Politik kompakt:Schwerverbrecher werden elektronisch überwacht

Schwarz-Gelb hat sich auf eine Reform der umstrittenen Sicherungsverwahrung geeinigt. Die nachträgliche soll nur noch in absoluten Ausnahmefällen angeordnet werden.

Kurzmeldungen im Überblick

Die Bundesregierung hat eine Neuregelung der Sicherungsverwahrung beschlossen. Das Kabinett billigte am Mittwoch die von Bundesjustizminister Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) vorgelegten Eckpunkte für eine Reform der Sicherungsverwahrung.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, dpa

Das Kabinett billigte die von Bundesjustizminister Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) vorgelegten Eckpunkte für eine Reform der Sicherungsverwahrung.

(Foto: dpa)

Nach den Vorstellungen der Ministerin soll die Sicherungsverwahrung künftig auf schwere Fälle wie Sexual- und Gewalttäter beschränkt werden. Die von Rot-Grün eingeführte nachträgliche Sicherungsverwahrung solle künftig nur in absoluten Ausnahmefällen angeordnet werden. Die Eckpunkte sehen zudem vor, dass für entlassene Straftäter, die weiter als gefährlich gelten, eine elektronische Aufenthaltsüberwachung eingeführt wird. Das kann unter anderem eine Fußfessel sein.

Doch die ie geplante elektronische Fußfessel ist bei der Gewerkschaft der Polizei und den Linken auf heftige Kritik gestoßen. "Die elektronische Fußfessel ist, von rechtlichen Problemen abgesehen, nur bedingt geeignet, weitere Straftaten zu verhindern", erklärte die Gewerkschaft der Polizei (GdP) am Mittwoch in Berlin. Ähnlich äußerte sich die stellvertretende Vorsitzende der Linken, Halina Wawzyniak: "Die elektronische Fußfessel als Zwangsmaßnahme ist rechtsstaatlich bedenklich."

(AFP)

Die Vereinten Nationen haben ein Gremium eingesetzt, das UN-Generalsekretär Ban Ki Moon im Umgang mit möglichen Kriegsverbrechen in Sri Lanka beraten soll und in Afghanistan hat erstmals eine Frau ein Selbstmordattentat verübt: Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.

Justizministerin sieht Führerschein-Entzug skeptisch

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat sich skeptisch zu Plänen der Länder-Justizminister geäußert, für Straftäter den Entzug des Führerscheins als alleinige Hauptsanktion neben Geldstrafe oder Gefängnis einzuführen. Die Ministerin sagte der Bild-Zeitung vor der Justizministerkonferenz in Hamburg: "Es dürfte sehr teuer und aufwändig werden, in jedem Einzelfall zu kontrollieren, ob Fahrverbote auch eingehalten werden."

Leutheusser-Schnarrenberger wies auch auf mögliche berufliche Folgen für die Betroffenen hin: "Wer beruflich auf sein Auto angewiesen ist, müsste um seinen Job fürchten. Er empfindet eine solche Strafe viel härter als ein Besserverdiener, der sich ein Taxi leisten kann", sagte die Ministerin.

(AFP)

UN-Gremium soll mögliche Kriegsverbrechen in Sri Lanka untersuchen

Die Vereinten Nationen haben ein Gremium eingesetzt, das UN-Generalsekretär Ban Ki Moon im Umgang mit möglichen Kriegsverbrechen bei dem Konflikt in Sri Lanka beraten soll. Vorsitzender des Gremiums wird nach Angaben eines Sprechers von Ban der Indonesier Marzuki Darusman. Die Regierung in Sri Lanka lehnt eine solche Untersuchung ab.

Der srilankischen Armee wird vorgeworfen, während der Kämpfe mit den Unabhängigkeitskämpfern der Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) willkürlich Zivilisten erschossen zu haben, nachdem sich diese bereits ergeben hatten. Allein in den letzten vier Monaten des Konflikts im Frühjahr 2009 starben mindestens 7000 tamilische Zivilisten. Im Laufe des 37-jährigen Bürgerkriegs wurden nach UN-Schätzungen insgesamt zwischen 80.000 und 100.000 Menschen getötet.

