Politik kompakt:Odenwaldschule: Missbrauch mit System

An der Odenwaldschule gab es über Jahrzehnte hinweg sexuellen Missbrauch - und zwar mit System, wie zwei Aufklärerinnen meinen. Ihr Abschlussbericht nennt Zahlen. Kurzmeldungen im Überblick.

Ein Ende der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals an der Odenwaldschule scheint nicht in Sicht. Ein Abschlussbericht zweier Juristinnen nennt inzwischen 132 Betroffene. Ende November war noch von 125 Opfern die Rede gewesen. "Es werden sich immer noch Betroffene melden", sagte die Rechtsanwältin Claudia Burgsmüller bei der Vorstellung eines vorläufigen Abschlussberichts im hessischen Heppenheim. Die sexuellen Übergriffe von einigen Lehrern auf Schüler hätten "System" gehabt.

Jahresrückblick 2010 - Odenwaldschule

Die Odenwaldschule: Ein Ende der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals scheint nicht in Sicht.

(Foto: dpa)

Der Missbrauch liege zwar meist Jahrzehnte zurück. Das für seine Reformpädagogik bekannte Elite-Internat sei aber "ein Nest von Pädophilen gewesen, die sich die Klinke in die Hand gegeben haben. Es gab eine Art Staffelübergabe", sagte Burgsmüller.

Den früheren Schulleiter Gerold Becker, der von 1969 bis 1985 an dem Privatinternat arbeitete, bezeichnete sie als "einen Weltmeister der Vernebelungsstrategie". Der inzwischen gestorbene frühere Schulleiter wird mit rund 90 Opfern in Verbindung gebracht. Tatzeitraum seien vor allem die Jahre 1965 bis 1985 gewesen, sagte die frühere Präsidentin des Oberlandesgerichts Frankfurt, Brigitte Tilmann. Von den Betroffenen seien 115 Jungen gewesen, meist im Alter zwischen 11 und 14 Jahren, sowie auch 17 Mädchen.

Die Staatsanwaltschaft ermittelte gegen etwa ein Dutzend Lehrer, stellte die Verfahren aber meist wegen Verjährung ein. Die Odenwaldschule zählt zu den bekanntesten Einrichtungen der Reformpädagogik in Deutschland.

(dpa)

Die Bundesregierung muss die Mittel für das Elterngeld aufstocken, der Bundesrat hat den Bundeshaushalt gebilligt und in der Elfenbeinküste droht neue Gewalt: Lesen Sie auf den folgenden Seiten weitere Kurzmeldungen im Überblick.

CIA zieht Topagenten aus Pakistan ab

Der US-Geheimdienst CIA hat seinen Topagenten in Pakistan aus Sicherheitsgründen aus dem Land abgezogen. Ein amerikanischer Geheimdienstmitarbeiter sagte am Freitag, es bestehe der Verdacht, dass Angehörige des pakistanischen Schwesterdienstes ISI den Namen des Stationschefs an Medien oder Anwälte weitergegeben hätten. Dadurch sei das Leben des Mannes in Gefahr geraten.

Der Geheimdienst habe wohl demonstrieren wollen, dass er unverändert das nachrichtendienstliche Geschäft im Lande beherrsche. Es könne sich aber auch um Vergeltung dafür handeln, dass ISI-Mitarbeiter wegen der Terroranschläge 2008 im indischen Mumbai in den USA vor einem Zivilgericht verklagt worden seien.

(Reuters)

Nordkorea droht mit neuem Militärschlag

Nordkorea hat mit einer erneuten Militäraktion gedroht, sollte Südkorea an einer geplanten Artillerie-Übung im Grenzgebiet festhalten. Die amtliche nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA meldete, der neue Militärschlag werde härter ausfallen als der Ende November. Er diene der Selbstverteidigung des Nordens.

Südkorea hatte am Donnerstag eine Artillerie-Übung nahe der Insel angekündigt, die im vergangenen Monat unter nordkoreanischen Beschuss geraten war. Die Übung, bei der scharfe Munition zum Einsatz kommen soll, werde zwischen dem 18. und 21. Dezember abgehalten.

