue Haltung liegt dagegen auf einer Linie mit jüngsten Äußerungen westlicher Unterstützer der Rebellen. So hatte Frankreichs Außenminister Alain Juppe vergangene Woche gesagt, Gaddafi könne in Libyen bleiben, wenn er abdanke. Die USA und Italien hatten erklärt, Gaddafi müsse gestürzt werden. Über sein Schicksal solle jedoch das libyschen Volk entscheiden. Damit ließen auch sie die Möglichkeit offen, dass Gaddafi in seiner Heimat bleiben könnte. Als weiteres Anzeichen für Bemühungen, die festgefahrenen Kämpfe durch eine politische Lösung zu beenden, werteten Beobachter ein Treffen eines UN-Vertreters mit den Aufständischen. Beide Seiten teilten mit, Vorschläge für eine friedliche Lösung diskutiert zu haben. Konkrete Vorschläge gebe es jedoch nicht.

Um die Gunst der Bevölkerung zu sichern, sind die Rebellen dringend auf Hilfslieferungen aus dem Ausland angewiesen. Die Türkei entsandte zwei Öl-Tanker in das nordafrikanische Land, in dem der Bürgerkrieg die Anlagen zur Förderung und den Transport schwer beschädigt hat. Die Lieferungen sind nach Angaben aus Industriekreisen mindestens zehn Millionen Dollar wert und Teil von zugesagten Hilfsleistungen der Regierung in Ankara. 5000 Tonnen Diesel seien am Wochenende bereits angeliefert worden, weitere 5000 Tonnen auf dem Weg. Die Rebellen versuchen seit fünf Monaten, Gaddafi nach 41 Jahren an der Macht zu stürzen. Seit vier Monaten werden sie dabei durch die Nato unterstützt. Dennoch haben die Aufständischen keine entscheidenden Fortschritte machen können. Der Westen setzt deswegen inzwischen verstärkt auf eine Verhandlungslösung.

Libyen wirft der Nato jedoch erneut Angriffe auf Zivilisten vor. Nach Angaben der libyschen Regierung sind bei Luftangriffen der Nato in der Küstenstadt Sliten sieben Menschen getötet worden. Am Montagmorgen sei eine kleine Krankenstation in der Stadt rund 150 Kilometer östlich von Tripolis bombardiert worden, erklärten die Behörden. Dabei seien sieben Menschen ums Leben gekommen. Behördenvertreter zeigten Journalisten ein vollständig zerstörtes Gebäude mit einem roten Kreuz am Eingang, außerdem waren verschiedene medizinische Gerätschaften zu sehen. Nach Angaben der Behörden wurden in der Ambulanz ansteckende Krankheiten behandelt.

(Reuters)

Südkorea und Indien vereinbaren Zusammenarbeit bei der Nutzung der Atomenergie, und der Wehrbeauftragte Königshaus fordert Flexibilität bei den Abzugsplänen aus Afghanistan. Lesen Sie auf den folgenden Seiten weitere Meldungen.

Syrien erlässt neues Parteiengesetz

Unter dem Druck der Massenproteste gegen Präsident Baschar al-Assad hat die syrische Regierung ein neues Parteiengesetz erlassen. Das Gesetz erlaubt im Prinzip die freie Gründung von politischen Parteien, wenn diese nicht auf konfessioneller, ethnischer, clan-mäßiger, regionaler oder berufsständischer Grundlage stehen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Sana.

Darüber hinaus müssen neue Parteien die geltende Verfassung respektieren und mindestens tausend Mitglieder haben. Ihre Gründung muss von einem Komitee des Justizministeriums genehmigt werden. Ein ablehnender Bescheid kann vor Gericht angefochten werden. Mit dem Bekenntnis zur Verfassung müssen die neuen Parteien außerdem die darin verankerte "führende Rolle" der herrschenden Baath-Partei in Staat und Gesellschaft akzeptieren.

Beobachter sind skeptisch im Hinblick auf diesen neuesten Schachzug des bedrängten Regimes. Sie verweisen darauf, dass ein im April erlassenes, im Prinzip liberales Versammlungsrecht keine Auswirkungen auf die Lage im Lande hatte. Auch die Aufhebung des Ausnahmezustands änderte nichts. Die Sicherheitskräfte gehen mit unverminderter Brutalität gegen die seit vier Monaten anhaltenden Straßenproteste vor.

(dpa)

Südkorea und Indien unterzeichnen Atomabkommen

Südkorea und Indien wollen bei der friedlichen Nutzung der Atomenergie zusammenarbeiten. Dazu wurde nach einem Treffen zwischen dem südkoreanischen Präsidenten Lee Myung Bak und der indischen Präsidentin Pratibha Patil in Seoul ein Abkommen unterzeichnet. Lee bat um Unterstützung, damit sich südkoreanische Unternehmen am Bau von Atomkraftwerken in Indien beteiligen können.

Indien hat zurzeit 20 Atomreaktoren in Betrieb. Weitere sind geplant. Südkorea hat seine Bemühungen um den Export von Atomkraftwerken verstärkt, seit südkoreanische Firmen Ende 2009 erstmals aus dem Ausland einen Auftrag zum Bau von Atomreaktoren erhielten. Ein südkoreanisches Konsortium soll vier Atomreaktoren in den Vereinigten Arabischen Emiraten errichten.

