Politik kompakt:Steuerreform? Schäuble winkt ab

Der Finanzminister sieht in dieser Legislaturperiode keinen Spielraum für eine Steuerreform - und verteidigt das Sparpaket.

Kurzmeldungen im Überblick.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat einer großen Steuerreform für die gesamte Wahlperiode eine Absage erteilt. "Man kann eine große Steuerreform nicht aufkommensneutral machen, sondern braucht einen deutlichen Entlastungsspielraum. Sonst hat man politisch keine Chance", sagte Schäuble in einem Interview des Hamburger Abendblatts. "Und diesen Spielraum sehe ich für diese Legislaturperiode nicht."

Wolfgang Schäuble, dpa

Finanzminister Wolfgang Schäuble sieht "keine soziale Schieflage" bei den Sparplänen der Bundesregierung.

(Foto: dpa)

Zugleich verteidigte Schäuble das Sparpaket der Bundesregierung. Es habe "keine soziale Schieflage". Das Haushaltsdefizit müsse vor allen Dingen auf der Ausgabenseite reduziert werden, und weit mehr als die Hälfte der Ausgaben im Bundeshaushalt seien Sozialausgaben. "Da kommen Sie um Kürzungen in diesem Bereich gar nicht herum", sagte der Finanzminister. Gleichzeitig versprach er jedoch auch: "Wir werden seriös alle Einwände aufnehmen und kritisch prüfen."

Forderungen nach Korrekturen am ermäßigten Mehrwertsteuersatz wies Schäuble allerdings zurück. "Es ist keine gute Idee, das Haushaltsdefizit über den ermäßigten Mehrwertsteuersatz zu reduzieren", sagte er. "Wenn wir alle Produkte mit 19 Prozent Mehrwertsteuer belegen, haben Bund und Länder 23 Milliarden Euro mehr in der Kasse. Aber niemand will auf Nahrungsmittel den vollen Satz erheben. Und dann sind 17 der 23 Milliarden schon mal weg." Auch den ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf Hotelübernachtungen verteidigte Schäuble.

(Reuters)

Der Zukunftsgipfel der Kanzlerin und der Gewerkschaften in Schloss Meseberg, in Afghanistan sterben drei Nato-Soldaten und das UN-Flüchtlingskommissariat befürchtet, dass irakische Flüchtlinge in Großbritannien gefoltert wurden. Weitere Kurzmitteilungen auf den nächsten Seiten.

Zukunftsgipfel in Schloss Meseberg: Kanzlerin will Zusammenhalt mit Gewerkschaften

Die Zukunftsfähigkeit Deutschlands muss nach dem Willen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in einer gemeinsamen Anstrengung aller gesellschaftlichen Kräfte gesichert werden. Um die bestehenden Probleme zu lösen, brauche die Regierung die Unterstützung der Tarifpartner, der Wirtschaft und der Gesellschaft, sagte Merkel am Freitag nach einem Treffen mit ranghohen Vertretern von Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften. An dem Zukunftsgipfel in Schloss Meseberg nördlich von Berlin hatten auf Einladung Merkels unter anderem DGB-Chef Michael Sommer, Verdi-Chef Frank Bsirske und IG-Metall-Chef Bertold Huber teilgenommen. Die Arbeitgeberseite wurde unter anderem durch BDI-Chef Hans-Peter Keitel und Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt vertreten. Merkel lobte die "optimistische Grundhaltung" der Gespräche, in denen über die Folgen des demographischen Wandels, die Innovationsfähigkeit des Landes sowie über eine nachhaltige Finanzpolitik diskutiert wurde. Es sei ausdrücklich darum gegangen, die längeren Perspektiven einmal in den Blick zu nehmen, hob sie hervor. Deutschland müsse ein Land bleiben, in dem zukünftige Generationen nicht nur mit dem Abtragen von Schuldenbergen beschäftigt seien. Merkel kündigte eine weitere Runde der Zukunftsgespräche für das kommende Jahr an. Deutschland sei zwar technologisch gut gerüstet, sehe sich aber zunehmend neuen Wettbewerbern etwa aus den Schwellenländern gegenüber, sagte Merkel. Deshalb seien vor allem bei der Bildung weitere Anstrengungen nötig. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte nach dem Treffen, "wie wir den Wohlstand erhalten, hängt wesentlich damit zusammen, ob wir Politik auch in längeren Zeiträumen denken." BDI-Chef Keitel sagte, gerade in Forschung und Technologie habe Deutschland einen Vorsprung zu verteidigen und auszubauen. Tagespolitische Streitthemen wie etwa das Sparpaket oder der koalitionsinterne Disput um die Gesundheit blieben bei dem Treffen in Meseberg offenbar weitgehend außen vor.

