Politik kompakt:Serben bedauern Srebrenica-Massaker

Das serbische Parlament entschuldigt sich für das Blutbad an Muslimen - von Völkermord will man nicht sprechen. Kurzmeldungen im Überblick

Serbisches Parlament entschuldigt sich für Srebrenica-Massaker

Fast 15 Jahre nach dem Massaker in der ostbosnischen Stadt Srebrenica hat das serbische Parlament die Gräueltat verurteilt. In der am frühen Mittwochmorgen verabschiedeten Resolution sprachen die Abgeordneten mit hauchdünner Mehrheit den Familien der Opfer ihr Mitleid aus.

Dafür stimmten 127 der 250 Abgeordneten im Belgrader Parlament. Serbisches Militär und Paramilitär hatten im Juli 1995 rund 8000 muslimische Jungen und Männer umgebracht. Die Regierungsparteien hatten die Resolution bereits im Vorfeld deutlich entschärft, um ihrer Annahme überhaupt eine Chance zu geben. Die Regierungskoalition hatte das Wort "Völkermord" aus dem Resolutionsentwurf gestrichen, um die Zustimmung der Sozialisten des früheren serbischen Autokraten Slobodan Milosevic zu erreichen.

Serbische Nationalisten hatten sich vehement gegen die Erklärung ausgesprochen. Ihrer Meinung nach sind die Berichte über die Morde übertrieben. Der Geschehnisse unterschieden sich nicht von den Grausamkeiten, die an Serben im Bürgerkrieg begangen worden seien. Die Resolution stelle eine "Beschmutzung des eigenen Staates" dar und sei "ein Verbrechen", kritisierten Abgeordnete der Opposition im Vorfeld der Abstimmung. "Das serbische Volk soll für etwas verurteilt werden, das es gar nicht begangen hat", sagte der Nationalistenführer Dragan Todorovic. Die rechtsgerichteten Parteien verlangten, die separate Resolution über Srebrenica aufzugeben und stattdessen alle Verbrechen in den Bürgerkriegen der 90er Jahre zu verurteilen. Es dürfe nicht "mit zweierlei Maß gemessen" werden. Mit der Resolution will sich Serbien von seiner eigenen Vergangenheit distanzieren und sich der Europäischen Union annähern. Das Massaker gilt als das größte Kriegsverbrechen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg.

Wie US-Präsident Obama in der Causa Iran vorgehen möchte und warum der verkürzte Wehrdienst Millionen kosten wird. Auf den folgenden Seiten finden Sie weitere Kurzmeldungen.

Obama dringt auf Sanktionen gegen Iran

Im Atomstreit mit Iran will US-Präsident Barack Obama in den kommenden Wochen verschärfte UN-Sanktionen gegen Teheran durchsetzen. Noch im Frühjahr solle der UN-Sicherheitsrat neue Strafmaßnahmen beschließen, sagte Obama am Dienstag nach einem Gespräch mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy im Weißen Haus in Washington. Auch die Außenminister der G-8-Staaten verlangten mehr internationalen Druck auf Teheran. "Ich habe ein Interesse daran, die Sanktionen binnen Wochen einsatzbereit zu sehen", sagte Obama. Allerdings räumte er ein, dass im Sicherheitsrat beim weiteren Umgang mit Iran bisher keine Einigkeit herrsche. "Das ist etwas, woran wir noch arbeiten müssen", sagte Obama. Sarkozy machte deutlich, Iran dürfe seinen "verrückten Kurs" nicht fortsetzten. Die Zeit für eine Entscheidung im UN-Sicherheitsrat über neue Sanktionen sei reif. Die Außenminister der G-8-Staaten riefen Iran "auf eindringlichste Weise" zur Zusammenarbeit mit der sogenannten Sechsergruppe auf, die aus den fünf ständigen Sicherheitsratsmitgliedern und Deutschland besteht und die mit der Regierung in Teheran über das Atomprogramm verhandelt.

Kolumbien: Farc lässt Geisel frei - nach zwölf Jahren

In Kolumbien ist eine seit mehr als zwölf Jahren von Rebellen festgehaltene Geisel freigelassen worden. Der Soldat Pablo Emilio Moncayo wurde am Dienstag an einem geheimen Ort Vertretern des Roten Kreuzes und einem Vermittler des Parlaments übergeben. Wenige Stunden später sah er erstmals nach zwölf Jahren seine Familie wieder. Moncayo war am 21. Dezember 1997 im Alter von 19 Jahren von der Rebellengruppe Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens (Farc) verschleppt worden. Seine Eltern und vier Schwestern nahmen Moncayo in ihrer Heimatstadt Florencia in Empfang. Seine jüngste Schwester Laura lernte der Soldat erst jetzt kennen, sie wurde vor sechs Jahren während seiner Geiselhaft geboren. Moncayos Vater war im Jahr 2007 zu Fuß durch halb Kolumbien marschiert, um die Freilassung seines Sohnes zu erreichen. Bereits am Sonntag hatten die Farc-Rebellen den kolumbianischen Soldaten Josué Daniel Calvo nach fast einem Jahr Gefangenschaft freigelassen. Es war die erste Freilassung seit einem Jahr.