(dpa)

Afghanistan: Könighaus warnt vor Abzug-Automatismus

Nach dem Wechsel der Verantwortung im nordafghanischen Mazar-e-Sharif warnt der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hellmut Königshaus, vor einem Abzug-Automatismus der Bundeswehr. "Sollte sich zeigen, dass mit der Übergabe der Verantwortung an die afghanischen Sicherheitskräfte Lücken oder weitere Probleme entstehen, dann wird man die Abzugsplanung dem anpassen müssen", sagte der FDP-Politiker der in Düsseldorf erscheinenden Rheinischen Post.

Er verlange, den Abzug von der jeweiligen Situation abhängig zu machen. Es dürfe am Ende nicht dazu kommen, dass die verbleibenden Bundeswehrsoldaten in eine schwierigere Situation geraten, sagte der Wehrbeauftragte. Die Übergabe der Verantwortung in afghanische Hände bezeichnete Königshaus als "eine Probe, was geht und ob es geht". Es komme nun darauf an, sich "Schritt für Schritt vorwärtszutasten".

Afghanische Sicherheitskräfte haben am Wochenende am Bundeswehrstandort Masar-i-Scharif im Norden des Landes offiziell das Kommando von der Internationalen Schutztruppe Isaf übernommen. Die wirtschaftlich aufstrebende Provinzhauptstadt ist das erste Gebiet im Einsatzbereich der deutschen Soldaten, in dem künftig ausschließlich Afghanen für die Sicherheit der Bevölkerung verantwortlich sind.

(dapd/dpa)

Türkei: Haftstrafe für Mörder von Hrant Dink

Ein Gericht in Istanbul hat den Mörder des türkisch-armenischen Journalisten Hrant Dink zu einer Haftstrafe von 22 Jahren und zehn Monaten verteilt. Der Verurteilte Ogün Samast sei auch des unerlaubten Waffenbesitzes für schuldig befunden worden, berichteten türkische Fernsehsender weiter. Dink war im Januar 2007 auf offener Straße in Istanbul erschossen worden. Der Anschlag hatte in der Türkei und international Bestürzung ausgelöst.

Dink, Herausgeber der türkisch-armenischen Wochenzeitung Agos, war ins Visier türkischer Ultranationalisten geraten, weil er die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich als "Völkermord" bezeichnet hatte. Vor seiner Ermordung hatte Dink wiederholt Drohungen erhalten.

Dinks Familie wirft den türkischen Behörden bis heute vor, Hinweisen auf eine Verwicklung der Sicherheitskräfte in den Mord nicht nachzugehen. Der Europäische Menschenrechtsgericht in Straßburg kritisierte die Türkei, weil die Behörden trotz vorliegender Hinweise auf Mordpläne aus der rechtsextremen Szene Dink nicht geschützt hätten.

(AFP/dpa)

Nach der Eskalation einer Facebook-Party am Samstag im saarländischen Heuweiler wird die Bundesinnenministerkonferenz über den Umgang mit solchen Veranstaltungen beraten. Das kündigte am Montag Saarlands Innenminister Stephan Toscani (CDU) in Saarbrücken an. In Heusweiler folgten bis zu 2000 Menschen einer Interneteinladung für eine Party, die allerdings zuvor abgesagt worden war. In der Nacht zum Sonntag kam es dabei zu Angriffen gegen die Polizei, es entstand ein Sachschaden im fünfstelligen Bereich. Drei Beamte und zwei Feiernde wurden bei den Auseinandersetzungen verletzt.

Toscani kündigte nun erhebliche Bußgelder und Strafverfolgung der Randalierer an. Nach einer ersten Schätzung des Innenministeriums kostete der Einsatz der 160 Polizisten rund 115.000 Euro. Der Innenminister appellierte auch an Facebook, das eine moralische Verantwortung habe. "Soziale Netzwerke müssten eigentlich dafür sorgen, dass anonyme Masseneinladungen künftig nicht mehr möglich sind, und die Voreinstellung 'Öffentliche Veranstaltung' nicht automatisch eingerichtet ist", forderte der Politiker. Ein 16-Jähriger aus dem Ortsteil Numborn hatte auf seiner Facebook-Seite aus Versehen öffentlich zu seiner Geburtstagsparty eingeladen. Nachdem einige Besucher gewalttätig wurden, hatte die Polizei die Veranstaltung verboten.

(dapd)

Chávez will trotz Krebs 2012 wieder antreten

Der venezolanische Präsident Hugo Chávez will sich 2012 trotz einer Krebserkrankung zur Wiederwahl stellen. Er habe nicht einen Moment an Rückzug gedacht, sagte er in einem Interview der staatlichen Zeitung Correo del Orinoco, das am Montag veröffentlicht wurde. "Ich bin entschlossen, 2031 zu erreichen", sagte Chávez. Der linke Präsident amtiert seit 1999 und strebt eine weitere sechsjährige Amtszeit an. Chávez schloss die erste Phase seiner Chemotherapie in der vergangenen Woche ab. Im Juni wurde ihm auf Kuba ein Tumor entfernt. Am Donnerstag wird Chávez 57 Jahre alt und möchte seinen Geburtstag in Venezuela feiern.

(dapd)

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