Politik kompakt:Atomkraftwerke sollen 14 Jahre länger laufen

Ein Bündnis aus Union und FDP soll Front gegen Umweltminister Röttgen machen - und eine enorme Laufzeitverlängerung planen.

Kurzmeldungen im Überblick.

Im Streit über längere Laufzeiten von Atomkraftwerken verhärten sich die Fronten innerhalb der Regierungskoalition. Das Magazin Spiegel berichtete vorab über ein angebliches Bündnis aus schwarz-gelben Bundestagsabgeordneten, süddeutschen Ländern und dem Bundeswirtschaftsministerium, das die Reaktoren im Schnitt um 14 Jahre länger laufen lassen wolle. Dagegen unterstützten mehrere Unions-Ministerpräsidenten Bundesumweltminister Norbert Röttgen, der kürzere Fristen anstrebt.

Leben am Atomkraftwerk

Das Atomkraftwerk Biblis in Südhessen: Offenbar plant ein Bündnis in Union und FDP eine massive AKW-Laufzeitverlängerung.

(Foto: dpa)

Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Joachim Pfeiffer, attackierte den Umweltminister. "Röttgen sollte anerkennen, dass die Mehrheit in Partei und Fraktion Kernkraft für eine längere Zeit als er für absolut nötig hält, um eine sichere Energieversorgung zu gewährleisten", sagte Pfeiffer dem Spiegel. Die Fraktion werde der von der Koalition beschlossenen Brennelementesteuer nicht zustimmen, ohne dass die Gesamtfrage in diesem Sinn gelöst sei.

Der energiepolitische Sprecher der Unionsfraktion, Thomas Bareiß, wollte die Zahl von durchschnittlich 14 Jahren zwar nicht bestätigen. "Die Laufzeiten sollten aber auf jeden Fall um eine zweistellige Jahreszahl verlängert werden", sagte er. Denkbar sei allerdings auch, dass eine längere Nutzung der Atommeiler nicht in Jahren, sondern in Terawattstunden festgelegt werde. Dagegen sprach sich der niedersächsische Ministerpräsident David McAllister für eine moderate Verlängerung aus. "Je kürzer, desto besser", sagte der CDU-Politiker der Neuen Osnabrücker Zeitung. Der Niedersachse positioniert sich damit deutlich gegen die Unions-Ministerpräsidenten aus Bayern und Baden-Württemberg, die eine möglichst lange Laufzeitverlängerung wünschen. McAllister betonte, die Atomenergie dürfe nur eine Übergangstechnologie in das Zeitalter erneuerbarer Energien sein.

Ähnlich äußerte sich Saarlands Ministerpräsident Peter Müller, der für längere Laufzeiten keine Mehrheit im Bundesrat sieht. "Und ohne Zustimmung des Bundesrates - wie manche in Berlin und anderswo meinen - wird es eine deutliche Laufzeitverlängerung nicht geben", sagte er dem Tagesspiegel. CSU-Chef Horst Seehofer übte unterdessen einem Focus-Bericht zufolge im Parteivorstand scharfe Kritik an der Zerstrittenheit der CDU in der Frage der Energiepolitik. "Da gibt es drei Meinungen für eine Frage", soll Seehofer hinter verschlossenen Türen moniert haben. Nicht einmal Kanzlerin Angela Merkel, Kanzleramtschef Ronald Pofalla und Röttgen hätten eine einheitliche Position in der Atomfrage.

(Reuters)

SPD will Spitzensteuersatz von 50 Prozent

Die Sozialdemokraten wollen Besserverdiener stärker zur Kasse bitten. Das sehen Eckpunkte eines neuen SPD-Steuerkonzepts vor. So soll der Spitzensteuersatz bei der Einkommenssteuer auf 50 Prozent angehoben und die Vermögenssteuer wieder eingeführt werden, sagte der SPD-Finanzexperte Joachim Poß der Frankfurter Rundschau.

Unterstützung bekommt der SPD-Politiker aus höchsten Parteikreisen: Auch der Chef der Sozialdemokraten, Sigmar Gabriel, hat sich für eine Erhöhung des Spitzensteuersatz auf bis zu 50 Prozent ausgesprochen. Für diesen sollte zugleich die Einkommensgrenzen angehoben werden.

Poß leitet eine Arbeitsgruppe, die im Auftrag des Parteivorstandes bis Ende September Eckpunkte für eine Steuerreform erarbeiten soll. Nach seinen Angaben schlägt die Expertengruppe außerdem vor, die Abgeltungssteuer von 25 Prozent um bis zu fünf Prozentpunkte zu erhöhen und die Erbschaftsteuer zu verschärfen. Eine Finanztransaktionssteuer soll ebenfalls eingeführt werden.

