Politik kompakt:Netanjahu verspricht nichts und fordert viel

In Washington verteidigt Israels Premier den Siedlungsbau in Jerusalem - und fordert die Palästinenser gleichzeitig zu Verhandlungen auf. Kurzmeldungen im Überblick

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat den geplanten Bau neuer Siedlungen in Jerusalem verteidigt. "Jerusalem ist keine Siedlung, es ist unsere Hauptstadt", betonte Netanjahu in Washington. Auf einer Konferenz der pro-israelischen Lobbygruppe Aipac beschwor Netanjahu gleichzeitig die Notwendigkeit des Friedensprozesses mit den Palästinensern.

Die israelische Regierung nehme wahr, dass auch die Palästinenser dort lebten. "Wir wollen sie nicht regieren, wir wollen, dass sie als unsere Nachbarn in Würde und Frieden leben", sagte er unter lautem Beifall. Frieden könne nicht von außen kommen, sondern nur durch direkte Verhandlungen, in denen Vertrauen aufgebaut werde. "Präsident Abbas, kommen Sie und verhandeln über den Frieden", sagte Netanjahu an den Chef der palästinensischen Autonomiebehörde gerichtet.

Warum Silvana Koch-Mehrin mehr Härte gegenüber Griechenland fordert und wie Rita Süssmuth das Verhältnis der katholischen Kirche zur Sexualität sieht: Auf den folgenden Seiten finden Sie weitere Kurzmeldungen.

Libyen setzt weitere 214 Islamisten auf freien Fuß

Im Zuge eines Dialogprogramms mit Islamisten hat Libyen erneut mehr als 200 extremistische Häftlinge aus seinen Gefängnissen freigelassen, unter ihnen drei Anführer der radikalen Organisation "Libysche Islamische Kämpfende Gruppe". 214 islamistische Häftlinge seien auf freien Fuß gesetzt worden, darunter insgesamt 34 GICL-Mitglieder, teilte die Gaddafi-Stiftung mit. Damit seien seit Beginn des Versöhnungsprozesses im Jahr 2007 inzwischen 705 Islamisten aus libyscher Haft freigekommen, 232 weitere sollten in Kürze folgen. Nach Angaben der Gaddafi-Stiftung hatten die Freigelassenen Verbindungen zum Terrornetzwerk El Kaida, sich inzwischen aber davon losgesagt.

Sudans Präsident droht Wahlbeobachtern mit Ausweisung

Der Sudan hat mit der Ausweisung der internationalen Beobachter für die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im April gedroht. Die ausländischen Organisationen sollten überprüfen, ob die Wahlen fair und frei verlaufen, aber wenn sie sich in die inneren Angelegenheiten des Sudan einmischten, würden sie aus dem Land geworfen, sagte Sudans Präsident Omar Hassan al-Bashir am Montag im staatlichen Fernsehen. Auslöser war ein Bericht der Beobachter-Delegation des vom früheren US-Präsidenten Jimmy Carter gegründeten Carter Center, wonach die ersten Mehr-Parteien-Wahlen im Sudan seit 24 Jahren wegen logistischer Probleme möglicherweise verschoben werden müssten.

Die Beobachter bemängeln unter anderem, dass wenige Wochen vor Beginn der Wahlen am 11. April noch Hunderttausende Namen auf den Wählerlisten fehlten. Zudem forderten sie die Regierung auf, die strikten Beschränkungen für Wahlkampfveranstaltungen aufzuheben und die Kämpfe in der Bürgerkriegsregion Darfur vor der Abstimmung einzustellen.

Die Opposition wirft der nationalen Wahlkommission vor, mit ihren Entscheidungen Präsident Bashir zu bevorteilen und hatte bereits ebenfalls eine Verschiebung gefordert, um mehr Zeit für demokratische Reformen zu haben.

Schavan fordert Korrektur der Föderalismusreform

Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) fordert eine Korrektur der Föderalismusreform im Bereich der Schulpolitik. In einer Phoenix-Sendung sagte Schavan: "Föderale Ordnung braucht kein Kooperationsverbot. Das ist heute nicht sinnvoll." Man habe sich vor vier Jahren nicht vorstellen können, dass mehr Kooperation in der Schulpolitik notwendig sei. "Es würde schon reichen, zu schreiben: 'Bund und Länder stellen die Leistungsfähigkeit des Bildungssystems sicher'. Dafür werde ich werben", so Schavan. Die Bundesbildungsministerin kündigte zudem an, die in der letzten Woche vorgeschlagene Förderung der Grundschulen in Höhe von einer Milliarde Euro notfalls ausschließlich durch den Bund zu finanzieren. "Wir sind bereit, das alleine zu leisten. Wir können jetzt nicht noch vier Jahre diskutieren, was wer tut", sagte Schavan. Der Berliner Senator für Bildung, Wissenschaft und Forschung, Prof. Jürgen E. Zöllner (SPD), zeigte sich gegenüber dem Finanzierungsangebot des Bundes für die schulische Förderung dagegen skeptisch. Berlin erreiche aus eigener Kraft schon jetzt ein Vielfaches der durch zusätzliche Bundesmittel möglichen Steigerungsraten bei den Ausgaben für diesen Bereich. "Es kann doch nicht sein, dass diejenigen, die sich finanziell schon stärker engagiert haben, letzten Endes noch die Dummen sind, weil die anderen genauso viel kriegen oder sogar noch mehr", so Zöllner in der Sendung.