(AFP)

Drei Nato-Soldaten sterben in Afghanistan

Bei einem Rebellenangriff im Süden Afghanistans sind nach Nato-Angaben zwei US-Soldaten getötet worden. Ein britischer Soldat wurde nach Angaben des Londoner Verteidigungsministeriums bei einer Explosion in der Provinz Helmand getötet. Details zu den Zwischenfällen wurden zunächst nicht bekanntgegeben. Taliban-Kämpfer haben angesichts der Nato-Offensive in ihren Hochburgen im Süden ihre eigenen Angriffe auf die ausländischen Truppen verstärkt.

(dapd)

Das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) hat am Freitag den Verdacht geäußert, aus Großbritannien abgeschobene irakische Flüchtlinge seien dort geschlagen worden. "Wir prüfen mögliche Fälle von Misshandlung von einigen Asylbewerbern, die gestern aus dem Vereinigten Königreich abgeschoben wurden", sagte UNHCR-Sprecher Andrej Mahecic in Genf. "Die Männer geben an, sie seien von Grenzbeamten am Londoner Flughafen geschlagen worden, während sie gezwungen wurden, in ein Flugzeug zu steigen", fügte Mahecic hinzu. Einige der Flüchtlinge hätten frische Hämatome. Ein Sprecher des Grenzschutzes in London wies die Vorwürfe zurück. "Wir weisen alle Behauptungen zurück, das irakische Rückkehrer, die aus dem Vereinigten Königreich abgeschoben wurden, von unseren Mitarbeitern misshandelt wurden", sagte David Wood, ein Abteilungsleiter des Grenzschutzes. Es seien 42 Iraker mit einem Charterflug nach Bagdad abgeschoben worden. "Alle hatten kein Recht, in Großbritannien zu bleiben, ihr Einspruch wurde von den Gerichten zurückgewiesen", sagte Wood. Unter den Abgeschobenen seien abgelehnte Asylbewerber gewesen sowie Männer, die wegen Drogendelikten, Körperverletzung oder Sexualdelikten verurteilt worden waren. Die gesamte Abschiebung sei gefilmt worden, zwei führende Beamte seien als Zeugen an Bord gewesen. Das UNHCR hatte Großbritannien, die Niederlande, Norwegen und Schweden im April aufgefordert, auf die Abschiebung von Irakern nach Bagdad wegen der dortigen Sicherheitsprobleme zu verzichten.

(AFP)

Villepin gründet eine eigene Partei

Frankreichs früherer Regierungschef Dominique de Villepin gründet trotz massiver Widerstände aus dem konservativen Regierungslager am Samstag eine eigene Partei. Der langjährige Rivale von Staatschef Nicolas Sarkozy versammelt die Anhänger seiner bisherigen politischen Bewegung Club Villepin in Paris zu einem Gründungskongress. Der Ex-Premier will vorerst keine klare Trennung von der Regierungspartei UMP vollziehen, die sich traditionell als Sammlungsbewegung versteht und schon jetzt mehrere Kleinparteien umfasst. Villepin wird bei den Konservativen als Herausforderer von Sarkozy bei der nächsten Präsidentschaftswahl in zwei Jahren gehandelt.

(AFP)

Russland erwägt Militäreinsatz - Sohn des gestürzten Präsidenten beantragt Asyl

Russland denkt offenbar nun doch über einen Militäreinsatz in dem von Unruhen heimgesuchten Kirgistan nach. Russische Nachrichtenagenturen meldeten am Freitag unter Berufung auf Kreise des Verteidigungsministeriums, die Soldaten könnten zum Schutz strategisch wichtiger Einrichtungen in der zentralasiatischen Republik eingesetzt werden. Eine entsprechende Anfrage der kirgisischen Übergangsregierung werde derzeit geprüft. Eine Entscheidung sei jedoch noch nicht gefallen.

