Politik kompakt:Polizisten nach Talokan-Attentat festgenommen

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Nach dem tödlichen Anschlag im nordafghanischen Talokan vermuteten Experten von Anfang an, dass einheimische Sicherheitskräften an der Tat beteiligt waren. Nun wurden fünf terrorverdächtige Polizisten verhaftet, die den Gouverneurssitz eigentlich bewachen sollten.

im Überblick

Der tödliche Anschlag im nordafghanischen Talokan vom vergangenen Samstag, bei dem zwei Bundeswehrsoldaten und mehrere Afghanen ums Leben kamnen, soll durch einheimische Polizisten ermöglicht worden sein.

Afghanische und internationale Sicherheitskräfte nahmen fünf Miliz-Wachleute in einem Anwesen in Masar-i-Scharif wegen mutmaßlicher Terror-Unterstützung fest, wie die Behörden in der Provinz Tachar mitteilten. Die Männer hätten eigentlich den Auftrag gehabt, den Gouverneurssitz in Talokan gegen Taliban-Angriffe zu schützen.

Bei dem Anschlag am Sitz des Gouverneurs der Provinz Tachar war auch der Polizeichef Nordafghanistans, General Daud Daud, getötet worden. Unter den Verletzten waren der örtliche Gouverneur sowie der deutsche General Markus Kneip und fünf weitere Bundeswehr-Soldaten.

Eine als Dolmetscherin eingesetzte 56-jährige Soldatin befindet sich weiter in kritischem Zustand. "Sie schwebt aber nicht mehr in akuter Lebensgefahr", sagte ein Sprecher im Bundeswehrzentralkrankenhaus in Koblenz. Bei Kneip gingen die Ärzte davon aus, dass er wieder vollständig genesen werde. Ob er bei der Trauerfeier für die getöteten Bundeswehrsoldaten an diesem Freitag in Hannover teilnehme, sei allerdings noch nicht klar.

(dpa)

Die Nato verlängert ihren Einsatz in Libyen, Japans Ministerpräsident Naoto Kan muss sich einem Misstrauensvotum stellen, in Bahrain wurde der Ausnahmezustand aufgehoben und Bolivien weist einen iranischen Minister aus. Lesen Sie auf den kommenden Seiten weitere Kurzmeldungen.

Die Nato hat ihren Militäreinsatz in Libyen bis Ende September verlängert. Das Bündnis und seine Partnerländer hätten eine Verlängerung um 90 Tage beschlossen, teilte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen in Brüssel mit. "Diese Entscheidung sendet eine klare Botschaft and das Gaddafi-Regime: Wir sind entschlossen, unseren Einsatz zum Schutz der Bevölkerung Libyens fortzusetzen."

Die Nato greift auf Grundlage einer UN-Resolution seit Ende März die libyschen Streitkräfte an, um die von den Vereinten Nationalen verhängte Flugverbotszone über Libyen und das Waffenembargo durchzusetzen. Sie unterstützt damit faktisch die Aufständischen, die den seit vier Jahrzehnten herrschenden Oberst Muammar Gaddafi stürzen wollen.

(Reuters)

Nach dem verheerenden Anschlag im nordafghanischen Talokan haben Sicherheitskräfte nach Angaben der Internationalen Schutztruppe Isaf einen Unterstützer der Attentäter festgenommen. Die Nato-geführte Isaf teilte mit, der Anhänger der Islamischen Bewegung Usbekistans (IMU) solle der Führung der Organisation in Pakistan Berichte über die Schäden des Anschlags übermittelt haben.

Bei dem Anschlag am Sitz des Gouverneurs der Provinz Tachar waren am vergangenen Samstag zwei deutsche Soldaten und mehrere Afghanen getötet worden, darunter der Polizeichef Nordafghanistans. Unter den Verletzten waren der deutsche General Markus Kneip, fünf weitere Bundeswehr-Soldaten und der Gouverneur. Die Isaf teilte mit, der IMU-Anhänger und mehrere andere Männer seien bereits am Montag in einem Anwesen im nordafghanischen Masar-i-Scharif festgenommen worden. An dem Einsatz seien afghanische und ausländische Sicherheitskräfte beteiligt gewesen. Schüsse seien nicht gefallen.

(dpa)

Japans Ministerpräsident Naoto Kan muss sich nach der Natur- und Atomkatastrophe einem Misstrauensvotum stellen. Die größte Oppositionspartei, die Liberaldemokratische Partei LDP, sowie zwei kleinere Oppositionsparteien reichten das Misstrauensvotum am Mittwoch im Unterhaus des Parlaments ein. Zur Abstimmung dürfte es an diesem Donnerstag kommen, wie japanische Medien berichteten.

