Politik kompakt:Opferrechte bei sexuellem Missbrauch gestärkt

Opfer von sexuellem Kindesmissbrauch sollen nach dem Willen der Bundesregierung künftig deutlich länger die Möglichkeit haben, auf Schadensersatz zu klagen.

Meldungen im Überblick

Opfer sexuellen Kindesmissbrauchs sollen nach dem Willen der Bundesregierung künftig wesentlich länger Schadenersatzansprüche gegenüber den Tätern geltend machen können als bisher. Das Bundeskabinett beschloss eine Verlängerung der zivilrechtlichen Verjährungsfristen bei sexuellem Missbrauch von drei auf 30 Jahre, wie das Bundesjustizministerium mitteilte.

Jahresrückblick 2010 - Missbrauchskandale in Kirchen und Schulen

Etliche Verdachtsfälle auf sexuellen Missbrauch, wie im Koster Ettal (Foto), lösten die Gesetzesnovelle aus.

(Foto: dpa)

Die psychischen Folgen sexueller Gewalt seien oft so folgenreich, dass erst Jahre nach der Tat zivilrechtliche Schritte eingeleitet werden könnten, erklärte das Ministerium. Wenn ein Opfer also erst spät Schadenersatz von einem Täter verlangen kann, verhindere die bislang dreijährige Verjährungsfrist oft eine Anerkennung des erlittenen Unrechts.

Die Verjährungsfristen für eine strafrechtliche Verfolgung der Tatverdächtigen sind von der Neuregelung nicht berührt. Auch hier wird über eine Verlängerung diskutiert, Entscheidungen sind aber noch nicht gefallen.

Die Opfer sollen zudem laut dem vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf in Zukunft weniger häufig mit belastenden Mehrfachvernehmungen konfrontiert werden. Schon jetzt kann die Videoaufzeichnung einer früheren richterlichen Vernehmung in der Hauptverhandlung abgespielt werden, damit keine erneute Vernehmung erforderlich wird. Mit dem Gesetzentwurf soll erreicht werden, dass die Gerichte von dieser Möglichkeit stärker als bisher Gebrauch machen.

Ferner sollen die Opfer weitgehende Ansprüche auf kostenlose anwaltliche Beratung erhalten. Gerade Kinder und Jugendliche sollen auf Staatsanwälte und Richter treffen, die durch klare Qualifikationsanforderungen besser für die Belange der Opfer sensibilisiert sind. Mit dem Gesetzesentwurf zieht die Bundesregierung die Konsequenz aus den Missbrauchsskandalen der Vergangenheit.

(AFP)

Der frühere ukrainische Präsident Kutschma muss sich in einem Mordprozess verantworten und die kanadische Regierung steht offenbar vor dem Aus. Lesen Sie auf den folgenden Seiten weitere Kurzmeldungen.

Kabinett billigt Familienpflegezeit

Zur Pflege von Angehörigen sollen Beschäftigte künftig ihre Arbeitszeit reduzieren dürfen. Das Bundeskabinett billigte die Pläne von Familienministerin Kristina Schröder (CDU) für eine Familienpflegezeit, die ab 2012 eingeführt werden soll. Über das Modell war in der Koalition lange gestritten worden.

Schröders Modell sieht vor, dass Beschäftigte zur Pflege eines Angehörigen ihre Arbeitszeit maximal zwei Jahre lang auf bis zu 15 Stunden reduzieren können. Dabei soll es einen Lohnausgleich geben: Wer zum Beispiel nur noch 50 Prozent arbeitet, soll weiter 75 Prozent des letzten Bruttogehalts bekommen. Das zu viel gezahlte Geld wird nach der Pflegezeit verrechnet: Die Betroffenen arbeiten dann wieder 100 Prozent, bekommen aber weiter nur drei Viertel des Gehalts, bis das Zeitkonto ausgeglichen ist. Gerade über diesen Verrechnungsmodus war lange gestritten worden.

Die Wirtschaft wandte unter anderem ein, dass sie Verluste haben könnte, wenn die Arbeitnehmer nicht zurückkämen. Sie wehrte sich auch dagegen, das Modell verpflichtend anzubieten. Nun sieht Schröder vor, dass - wie bei der Altersteilzeit - freiwillige Vereinbarungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zur Familienpflegezeit geschlossen werden. Auch wird den Arbeitgebern das Risiko abgenommen. Während der Arbeitszeitreduzierung können sie sich die Kosten vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben refinanzieren lassen.

