Politik kompakt:Schiff zurückerobert - Piraten weg

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EU-Marieneeinheiten haben erstmals vor Somalia ein gekapertes Schiff gestürmt. Die Piraten festnehmen konnten sie nicht. Kurzmeldungen im Überblick.

Die vor Somalias hochgefährlicher Küste operierenden Marineeinheiten unter dem Dach von NATO und EU haben erstmals ein von Piraten gekapertes Schiff gestürmt, dabei aber keine Seeräuber mehr vorgefunden. Wie ein EU-Sprecher am Freitag in Brüssel mitteilte, reagierten die im Golf von Aden patrouillierenden Einheiten auf einen Notruf des slowenischen Frachters Ariella. Sie konnten alle 25 Besatzungsmitglieder wohlbehalten aus dem Schutzraum im Schiffsinneren holen, in dem sie sich verbarrikadiert hatten. Ganz in der Nähe habe zeitgleich ein Schiff der russischen Marine ein zweites von Piraten gekapertes Schiff geentert, hieß es weiter.

Das dänische KriegsschiffAbsalonfing den Notruf derAriellaauf. (Foto: Foto: dpa)

Allerdings fanden Spezialisten der dänischen Marine bei der Erstürmung der "Ariella" nicht die vermuteten Piraten vor. "Wir wissen nicht, ob sie das Schiff vielleicht verlassen haben, als sie unseren Hubschrauber sahen, oder ob sie vorher von sich aus aufgaben", sagte der zuständige Stabssprecher Michael Bill in Kopenhagen. Das bestätigte auch der Kapitän der Ariella im Rundfunk. Die Kommandobrücke der auf Barbados registrierten Ariella war bei der Zurückeroberung des Schiffes völlig verwaist. Der Frachter lief mit Autopilot. Die Ariella hatte am frühen Morgen einen Notruf abgesetzt, der vom dänischen Kriegsschiff Absalon aufgefangen wurde. Die Besatzung hatte darin mitgeteilt, dass bewaffnete Piraten das Schiff geentert hätten.

Auf der nächsten Seite: Die NATO setzt angesichts der explodierenden Einsatzkosten in Afghanistan den Rotstift an.

Wegen der hohen Kosten in Afghanistan schießen die Nato-Staaten dem Militärbündnis in diesem Jahr Geld nach, drängen zugleich aber auch auf einen Sparkurs. Die Mitgliedstaaten wollten der Forderung nach zusätzlichen Mitteln zumindest zum Teil nachkommen, hätten sich aber noch nicht auf die genaue Höhe geeinigt, erklärte Nato-Sprecher James Appathurai in Istanbul beim Treffen der Nato-Verteidigungsminister. Der Haushaltsansatz für 2010 ist mit rund 2,5 Milliarden Euro gut 40 Prozent höher als im Jahr zuvor.

Als Folge dieser Kostenexplosion forderte Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, ohne Tabus Einsparmöglichkeiten zu prüfen. "Wir werden sehr genau die Dinge betrachten müssen, die tatsächlich notwendig sind oder die nur wünschenswert sind", sagte er am Freitag. Der Schutz der Soldaten bei Einsätzen habe allerdings Priorität.

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hatte Diplomaten zufolge von den 28 Mitgliedern eine massive Aufstockung des Etats gefordert. Vor allem der Militäreinsatz in Afghanistan schlägt zu Buche. Derzeit klafft noch eine Finanzierungslücke von gut 720 Millionen Euro. Deutschland leistet mit einem Anteil von 16 Prozent den zweitgrößten Beitrag zum Nato-Haushalt nach den USA, die 23 Prozent beisteuern.

Mehrere tausend Rechtsextreme dürfen am 13. Februar durch Dresden marschieren. Das entschied das Verwaltungsgericht Dresden am Freitag und gab damit einem Antrag der Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO) auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes statt. Die Stadtverwaltung Dresden hatte den Rechtsextremen einen Aufzug durch die Stadt untersagt und stattdessen nur eine "stationäre Kundgebung" genehmigt.

Dies verstößt nach Ansicht der Richter jedoch gegen die vom Grundgesetz geschützte Versammlungsfreiheit. Die Stadt kündigte Beschwerde gegen den Beschluss beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht in Bautzen an.

