Politik kompakt:Moskau: Kirgistan droht der Bürgerkrieg

Kremlchef Medwedjew warnt vor Blutvergießen in Kirgistan. Dort will die neue Führung den gestürzten Präsidenten Bakijew vor Gericht stellen. Kurzmeldungen im Überblick.

Medwedjew warnt vor Bürgerkrieg in Kirgistan

Russlands Präsident Dmitri Medwedjew hat nach dem Sturz des kirgisischen Präsidenten Kurmanbek Bakijew vor einem Bürgerkrieg in dem zentralasiatischen Land gewarnt. "Ich denke, dass Kirgistan an der Schwelle zum Bürgerkrieg steht", sagte Medwedjew am Dienstag (Ortszeit) in einer Rede am renommierten US-Forschungsinstitut Brookings Institution in Washington. Es bestehe das Risiko, dass das Land in zwei Teile zerfalle.

Währenddessen soll sich in der zentralasiatischen Republik der gestürzte Präsident Kurmanbek Bakijew vor Gericht verantworten. In der Hauptstadt Bischkek lehnte Übergangs-Regierungschefin Rosa Otunbajewa Immunität für Bakijew am Mittwoch erneut ab. Bakijew und die von ihm in der Regierung beschäftigten Familienmitglieder sollten sich vor Gericht für das Blutbad vor einer Woche mit mehr als 80 Toten verantworten. Das sagte Otunbajewa nach Angaben der Agentur Interfax. Zuvor hatte Bakijew Sicherheit für sich und seine Familie im Austausch für seinen offiziellen Rücktritt gefordert.

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Blitzbesuch von Guttenberg bei Bundeswehr in Afghanistan

Knapp zwei Wochen nach den schweren Kämpfen von Kundus ist Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg zu einem Truppenbesuch in Nordafghanistan eingetroffen. Im regionalen ISAF-Hauptquartier in Masar-i-Scharif wurde er vom Kommandeur, Brigadegeneral Frank Leidenberger, begrüßt. Die Forderung von SPD-Chef Sigmar Gabriel nach einer Überprüfung des Bundestagsmandats für den Afghanistan-Einsatz wies der Verteidigungsminister zurück. "Das Mandat ist auf die Realitäten entsprechend ausgerichtet", sagte Guttenberg am Mittwoch bei einem Truppenbesuch in Afghanistan. Gabriel hatte in der Frankfurter Rundschau (Dienstag) gesagt, wenn die Bundesregierung den Einsatz für einen "Krieg" halte, müsse sie einen neuen Einsatzbeschluss beantragen.

Anschließend flog der Minister nach Kundus weiter. An den Bundeswehrstandorten in Nordafghanistan will sich Guttenberg bei dem zuvor nicht angekündigten Besuch über die Lage nach dem Angriff der radikalislamischen Taliban auf die Bundeswehr am Karfreitag in Kundus informieren. Dabei will er vor allem feststellen, ob es Defizite bei Ausrüstung, Ausbildung oder Truppenstärke gibt.

Thailands Opposition setzt auf Konfrontation

Die thailändische Protestbewegung lehnt nach den Worten eines ihrer Anführer weitere Gespräche mit der Regierung ab und konzentriert ihre Aktionen jetzt auf einen Standort in Bangkok. Das Geschäftsviertel Rachaprason sei das "letzte Schlachtfeld" der Opposition, sagte Nattawut Saikua am Mittwoch. Mit der Konzentration der Demonstrationen auf einen Ort solle verhindert werden, dass die Sicherheitskräfte die Menge wieder gewaltsam auseinandertrieben.

Die "Rothemden" hatten ihre Proteste bislang auch in der Nähe des Regierungssitzes vorgetragen. Mit ihren Demonstrationen wollen sie vorgezogene Neuwahlen erzwingen. Beim gewaltsamen Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen die Anhänger der Opposition waren am Wochenende mindestens 21 Menschen ums Leben gekommen, darunter auch ein Kameramann der Nachrichtenagentur Reuters.

Obamas Demokraten gewinnen Nachwahl

Die Demokraten von Präsident Barack Obama haben in Florida eine Nachwahl zum US-Repräsentantenhaus gewonnen. Ted Deutch lag nach Auszählung von 59 Prozent der Stimmbezirke mit einem Anteil von 62 Prozent klar vor dem republikanischen Kandidaten Ed Lynch, auf den 36 Prozent entfielen. Der parteilose Bewerber Jim McCormick kam bis dahin auf drei Prozent. Bei der Wahl am Dienstag ging es um die Nachfolge des liberalen demokratischen Abgeordneten Robert Wexler, der sein Mandat niedergelegt hat, um eine andere Aufgabe wahrzunehmen.

Der 44-jährige Deutch gehörte bisher dem Senat des Staates Florida an. Nach seinem Wahlsieg übernimmt er vorläufig bis zur Kongresswahl im November Wexlers Sitz in der Abgeordnetenkammer in Washington ein. Bei einer Nachwahl zum Senat hatten die Demokraten im Januar noch eine bittere Niederlage hinnehmen müsse. Die Partei verlor den nach dem Tod von Senator Edward Kennedy aus Massachusetts freigewordenen Sitz im Oberhaus des Kongresses an einen Republikaner.

Gutachter nennt Demjanjuks SS-Ausweis "authentisch"

Im Prozess gegen den mutmaßlichen NS-Kriegsverbrecher John Demjanjuk hat ein Gutachter das zentrale Beweisstück als "authentisch" bewertet. Der auf Demjanjuks Namen ausgestellte SS-Dienstausweis stimme in einer Fülle von Merkmalen eindeutig mit drei anderen SS-Dienstausweisen überein, die ihm von der Staatsanwaltschaft zum Vergleich vorgelegt worden seien, sagte der Experte des Bayerischen Landeskriminalamts, Anton Dallmayer, am Mittwoch vor dem Landgericht München I. Zugleich konnte Dallmayer allerdings nicht völlig ausschließen, dass Demjanjuks Ausweis und die Vergleichsausweise alle vier womöglich erst zu irgend einem späteren Zeitpunkt hergestellt wurden und damit doch nicht echt sind. Demjanjuk ist wegen Beihilfe zum Mord in 27.900 Fällen angeklagt, weil er im Jahr 1943 im NS-Vernichtungslager Sobibor KZ-Wächter gewesen sein soll. Da es keine Augenzeugen gibt, die ihn eindeutig identifizieren können, sind der Dienstausweis sowie damalige Verlegungslisten der Wärter die für eine mögliche Verurteilung entscheidenden Dokumente.

Demjanjuks Verteidiger Ulrich Busch stellte gegen den Gutachter einen Befangenheitsantrag und wies dessen Gutachten als nicht zutreffend zurück. Er sagte, die Staatsanwaltschaft habe die von den US-Behörden als Beweismittel bereit gestellten Vergleichsausweise "objektiv manipulativ" ausgewählt. So gebe es einen anderen, ebenfalls als authentisch bezeichneten SS-Dienstausweis, der völlig andere Merkmale zeige als die vier verglichenen. Dieser Ausweis sei dem Gutachter aber bewusst von der Staatsanwaltschaft nicht vorgelegt worden.

Bundesregierung plant offenbar getrennte Flüge für Minister

Nach dem tragischen Flugzeugunglück von Smolensk, bei dem neben dem polnischen Präsidentenpaar ein Teil der Führung des Landes ums Leben kam, plant die Bundesregierung offenbar künftig getrennte Flüge von Regierungsmitgliedern. "Das wird bei uns ein Umdenken auslösen", sagte ein Bundesminister laut einem Bericht der Zeitung Kölner Stadt-Anzeiger (Mittwochsausgabe).

Künftig würden bei deutsch-französischen Regierungskonsultationen "wahrscheinlich drei Challenger statt eines Airbus fliegen", sagte er. Bislang säßen auf Reisen zu solchen Treffen alle deutschen Kabinettsmitglieder in einem Flugzeug. Polens Präsident Lech Kaczynski und seine Frau Maria waren am Samstag auf dem Weg zu einer Gedenkfeier nach Katyn zusammen mit Regierungsmitgliedern und anderen Funktionären bei einem Flugzeugabsturz gestorben. Insgesamt kamen 96 Menschen ums Leben.

Terrorwarnung auf der Sinai-Halbinsel: Hunderte Israelis auf der Flucht

Hunderte israelische Touristen haben sich am Mittwoch nach einer eindringlichen Terrorwarnung ihrer Regierung von der Sinai-Halbinsel auf den Rückweg in ihre Heimat gemacht. Die Regierung in Jerusalem hatte alle Israelis am Dienstagabend zum sofortigen Verlassen des Gebiets aufgefordert. Es gebe "konkrete Hinweise" dafür, dass Terroristen die Entführung israelischer Bürger planten, hieß es. Die ägyptische Polizei dementierte die Berichte am Mittwoch.

Ein Polizeisprecher erklärte, am Dienstag hätten sich etwa 650 Israelis auf dem Sinai aufgehalten. Bis Mittwochmorgen hätten 430 das Gebiet verlassen. Mit dem Aufruf, "sofort abzureisen und heimzukehren" versuchte die israelische Regierung, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu erlangen, damit Israelis ihre Verwandten und Bekannten, die dort unterwegs sind, möglichst rasch von der drohenden Gefahr unterrichten.

Ein Angehöriger der ägyptischen Sicherheitskräfte sagte auf Anfrage, eine von Israel am Vortag veröffentlichte Warnung entbehre jeder Grundlage. Es gebe keine aktuelle Gefahr für Touristen auf der Sinai-Halbinsel und auch keine speziellen Risiken für Israelis.

Denkmal für Hitler-Attentäter Elser

Im baden-württembergischen Königsbronn erinnert seit Sonntag ein Denkmal an den Hitler-Attentäter Georg Elser. Er hatte am 8. November 1939 im Münchener Bürgerbräukeller einen Bombenanschlag auf den Nazi-Diktator verübt. Adolf Hitler blieb jedoch unversehrt. Elser stammt aus Königsbronn und wurde auf Befehl Hitlers kurz vor Kriegsende im Konzentrationslager Dachau ermordet.

Das Denkmal wurde am Bahnhof enthüllt, weil Elser vor dort aus nach München aufgebrochen war. Die 2,20 Meter hohe Statue aus rostigem Stahl zeigt einen Mann mit Mantel, Hut und einer Tasche mit doppeltem Boden. Das Gesicht hat der Sontheimer Künstler Friedrich Frankowitsch nur als Silhouette gestaltet. Elser sei nach einem jahrelangen Kampf um die Anerkennung seiner Tat endlich in der Geschichte des Deutschen Widerstands angekommen, teilte der Georg-Elser-Arbeitskreis Heidenheim mit. Der Arbeitskreis und der ihm angeschlossene Denkmal-Förderverein hatten das Mahnmal in Auftrag gegeben. Finanziert wurde es mit Spenden. Am Ort von Elsers Festnahme in seinem Fluchtort Konstanz erinnert seit vergangenem November eine Büste an Elser. Auch Berlin plant ein Denkmal für den Widerstandskämpfer.

Rückführungsabkommen mit dem Kosovo unterzeichnet

Tausenden Flüchtlingen aus dem Kosovo droht die Abschiebung aus Deutschland. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und sein kosovarischer Amtskollege Bajram Rexhepi unterzeichneten am Mittwoch in Berlin ein entsprechendes Rückführungsabkommen. Nach Angaben des Innenministeriums sind davon etwa 14 000 Menschen betroffen, die in Deutschland leben, aber eigentlich ausreisepflichtig sind. De Maizière sprach von einer "schrittweisen Rückführung" der Kosovaren. "Deutschland plant keine Massenabschiebungen", betonte der Minister. In den vergangenen Monaten hatte es immer wieder Forderungen nach einem Abschiebestopp ins Kosovo gegeben. Nach Einschätzung von Flüchtlingsorganisationen und Kirchenvertretern handelt es sich bei einem Großteil der Betroffenen um Roma. Diese ethnische Minderheit müsse im Kosovo mit Verfolgung und Diskriminierung rechnen. De Maizière verwies hingegen auf ein Rückkehrerprojekt, das die Wiedereingliederung der Flüchtlinge erleichtern soll.

Klage gegen US-Atombomben in Deutschland

Mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin wollen Atomwaffengegner den Abzug der letzten US-Atombomben aus Deutschland erzwingen. Die Klage wurde am Mittwoch von einer Apothekerin eingereicht, die in der Nähe des Luftwaffen-Stützpunktes Büchel (Rheinland-Pfalz) wohnt. Vermutet wird, dass in Büchel noch bis zu 20 Atombomben gelagert werden, die aus Zeiten des Kalten Krieges stammen. Anderswo gibt es in Deutschland keine Atomwaffen mehr. Unterstützt wird die Klägerin von der deutschen Sektion der Internationalen Vereinigung von Juristen gegen Atomwaffen (IALANA). Die Klage richtet sich gegen die schwarz-gelbe Bundesregierung, die sich in ihrem Koalitionsvertrag den Abzug der Atomwaffen zum Ziel gesetzt hat. Begründet wird sie damit, dass die sogenannte nukleare Teilhabe Deutschlands innerhalb der NATO gegen das "Friedensgebot" des Grundgesetzes verstoße. Die Apothekerin Elke Koller stützt sich dabei auf Artikel 25, wonach die allgemeinen Regeln des Völkerrechts Bestandteil des deutschen Rechtes sind.

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