Politik kompakt:Freispruch für türkische Autorin Selek

Ein angeblicher Bombenanschlag und Foltervorwürfe: Ein Istanbuler Gericht hat die in Deutschland lebende türkische Schriftstellerin Pinar Selek freigesprochen - zum dritten Mal. Kurzmeldungen im Überblick.

Die in Deutschland lebende Türkin Pinar Selek ist von einem türkischen Gericht erneut vom Vorwurf der Beteiligung an einem Anschlag in Istanbul freigesprochen worden. Das Revisionsurteil muss noch von einem höheren Gericht bestätigt werden. Es ist Seleks dritter Freispruch in dem mittlerweile 13 Jahre dauernden Fall.

Politik kompakt: "Wir sind alle Zeugen. Wir warten auf Gerechtigkeit" steht auf ihren Schildern: Unterstützer von Pinar Selek demonstreiren vor dem Istanbuler Gerichtsgebäude.

"Wir sind alle Zeugen. Wir warten auf Gerechtigkeit" steht auf ihren Schildern: Unterstützer von Pinar Selek demonstreiren vor dem Istanbuler Gerichtsgebäude.

(Foto: AFP)

Der 40-Jährigen wurde vorgeworfen, kurdischen Rebellen geholfen zu haben. 1998 kamen bei einer Explosion auf dem historischen Istanbuler Gewürzbasar sieben Menschen ums Leben, mehr als 120 Menschen wurden verletzt. Türkische Behörden sind sich bis heute uneins, ob die Explosion tatsächlich auf eine Bombe oder ein Gasleck zurückzuführen war.

Die Schrifstellerin und Soziologin beharrt darauf, während der zwei Jahre in Polizeigewahrsam gefoltert worden zu sein. Auch ein mitangeklagter Mann sagte aus, Selek nur unter Folter belastet zu haben. Sie durfte zwischenzeitlich die Türkei verlassen und lebt jetzt in Deutschland. Zur Urteilsverkündung war sie nicht in ihre Heimat gereist.

Moskau will den UN-Sicherheitsrat zu einer Reise in den Nahen Osten bewegen, Liberias Ex-Diktator Taylor boykottiert weiter seinen Prozess vor dem Sondertribunal in Den Haag und Thailands Regierungschef hat vorgezogene Wahlen in diesem Frühjahr in Aussicht gestellt: Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.

(dapd)

Nato bietet Friedenstruppen für Nahost an

Die Nato hat Israelis und Palästinensern die Entsendung von Sicherheitskräften angeboten, um einen möglichen zukünftigen Friedensvertrag abzusichern. Das Militärbündnis sei im Fall einer Einigung bereit einzugreifen, falls gegen Übereinkünfte verstoßen werde oder eine der beiden Seiten Hilfe benötige, sagte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen bei einer Sicherheitskonferenz im israelischen Herzlija. Bis dahin werde sich die Nato nicht in den Friedensprozess im Nahen Osten einmischen.

Ein Sprecher des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu bestätigte, das eine engere Zusammenarbeit zwischen Israel und der Nato diskutiert worden sei. Ob das Land auf die von Rasmussen eingebrachten Vorschläge eingehen werde, wollte der Sprecher allerdings nicht sagen.

(dapd)

Mubarak: Deutschland? Nein, danke!

Der ägyptische Präsident Hosni Mubarak will nicht in ein deutsches Krankenhaus kommen. "Wir bedanken uns für das Angebot aus Deutschland, aber der Präsident braucht keine medizinische Behandlung", erklärte Mubaraks Stellvertreter, Vizepräsident Omar Suleiman, in einem Interview. Es war spekuliert worden, Mubaraks Abgang könne durch einen Klinikaufenthalt in Deutschland beschleunigt werden.

Schon zuvor war der ägyptische Machthaber zur medizinischen Behandlung in Deutschland: 2010 hatte er sich unter anderem in Heidelberg einer Operation an der Gallenblase unterzogen. Mehrere deutsche Politiker hatten sich dafür ausgesprochen, den 82-Jährigen in Deutschland aufzunehmen. "Mubarak ist in Deutschland willkommen", sagte der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Philipp Mißfelder, gegenüber sueddeutsche.de. Wenn die Aufnahme Mubaraks zu einer "gesichtswahrenden Lösung" beitrage, "ist das zu unterstützen", argumentierte Mißfelder.

Unterdessen wurde bekannt, dass bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei im Zentrum Ägyptens in den vergangenen zwei Tagen mindestens drei Menschen getötet und mehr als hundert verletzt wurden.

(sueddeutsche.de/dpa/AFP)

Russland: UN-Sicherheitsrat soll in den Nahen Osten reisen

Russland hat den UN-Sicherheitsrat zu einer Reise in den Nahen Osten aufgefordert. Das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen solle damit die Friedensverhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern wiederbeleben, sagte der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin. Der Sicherheitsrat könne zudem in Ägypten, Libanon und Syrien Station machen. Es wäre die erste Nahost-Reise des Gremiums seit mehr als 30 Jahren.