Neben der früher jahrzehntelang regierenden LDP, der Komeito sowie der kleinen Partei Tachiagare Nippon könnten laut Medien auch Abgeordnete aus Kans eigener Demokratischer Partei DPJ für den Oppositionsantrag stimmen. Sollte das Misstrauensvotum Erfolg haben, müsste Kan das Parlament auflösen und Neuwahlen ansetzen oder mit seinem Kabinett zurücktreten, was er bisher abgelehnt hat.

(dpa)

Das arabische Königreich Bahrain hat am Mittwoch den vor zweieinhalb Monaten verhängten Ausnahmezustand aufgehoben. Einwohner der Hauptstadt berichteten, die zuvor auf Straßen und Plätzen stationierten Panzer und Soldaten seien abgezogen worden. Einige Straßensperren seien jedoch geblieben. Eine gewisse Nervosität sei jedoch immer noch spürbar.

Einige Aktivisten hatten für diesen Mittwoch zu Protestdemonstrationen aufgerufen. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International warnte die Behörden davor, erneut mit Gewalt gegen Demonstranten vorzugehen.

Nach offiziellen Angaben starben seit Beginn der Proteste am 14. Februar 24 Menschen, vier von ihnen Polizisten. Vier Aktivisten starben in Haft. König Hamad bin Issa al-Chalifa hatte am Dienstag einen Dialog mit allen politischen Gruppierungen angekündigt.

(dpa)

Der Prozess gegen die mutmaßlichen Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001 vor einem Militärtribunal im umstrittenen US-Gefangenenlager Guantanamo rückt näher. Der mutmaßliche Chefplaner Khalid Sheikh Mohammed und vier weitere Verdächtige wurden am Dienstag formell angeklagt, wie das Pentagon mitteilte. Den fünf Männern werden unter anderem Terrorismus, Angriffe auf Zivilisten und Flugzeugentführung zur Last gelegt.

Die Anklage muss nun noch vom Chef der Einberufungsstelle für Militärkommissionen offiziell bestätigt und an ein Militärtribunal weitergeleitet werden, wie das US-Verteidigungsministerium erklärte. Vizeadmiral Bruce MacDonald müsse zudem darüber entscheiden, ob im Falle eines Schuldspruchs die Todesstrafe verhängt werden könne.

Mit dem Prozess in Guantanamo vollzieht die Regierung von US-Präsident Barack Obama eine Kehrtwende. Im November 2009 hatte sie ursprünglich angekündigt, das Verfahren gegen die fünf Verdächtigen an ein Bundesgericht in Manhattan zu verlegen - in unmittelbare Nähe des früheren World Trade Centers.

Mit der Strafverfolgung von 9/11-Verdächtigen vor Zivilgerichten und der angestrebten Schließung von Guantanamo hatte sich Obama von der Politik seines Vorgängers absetzen wollen: Das Gefangenenlager und die dortigen Sondertribunale, die den Angeklagten nur eingeschränkte Rechte gewähren, gelten als Sinnbild für die Exzesse des Anti-Terror-Kampfes unter Obamas Amtsvorgänger George W. Bush. Auch wenn Obama offiziell weiter am Ziel einer Schließung des Guantanamo-Lagers festhält, musste er seine Haltung angesichts innenpolitischer Widerstände revidieren.

(AFP)

Etwa 200 Aufständische aus Afghanistan haben am Mittwoch in Pakistan einen Kontrollpunkt angegriffen und mindestens fünf Sicherheitskräfte getötet. Polizeisprecher Bahadur Khan erklärte, der Angriff habe am Mittag im Bezirk Upper Dir stattgefunden. Auch eine Stunde später wurde am Tatort in der Ortschaft Shaltalo noch geschossen. Der Ort grenzt an die afghanische Provinz Kunar. Upper Dir liegt außerhalb der pakistanische Stammesgebiete, aber auch dort sind Kämpfer der Al-Qaida und der Taliban aktiv.

Bolivien hat den iranischen Verteidigungsminister Ahmad Vahidi erst offiziell eingeladen und dann am Dienstag (Ortszeit) ausgewiesen. Der von Argentinien wegen Terrorverdachts gesuchte Iraner sei "aus Versehen" eingeladen worden, berichteten bolivianische Medien unter Berufung auf ein Schreiben des bolivianischen Außenministers David Choquehuanca an seinen argentinischen Amtskollegen Héctor Timerman.