(dapd)

Kutschma wegen Mordverdachts vor Gericht

Mehr als zehn Jahre nach dem Mord an dem ukrainischen Journalisten Georgi Gongadse muss sich der frühere Präsident Leonid Kutschma wegen der Bluttat vor Gericht verantworten. Es gebe genügend Beweise für Kutschmas Beteiligung an dem Verbrechen, sagte der stellvertretende Generalstaatsanwalt Renat Kusmin nach Medienangaben. Kutschma wies jegliche Verantwortung für die Tat von sich. "Ich bin moralisch bereit, alle Höllenqualen auf mich zu nehmen, um meine Unschuld zu beweisen", sagte er unmittelbar vor seiner ersten Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft in Kiew.

Die genauen Hintergründe des Mordes an dem Regierungskritiker konnten bis heute nicht restlos aufgeklärt werden. Die Staatsanwaltschaft wirft Kutschma vor, den Mord Gongadses angeordnet zu haben. Der Gründer der einflussreichen Online-Zeitung Ukrainska Prawda war im September 2000 in Kiew verschwunden. Seine enthauptete Leiche wurde wenig später in einem Wald rund hundert Kilometer südlich der Hauptstadt entdeckt.

Der Fall ist hochbrisant: Gegner des Ex-Präsidenten machen seit zehn Jahren Druck, Kutschma wegen seiner mutmaßlichen Verstrickung in die Tat zur Verantwortung zu ziehen. Entscheidend für die Einleitung des Ermittlungsverfahrens war nun der Beschluss der Staatsanwaltschaft, Tonbänder als Beweismittel zuzulassen. Auf einer heimlichen Aufnahme soll zu hören sein, wie Kutschma den Auftrag zu der Tat gibt. Die Echtheit des Tonbands ist aber seit Jahren umstritten.

(dpa/AFP)

Kanadas Regierung vor Neuwahlen

Die kanadische Regierung von Premierminister Stephen Harper steht womöglich vor dem Aus. Bei der Vorstellung des neuen Sparhaushalts, der eine Halbierung des Defizits vorsieht, fand Harper im Parlament keine Unterstützung bei der Opposition.

Alle drei Oppositionsparteien kündigten an, gegen den Etat stimmen zu wollen. Mit einer Abstimmung darüber wird am Donnerstag oder Freitag gerechnet. Sollte der Haushalt abgelehnt werden, kommt es zu einer Neuwahl.

Harper führt Kanada seit fünf Jahren mit einer Minderheitsregierung. Eine Neuwahl dürfte daran Umfragen zufolge nichts ändern. Harpers Konservative haben derzeit 143 Sitze im Parlament, die Liberalen 77, die sozialdemokratischen New Democrats 36 und der separatistische, ebenfalls sozialdemokratische Bloc Québécois 47. Es wäre die vierte Wahl innerhalb von sieben Jahren in Kanada.

(AFP/dapd)

Südsudan wirft Norden Bombardierungen vor

Gut drei Monate vor seiner geplanten Abspaltung hat der Südsudan dem Norden des afrikanischen Landes vorgeworfen, das künftig unabhängige Territorium bombardiert zu haben. Ein Sprecher der südsudanesischen Armee (SPLA) sagte, der Norden habe am 21. März Bomben im Bezirk Radscha abgeworfen. Diese hätten keinen Schaden angerichtet.

Weder die Armee im Norden des Landes noch UN-Vertreter eines Friedenseinsatzes vor Ort konnten zunächst für eine Stellungnahme erreicht werden. Im Januar hatte sich die Bevölkerung des ölreichen Südsudan in einem Referendum klar für die Loslösung vom Norden ausgesprochen. Der Südsudan soll damit ab dem 9. Juli ein unabhängiger Staat sein. Das Referendum war Ergebnis einer Friedensvereinbarung von 2005, die einen jahrzehntelangen Bürgerkrieg beendete. Mehr als zwei Millionen Menschen wurden bei den Gefechten getötet.

(Reuters)

Karsai lädt Taliban zum Gespräch

Afghanistans Präsident Hamid Karsai hat die Taliban erneut zu Friedensgesprächen eingeladen. Gleichzeitig appellierte er in einer Rede an die Islamisten, nicht länger Schulen anzugreifen.

Karsai sieht in der Bildung den Schlüssel, um die afghanische Gesellschaft wieder aufzubauen. Die afghanische Regierung lud zusammen mit ihren internationalen Partnern die Taliban schon wiederholt zu Friedensgesprächen ein. Ob die Taliban an den Gesprächen teilnehmen, ist noch unklar.

Karsai warnte die Taliban gleichzeitig, die Afghanen würden sich nicht durch Waffen und Bomben einschüchtern lassen.

(dapd)

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: