Süddeutsche Zeitung

Politik kompakt:Straffere Struktur der Bundeswehr

Ein sechsköpfiges Gremium soll Vorschläge zur Reform der Bundeswehr erstellen. An der Spitze: Frank-Jürgen Weise, Chef der Arbeitsagentur Kurzmeldungen im Überblick

Die Bundeswehr soll straffer organisiert werden, damit sie ihre Aufgaben im Einsatz besser erfüllen kann. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) setzte dazu am Montag eine Reformkommission ein, die bis zum Ende des Jahres Vorschläge machen soll. Geleitet wird das sechsköpfige Gremium vom Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise.

Zuletzt waren Forderungen nach einer besseren Ausrüstung der Soldaten nach dem schweren Gefecht am Karfreitag in Afghanistan aufgekommen, bei dem drei Bundeswehrsoldaten starben. "Ziel ist es nicht, die Bundeswehr neu zu erfinden", sagte Guttenberg. Vielmehr gehe es darum, die vorhandenen Strukturen effizienter zu gestalten. Eine Grundlage für die Arbeit der Kommission ist eine Analyse des Verteidigungsministeriums, die Anfang des Jahres Schwächen und Stärken der Bundeswehrstrukturen feststellte.

Afghanistans Präsident Hamid Karsai erneuert seine Kritik am Westen, die kirgisische Übergangsregierung plant einen "Sondereinsatz" gegen den gestürzten Präsidenten Bakijew und in Thailand lassen die "Rothemden" vier Geiseln frei: Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.

Nach tödlichen Schüssen auf vier Zivilpersonen ist es am Montag in der südafghanischen Stadt Kandahar zu antiamerikanischen Protesten gekommen. Nato-Soldaten sollen zuvor auf einen Bus geschossen und dabei vier Menschen getötet und weitere 18 verletzt haben. Der Zwischenfall in Kandahar kommt zu einer Zeit, in der sich die Allianz in der Hochburg der radikalislamischen Taliban verstärkt um die Gunst der Bevölkerung bemüht. In Kürze soll dort eine Offensive gegen die Taliban gestartet werden.

Afghanistans Präsident Hamid Karsai hat den tödlichen Nato-Angriff scharf verurteilt. Der Angriff "durch nichts zu rechtfertigen", sagte er. Der Beschuss laufe der Verpflichtung der Nato entgegen, Zivilisten zu schützen. Der Vorfall erfülle ihn "mit tiefer Trauer", sagte Karsai. Er rief die Nato-Truppe Isaf auf, "beträchtliche Vorsichtsmaßnahmen" zu ergreifen, um den Tod weiterer Zivilisten zu verhindern. Die Isaf räumte den Angriff ein und teilte mit, sie bedaure den Tod der Zivilisten "zutiefst".

In einer Kaserne in Belfast, in der auch die Zentrale des britischen Inlandsgeheimdienstes MI5 in Nordirland untergebracht ist, detonierte kurz nach Mitternacht eine Autobombe. Wenige Minuten vor der Explosion war die Übertragung der Befugnisse über Polizei und Justiz an Nordirland formell in Kraft getreten. Nach einem Bericht des britischen Fernsehsenders BBC wurde ein Mann ins Krankenhaus gebracht. Vor dem Anschlag habe es eine Warnung gegeben. Vermutlich stecke eine republikanische Splittergruppe hinter dem Anschlag, die sich dem Friedensprozess widersetzt, hieß es in Medienberichten.

Die britischen Fernsehsender BBC und Sky News berichteten unter Berufung auf die Polizei, der Sprengkörper sei mit einem Taxi zu der Kaserne gebracht worden, in der der MI5 arbeitet. Die Familie des Taxifahrers sei als Geisel genommen worden.

Am 12. April gingen die Befugnisse über Polizei und Justiz von London an Belfast über. Am heutigen Montag soll ein eigener Justizminister für Nordirland ernannt werden. Die Übertragung von mehr Rechten war auch ein Bestandteil des Karfreitagabkommens, das vor knapp zwölf Jahren Frieden in der britischen Region schaffte.

Die kirgisische Übergangsregierung will nach eigenen Angaben mit einem "Sondereinsatz" gegen den gestürzten Präsidenten Kurmanbek Bakijew vorgehen. "Wir hoffen, dass wir ihn ohne den Tod von Zivilisten ausführen können", sagte Vize-Regierungschef Almas Atambajew. Bakijew verstecke sich hinter einem menschlichen Schutzschild.