Südafrikanische Polizei setzt Schrot gegen Demonstranten ein

Weniger als drei Monate vor Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft ist es in Südafrika erneut zu Krawallen gekommen. Die Polizei setzte am Dienstag in einem Vorort der Stadt Pretoria Schrotmunition ein, um Proteste von Hunderten Regierungsgegnern aufzulösen. Die Demonstranten hatten zuvor Straßen mit brennenden Reifen blockiert, Geschäfte geplündert und die Beamten mit Steinen beworfen. Viele Einwohner der Townships fühlen sich von der Regierung im Stich gelassen und fordern angemessene Wohnungen und eine bessere Infrastruktur.

Die Dauerkrawalle in den Armenvierteln bereiten der südafrikanischen Regierung große Sorgen. Experten gehen davon aus, dass die Proteste in den kommenden Wochen zunehmen werden. Der Grund ist das hohe Medieninteresse an dem vom 11. Juni bis 11. Juli stattfindenden Turnier. Pretoria ist einer der Spielorte.

Zweitwohnungssteuer ist zulässig

Die Zweitwohnungssteuer ist zulässig. Das hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschieden. Das Gericht hat die Verfassungsbeschwerden eines Polizeibeamten aus Bayern sowie eines Studenten aus Aachen nicht zur Entscheidung angenommen. Aus Sicht der Karlsruher Richter verstößt die Zweitwohnungssteuer nicht gegen die Grundrechte.

Die Kläger hatten dagegen eine Ungleichbehandlung geltend gemacht. (Az.: 1 BvR 529/09 und 1 BvR 2664/09 - Beschlüsse vom 17. Februar 2010) Dafür sahen die Verfassungsrichter keinen Anlass. Der allgemeine Gleichheitssatz werde durch die Steuer nicht verletzt. Bei der Abgabe handele es sich um eine Aufwandsteuer, die unabhängig von dem Anlass für die Zweitwohnung erhoben werde. Persönliche Gründe spielten dabei keine Rolle.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beziehe sich die Abgabe auf den reinen äußerlichen Eindruck einer besonderen Leistungsfähigkeit. Heißt: Derjenige, der sich zwei Wohnungen leisten kann, ist wirtschaftlich dazu in der Lage und kann deshalb über Steuern an der Finanzierung der kommunalen Infrastruktur beteiligt werden.

FDP-Politikerin Koch-Mehrin: Kein Geld für Athen

Die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Silvana Koch-Mehrin, hat an Bundeskanzlerin Angela Merkel appelliert, dem EU- Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso im Streit um EU-Hilfen für Griechenland auf dem Gipfel am Donnerstag die Stirn zu bieten. "Ich appelliere dringend an Bundeskanzlerin Angela Merkel, bei dem Kurs der Bundesregierung zu bleiben und nicht etwa dem Drängen von EU- Kommissionspräsident José Manuel Barroso nachzugeben", sagte die FDP- Politikerin dem Hamburger Abendblatt.

"Das wäre ein folgenschwerer Dammbruch", so Koch-Mehrin, die auch Vorsitzende der FDP im EU-Parlament ist. "Die Position der FDP ist eindeutig: Beim Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstag darf es nicht dazu kommen, dass deutsche Steuergelder direkt nach Athen fließen. Das wäre der falsche Weg und würde Griechenland bei seinen Reformen auch nicht helfen", sagte sie.

Süssmuth: Papst soll sich zu Missbrauch in Deutschland äußern

Die frühere Bundestagspräsidentin und Funktionärin im Zentralkomitee der deutschen Katholiken, Rita Süssmuth, hat eine eigene Stellungnahme des Papstes zu den Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche in Deutschland gefordert. Der Hirtenbrief des Papstes an die irischen Gemeinden sei "sehr spirituell und innerkirchlich ausgerichtet", sagte Süssmuth der Internetausgabe der Frankfurter Rundschau.

"Es fehlen konkrete Maßnahmen zur Auseinandersetzung mit den Beteiligten und Betroffenen", kritisierte sie. Dazu gehören für Süssmuth eine umfassende Aufklärung und Analyse der Ursachen. "Es gibt durchaus strukturelle Ursachen. Die liegen aber im generellen Umgang mit menschlicher Sexualität", sagte sie. So müssten über "den würdigen Umgang miteinander, insbesondere mit den Frauen", gesprochen werden sowie "über unser Verhältnis zur eigenen Körperlichkeit und falsche Tabus".

So müsse die katholische Kirche auch das Zölibat infrage stellen, sagte Süssmuth. Zwar bestehe "kein zwingender Zusammenhang" zwischen Missbrauch und Zölibat. "Aber auch Priester haben ihre Probleme mit dem Zölibat." Diese Probleme würden "nicht durch eine bessere Auswahl der Priesterkandidaten gelöst, sondern notwendig ist, zu fragen, ob Priestertum und Ehe wirklich unvereinbar sind", sagte Süssmuth fr-online.de.

Freilassung von Guantanamo-Insassen angeordnet

Ein Gefangener in Guantanamo muss nach dem Urteil eines Richters freigelassen werden. James Robertson folgte damit dem Antrag von Mohamedou Ould Salahi. Die US-Regierung betrachtet Salahi als Mitglied des Terrornetzwerks al-Qaida und beschuldigt ihn der Unterstützung von Beteiligten an den Terroranschlägen vom 11. September 2001. Er soll den Extremisten der Hamburger Terror-Zelle dabei geholfen haben, zum Training nach Afghanistan zu reisen. Dort hätten die späteren Attentäter Al-Qaida-Mitglieder getroffen und ihre Anschlagspläne geschmiedet.

Unterdessen hat der Oberste Gerichtshof der USA die Forderung von vier in Guantanamo festgehaltenen Uiguren zurückgewiesen, einen Monat vor ihrer geplanten Entlassung darüber informiert zu werden. Die Richter wiesen den Antrag ohne Angabe von Gründen ab. Die Uiguren hatten eine Garantie verlangt, mindestens 30 Tage vor ihrer Freilassung aus dem berüchtigten US-Gefangenenlager darüber in Kenntnis gesetzt werden. Sie wollten damit sicherstellen, dass sie gegen eine möglicherweise geplante Abschiebung nach China Widerspruch einlegen können. Die turkstämmigen muslimischen Uiguren befürchten in der Volksrepublik Verfolgung und Folter.

Die US-Regierung wies daraufhin, dass keiner der bislang 15 aus Guantanamo freigelassenen Uiguren nach China abgeschoben worden sei. Die Ex-Häftlinge wurden von Albanien, den Bermudas und dem pazifischen Inselstaat Palau aufgenommen.

Drei freigelassene Häftlinge sind an diesem Dienstag in Georgien angekommen. Das georgische Innenministerium habe die Ankunft der drei Häftlinge in Tiflis bestätigt, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Philip Crowley. Die US-Regierung sei "dankbar" für Georgiens Beitrag zu ihren Bemühungen, das Gefangenenlager auf Kuba zu schließen. Nach Angaben des Sprechers werden jetzt noch 183 Häftlinge in Guantanamo festgehalten.

Sarkozy will französische Eta-Stützpunkte "ausrotten"

Nach dem Tod eines französischen Polizisten hat Staatschef Nicolas Sarkozy der baskischen Untergrundorganisation Eta den Kampf angesagt. "Eine nach der anderen werden wir alle Basen der Eta in Frankreich ausrotten", sagte Sarkozy bei einer Trauerfeier für den Beamten im Beisein des spanischen Regierungschefs José Luis Zapatero am Dienstag bei Paris. Frankreich werde nicht zulassen, dass sein Staatsgebiet "zur Rückzugsbasis für Terroristen und Mörder wird".

Es sei das erste Mal, dass ein französischer Polizist durch Eta-Angehörige getötet worden sei, sagte Sarkozy in Melun. Frankreich werde seinen Tod "mit äußerster Härte" bestrafen. Sarkozy ernannte den getöteten Beamten bei der Trauerfeier posthum zum Ritter der Ehrenlegion. Der 52 Jahre alte Polizist war vor einer Woche südlich von Paris bei einer Schießerei getötet worden, als er mit Kollegen mehrere Verdächtige kontrollieren wollte. Ein Beteiligter wurde bisher festgenommen, fünf weitere sind noch auf der Flucht.

Israelischer Luftangriff in Gaza

Ein israelisches Flugzeug hat in der Nacht zum Dienstag die Stadt Gaza angegriffen. Zwei Menschen wurden nach Angaben palästinensischer Ärzte schwer verletzt. Ziel sei eine Fabrik zur Herstellung von Waffen gewesen, teilten die Streitkräfte mit, die von einer Vergeltungsaktion für die jüngsten Raketenangriffe aus dem Gazastreifen sprachen. Seit Donnerstag vergangener Woche gingen in Israel zehn Raketen nieder. Dabei wurde ein Landarbeiter aus Thailand getötet. Zu den Angriffen bekannten sich militante Gruppen, die in Opposition zur Hamas-Regierung stehen. Bei der Fahndung nach drei Palästinensern am Grenzübergang Kissufim wurde unterdessen ein israelischer Soldat irrtümlich von den eigenen Truppen erschossen.

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