Zum 65. Jahrestag der Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg werden am 13. Februar mehrere tausend Rechtsextreme erwartet. Antifaschistische Initiativen haben zu Protesten und Blockaden aufgerufen. Zudem wollen tausende Bürger mit einer Menschenkette an die Zerstörung der Stadt erinnern und zugleich ein Zeichen gegen Rechts setzen. Die Polizei war in den vergangenen Jahren jeweils mit einem Großaufgebot vor Ort, um Zusammenstöße von Rechtsextremen und Gegendemonstranten zu verhindern.

Nach wochenlanger Regierungskrise in Nordirland haben sich die protestantische Unionisten-Partei DUP und die katholische Sinn-Fein-Partei auf eine Beilegung ihres Streits um die Übertragung von Hoheitsrechten geeinigt. Wie DUP-Chef Peter Robinson nach Berichten der britischen BBC in Belfast mitteilte, stimmten die 35 DUP-Abgeordneten einer Übereinkunft mit Sinn Fein geschlossen zu.

In den nordirischen Koalitionskonflikt hatten sich zuletzt auch der britische Premierminister Gordon Brown und der irische Ministerpräsident Brian Cowen eingeschaltet, um das Regierungsbündnis in Belfast vor einem Kollaps zu bewahren. Nach jahrelanger Feindschaft hatten sich die protestantische DUP und die Katholische Sinn Fein vor knapp drei Jahren auf die Bildung einer gemeinsamen Regionalregierung in Nordirland geeinigt.

Die Regierungskrise hatte sich zusätzlich verschärft, nachdem der nordirische Ministerpräsident Peter Robinson als Konsequenz einer außerehelichen Affäre seiner Frau mit einem Teenager kurzzeitig sein Amt niedergelegt hatte.

Perfider Doppelanschlag: Bei zwei Anschlägen auf Angehörige der schiitischen Minderheit in der südpakistanischen Hafenstadt Karachi sind am Freitag zahlreiche Menschen getötet worden. Zunächst detonierte ein Sprengsatz neben einem Bus mit Gläubigen, die auf dem Weg zu einer religiösen Versammlung waren. Mindestens zwölf Menschen wurden dabei getötet und 50 weitere verletzt. Weniger als zwei Stunden später explodierte eine Bombe auf dem Parkplatz der Notaufnahme eines Krankenhauses, in das die Verletzten des ersten Anschlags gebracht worden waren. Nach unbestätigten Medienberichten wurden dabei mindestens zehn Menschen getötet und weitere verletzt.

Nach Angaben der Polizei in der Provinz Sindh war der erste Sprengsatz vermutlich an einem Motorrad befestigt. Rettungskräfte brachten die Verletzten anschließend in das am nächsten gelegene staatliche Krankenhaus. Vor dem Krankenhaus hatten sich nach Medienberichten rund 200 Menschen versammelt, als der zweite Sprengsatz detonierte. Weltweit begingen Schiiten am Freitag ein religiöses Trauerfest zum Gedenken an den schiitischen Märtyrer Imam Hussein.

Nordkorea will einen seit sechs Wochen inhaftierten US-Missionar freilassen. Der Amerikaner Robert Park wollte nach Angaben der Organisation "Pax Koreana" gegen Menschenrechtsverletzungen in dem kommunistischen Staat protestieren. Wie die amtliche Nachrichtenagentur KCNA berichtet, hat nun offenbar ein Sinneswandel bei dem 28-Jährigen eingesetzt: Er ließ mitteilen, er habe sich durch "westliche Propaganda" ein falsches Bild von Nordkorea gemacht und bedaure seinen Fehler aufrichtig. Aufgrund seines Schuldeingeständnisses sei beschlossen worden, ihm zu vergeben und ihn freizulassen, so KCNA weiter.

Park hatte an Weihnachten über den zugefrorenen Fluss Tumen die Grenze von China nach Nordkorea überschritten. Er hatte Schreiben bei sich, in denen Staatschef Kim Jong Il aufgefordert wurde, die berüchtigten Gefangenenlager im Land zu schließen und seine Macht abzugeben. Ein Sprecher von Pax Koreana sagte, Parks Äußerungen seien vermutlich erzwungen worden.