(AFP)

Afghanistan: Frau verübt Selbstmordattentat

Erstmals hat nach Angaben der radikalislamischen Taliban eine Selbstmordattentäterin in Afghanistan einen Anschlag verübt. Der Anschlag gegen eine amerikanisch-afghanische Patrouille im Osten Afghanistans am Montag sei von einer Frau ausgeführt worden, teilte das auf die Auswertung islamistischer Webseiten spezialisierte US-Unternehmen SITE in Dubai mit. Die Frau heiße Halima und habe die Soldaten vor einem Krankenhaus in Shigal in der Provinz Kunar angegriffen, hatte zuvor ein Taliban-Sprecher in einer Mitteilung im Internet verbreitet. Auch im Irak hatten sich in der Vergangenheit vereinzelt Selbstmordattentäterinnen in die Luft gesprengt.

(AFP)

Obama will nach Gerichtsurteil neues Bohr-Moratorium

Die US-Regierung besteht weiter auf einem Verbot von Tiefsee-Bohrungen im Golf von Mexiko. Nur Stunden nachdem ein US-Gericht das Verbot von Tiefsee-Bohrungen für nichtig erklärt hatte, kündigte das Innenministerium in Washington ein neues Moratorium an. Wie die New York Times berichtete, will Innenminister Ken Salazar binnen Tagen eine neue Anordnung auf den Weg bringen. Diese werde die Gründe für das Verbot ausführlicher darlegen.

Damit reagiert das Innenministerium auf die Begründung des Gerichts für die Aufhebung des Verbots: Das bisherige wegen der Ölpest verfügte sechsmonatige Moratorium sei rechtlich nicht ausreichend begründet und zu umfassend, hatte Bundesrichter Martin Feldman in New Orleans (Louisiana) erklärt. Der Richter gab damit dem Antrag mehrerer Öl-Firmen statt, die den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Bohrstopp forderten.

US-Präsident Barack Obama hatte Ende Mai neue und auch bereits genehmigte Bohrvorhaben in Gewässern tiefer als 150 Meter für sechs Monate stoppen lassen. Die Kläger befürchten, durch die halbjährige Zwangspause massive Einbußen zu erleiden. Der Sprecher des Weißen Hauses, Robert Gibbs, hielt dagegen, es sei für alle Beteiligten gefährlich, die Bohrungen in diesen Tiefen fortzusetzen, wenn nicht klar sei, was die Katastrophe im Golf von Mexiko ausgelöst habe. "Die Sicherheit für die Umwelt wäre in Gefahr und der Präsident glaubt nicht, dass wir uns das derzeit leisten können."

(dpa)

Verband warnt Merkel vor Abrücken von Atomsteuer

Der Bundesverband Erneuerbare Energie hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Vorfeld ihres Treffens mit den Chefs der Energiekonzerne vor einem Abrücken von der Atomsteuer gewarnt. Die "unverhohlene Drohung" der Atomwirtschaft mit einer Klage gegen die Brennelementesteuer sei "absolut unverschämt", sagte Hauptgeschäftsführer Björn Klusmann im Deutschlandradio Kultur. Eine solche Steuer, die dem Bund 2,3 Milliarden Euro pro Jahr bringen soll, sei seiner Ansicht nach längst überfällig und "ein Schritt in Richtung fairer Wettbewerb", weil die Atomwirtschaft bisher nicht wie andere Energieträger besteuert werde.

Eine Laufzeitverlängerung lehnt der Bundesverband Erneuerbare Energie grundsätzlich ab. "Sie ist überflüssig, die erneuerbaren Energien können die Kernkraft ersetzen", sagte der Hauptgeschäftsführer. Die Bundesregierung müsse im Rahmen ihres angekündigten Energiekonzepts eine Gesamtlösung finden.

Die Chefs der vier Atomkonzerne Eon, RWE, EnBW und Vattenfall treffen sich heute mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie wollen ihrem Ärger über die geplante Brennelementesteuer Luft machen; eine Klage der Konzerne gegen die Steuer wird nicht ausgeschlossen. Pro Kilowattstunde Atomstrom soll künftig ein Aufschlag von 1,5 Cent bezahlt werden. Die Bundesregierung hatte die Steuer im Rahmen des 80-Milliarden-Sparpakets beschlossen - will damit aber auch die milliardenschwere Sanierung des maroden Atomlagers Asse bezahlen.