Kürzerer Wehrdienst kostet Millionen

Die Verkürzung des Wehrdienstes von neun auf sechs Monate wird den Haushalt von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) mit rund 26 Millionen Euro belasten. Das berichtet die Financial Times Deutschland (Mittwoch) unter Berufung auf den zwischen Verteidigungs- und Familienministerium abgestimmten Gesetzentwurf zur Verkürzung von Wehr- und Zivildienst. Er soll noch vor der Sommerpause verabschiedet werden. Das Familienressort rechnet dem Bericht zufolge damit, dass die Kosten für den Zivildienst durch die Reform sinken werden. Eine Summe werde in dem Gesetzentwurf aber nicht genannt. Das Verteidigungsministerium begründete die Mehrausgaben nach dem Bericht damit, dass mehr Rekruten als bisher eingezogen werden sollen und dadurch höhere Kosten für Ausrüstung und Verwaltungsaufwand anfallen. Die Wehrdienstreform soll dazu führen, dass künftig pro Jahr rund 50 000 statt bisher 40 000 Wehrdienstleistende einberufen werden können. Der verkürzte Zivildienst soll zum 1. August kommen. Die ersten Wehrpflichtigen mit kürzerer Dienstzeit sollen zum 1. Oktober einberufen werden.

26 Tote bei Feuergefecht in Pakistan

Bei einem Feuergefecht im pakistanischen Grenzgebiet zu Afghanistan sind am Mittwoch sechs Sicherheitskräfte und 20 radikal-islamische Extremisten ums Leben gekommen. Die Aufständischen hätten am frühen Morgen einen Stützpunkt der paramilitärischen Grenztruppen in der Khyber-Stammesregion attackiert, sagte ein Sprecher der Truppe. Bei dem anschließenden sechsstündigen Gefecht seien 30 weitere Soldaten verletzt worden. Mindestens sechs Menschen starben unterdessen bei einem neuen US- Drohnen-Angriff in der Stammesregion Nord-Waziristan. Wie aus pakistanischen Geheimdienstkreisen verlautete, zerstörten zwei Raketen ein von Extremisten genutztes Gehöft.

Das Stammesgebiet im Nordwesten Pakistans gilt als Hochburg der Taliban und Rückzugsraum für Al-Qaida-Terroristen. Seit mehreren Monaten geht das pakistanische Militär in der Region jedoch verstärkt gegen die Extremisten vor. Erst vor einer Woche startete die Armee im Stammesgebiet Orakzai eine neue Offensive, bei der nach offiziellen Angaben bislang 150 Aufständische getötet wurden.

Bischof Ackermann erwägt Missbrauchsstatistik

Nach den Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche erwägt der Trierer Bischof Stephan Ackermann eine bundesweite Statistik. Ihm schwebe eine gemeinsame Bestandsaufnahme aller Bistümer vor, sagte der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz der Frankfurter Rundschau. "Daraus eine ständige Dokumentation zu machen, ist denkbar." Der Bischof bekräftigte, alle Fälle aufklären zu wollen. Man müsse um verloren gegangenes Vertrauen werben.

Außerdem soll an Karfreitag mit einer besonderen Fürbitte für die Missbrauchsopfer gebetet werden. Darum bat Ackermann die Gemeindepriester, wie die Deutsche Bischofskonferenz mitteilte. Traditionell gibt es in der Karfreitagsliturgie zehn große Fürbitten. In diesem Jahr soll eine Bitte für Kinder und Jugendliche eingefügt werden, denen "großes Unrecht angetan wurde, die missbraucht und an Leib und Seele verletzt wurden", wie es in dem Gebetstext heißt. Auch für die Täter soll gebetet werden. Sie sollten zu "Einsicht und Reue" kommen.

Kabinett billigt Grundgesetz-Änderung für Jobcenter

Das Bundeskabinett hat die geplante Grundgesetzänderung zum Erhalt der Jobcenter gebilligt. Die Runde stimmte am Mittwoch einem entsprechenden Gesetzentwurf des Bundesinnenministeriums zu. Der Beschluss macht den Weg dafür frei, dass die vom Bundesverfassungsgericht beanstandete Betreuung der Hartz-IV-Empfänger "aus einer Hand" in den Jobcentern fortgesetzt werden kann. Mit der Änderung des Grundgesetzes wird es zum Regelfall, dass Bundesagentur für Arbeit und Kommunen in einer Behörde für die Betreuung von Arbeitslosen zuständig sind. Die bestehenden 69 Optionskommunen, die Arbeitslose in Eigenregie betreuen, bleiben erhalten. Nach dem Parteienkompromiss dürfen noch maximal 41 weitere gegründet werden.

Arbeitsministerin Von der Leyen sprach von einem "Meilenstein in der Arbeitsvermittlung". Die Ministerin sagte, neben der Grundgesetzänderung seien einfache Gesetze notwendig, die derzeit in ihrem Ressort erarbeitet und am 21. April ins Kabinett eingebracht werden sollten. Die Gesetzgebung für die gesamte Jobcenterreform solle bis zur parlamentarischen Sommerpause abgeschlossen werden. Da für die Verfassungsänderung eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig ist, hatten sich Union und FDP mit der SPD in der vergangenen Woche nach langem Tauziehen darauf verständigt.

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