Süddeutsche Zeitung

Politik kompakt:Russland muss Opfer des Moskauer Geiseldramas entschädigen

167 Menschen kamen 2002 im Dubrowka-Theater ums Leben - die russischen Sicherheitskräfte hatten Gas in das Gebäude eingeleitet, um Hunderte Geiseln aus der Gewalt tschetschenischer Terroristen zu befreien. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Russland deshalb jetzt zu Schadensersatzzahlungen verurteilt.

im Überblick

Der russische Staat muss den Opfern des Geiseldramas von 2002 Schadensersatz zahlen. Damals waren bei der Erstürmung des Moskauer Theaters insgesamt 167 Menschen ums Leben gekommen.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg verurteilte die Regierung in Moskau, 64 Kläger mit insgesamt 1,25 Millionen Euro zu entschädigen. Die Befreiungsaktion der russischen Sicherheitskräfte sei schlecht vorbereitet und durchgeführt worden, hieß es in der Urteilsbegründung.

Tschetschenische Terroristen hatten das "Nordost"-Musical überfallen und Hunderte Menschen über Tage als Geiseln genommen. Bei der Erstürmung des Theaters wurden die etwa 50 tschetschenischen Geiselnehmer getötet. Durch das eingesetzte Narkosegas kamen jedoch auch zahlreiche Geiseln ums Leben.

Die Straßburger Richter bewerteten die Befreiungsaktion als Verstoß gegen das Recht auf Leben der Europäischen Menschenrechtskonvention. Das Gericht wies jedoch einen Großteil der Forderungen der Kläger zurück. Sie hatten über eine unverhältnismäßige Brutalität der Sicherheitskräfte und eine unzureichende medizinische Versorgung der Opfer geklagt.

Der EGMR kam zu dem Schluss, dass die Erstürmung angesichts der besonderen Umstände das "geringere Übel" gewesen sei. Auch die Entscheidung der russischen Behörden, Narkosegas einzusetzen, hat der Gerichtshof akzeptiert. "Angesichts der Umstände war der Einsatz von Gas bei der Stürmung nicht unverhältnismäßig", hieß es.

(dpa)

Spanien hat einen neuen Ministerpräsidenten, Julia Timoschenko sagt in letzter Minute ihre Teilnahme an ihrem Berufungsprozess ab und in der Türkei führt die Polizei eine Aktion gegen kurdische Politiker und Journalisten durch: Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.

Einen Monat nach seinem Sieg bei den Parlamentswahlen in Spanien ist Mariano Rajoy zum neuen Ministerpräsidenten des Landes gewählt worden. Der Chef der konservativen Volkspartei (PP) erhielt bei der Abstimmung im Madrider Parlament die Stimmen von 187 der insgesamt 350 Abgeordneten.

149 Parlamentarier votierten gegen den 56-Jährigen, darunter die Sozialisten, die katalanischen Nationalisten (CiU) und die Vereinte Linke (IU). 14 Abgeordnete enthielten sich - überraschenderweise auch die Vertreter der Amaiur-Partei. Dem separatistischen baskischen Bündnis hatte PP zuvor den Fraktionsstatus im Parlament verweigert.

Rajoy soll an diesem Mittwoch von König Juan Carlos vereidigt werden. Anschließend will er sein Kabinett vorstellen. Der neue Regierungschef tritt die Nachfolge von José Luis Rodríguez Zapatero an, der Spanien seit 2004 regiert hatte. Der Sozialist war nach Ausbruch der Wirtschafts- und Finanzkrise bei den Wählern in Ungnade gefallen und hatte auf eine Kandidatur für eine dritte Amtszeit verzichtet.

Der neue konservative Regierungschef will Spanien mit einer strikten Sparpolitik aus der Krise führen. Rajoy hatte mit der PP bei der Parlamentswahl im November die absolute Mehrheit erreicht.

(dpa)

Die Teilnahme der schwerkranken ukrainischen Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko an ihrem Berufungsprozess ist im letzten Moment geplatzt. Die 51-Jährige ist seit August dieses Jahres inhaftiert. Nach Angaben von Timoschenkos Partei Vaterland war die Politikerin am Dienstag bereits mit einem Krankenwagen auf dem Weg zum Gericht in Kiew, als sie das Fahrzeug wegen akuter Rückenschmerzen wieder umkehren ließ. Die Richterin verlas Medienberichten zufolge eine Erklärung Timoschenkos, in der die Oppositionsführerin darum bat, die Verhandlung liegend verfolgen zu dürfen.

Timoschenko kann sich nach Angaben ihrer Anwälte seit dem 5. November nur noch unter großen Schmerzen bewegen. Ihr Verteidiger bestätigte, dass seine Mandantin am Montagabend bei der Gefängnisleitung ihre Teilnahme an der Verhandlung beantragt habe.

Die Ikone der prowestlichen Orangenen Revolution von 2004 war am 11. Oktober wegen angeblichem Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Die Europäische Union kritisiert den Prozess als politisch motiviert und zögert deshalb die Unterzeichnung eines ausgehandelten Assoziierungsabkommens mit der Ex-Sowjetrepublik hinaus.

(dpa)

Bei einer Aktion gegen mutmaßliche Anhänger der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) hat die türkische Polizei am Dienstag 38 Kurdenpolitiker und Journalisten in Gewahrsam genommen. Unter den Festgenommenen waren nach Medienberichten mehrere Vertreter der legalen Kurdenpartei BDP sowie Journalisten von kurdischen Medien, aber auch Mitarbeiter von nicht-kurdischen Zeitungen.

Den Festgenommenen wird Unterstützung der PKK-nahen Organisation Union der kurdischen Gemeinschaften (KCK) vorgeworfen. Nach Einschätzung der türkischen Justiz hat die KCK die Aufgabe, parallele Staatsstrukturen in kurdischen Gebieten aufzubauen: So soll es PKK-gelenkte Gerichte und andere Institutionen geben. Nach Regierungsangaben wurden seit Beginn der Ermittlungen vor zwei Jahren etwa 500 KCK-Verdächtige verhaftet. Kurdische Politiker kritisieren, die Regierung wolle Gegner mundtot machen.

(AFP)

Führende CDU-Politiker haben die Gründung des sogenannten "Berliner Kreises" verteidigt: Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach, wies die Kritik führender christdemokratischer Politiker an der Ideenwerkstatt innerhalb der Partei zurück. "Das ist ein Kreis, der sich Gedanken darüber macht, warum die Union in den letzten Jahren an Zustimmung verloren hat und wie wir Stammwähler zurück gewinnen können", sagte Bosbach der Mitteldeutschen Zeitung.

Die CDU-Bundestagsabgeordnete und Präsidentin des Bunds der Vertriebenen, Erika Steinbach, sagte der Rheinischen Post, sie verstehe den Argwohn der CDU-Spitze nicht. Es sei "grottenverkehrt", kritisch-wohlwollenden Geistern mit Misstrauen zu begegnen. "Die CDU-Führung sollte sich über unser Engagement freuen. Wir sind das Herz der Union", sagte sie.

(dapd)

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