(dpa)

Regierungsbildung in der Slowakei gescheitert

Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico ist bei der Regierungsbildung gescheitert. Der linksgerichtete Politiker räumte ein, kein Kabinett bilden zu können. Damit macht er den Weg frei für eine Koalition kleinerer Parteien aus dem Mitte-Rechts-Lager.

Aus der Wahl am 12. Juni waren Ficos Sozialdemokraten (SMER) mit knapp 35 Prozent zwar als stärkste Partei hervorgegangen, aber das oppositionelle Bündnis errang die Mehrheit der Sitze. Deshalb hatten Beobachter Fico bei der Regierungsbildung kaum eine Chance gegeben.

(Reuters)

Schwedische Hafenarbeiter boykottieren israelische Schiffe

Schwedische Hafenarbeiter boykottieren eine Woche lang israelische Frachtschiffe. Die Gewerkschaft erklärte, die Schiffe sollten weder be- noch entladen werden. An dem Boykott beteiligten sich 1500 Arbeiter. Sie wollen damit gegen die israelische Kommandoaktion gegen eine internationale Hilfsflotte am 31. Mai protestieren. Die Gewerkschaft fordert außerdem die Aufhebung der israelischen Blockade des Gazastreifens.

(apn)

Eta platziert Bomben in Valencia

Die baskische Separatistenorganisation Eta hat einem Zeitungsbericht zufolge einen Sprengsatz in Valencia gezündet. Die Zeitung El Publico berief sich in ihrem Bericht vom Mittwoch auf Polizeiangaben. Über mögliche Opfer gab es zunächst keine Berichte.

Insgesamt seien vier Bomben an Straßen und Bahngleisen platziert worden, berichtete zudem die Zeitung El Economista. Die Eta habe sich zu den geplanten Attentaten bekannt. Ein Polizeisprecher sagte, die entsprechenden Berichte würden geprüft. Eine Bombendrohung bestätigte die Polizei aber zunächst nicht.

(Reuters)

Europarat: Schweiz sollte Minarett-Verbot aufheben

Der Europarat hat die Schweiz aufgefordert, das "diskriminierende" Bauverbot für Minarette so rasch wie möglich aufzuheben. Für die Übergangszeit solle die Schweiz ein entsprechendes Moratorium beschließen, hieß es in einer Entschließung der parlamentarischen Versammlung, die am Mittwoch in Straßburg mit bemerkenswerter Einstimmigkeit angenommen wurde. Der Baustopp sei eine "Diskriminierung der muslimischen Gemeinschaft und ein Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention".

Die Abgeordneten aus den 47 Europaratsländern sprachen sich auch gegen ein generelles Verbot des Ganzkörperschleiers aus. Punktuelle gesetzliche Regelungen, wie sie in Frankreich geprüft werden, nannten die Parlamentarier allerdings akzeptabel: beispielsweise zur Identifizierung, bei der Ausübung öffentlicher Ämter oder in Fällen, in denen eine religiöse Neutralität erforderlich sei. Ansonsten solle man muslimischen Frauen die freie Wahl ihrer Kleidung überlassen.

(dpa)

Israel bringt neuen Spionagesatelliten ins All

Vor dem Hintergrund wachsender Spannungen im Verhältnis zu Iran hat Israel einen neuen Spionagesatelliten ins All geschossen. Der Satellit Ofek 9 wurde von einer israelischen Schavit-Rakete in eine erdnahe Umlaufbahn gebracht, wie israelische Medien berichteten. Der Start am späten Dienstagabend gegen 22 Uhr Ortszeit auf dem Stützpunkt Palmachim an der Mittelmeerküste sei erfolgreich verlaufen.

Der von der Israelischen Raumfahrtindustrie (IAI) entwickelte Satellit soll binnen zwei Tagen beginnen, Bilder zu senden. Er wird die Erde 15 Mal täglich umkreisen, wie der israelische Rundfunk berichtete. Der Satellit ermögliche Israel eine größere Flexibilität bei seinen Operationen, "da wir jetzt ein weiteres Augenpaar auf das Ziel gerichtet haben", sagt Chaim Esched, Direktor des Raumfahrtprogramms in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung des Verteidigungsministeriums, der Zeitung Jerusalem Post.