Die sogenannte "Reichensteuer" von 45 Prozent wurde 2007 von der großen Koalition eingeführt. Sie setzt bei Alleinstehenden ab einem zu versteuernden Einkommen von 250.000 Euro an. Der reguläre Spitzensteuersatz greift derzeit ab einem zu versteuernden Einkommen von etwa 50.000 Euro.

(Reuters)

Fidel Castro zurück im Parlament

Fidel Castro tritt erstmals seit seiner Erkrankung vor vier Jahren wieder im kubanischen Parlament auf und die CSU will einen Mindestlohn bei der Zeitarbeit verhindern: Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.

Zum ersten Mal seit seiner Erkrankung vor vier Jahren wird Revolutionsführer Fidel Castro wieder an einer Sitzung der Nationalversammlung teilnehmen. Das teilte das staatliche Fernsehen in einer kurzen Notiz mit.

Auf Wunsch Fidel Castros war eine Sondersitzung des zweimal im Jahr tagenden Parlaments einberufen worden. Die 610 Deputieren sollen über einen angeblich drohenden Atomkrieg im Nahen Osten beraten, der nach Meinung Castros von den USA verursacht werden könnte. Auch weitere internationale Themen stehen auf der Tagesordnung.

Castro hatte die Regierungsgeschäfte im Sommer 2006 wegen einer schweren Erkrankung an seinen Bruder Raúl übergeben. Er ist aber weiter Erster Sekretär der Kommunistischen Partei Kubas. In den vergangenen Wochen trat er immer häufiger wieder öffentlich in Erscheinung und äußerte sich zu diversen internationalen Fragen.

(dpa)

CSU will Mindestlohn in der Zeitarbeit blockieren

Die CSU will in der Bundesregierung die Einführung eines Mindestlohns in der Zeitarbeit blockieren. "Die geltenden Regelungen für Zeitarbeit reichen aus", sagte die bayerische Sozialministerin Christine Haderthauer der Berliner Zeitung. "Den Lohnwettbewerb nach unten können wir auch nicht durch Mindestlöhne stoppen." Es werde diesen Wettbewerb immer geben, solange ihn die Verbraucher durch ihren Billigwahn antrieben. "Wer ordentliche Löhne will, soll eben auch dort einkaufen, wo sie gezahlt werden", sagte die CSu-Ministerin. Die Bundesregierung erwägt, auch in der Zeitarbeits-Branche einen Mindestlohn einzuführen, bevor im kommenden Jahr die Grenzen für den Zugang von Arbeitskräften aus den osteuropäischen EU-Beitrittsstaaten fallen.

(apn)

Schäfer-Gümbel greift Atom-Konzerne an

Im Streit über längere Laufzeiten für Atomkraftwerke hat der hessische SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel den Energiekonzernen "Tricksereien" vorgeworfen. Um die Abschaltung der Kraftwerke zu verhindern, werde derzeit "in Hinterzimmern verhandelt und geschachert", sagte Schäfer-Gümbel vor dem Hintergrund der Übertragung von Reststrommengen stillgelegter Meiler auf das Atomkraftwerk im südhessischen Biblis.

Die Bundesregierung erhoffe sich von längeren Laufzeiten eine Entlastung des Bundeshaushalts, indem sie einen Großteil der Zusatzgewinne in den Haushalt fließen lassen will. Sie werde aber von den Konzernen vorgeführt: "Da wird im Moment die Politik mit dem Nasenring durch die Arena gezogen", sagte Schäfer-Gümbel.

Am Dienstag war bestätigt worden, dass der Energiekonzern RWE auf Biblis B eine Reststrommenge von 8100 Gigawattstunden vom stillgelegten Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich übertragen hat. So kann der Reaktor, einer der ältesten Deutschlands, fast ein Jahr länger am Netz bleiben.

(dpa)

Hausärzte kündigen erste Streiks gegen Rösler an

Im Streit um die Reformpläne von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler haben die deutschen Hausärzte erste Streiks angekündigt: Zunächst mit Praxisschließungen in Bayern wollen sie Ende des Monats gegen die drohende "Benachteiligung" angehen, wie ein Sprecher ihres Berufsverbands im Gespräch mit dem Handelsblatt ankündigte.

Insgesamt sollen die Aktionen des Deutschen Hausärzteverbands von Ende August bis Mitte September dauern. Beginnen sollten sie am 26. und 27. August in Bayern, wird Verbandssprecher Stefan Lummer zitiert. Höhepunkt des Protestes soll demnach ein bundesweiter Aktionstag am 15. September sein. "Dies ist nur die erste Stufe der Kampagne", hob Lummer hervor.

Die Vertretung der rund 32.000 Hausärzte wehrt sich gegen den Plan des FDP-Politikers Rösler, die Sondervergütungen für Hausarztverträge um 500 Millionen Euro im Jahr zu kürzen. Solche Verträge müssen die Kassen seit 2007 mit den Hausarztverbänden abschließen. Ziel ist, dass die Allgemeinmediziner als Lotsen im Gesundheitssystem bei den sich freiwillig für das Modell einschreibenden Patienten überflüssige Medikamente, Facharztbesuche und Klinikeinweisungen verhindern. Derzeit laufen dem Zeitungsbericht zufolge bundesweit rund 1.600 Schiedsverfahren, weil die Kassen nicht bereit waren, die recht hohen Forderungen der Hausärzte zu erfüllen.