Der gestürzte Präsident selbst trat am Montag erstmals seit dem Umsturz wieder öffentlich auf: In seinem Heimatdorf Tejit im Süden des Landes jubelten ihm Tausende Anhänger zu und riefen seinen Namen. Bakijew drohte, jeder Versuch seiner Festnahme oder Tötung werde zu Blutvergießen führen.

Zwei Tage nach den gewaltsamen Zusammenstößen in Bangkok haben die thailändischen Regierungsgegner vier Soldaten freigelassen, die sie als Geiseln genommen hatten. Er habe die Freilassung mit den sogenannten Rothemden ausgehandelt, sagte Polizeichef Vichai Sangprapai. Die vier Soldaten hätten berichtet, sie seien am Samstag in der Masse der Demonstranten untergegangen. Die Rothemden hätten sie daraufhin festgehalten. Zunächst seien sieben Soldaten als Geiseln genommen worden, drei von ihnen hätten jedoch fliehen können.

Die Lage in Bangkok war am Wochenende eskaliert. Bei Straßenschlachten zwischen den Rothemden und der Armee starben nach Angaben von Rettungskräften mindestens 21 Menschen, darunter vier Soldaten; mindestens 863 Menschen wurden verletzt.

Am Montagmorgen versammelten sich die Regierungsgegner zu einer Prozession, bei der sie die Särge mit den getöteten Demonstranten durch die Straßen tragen wollten. Mit zahlreichen Autos, Kleintransportern und Taxen versammelten sie sich im historischen Zentrum von Bangkok. Die Regierung von Ministerpräsident Abhisit Vejjajiva widersprach unterdessen Medienberichten, nach denen hinter den Kulissen Neuwahlen im Oktober geplant würden, um die Krise zu beenden.

Die ersten Parlaments- und Präsidentenwahlen im Sudan seit 24 Jahren sind am Montag begleitet von Beschwerden über Unregelmäßigkeiten fortgesetzt worden. Die im teilautonomen Süden regierende Sudanesische Volksbefreiungsbewegung (SPLM) sprach sich für eine Verlängerung der dreitägigen Wahlen auf insgesamt eine Woche aus, um die Verzögerungen beim Wahlprozess in den Griff zu bekommen und allen Wählern eine Chance zu geben, ihre Stimme abzugeben.

In vielen Wahllokalen hatten die Wahlen am Sonntag zum Teil mit mehrstündiger Verspätung begonnen. Ein Sprecher der staatlichen Wahlkommission räumte "technische Probleme" ein.

Mancherorts reichten die Wahlurnen nicht aus oder wurden verspätet angeliefert, berichtete die Sudan Tribune. Auch seien Wähler teilweise erst in den Wahllokalen registriert worden. Vertretern der Oppositionsparteien habe man zudem die Überwachung der Wahlen erschwert: Mehrfach sei beobachtet worden, dass Wahlleiter die Menschen aufforderten, der regierenden Nationalen Kongresspartei (NCP) des sudanesischen Präsidenten Omar al-Baschir ihre Stimme zu geben.

Israel hat am nationalen Holocaust-Gedenktag der von den Nationalsozialisten ermordeten sechs Millionen Juden gedacht. Landesweit hielten am Montag um 10 Uhr Ortszeit (9 Uhr MESZ) die Menschen auf den Straßen für zwei Minuten inne und erinnerten begleitet von Sirenen-Alarm an die Opfer der Nazi-Verbrechen im Zweiten Weltkrieg.

Während der Eröffnungszeremonie zum Holocaust-Gedenktag am Sonntagabend hatte Regierungschef Benjamin Netanjahu kritisiert, dass die Weltgemeinschaft die iranischen Drohungen gegen Israel hinnehme "als ob nichts sei". Die eigentlich zu erwartenden Proteste angesichts des iranischen Strebens nach der Atombombe blieben aus, sagte Netanjahu in der Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem.

65 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gibt es in Israel noch etwa 207.000 Überlebende des Holocaust.

Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) fordert für eine bessere Ausrüstung der Bundeswehr die Bereitstellung entsprechender Gelder. Wenn die Lage in Afghanistan dies erforderlich mache, hoffe er, dass die notwendigen Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt werden, sagte Guttenberg.

Guttenberg setzt am heutigen Montag eine Kommission für eine Strukturreform der Bundeswehr ein. Sie soll bis Ende 2010 Vorschläge für eine Straffung der Führungs- und Verwaltungsstrukturen der Bundeswehr erarbeiten. Mit Blick auf die Kommission sagte Guttenberg: "Wir sind mittlerweile eine Armee im Einsatz und haben teilweise noch Strukturen, die den Geist von vor 20, 25, 30 Jahren atmen." Eine Abschaffung der Wehrpflicht lehnte er ab: "Die Wehrpflicht hat sich bewährt. Wir brauchen die Verankerung unserer Armee auch in der Gesellschaft", sagte Guttenberg.

FDP-Generalsekretär Christian Lindner schlug unterdessen zur Verbesserung der Haushaltslage Milliardeneinsparungen bei den deutschen Rüstungsausgaben vor. Der Passauer Neuen Presse sagte Lindner: "Hier werden teilweise Waffensysteme beschafft, über die vor zwanzig Jahren entschieden wurde. Unzweifelhaft haben sich aber die Sicherheitslage Deutschlands und die Aufgaben der Bundeswehr geändert." Er traue Guttenberg und der schwarz-gelben Koalition die Kraft zu, gemeinsam mit europäischen Partnern über Art und Zahl der Systeme neu nachzudenken. Auf diese Weise könne man in einem Jahrzehnt einen zweistelligen Milliardenbetrag einsparen.

In Moskau ist am Montag ein Richter vor seinem Haus von einem Unbekannten erschossen worden: Eduard Tschuwaschow war für seinen Einsatz gegen Rechtsradikale bekannt. Er sei mit Schüssen in Kopf und Brust getötet worden, sagte ein Sprecher der russischen Generalstaatsanwaltschaft nach Angaben der Agentur Itar-Tass. Die Ermittler vermuten einen Mord aus Rache für eine Verurteilung. Der Täter sei auf der Flucht, teilten die Ermittler mit.

Tschuwaschow habe häufig Prozesse gegen Rechtsradikale geleitet und deshalb Drohungen erhalten. Personenschutz habe der Richter jedoch abgelehnt. Zuletzt hatte Tschuwaschow neun Mitglieder der ultranationalistischen Gruppe "Weiße Wölfe" wegen mehrerer rassistischer Morde zu Haftstrafen bis zu 23 Jahren verurteilt. Die Extremisten hatten ihre grausamen Taten gefilmt und mit den Videos im Internet geprahlt.

Menschenrechtler beklagen eine Zunahme rechtsradikaler Straftaten in Russland. Vor allem Zuwanderer aus zentralasiatischen Republiken wie Tadschikistan, Kirgistan und Usbekistan werden Opfer der oft tödlichen Attacken.

Pakistanische Soldaten haben einen Angriff von etwa 200 Rebellen auf einen Armee-Stützpunkt abgewehrt. Bei anschließenden heftigen Gefechten im Unruhe-Bezirk Orakzai im Nordwesten des Landes seien 32 Aufständische getötet worden, sagte ein Behördenvertreter. Auch zwei Soldaten seien ums Leben gekommen.

In Orakzai unweit der afghanischen Grenze verüben Kämpfer der radikalislamischen Taliban und des Al-Qaida-Netzwerks sowie andere Aufständische immer wieder Gewalttaten. Die pakistanische Armee startete in der Region deshalb vor drei Wochen eine Offensive. Seit Ende März wurden laut Militär 200 Rebellen getötet.

Die Ukraine überlässt den USA ihren gesamten Bestand an hochangereichertem Uran. Das gab US-Regierungssprecher Robert Gibbs am Montag kurz vor dem Beginn einer zweitägigen Gipfelkonferenz zur Nuklearsicherheit in Washington bekannt. Die ukrainischen Bestände, die genug Material für die Herstellung mehrerer Bomben enthalten, sollen bis 2012 für die Wiederaufbereitung in die USA gebracht werden. Die Ukraine hatte das Uran nach dem Auseinanderfallen der Sowjetunion im Jahr 1991 erhalten.

(APN)

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AFP
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