Iran wünscht sich nach den Worten seines führenden Unterhändlers eine Lösung im Atomkonflikt. Dieses Signal habe Präsident Mahmud Ahmadinedschad mit seinem Angebot geben wollen, angereichertes Uran wie international gefordert im Ausland weiterverarbeiten zu lassen, sagte der iranische Vertreter bei der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA. Die Botschaft sei positiv und konstruktiv zu verstehen - Kooperation gehe seiner Regierung vor Konfrontation. Dem Sprecher zufolge hat Iran seine Bereitschaft noch nicht offiziell der UN-Behörde in Wien mitgeteilt. Russland, Frankreich und die USA verlangen dies allerdings als Beleg für die Verlässlichkeit des Angebots.

Das Regieren ist für Präsident Barack Obama nun noch schwerer geworden: Mit dem Amtsantritt des Republikaners Scott Brown am Donnerstag haben die Demokraten ihre komfortable 60-Stimmen-Mehrheit im Senat verloren. Brown (50), der bei einer Nachwahl im Bundesstaat Massachusetts sensationell gewonnen hatte, wurde von Vizepräsident Joe Biden vereidigt, der zugleich Senatspräsident ist. Damit verfügen die Demokraten in Fraktionsgemeinschaft mit zwei unabhängigen Abgeordneten nur noch über 59 Stimmen, die Konservativen kommen im 100-köpfigen Senat auf 41 Mandate. Die magische Zahl von 60 Stimmen im US-Senat ist nötig, um Filibuster (Dauerreden) der Minderheit zur Blockade oder Verzögerung von Gesetzesvorhaben zu verhindern. Von nun an wird es für die Demokraten und damit für Präsident Obama extrem schwer, größere Gesetzesvorhaben in der Kammer durchzubringen.

Bei erneuten schweren Anschlägen gegen schiitische Pilger sind am Freitag im Irak Dutzende Menschen getötet und mehr als 150 weitere verletzt worden. Bei einer doppelten Bombenexplosion im südirakischen Wallfahrtsort Kerbela starben mindestens 41 Pilger, berichtete die irakische Nachrichtenagentur Aswat al-Irak unter Berufung auf Krankenhausärzte. 144 weitere Menschen erlitten Verletzungen. In Kerbela, 100 Kilometer südlich von Bagdad, fand am selben Tag das Arbain-Fest zum Gedenken an den schiitischen Märtyrer Hussein statt, zu dem Hunderttausende Pilger aus dem ganzen Irak geströmt waren. Ein Bus mit Pilgern, die aus Kerbela zurückkehrten, fuhr im Süden von Bagdad auf einen Sprengsatz. Ein Insasse starb und elf weitere wurden verletzt, meldete Aswat al-Irak unter Berufung auf die örtliche Polizei. Frühere Augenzeugenberichte, denen zufolge Raketen im Zentrum von Kerbela eingeschlagen sein sollen, wurden später nicht bestätigt. Die Arbain- Feierlichkeiten fanden unter starken Sicherheitsvorkehrungen statt. Rund 30 000 Polizisten und Soldaten wurden aufgeboten, um das religiöse Großereignis gegen Terrorangriffe sichern. Die Terroristen konzentrierten sich deshalb auf die Anfahrtswege und Stellen außerhalb des Sicherheitsringes. Am Mittwoch hatte ein Selbstmordattentäter im Osten von Kerbela 25 Menschen, am Montag eine Selbstmordattentäterin bei einer Raststation für Pilger in Bagdad fast 50 Menschen getötet.

Nach den USA bereitet nun auch die britische Armee eine Großoffensive gegen eine Taliban-Hochburg im besonders umkämpften Süden Afghanistans vor. Kampfhubschrauber hätten erste Ziele in der Provinz Helmand unter Beschuss genommen, sagte Militärsprecher Oberstleutnant David Wakefield am Freitag. Auch am Boden seien Soldaten in den vergangenen anderthalb Tagen im britischen Teil des Distrikts Nad Ali von Westen her auf die Provinzhauptstadt Laschkar Ga vorgerückt. Die vorbereitenden Einsätze seien Teil der "Operation Moschtarak" und gemeinsam mit der afghanischen Armee ausgeführt worden, sagte Wakefield. Die Offensive dürfte eine der größten des seit acht Jahren andauernden Kriegs sein.

In diesem zentralen Teil Helmands liegt auch die Stadt Mardschan, eine der letzten größeren Taliban-Hochburgen in der Region. US-Militärs bezeichnen den Ort als "eiterndes Geschwür".Die amerikanische Armee hatte vor wenigen Tagen mit ihren Vorbereitungen auf einen Vorstoß auf die Stadt begonnen.

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