Beim nordkoreanischen Beschuss der Insel Yeonpyeong waren Ende November vier Menschen getötet worden. Nordkorea hatte sein Vorgehen damit begründet, dass der Süden zuvor Artillerie-Geschosse in seine Gewässer abgefeuert habe. Der Grenzverlauf in den dortigen Gewässern ist umstritten.

(Reuters)

Höhere Ausgaben für das Elterngeld

Wegen steigender Geburtenzahlen muss die Bundesregierung das Elterngeld aufstocken. Wie die Passauer Neue Presse berichtet, hat das Familienministerium für 2010 dafür überplanmäßige Mittel von rund 140 Millionen Euro beantragt.

Der Haushaltsausschuss des Bundestags habe dem bereits zugestimmt. "Ich bin sicher, über diese Extraausgaben freut sich sogar der Finanzminister. Sie sind der Beweis dafür, dass das Elterngeld nach wie vor eine großartige Erfolgsgeschichte ist", sagte Bundesfamilienministerin Kristina Schröder.

Der Anteil der Väter, die sich Zeit für ihr Neugeborenes nehmen und Elterngeld bekommen würden, sei derzeit auf 23 Prozent gestiegen. "Das sind Entwicklungen, für die wir gerne Geld ausgeben sollten", ergänzte Schröder.

Die 2010 gestiegenen Kosten sind laut Bundesfamilienministerium bedingt durch verschiedene Entwicklungen: So seien die Einkommen in Deutschland generell gestiegen und damit auch die Höhe des jeweiligen Elterngeldes. Außerdem habe es eine positive Geburtenentwicklung im zweiten Halbjahr 2009 und im ersten Halbjahr 2010 gegeben. Noch im Januar 2010 sei das Statistische Bundesamt von 645.000 bis 660.000 Geburten im Jahr 2009 ausgegangen. Tatsächlich aber seien mehr als 665.000 Kinder geboren worden.

(AFP)

Bundeshaushalt verabschiedet

Der Haushalt des Bundes für das kommende Jahr ist unter Dach und Fach. Nach dem Bundestag billigte am Freitag auch der Bundesrat den Etat, der Ausgaben von insgesamt 305,8 Milliarden Euro vorsieht.

Um diese zu finanzieren, muss der Bund voraussichtlich 48,4 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen. Das sind 9,1 Milliarden Euro weniger als die noch im Sommer vom Bundesfinanzminister veranschlagten 57,5 Milliarden Euro. Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse schreibt vor, die Neuverschuldung bis 2016 in gleichmäßigen Schritten zu verringern, bis das strukturelle Defizit nur noch höchstens 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts beträgt.

(AFP)

Elfenbeinküste: USA stellen Ultimatum

Im blutigen Machtkampf um die Präsidentschaft in der Elfenbeinküste muss am Freitag mit neuen Gewalttaten gerechnet werden. Die Anhänger von Wahlsieger Alassane Ouattara, der von der internationalen Gemeinschaft als rechtmäßiger Präsident angesehen wird, wollen Regierungsgebäude besetzen.

Am Donnerstag hatten Polizei und Armee bei einem ähnlichen Marsch zum Gebäude des staatlichen Fernsehsenders das Feuer auf die Demonstranten eröffnet. Die Armee hält bisher dem amtierenden Präsidenten Laurent Gbagbo die Treue, der aber zunehmend unter internationalen Druck gerät.

Gleichzeitig wachsen Befürchtungen, das Land könne in einen Bürgerkrieg zurückfallen. Über die Zahl der Toten vom Donnerstag gibt es bisher widersprüchliche Angaben. Während Ouattaras Kabinettschef von mindestens 30 Toten allein in der Hafenstadt Abidjan gesprochen hatte, bezifferten die Sicherheitskräfte die Zahl der Opfer auf 20.

Unterdessen haben die USA, die EU und mehrere afrikanische Staaten Laurent Gbagbo ein Ultimatum zum Verlassen des Landes gestellt. Nach Angaben aus US-Regierungskreisen müsse der bei der Wahl unterlegene Gbagbo das Land binnen weniger Tage verlassen. Andernfalls werde es spürbare Sanktionen gegen ihn und Gefolgsleute geben. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy sagte am Rande des EU-Gipfels, auch eine Anklage vor dem Internationalen Strafgerichtshof werde geprüft.

(dpa/reuters)

Montenegro offiziell Beitrittskandidat

Zwei Jahre nach seinem Beitrittsantrag hat Montenegro offiziell den EU-Kandidatenstatus zuerkannt bekommen. Darauf verständigte sich am Freitag der EU-Gipfel in Brüssel. Dem erst 2006 unabhängig gewordenen Balkanland wird damit bestätigt, mittelfristig die Aufnahmekriterien der Europäischen Union erfüllen zu können. Montenegro gehörte nach dem Zerfall von Jugoslawien zu Serbien. In einem Referendum zur Frage der staatlichen Unabhängigkeit im Frühjahr 2006 stimmten 55,5 Prozent für die Loslösung von Serbien.

Derzeit hat die Europäische Union mit der Türkei, Kroatien, und Island vier Beitrittskandidaten. Dieser Status wird von der EU erst dann vergeben, wenn die beitrittswilligen Länder die sogenannten Kopenhagener Kriterien erfüllen. Diese definieren die politischen und wirtschaftlichen Mindestanforderungen für eine EU-Mitgliedschaft.

(dapd)

Kritik an Papst-Rede im Bundestag

Der Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele (Grüne) will den Plenarsaal verlassen, wenn der Papst im September im Parlament sprechen wird. "Ich halte davon nichts", sagte er der Onlineausgabe der Mitteldeutschen Zeitung. Er habe auch bei Putin und Bush den Saal verlassen. "Unserem Heiligen Vater nehme ich besonders übel, dass er sich in Lateinamerika nicht zu seiner Schuld und der seiner Kirche bekannt hat."

Kritiker werfen der katholischen Kirche die Christianisierung der Ureinwohner vor. Vor seiner Wahl zum Papst war Joseph Ratzinger zudem in den achtziger Jahren als Präfekt der Glaubenskongregation gegen die lateinamerikanischen Befreiungstheologen vorgegangen.

Der SPD-Abgeordnete Rolf Schwanitz erklärte mit Blick auf den Auftritt des Papstes: "Ich habe Vorbehalte." Schwanitz ist Mitbegründer einer Gruppe von "Laizisten in der SPD", die auf eine stärkere Trennung von Staat und Kirche dringen. Linke-Fraktionsvize Dietmar Bartsch, sagte der Zeitung hingegen: "Wenn George Bush geredet hat, dann darf auch der Papst reden." Man werde Benedikt "die gebührende Achtung" zu teil werden lassen, es dabei aber "nicht übertreiben".

Die Bedenken der Grünen stoßen auf heftige Kritik in der CDU. "Die Grünen sind einfach nur noch gegen alles und jeden", sagte der Generalsekretär der CDU, Hermann Gröhe Welt Online. "Man kann nur hoffen, dass diese Dagegen-Partei über Weihnachten etwas zur Besinnung kommt", fügte Gröhe hinzu. "Wenn der Papst im Bundestag redet, ist dies eine große Ehre für das Parlament."

(AP/epd)

US-Repräsentantenhaus stimmt Obamas Steuerkompromiss zu

Der US-Kongress hat das umstrittene Steuerpaket von US-Präsident Barack Obama verabschiedet. Einen Tag nach dem Senat stimmte am Donnerstag das Repräsentantenhaus mit 277 Ja- und 148 Nein-Stimmen für das Kompromisspaket, das Obama gegen den Widerstand aus den eigenen Reihen mit den Republikanern ausgehandelt hatte.