Wie viele andere westliche Regierungen verdächtigt auch Israel Iran, heimlich Atomwaffen zu entwickeln, und fühlt sich angesichts der wiederholten Drohungen von Präsident Mahmud Ahmadinedschad in seiner Existenz bedroht. Der Spionagesatellit ist mit einer hoch entwickelten Kamera ausgestattet. Er soll zusammen mit seinem Vorgängermodell Ofek 7, der 2007 ins All gebracht wurde, zur verbesserten militärischen Aufklärung beitragen.

(dpa)

24 Extremisten in Pakistan getötet

Bei der seit Monaten andauernden Offensive der pakistanischen Armee gegen islamische Extremisten im Grenzgebiet zu Afghanistan sind 24 Aufständische und ein Soldat getötet worden. Wie ein Militärsprecher am Mittwoch mitteilte, griffen Bewaffnete im Stammesgebiet Orakzai zunächst die Sicherheitskräfte an, die das Feuer erwiderten. Zehntausende Soldaten sind in Orakzai und anderen Teilen der Region gegen Taliban- und Al-Kaida-Kämpfer im Einsatz.

(dpa)

Berüchtigter jamaikanischer Drogenhändler gefasst

Jamaikanische Polizisten haben am Mittwoch einen der berüchtigtsten Drogenhändler und Bandenführer des Karibikstaats verhaftet. Das teilte Polizeichef Owen Ellington mit. Der 42-jährige Christopher "Dudus" Coke sei an einem Straßenkontrollpunkt nahe Kingston entdeckt worden. Ein Vertrauter Cokes, Pfarrer Al Miller, sagte, der Drogenboss sei auf dem Weg zur US-Botschaft gewesen, wo er sich amerikanischen Marshals habe stellen wollen. Im vergangenen Monat hatte ein Versuch, Coke in einem von ihm kontrollierten Slum festzunehmen, zu bürgerkriegsähnlicher Gewalt geführt. 76 Menschen wurden bei Schießereien getötet. Coke, den US-Behörden als einen der weltweit gefährlichsten Drogenbarone bezeichnen, wurde damals nicht gefasst. Miller, unter dessen Vermittlung sich kürzlich bereits Cokes Bruder der Polizei gestellt hatte, sagte, der Gesuchte habe sich den Behörden in der US-Botschaft in Kingston stellen wollen, als er von der Polizei angehalten worden sei. Gegen Coke wird in New York wegen Drogen- und Waffenschmuggels ermittelt. Im Fall eines Schuldspruchs droht ihm lebenslange Haft. Bereits sein Vater, Jim Brown, war Boss einer Drogenbande und kam 1992 bei einem Gefängnisbrand ums Leben, als er auf seine Auslieferung in die USA wartete. Polizeichef Ellington spielte darauf an, indem er "Familie, Freunden und Sympathisanten" Cokes versicherte, es werde alles getan, um die Sicherheit des Drogenbarons in der Haft zu gewährleisten. Das Verfahren gegen Coke solle schnellstmöglich in Gang kommen. Ein Staatsanwalt in New York, Preet Bharara, sagte, die USA wollten Cokes Auslieferung erreichen und ihn dann vor Gericht stellen. Der jamaikanische Ministerpräsident Bruce Golding hatte neun Monate einen Auslieferungsantrag der USA blockiert. Erst unter zunehmenden öffentlichen Druck, der seine politische Karriere zu gefährden drohte, schwenkte Golding um. Anfang des Monats überstand er ein Misstrauensvotum. Politik und organisiertes Verbrechen waren in Jamaika in den 70er und 80er Jahren eng verschlungen. Die beiden großen Parteien sollen bewaffnete Banden in den Elendsvierteln unterstützt haben, wofür diese bei Wahlen Wähler einschüchterten. Die politische Gewalt ging danach zurück, die Banden spezialisierten sich auf Drogenschmuggel und Erpressung.

(AP)

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