"Wir sind überzeugt, dass der Sicherheitsrat eine Rolle dabei spielen kann, den Nahost-Friedensprozess voranzubringen", sagte Tschurkin. Idealerweise solle die Reise bald stattfinden. Seinen Worten zufolge soll das Gremium sowohl das Westjordanland als auch den Gazastreifen "in irgendeiner Form" besuchen.

Das Westjordanland wird von gemäßigten Palästinensern unter Führung von Präsident Machmud Abbas kontrolliert, der Gazastreifen von der radikal-islamischen Hamas, die seit der gewaltsamen Machtübernahme vor mehreren Jahren international boykottiert wird. Diplomaten zufolge wurde der Vorschlag im Sicherheitsrat mit Skepsis aufgenommen. Die Vertreter der Mitgliedsstaaten nehmen demnach nun Kontakt mit ihren Regierungen auf, bevor weiter über eine mögliche Reise beraten wird. "Eine Reihe von Ratsmitgliedern hat die Frage gestellt, ob ein solcher Trip eher schadet als nützt", sagte ein Diplomat.

(Reuters)

Ex-Diktator Taylor boykottiert erneut Kriegsverbrecher-Prozess

Der als Kriegsverbrecher angeklagte Ex-Präsident Liberias, Charles Taylor, hat erneut die entscheidende Schlussphase seines Prozesses boykottiert. Auch Taylors Verteidiger Courtenay Griffiths weigerte sich am Mittwoch, vor dem Sondertribunal für Sierra Leone in Leidschendam bei Den Haag zu erscheinen und sein Schlussplädoyer zu halten. Das Gericht setzte die Verhandlung bis zum kommenden Freitag aus.

Taylor und sein Anwalt hatten bereits am Vortag den Gerichtssaal aus Protest verlassen, nachdem ihnen nicht gestattet wurde, eine umfangreiche Analyse des Prozessverlaufs als offizielles Dokument einzureichen. Griffith kündigte Berufung gegen diese Entscheidung des Tribunals an. Vor einer Entscheidung darüber werde er das Schlussplädoyer nicht halten.

Taylor selbst hatte am Dienstag noch dem ersten Teil des Schlussplädoyers der Anklage zugehört, den Gerichtssaal jedoch nach der ersten Pause nicht wieder betreten. Als Grund gab er an, krank zu sein. Am Mittwoch ließ er mitteilen, er verzichte auf sein Recht, an der Verhandlung teilzunehmen. Staatsanwältin Brenda Hollis hatte das Tribunal am Dienstag im Beisein Taylors aufgefordert, ihn in allen elf Punkten der Anklage wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig zu sprechen.

(dpa)

Thailands Regierungschef stellt vorgezogene Neuwahlen in Aussicht

Thailands Regierungschef Abhisit Vejjajiva hat vorgezogene Neuwahlen in der ersten Jahreshälfte in Aussicht gestellt, unter der Bedingung, dass es bis dahin keine neue politischen Unruhen gibt. "Meine Regierung wird ihre Amtszeit bis Ende 2011 nicht vollenden, sondern in der ersten Hälfte des Jahres Neuwahlen abhalten, wenn drei Bedingungen erfüllt sind", sagte Abhisit laut einer Erklärung seines Büros auf einem Wirtschaftsforum in Bangkok. Die beiden ersten Bedingungen - eine starke Wirtschaft und eine Änderung der Verfassung - seien erfüllt, die dritte Bedingung sei jedoch, dass es keine neue Gewalt gebe.

Im vergangenen April und Mai war Thailand Schauplatz heftiger Zusammenstöße zwischen der Armee und der oppositionellen Rothemd-Bewegung gewesen, bei denen mehr als 90 Menschen ums Leben kamen. Die Anhänger des ins Exil geflohenen früheren Ministerpräsidenten, Thaksin Shinawatra, forderten die sofortige Abhaltung von Neuwahlen. Am Höhepunkt der Krise erwog Abhisit, die Wahlen auf November 2010 vorzuziehen. Da sich die Demonstranten jedoch weigerten, nachzugeben, gab er die Idee auf.

(AFP)

Korea-Konflikt: Gespräche gescheitert

Die militärischen Gespräche zwischen Nord- und Südkorea sind nach Angaben der Regierung in Seoul ohne greifbares Ergebnis zu Ende gegangen. "Die Verhandlungen sind gescheitert. Die Unterhändler konnten sich nicht einmal auf ein Datum für das nächste Treffen verständigen", sagte ein Vertreter des südkoreanischen Wiedervereinigungsministeriums am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters.

Nach Medienberichten hatte Südkorea den Norden bei den zweitägigen Gesprächen aufgefordert, die Verantwortung für das Versenken eines südkoreanischen Kriegsschiffs im März sowie für den tödlichen Angriff auf eine südkoreanische Insel im November zu übernehmen. Das Verteidigungsministerium in Seoul äußerte sich dazu nicht.

Die Gespräche auf militärischer Ebene waren die ersten Verhandlungen zwischen den beiden verfeindeten Staaten seit mehr als einem Vierteljahr. Die Offiziere sollten eigentlich auch Verhandlungen auf höherer Ebene vorbereiten. Diese sind Bedingung für eine Wiederaufnahme der seit mehr als zwei Jahren auf Eis liegenden Sechs-Parteien-Gespräche über das nordkoreanische Atomprogramm.

(Reuters)

Name des Selbstmordattentäters von Moskau veröffentlicht

Nach dem Anschlag auf den Moskauer Flughafen Ende Januar haben die russischen Behörden den Namen des mutmaßlichen Selbstmordattentäters veröffentlicht und seinen Bruder und seine Schwester festgenommen. Der Anschlag sei von dem 20-jährigen Magomed J. ausgeführt worden, erklärte ein Beamter der Ermittlungsbehörde in Inguschetien. Ein Gericht habe am Dienstag die Festnahme seiner 15 und 16 Jahre alten Geschwister angeordnet. Sie stehen im Verdacht, an der Tat beteiligt gewesen zu sein.

Der tschetschenische Rebellenführer Doku Umarow hatte sich zuvor zu dem Anschlag auf den Flughafen Domodedowo bekannt, bei dem Ende Januar 36 Menschen ums Leben gekommen waren. Einer Website war am späten Montagabend ein Video zugespielt worden, in dem der selbst ernannte "Emir des kaukasischen Emirats" zugibt, den Selbstmordanschlag angeordnet zu haben. Russische Ermittler hatten bislang lediglich erklärt, bei dem Attentäter handele es sich um einen 20-jährigen Mann aus dem Kaukasus.

(dapd)

Verfassungsklage gegen Ungarns Mediengesetz

Mit einer Verfassungsklage will die ungarische Zeitung Nepszabadsag das umstrittene Mediengesetz des Landes zu Fall bringen. Chefredakteur Karoly T. Vörös und der Verband der Angestellten der Zeitung klagen, weil das Gesetz die Grundrechte der Pressefreiheit und der freie Meinungsäußerung in unnötiger und unverhältnismäßiger Weise einschränke. Das berichtete die links-liberale Nepszabadsag, die auflagenstärkste Abonnementzeitung des Landes, am Mittwoch.

Unter anderem beanstanden die Kläger in insgesamt 16 Punkten die Befugnisse der Medienkontrollbehörde und die "unsichere" Definition der Medienerzeugnisse. Zudem könnten die Behörden gegen "Interessenverletzungen" durch redaktionelle Inhalte vorgehen. Das Gesetz ahnde rechtmäßiges Verhalten, dies widerspreche der Verfassung.

Ungarns Mediengesetz war bereits international von Fachverbänden und Bürgerrechtsorganisationen scharf kritisiert worden, weil es als Instrument staatlicher Zensur benutzt werden könne. Die EU-Kommission überprüft derzeit das Gesetz.

(dpa)

Appell an Schröder, Extremismusklausel abzuschaffen

Juden und Muslime in Deutschland haben an Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) appelliert, die Extremismusklausel für Projekte gegen Rassismus zurückzunehmen. So drohte der Generalsekretär des Zentralrates der Juden in Deutschland, Stephan Kramer, seine Organisation denke über eine Verfassungsklage nach, sollte Schröder nicht auf die Klausel verzichten. Nach seinen Angaben hat bisher Berlin eine Klage eingereicht.

Hintergrund der Kritik ist eine Erklärung, die das Familienministerium von Projektträgern gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus verlangt, die staatliche Unterstützung erhalten wollen. Sie müssen sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen und sich darüber hinaus auch verpflichten, ihre potenziellen Partner auf Verfassungstreue zu überprüfen und hierfür im Zweifel beim Bund oder beim Verfassungsschutz anzufragen.

(dpa)

Piraten überfallen Supertanker vor der Küste des Oman

Ein Supertanker unter griechischer Flagge ist vor der Küste des Oman von Piraten gekapert worden. Nach Angaben der griechischen Handelsmarine war der Rohöltanker Irene SL mit 25 Besatzungsmitgliedern an Bord auf dem Weg vom Persischen Golf zum Golf von Mexiko, als sich der Überfall am Mittwoch ereignete. 17 Philippiner, sieben Griechen und ein Georgier befanden sich zum Zeitpunkt des Angriffs etwa 360 Kilometer östlich des Oman an Bord.

Erst am Dienstag war in der Region ein Tanker überfallen worden. Piraten mit Feuerwaffen und Panzerfäusten kaperten die unter italienischer Flagge fahrende Savina Calylyn im Indischen Ozean.

(dapd)

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