Steuerreform? Schäuble winkt ab

Der Sohn des gestürzten kirgisischen Präsidenten Kurmanbek Bakijew, Maxim, hat derweil in Großbritannien politisches Asyl beantragt. Er sei "aus Angst um mein Leben" ins Exil gegangen, ließ der 32-jährige Maxim Bakijew über seine britischen Anwälte mitteilen. Bakijew, der wegen seiner Liebe zum Luxus auch "der Prinz" genannt wird, wird von der amtierenden Übergangsregierung beschuldigt, die ethnischen Unruhen der vergangenen Woche angestachelt zu haben. Außerdem wurde ein Ermittlungsverfahren wegen seiner Rolle an der Spitze einer staatlichen Kreditbehörde eingeleitet. "Die Vorwürfe sind erfunden", erklärte Bakijew in London. Sie sollten ablenken von "den eigenen Verbrechen" der Übergangsregierung. Der Sohn des Ex-Präsidenten sei "im Rahmen der normalen Prozeduren für Asylanträge am Ankunftsort überprüft und vorübergehend ins Land gelassen worden", hieß es in der Mitteilung der Anwaltskanzlei. Die Einreiseerlaubnis gelte für die Zeit der Überprüfung seiner Angaben.

Wie jetzt bekannt wurde, hat es bei den schweren Unruhen in Kirgistan möglicherweise weit mehr Tote gegeben als bislang offiziell gemeldet. Bis zu 2000 Menschen und damit zehnmal so viele wie zunächst angenommen könnten ums Leben gekommen sein, sagte Übergangspräsidentin Rosa Otunbajewa in einem am Freitag veröffentlichten Interview mit der russischen Zeitung "Kommersant". Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sind mehr als eine Million Menschen Betroffene der ethnischen Auseinandersetzungen. Die Zahlen könnten sich aber noch ändern, sagte eine Sprecherin des UN-Kinderhilfswerks Unicef in Genf.

(Reuters)

In Schleswig-Holstein kosten wieder alle Kita-Jahre

Eltern in Schleswig-Holstein müssen von August an wieder für alle Kita-Jahre bezahlen. Gegen heftigen Protest der Opposition kassierten CDU und FDP heute (Freitag) im Kieler Landtag mit ihrer knappen Mehrheit von einer Stimme die Gebührenfreiheit für das letzte Kita-Jahr. Sie war erst im Sommer 2009 unter der großen Koalition eingeführt worden. Die Opposition warf Schwarz-gelb fehlende Glaubwürdigkeit und soziale Unausgewogenheit vor. Sie habe das Gesetz außerdem in einem Hauruck- Verfahren durchgepeitscht. Auch Eltern und Erzieher hatten Front dagegen gemacht.

FDP-Politikerin plädiert für Kürzung des Elterngelds

Im Zuge der Sparbemühungen von Schwarz-Gelb werden in der FDP auch Stimmen laut, das Elterngeld deutlicher als bisher geplant zu kürzen. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Miriam Gruß forderte in der Bild-Zeitung, den Höchstsatz von 1800 Euro auf 1500 Euro pro Monat zu reduzieren. "Wer Hartz-IV-Empfängern die 300 Euro Elterngeld streicht, muss auch beim Maximalbetrag entsprechend kürzen. Das wäre sozial gerecht und spart im Bundeshaushalt rund eine halbe Milliarde Euro", sagte Gruß der Zeitung. Die Bundesregierung hatte im Rahmen des Sparpakets beschlossen, Empfängern von Hartz IV künftig das Elterngeld komplett zu streichen. Für die übrigen Empfänger soll es nach den bisherigen Plänen von Union und FDP aber nur geringfügige Veränderungen geben.