Die Krankenkassen befürchten Mehrkosten von 1,5 Milliarden Euro, wenn alle Schiedsverfahren im Sinne der Ärzte beendet werden. "Die Zahl ist weit überhöht", sagte dazu Hausärztesprecher Lummer. Allenfalls gehe es um 800 Millionen Euro. Ihnen stehe aber auf lange Sicht eine höhere Ersparnis bei Medikamenten, Facharztbesuchen und Klinikbehandlung gegenüber.

(AP)

Bosbach warnt vor Zerreißprobe

Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach hat seine nordrhein-westfälischen Parteifreunde vor einer Zerreißprobe gewarnt. Im Gespräch mit dem Kölner Stadtanzeiger sagte der selbst aus diesem Bundesland kommende Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, bei der Wahl des neuen CDU-Landesvorsitzenden dürfe es am Ende keine Verlierer geben. Am Freitag hatte der frühere Intregrationsminister Armin Laschet seine Kandidatur für die Nachfolge des scheidenden Landesvorsitzenden Jürgen Rüttgers angemeldet. Als mutmaßlicher Konkurrent gilt Bundesumweltminister Norbert Röttgen. Bosbach sagte zu der möglichen Kampfkandidatur: "Der Vorsitzende muss sich der hundertprozentigen Unterstützung der Landespartei sicher sein. Das ist das Entscheidende."

Der SPD in Düsseldorf bietet Laschet indes eine große Koalition an. Die Sondierungsgespräche mit der SPD vor einigen Wochen hätten gezeigt, dass eine Zusammenarbeit bei den großen Themen wie Schulfrieden, Industriestandort NRW und Sanierung der Kommunalfinanzen möglich sei, sagte Laschet der Aachener Zeitung laut Vorabbericht. Aber SPD-Landeschefin Hannelore Kraft habe sich für eine Minderheitsregierung mit den Grünen entschieden. "Wenn es nun darum geht, wieder stabile Verhältnisse in Form einer großen Koalition herzustellen, ist die CDU dafür offen", so Kraft. Dazu seien nicht einmal Neuwahlen nötig. "Oberstes Ziel muss es sein, die instabile rot-grüne Minderheitsregierung schnell zu beenden", sagte Laschet.

(AP)

Schwarzenegger setzt sich für Homo-Ehe ein

Der kalifornische Gouverneur Arnold Schwarzenegger hat sich deutlich hinter die Verfechter der Homo-Ehe gestellt. In dem US-Westküstenstaat sollten gleichgeschlechtliche Paare ab sofort wieder heiraten dürfen, forderte der Republikaner in einem Schreiben an Richter Vaughn Walker. Zwei Tage zuvor hatte der Bezirksrichter das bestehende Verbot der Homo-Ehe in Kalifornien für verfassungswidrig erklärt und damit gekippt. Allerdings gab Walker mit seiner Entscheidung nicht automatisch grünes Licht für eine sofortige Wiederaufnahme gleichgeschlechtlicher Eheschließungen. Diese Entscheidung wollte er zu einem späteren Zeitpunkt treffen. Bis Freitag sollten Befürworter und Gegner der Homo-Ehe dem Gericht ihre Argumente unterbreiten.

Neben Schwarzenegger fordert auch der kalifornische Justizminister Jerry Brown die sofortige Erlaubnis der Eheschließungen. Es sei im "besten Interesse" des Staates, heiratswilligen schwulen und lesbischen Paaren sofort entgegenzukommen, machte Schwarzenegger geltend. Es sei lange Tradition in Kalifornien, sich für die Rechte Homosexueller einzusetzen. Schon am Mittwoch hatte Schwarzenegger die Aufhebung des Wählerreferendums begrüßt. Es sichere Schwulen und Lesben in Kalifornien "den vollen legalen Schutz und Absicherungen zu, die meiner Meinung nach jedermann zustehen", sagte der Gouverneur.

Die Gegner der Homo-Ehe, die sich für das traditionelle Gelöbnis zwischen Mann und Frau stark machen, waren gegen das Urteil am Mittwoch sofort in Berufung gegangen. Rechtsexperten rechnen damit, dass der Fall bis zum Obersten Gerichtshof in Washington gehen wird. Im Mai 2008 hatten die obersten Richter in San Francisco schwulen und lesbischen Paaren zunächst grünes Licht zum Heiraten gegeben. Bei einem Referendum (Proposition 8) im November 2008 hatten 52 Prozent der Wähler dann gegen die Homo-Ehe gestimmt.

(dpa)

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