Argentinien wirft Vahidi vor, einer der Drahtzieher des verheerenden Bombenanschlags 1994 auf das Gebäude des jüdischen Wohlfahrtsverbandes Amia in Buenos Aires zu sein. 85 Menschen kamen damals ums Leben, etwa 300 wurden verletzt.

Iran hat eine Beteiligung an dem Anschlag stets bestritten. Das bolivianische Verteidigungsministerium habe einfach nicht gewusst, wen es da eingeladen hatte, schrieb Choquehuanca weiter. Die argentinische Zeitung Clarín berichtete jedoch, der für den Fall Amia zuständige Untersuchungsrichter Alberto Nisman habe Interpol und die bolivianischen Behörden noch kurz vor dem Eintreffen Vahidis über den Besuch informiert. Vahidi hatte zusammen mit Verteidigungsministerin María Cecilia Chacón an einer Zeremonie in einer Flugschule für Militärpiloten im Departement Santa Cruz teilgenommen. Dabei war er auch von Präsident Evo Morales begrüßt worden.

Der Aufenthalt Vahidis in dem Nachbarland Argentiniens löste scharfen Protest der Amia aus. Ihr Präsident, Guillermo Borger, bezeichnete den Besuch als "Provokation". Zugleich forderte er die argentinische Präsidentin Cristina Kirchner auf, sich bei Morales zu beschweren. In Argentinien besteht mit etwa 300 000 Mitgliedern nach New York die zweitgrößte jüdische Gemeinde außerhalb Israels.

(dpa)

Das iranische Parlament hat für juristische Schritte gegen Präsident Mahmud Ahmadinedschad gestimmt. Mit 165 gegen eine Stimme unterstützten die Abgeordneten am Mittwoch eine Entschließung, in der Ahmadinedschad ein Verstoß gegen die Verfassung vorgeworfen wird. Sie beziehen sich damit auf Ahmadinedschads Entscheidung, sich nach der Entlassung von Ölminister Massud Mirkasemi im vergangenen Monat selbst zum geschäftsführenden Minister für dieses Ressorts zu ernennen. Die Kabinettsumbildung sei ein "offensichtlicher Verstoß gegen die Verfassung" gewesen, hieß es.

Ob es tatsächlich zu einer Klage gegen den Präsidenten kommt, war zunächst unklar. Die Parlamentsabstimmung machte aber deutlich, dass das Parlament in einer Kontroverse zwischen Ahmadinedschad und dem religiösen Establishment hinter dem Wächterrat steht, der sich als Hüter der Verfassung versteht. Das Parlament hat 290 Abgeordnete. Viele waren entweder abwesend oder enthielten sich der Stimme.

(dapd)

Die Bundesregierung hat ausgeschlossen, dass der Pilot des Flugzeugs von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) für den Überflug-Eklat mit Iran verantwortlich war. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Berlin widersprach entsprechenden Vorwürfen des iranischen Botschafters in Berlin, Ali Resa Scheich Attar. Die Flugbereitschaft der Bundeswehr habe bei der Vorbereitung und Durchführung des Fluges alle Vorschriften "korrekt eingehalten", so der Ministeriumssprecher.

Merkels Regierungsflugzeug war in der Nacht zum Dienstag auf dem Weg nach Indien von den iranischen Behörden gestoppt worden und musste in den türkischen Luftraum zurückkehren. Erst nach zweistündiger Wartezeit konnte die Kanzlerin ihre Reise nach Neu Delhi fortsetzen. Das Auswärtige Amt hatte daraufhin den iranischen Botschafters einbestellt, um zu protestieren. Der iranische Botschafter hatte in einem Interview der Financial Times Deutschland dem Piloten die Schuld an dem Vorfall gegeben: "Es war der Fehler des Piloten. Er hat den Code für die Rückkehr angegeben, nicht den für den Eintritt in den Luftraum." Scheich Attar sagte in einem Zeitungsinterview, es sei ein rein technisches Problem gewesen. "Wir sollten so etwas nicht politisieren."

(dpa)

Ohne den umgehenden Stopp der israelischen Siedlungspolitik sehen die Palästinenser nach Worten ihres UN-Botschafters geringe Chancen für Fortschritte beim Nahostfrieden. Riyad Mansur appellierte am Dienstagabend schriftlich an die Weltorganisation, Israels "illegalen Praktiken und absichtlichen Provokationen" ein Ende zu bereiten. Israels Verhalten gefährde die Hoffnung auf Frieden und Sicherheit in der Nahostregion, schrieb der Diplomat. Der Brief wurde nach Angaben der palästinensischen Vertretung bei den Vereinten Nationen dem UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sowie den Präsidenten des UN-Sicherheitsrates und der UN-Vollversammlung in New York übergeben.

Darin erhebt Mansur schwere Vorwürfe gegen Israel wegen dessen "hinterhältiger Siedlungspolitik" im Westjordanland und der Zerstörung palästinensischer Wohnhäuser in Ost-Jerusalem. Diese Aktionen und die verbalen Provokationen "vergiften die Atmosphäre total und untergraben alle Anstrengungen zur Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen", wirft Mansur der israelischen Führung vor. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu habe die Glaubwürdigkeit seiner Regierung als Friedenspartner mit der Rede vor dem US-Kongress am 24. Mai weiter in Frage gestellt. Deshalb sollten die UN, ganz besonders der Sicherheitsrat, ihrer Verantwortung nachkommen und eiligst "auf der Grundlage des Völkerrechts und der einschlägigen Resolutionen" handeln, fordert der palästinensische Botschafter.

(dpa)

Gewalt und Chaos breiten sich im Jemen immer weiter aus. Am Mittwoch wurde die kuwaitische Botschaft in Sanaa geschlossen. Auch die italienischen Diplomaten haben inzwischen die jemenitische Hauptstadt verlassen, in der am Mittwoch nach Angaben von Augenzeugen erneut Schüsse und Explosionen zu hören waren. Die deutsche Botschaft in Sanaa ist derzeit noch mit einer Kernmannschaft besetzt.

Bei heftigen Straßenkämpfen zwischen Regierungsstreitkräften und Stammesmilizen wurden in Sanaa am Mittwoch nach Angaben eines Arztes mindestens 41 Menschen getötet worden. Auf beiden Seiten habe es Opfer gegeben, hieß es. Augenzeugen berichteten zudem, Einheiten der Präsidentengarde hätten das Hauptquartier einer Brigade mit Artillerie beschossen, die für den Schutz von Regierungsgebäuden zuständig sei. Der Kommandeur wolle sich offenbar den Rebellen anschließen, die Präsident Ali Abdullah Salih stürzen wollen, hieß es.

(dpap)

Asylbewerber sollen in allen EU-Ländern die gleichen Rechte haben und keine Doppelanträge mehr stellen können. Einen entsprechenden Vorschlag für eine einheitliche Asylpolitik hat die EU-Kommission in Brüssel vorgestellt. Danach sollen die Staaten die Bedingungen für die Aufnahme von Asylanten angleichen. "Wir brauchen wirksame und faire Asylverfahren", forderte die zuständige EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström. Bis 2012 will Brüssel die Pläne trotz des Widerstands der Mitgliedsstaaten umsetzen. Damit die Vorschläge Gesetzeskraft bekommen, ist die Zustimmung des Europaparlaments und der EU-Regierungen notwendig.

(dpa)

Der frühere ägyptische Staatspräsident Husni Mubarak muss sich ab dem 3. August wegen des Vorwurfs der Korruption und des Mordes an Demonstranten vor Gericht verantworten müssen. Das meldete die amtliche Nachrichtenagentur MENA am Mittwoch unter Berufung auf Justizkreise. Der 83-jährige Mubarak wird beschuldigt, mit dem ehemaligen Sicherheitschef und weiteren Offizieren im Falle der tödlichen Schüsse auf Demonstranten während des 18-tägigen Aufstands gegen sein Regime konspiriert zu haben.

Neben dem ehemaligen Präsidenten wird auch dessen beiden Söhnen Gamal und Alaa der Prozess gemacht. Mubarak, seinen Söhnen und seinem Geschäftspartner Hussein Salem wird vorgeworfen, ihre Macht missbraucht zu haben, um sich persönlich zu bereichern. Bei den Protesten, die am 11. Februar zum Sturz Mubaraks führten, wurden nach Angaben der Regierung mindestens 846 Demonstranten getötet. Nach dem Sturz des Präsidenten zogen zehntausende Menschen auf die Straßen, um einen Prozess gegen Mubarak zu fordern. Am Dienstag hatte ein von der Regierung beauftragter Ärzteausschuss mitgeteilt, Mubarak sei zu schwach, um bis zu seinem Prozessbeginn in einem Gefängnis untergebracht zu werden. Es bestehe die Gefahr, dass der frühere Staatspräsident einen plötzlichen Herzinfarkt erleide. Der Ärzteausschuss teilte in einem Bericht an den Generalstaatsanwalt zudem mit, Mubarak sei depressiv. Der ägyptische Expräsident befindet sich seit April in einem Krankenhaus im Badeort Scharm el Scheich in Gewahrsam.

(dapd)

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