(dpa)

USA will nordkoreanische Konten einfrieren

Die USA erwägen Kreisen zufolge das Einfrieren von nordkoreanischen Konten im Ausland. "Wir müssen Nordkorea jetzt klar machen, dass es für sein provokantes Verhalten keine Belohnung gibt, sondern dass es vielmehr bestraft wird", sagte eine mit der Sachlage vertraute Person am Freitag. Die Maßnahme stehe im Zusammenhang mit dem Untergang eines südkoreanischen Kriegsschiffs Ende März, für den Nordkorea verantwortliche gemacht wird. Es sei aber auch ein Versuch, Nordkorea wieder an den Verhandlungstisch über sein Atomprogramm zu bekommen. Mit dem Schritt könnten die USA vor allem politische und militärische Elite des kommunistisch regierten Landes treffen, hieß es. Allerdings könnte der Plan auch fehlschlagen, da Nordkorea oft unberechenbar ist und derzeit offenbar die Führung des Landes umgebaut wird. Den Kreisen zufolge wollen die USA aber Maßnahmen der Vereinten Nationen abwarten. Das gäbe den Vereinigten Staaten etwas Rückendeckung und würde den Sicherheitsrat nicht düpieren. Bislang hat der UN-Sicherheitsrat eine Schuldzuweisung in dem Korea-Streit vermieden. Südkorea beschuldigt den kommunistischen Norden, das Schiff mit einem Torpedo versenkt zu haben. 46 südkoreanische Marinesoldaten waren dabei ums Leben gekommen. Nordkorea bestreitet dies.

(Reuters)

Anklage gegen den Attentäter vom New Yorker Times Square erhoben

Gegen den Mann, der am 1. Mai ein Autobomben-Attentat in New York versucht haben soll, ist in den USA Anklage erhoben worden. Der in Pakistan geborene Faisal Shahzad wird unter anderem beschuldigt, die Zündung einer Bombe versucht zu haben. Dabei soll er mit den pakistanischen Taliban zusammengearbeitet haben. Insgesamt zehn Anklagepunkte wurden gegen ihn formuliert. Bei einer Verurteilung droht ihm lebenslange Haft.

Shahzad wird verdächtigt, ein Auto mit Sprengstoff auf dem belebten Times Square in Manhattan abgestellt zu haben. Der Versuch, die Autobombe zu zünden, sei nur zufällig gescheitet. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft war der 30-jährige Shahzad zuvor nach Pakistan gereist, um bei den Extremisten der Taliban den Bau von Bomben zu lernen. Die Taliban bekannten sich zu dem Attentat.

(Reuters)

UN-Chefankläger fordert intensivere Fahndung nach Mladic

Der UN-Chefankläger des Haager Kriegsverbrechertribunals hat von Serbien eine intensivere Fahndung nach dem noch immer flüchtigen bosnisch-serbischen General Ratko Mladic gefordert. Es gebe neben Mladic nur noch einen weiteren mutmaßlichen Kriegsverbrecher, der noch nicht vor das Tribunal gebracht worden sei, sagte Chefankläger Serge Brammertz am Freitag vor dem UN-Sicherheitsrat in New York. Die Festnahme von Mladic und des früheren serbischen Rebellenführers in Kroatien, Goran Hadzic, hätten für ihn höchste Priorität. Brammertz ging nicht auf einen Antrag der Familie Mladics vom Mittwoch ein, ein serbisches Gericht solle Mladic offiziell für tot erklären. Der Chefankläger forderte die serbischen Behörden hingegen auf, die Suche nach dem unter anderem wegen des Massakers von Srebrenica und der Belagerung Sarajevos gesuchten Mladic zu verstärken.

(AP)

Finnischer Ministerpräsident tritt zurück

Der finnische Ministerpräsident Matti Vanhanen hat am Freitag seinen Rücktritt erklärt. Damit macht er den Weg frei für Mari Kiviniemi, der in der vergangenen Woche zum neuen Vorsitzenden der Zentrumspartei gewählt wurde. Vanhanen hatte schon im vergangenen Jahr erklärt, nicht zur Wiederwahl zu stehen. Die Zentrumspartei regiert in einer Vier-Parteien-Koalition in Finnland. Die nächsten Wahlen stehen im April 2011 an. Es wird erwartet, dass Staatspräsidentin Tarja Halonen Kiviniemi zum neuen Ministerpräsidenten ernennt.

(AP)

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: