Politik kompakt:Laufzeitverlängerung: Karlsruhe hat das letzte Wort

Mit Hilfe des Bundesverfassungsgerichts will die Opposition die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke kippen: SPD-regierte Länder haben Klage eingereicht. Meldungen im Überblick.

Greenpeace hat bereits Klage eingereicht, jetzt ziehen SPD, Grüne und Linke nach: Die fünf von SPD, Grünen und Linkspartei regierten Bundesländer haben an diesem Montagmorgen eine Verfassungsklage gegen die von Union und FDP durchgesetzte Verlängerung der Laufzeiten deutscher Atomkraftwerke eingereicht. Das teilten die beteiligten Landesumweltminister in Berlin mit.

Atomkraftwerk Grafenrheinfeld

Kühltürme des Atomkraftwerks Grafenrheinfeld in Unterfranken: Die fünf von SPD, Grünen und Linkspartei regierten Bundesländer haben Verfassungsklage gegen Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken eingereicht.

(Foto: dpa)

Die Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen kündigten an, sie würden in den nächsten Tagen eine weitere, eigene Verfassungsklage einreichen. Damit hat das Verfassungsgericht in Karlsruhe das letzte Wort im Streit um die Laufzeitverlängerung. "Die Entscheidung, die Laufzeiten der Atomkraftwerke zu verlängern, wird keinen Bestand haben", sagte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier in Berlin. Die Gesetzesänderungen seien "zweifellos verfassungswidrig", sagte auch Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin.

Die Länder argumentieren, wegen damit verbundener Mehrbelastungen für die Atomaufsicht der Länder wäre für die Gesetzesänderung die Zustimmung des Bundesrats erforderlich gewesen. "Der Bund greift hier erheblich in Länderkompetenzen ein", sagte der Bremer Umweltsenator Reinhard Loske (Grüne). Von einer "qualitativen, wesentlichen Umgestaltung des Atomgesetzes" sprach auch Berlins Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke).

Die Klage der Bundestagsabgeordneten von SPD und Grünen wendet sich neben der Umgehung des Bundesrats auch gegen die Missachtung von Sicherheitsbedürfnissen der Bevölkerung durch die längeren Akw-Laufzeiten. Union und FDP wollen ältere Akw mindestens acht Jahre länger laufen lassen, die übrigen Anlagen sogar zusätzliche 14 Jahre. Die Umweltorganisation Greenpeace hatte bereits wegen Sicherheitsbedenken Verfassungsbeschwerde erhoben.

(AFP)

Piraten entführen die Besatzung eines Segelboots, für den angeschlagenen italienischen Premier Berlusconi beginnt der Gerichtsmarathon und die Festnahmen und Angriffe auf Journalisten in Peking lösen international Empörung aus: Lesen Sie weitere Kurzmeldungen auf den folgenden Seiten.

Piraten entführen Segelboot

Piraten haben vor der ostafrikanischen Küste einen griechischen Frachter sowie ein dänisches Segelboot mit vier Erwachsenen und drei Kindern an Bord entführt. Das teilte das dänische Außenministerium am Montag in Kopenhagen mit. Von dem Boot sei am vergangenen Donnerstag ein Notsignal gesendet worden. "Jetzt ist bestätigt, dass das Segelboot von Piraten entführt wurde", hieß es in einer Erklärung des Ministeriums. An Bord seien ein Ehepaar und seine drei Kinder im Alter von zwölf bis 16 Jahren und zwei weitere Erwachsene. Alle seien dänische Staatsbürger.

In der Regel greifen somalische Piraten vor der ostafrikanischen Küste Handelsschiffe an. Die dänische Außenministerin Lene Espersen sagte, sie sei über die Lage sehr besorgt.

Am Montag kaperten somalische Piraten nach Angaben der EU-Marinemission Atalanta einen griechischen Frachter mit 23 Besatzungsmitgliedern. Die MV Dover sei 420 Kilometer nordöstlich der omanischen Hafenstadt Salalah entführt worden. Das Schiff war auf dem Weg von Jemen nach Pakistan. Über das Schicksal der Besatzung war zunächst nichts bekannt.

(dpa/AP)

Gerichtsmarathon für Berlusconi beginnt

Nach gut einjähriger Unterbrechung ist der Steuerhinterziehungsprozess gegen den italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi fortgesetzt worden. In dem Verfahren in Mailand geht es um ein Geschäft seiner Firma Mediaset mit Fernsehrechten, bei denen sich der konservative Regierungschef der Veruntreuung und des Betrugs schuldig gemacht haben soll. Der 74-Jährige, der alle Vorwürfe bestreitet, war zu dem Gerichtstermin nicht persönlich erschienen. Dazu ist er nach italienischem Recht auch nicht verpflichtet.

Das Mailänder Verfahren war im vorigen Jahr ausgesetzt worden, weil sich Berlusconi per Gesetz Immunität vor Strafverfolgung gesichert hatte. Das Verfassungsgericht kassierte die Regelung im Januar. Mit der Wiederaufnahme des Verfahrens beginnt für Berlusconi ein regelrechter Gerichtsmarathon: Zwei ähnlich gelagerte Prozesse sind für Anfang März geplant. Im April schließlich soll sich Berlusconi unter dem Vorwurf vor Gericht verantworten, Sex mit einer minderjährigen Prostituierten gehabt zu haben. Im Fall der jungen Frau wird der Ministerpräsident auch des Amtsmissbrauchs beschuldigt.

(Reuters)

USA und EU kritisieren China scharf

Die Festnahmen und Angriffe auf Journalisten in Peking haben international Empörung ausgelöst. Die USA und die Europäische Union verurteilten am Montag das Vorgehen der chinesischen Sicherheitsorgane scharf. "Diese Art von Schikane und Einschüchterung ist inakzeptabel und höchst beunruhigend", sagte der amerikanische Botschafter in Peking, Jon Huntsman.

Der US-Botschafter und europäische Diplomaten hatten zuvor jeweils mehrere ausländische Korrespondenten getroffen, die am Sonntag bei ihrer Berichterstattung über geplante Proteste in der chinesischen Hauptstadt von Sicherheitskräften vorübergehend festgenommen, geschlagen oder anderweitig behindert worden waren. In den meisten Fällen waren Kameras und Videorekorder konfisziert oder Filmmaterial gelöscht worden. Der US-Botschafter und die EU-Delegation forderten Chinas Regierung auf, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen und die Rechte der ausländischen Journalisten zu achten. In der EU-Erklärung war von "körperlicher Gewalt, Einschüchterung und Festnahmen ohne Erklärung" die Rede.

(Reuters)

Afghanistan: Mehrere Nato-Soldaten sterben bei Angriffen

Bei Angriffen in Afghanistan sind am Montag mindestens vier Soldaten der Internationalen Schutztruppe Isaf ums Leben gekommen. In der westlichen Provinz Herat starb ein italienischer Soldat bei einem Bombenanschlag, wie informierte Kreise in Rom mitteilten. Vier weitere seien verletzt worden. Die Angehörigen eines alpinen Regiments waren mit ihrem gepanzerten Fahrzeug während einer Patrouille über einen Sprengsatz gefahren. Italien beteiligt sich mit etwa 2800 Soldaten an der Isaf-Mission. Seit Beginn des Einsatzes kamen 37 italienische Soldaten ums Leben.

Wie die Nato-geführte Isaf in Kabul mitteilte, wurden zwei weitere Nato-Soldaten im Osten des Landes bei der Explosion eines Sprengsatzes und bei einem Taliban-Angriff getötet. Der vierte Soldat starb den Angaben zufolge bei einem Bombenanschlag in Südafghanistan. Zur Identität der Toten äußerte sich die Isaf wie üblich nicht. Erst am Sonntag waren in Afghanistan zwei Nato-Soldaten getötet worden. Nach Informationen des Internetdienstes icasualties.org verloren seit Jahresbeginn bereits mindestens 61 ausländische Soldaten ihr Leben. 2010 war mit 711 Todesopfer das bislang verlustreichste Jahr für die internationalen Truppen in Afghanistan.

(dpa)

Israelischer Kampfjet greift Gazastreifen an

Bei einem israelischen Luftangriff im Gazastreifen ist ein Palästinenser getötet worden, ein zweiter wurde schwer verletzt. Das teilten Ärzte und die im Gazastreifen herrschende Hamas mit. Augenzeugenberichten zufolge galt der Angriff mutmaßlichen Angehörigen einer militanten Gruppe, auf die ein israelischer Kampfjet eine Rakete abfeuerte. Die Organisation schießt nach Angaben der israelischen Armee immer wieder Raketen auf israelische Städte nach der Grenze. In den vergangen Tagen hatte Israel deswegen wiederholt Ziele im Gazastreifen angegriffen.

(dpa)

Parlamentswahl im Tschad: Partei des Präsidenten siegt

Die Partei des tschadischen Präsidenten Idriss Deby Itno sowie ihre Verbündeten haben die vor zwei Wochen abgehaltene Parlamentswahl nach vorläufigen Ergebnissen deutlich gewonnen. Die Patriotische Bewegung des Heils (MPS) und ihre Verbündeten hätten bei dem Urnengang am 13. Februar 133 der 188 Parlamentssitze errungen, teilte die nationale Wahlkommission (Céni) mit. Über die Gültigkeit der Ergebnisse müsse noch der Verfassungsrat entscheiden, fügte der Céni-Präsident Yaya Mahamat Liguita hinzu. Das Wahlrecht im Tschad macht es schwer, die genaue Stimmenverteilung zwischen der MPS und ihren Verbündeten zu erfassen. Beobachtern zufolge erhielt die Regierungspartei etwa 100 Sitze.

Es waren die ersten nationalen Wahlen im Tschad seit 2002, die nicht von der Opposition boykottiert wurden. Als größte Oppositionskraft ging den Angaben zufolge die Nationale Union für Demokratie und Erneuerung (UNDR) von Saleh Kebzabo mit elf Mandaten hervor. Die MPS regiert im Tschad seit 1990, am 3. April soll die erste Runde der Präsidentschaftswahlen in dem zentralafrikanischen Land abgehalten werden. 2007 hatten sich Opposition und Regierung auf einen Fahrplan geeinigt, der das zentralafrikanische Land auf den Weg zu mehr Demokratie sowie freien und transparenten Wahlen bringen soll.

(AFP)

Vietnamesischer Dissident nach Aufruf zu Aufstand festgenommen

Einer der bekanntesten Dissidenten in Vietnam ist erneut wegen angeblicher Propaganda gegen die kommunistische Regierung festgenommen worden. Der Arzt Nguyen Dan Que (69) hat wegen seiner Aufrufe zur Demokratie bereits 20 Jahren hinter Gittern verbracht. Er wurde am Samstag in Ho-Chi-Minh-Stadt verhaftet, berichtete die Staatspresse am Montag. Que soll unter anderem Flugblätter verteilt und die Vietnamesen zu einem Aufstand nach dem Muster Nordafrika und des Nahen Ostens aufgerufen haben.

Die vietnamesische Behörden haben die Überwachung von Dissidenten seit Beginn der Unruhen und Aufstände gegen dortige Regime verschärft, berichten Beobachter. Die kommunistische Partei duldet keinen Widerspruch zu ihrer Vormachtstellung. Die hohe Inflation sorgt für wachsende Unzufriedenheit im Volk. Die Preise lagen im Februar zwölf Prozent höher als vor einem Jahr.

Die Polizei habe auf Ques Computer nach dem Hinweis eines Informanten 60.000 regierungsfeindliche Dokumente gefunden, berichtete die Staatspresse. Que habe zugegeben, dass er zu Streiks aufrufen wollte, um die Regierung zu stürzen, berichtete die Zeitung Vietnam News. Que kritisiert seit Jahrzehnten das Einparteiensystem in Vietnam und setzt sich für Meinungs- und Religionsfreiheit ein. Er war zuletzt 2005 aus dem Gefängnis entlassen worden. Am vergangenen Wochenende erschien in der Washington Post ein Artikel von ihm. Darin griff er die vietnamesische Regierung an und verlangte Freiheit und Demokratie für sein Land.

(dpa)

USA und Südkorea beginnen jährliches Großmanöver

Die Streitkräfte der USA und Südkoreas haben ihr regelmäßig von Nordkorea kritisiertes jährliches Großmanöver begonnen. Die Militärübungen "demonstrieren unsere gegenseitige Verpflichtung, die Republik Korea (Südkorea) zu verteidigen", teilte das gemeinsame Truppenkommando (CFC) in Seoul mit. Das kommunistische Nordkorea hatte die Übungen wie üblich als Vorbereitungen zu einem Angriff kritisiert und mit einem "umfassenden Krieg" gedroht, sollte es sich provoziert fühlen.

Bei dem elftägigen Manöver in Südkorea handelt es sich um eine Kombination der Übung "Key Resolve" zur Kommandoschulung und des Feldmanövers "Foal Eagle". Der Zeitraum für die Feldübungen soll den Angaben des CFC zufolge bis zum 30. April ausgedehnt werden. An den Übungen sollen etwa 13.000 US-Soldaten und 200 000 südkoreanische Soldaten teilnehmen.

"Falls die Aggressoren Provokationen für einen "lokalen Krieg" starten, wird die Welt Zeuge einer uneingeschränkten Gegenreaktion ohne Beispiel auf Seiten der Armee und der Bevölkerung der Volksrepublik (Nordkorea) sein", hatte es am Sonntag in einer Erklärung des nordkoreanischen Militärs geheißen.

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