Die beschlossenen Maßnahmen haben ein Volumen von 858 Milliarden Dollar (645 Milliarden Euro) und sehen eine Fortsetzung der zum Jahreswechsel auslaufenden Steuererleichterungen für alle Einkommengruppen vor. Obama hatte sich in der Vorwoche mit den Republikanern auf den Kompromiss geeinigt, die unter seinem Vorgänger George W. Bush verabschiedeten befristeten Steuererleichterungen um zwei Jahre zu verlängern.

Anhaltender Widerstand gegen das Vorhaben bestand im Repräsentantenhaus, wo Abgeordnete von Obamas Demokraten vor allem die Steuererleichterungen für Reiche und für die Erben großer Vermögen kritisierten.

Im Wahlkampf hatte Obama mit Blick auf das Budgetdefizit angekündigt, die unter seinem Vorgänger beschlossenen Steuererleichterungen Ende 2010 für Haushalte mit einem Jahreseinkommen über 250.000 Dollar auslaufen zu lassen. Die Republikaner hatten es abgelehnt, die Steuererleichterungen nur für einen Teil der Bürger zu verlängern. Durch ihre Sperrminorität im Senat hätten sie ein neues Steuergesetz blockieren können.

(AFP)

Fast 50 Tote bei Angriffen in Pakistan

Bei mehreren Angriffen sind in Pakistan am Freitag mindestens 50 Menschen getötet worden. Neun Zivilisten wurden getötet, als Taliban-Kämpfer im Nordwesten des Landes vier Mörsergranaten auf Wohnhäuser abgefeuert.

Unter den Toten seien zwei Kinder und zwei Frauen, sagte ein Polizeisprecher. Die Mörsergranaten seien von Taliban-Stellungen in den nahe gelegenen Hügeln abgeschossen worden. Ziel sei ein vor allem von Angehörigen der schiitischen Minderheit bewohntes Gebiet im Distrikt Hangu gewesen. Mindestens drei der Toten seien aber Sunniten. Bei einem Vergeltungsschlag wenige Stunden später griffen Kampfhubschrauber Taliban-Stellungen in der Region Hangu an. Aus Sicherheitskreisen hieß es, zehn Aufständische seien getötet worden.

Die Taliban rekrutieren sich aus Sunniten. Die pakistanische Regierung wirft den Aufständischen vor, mit ihren zunehmenden Angriffen auf Schiiten einen Konflikt zwischen den beiden muslimischen Religionsgruppen anzetteln zu wollen. Bei drei US-Drohnenangriffen im pakistanischen Grenzgebiet zu Afghanistan wurden nach Angaben aus Geheimdienstkreisen mindestens 28 mutmaßliche Extremisten getötet.

Die Raketenangriffe hätten einer Gruppe namens Lashkar-e-Islam im Stammesgebiet Khyber gegolten, die mit den Taliban zusammenarbeite, sagte ein Geheimdienstmitarbeiter, der anonym bleiben wollte. Lashkar-e-Islam wird verdächtigt, Nachschub-Konvois für die Nato-Truppen in Afghanistan angegriffen zu haben. Damit kam es im Stammesgebiet Khyber zu vier Drohnenangriffen in nur 24 Stunden. Am Donnerstag hatte ein unbemanntes Flugzeug ein Fahrzeug beschossen, alle sieben Passagiere starben.

(dpa)

Scholz Spitzenkandidat der SPD Hamburg

Die SPD Hamburg hat erwartungsgemäß ihren Parteivorsitzenden Olaf Scholz zum Spitzenkandidaten für die Bürgerschaftswahl am 20. Februar bestimmt. Die Delegierten wählten den 52-Jährigen am Freitag auf einem außerordentlichen Parteitag in der Handelskammer der Hansestadt mit 335 von 343 gültigen Stimmen. Scholz hatte keinen Gegenkandidaten. Der frühere Bundesarbeitsminister war bereits im Juni als Parteichef mit rund 97 Prozent im Amt bestätigt worden.

Meinungsforschungsinstitute bescheinigen der SPD nach dem Bruch der schwarz-grünen Koalition beste Chancen auf eine Regierungsübernahme in der Hansestadt. Laut Umfragen können die Sozialdemokraten derzeit mit bis zu 45 Prozent rechnen.

(dpa)

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