Politik kompakt:Lafontaine verteidigt Schäuble

Überraschende Rückendeckung: Linken-Chef Oskar Lafontaine verwahrt sich gegen Kritik am gesundheitlich angeschlagenen CDU-Politiker Schäuble. Kurzmeldungen im Überblick.

Der scheidende Linken-Chef Oskar Lafontaine hat den erkrankten Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gegen Kritik in Schutz genommen. "Mich empört es, wie derzeit versucht wird, ihn wegen seiner Erkrankung in Frage zu stellen", sagte Lafontaine der Tageszeitung Die Welt. "Trotz seiner Behinderung ist er vielen seiner Kritiker deutlich überlegen. Er wird selbst erkennen, wenn seine Gesundheit die Weiterführung des Amtes nicht mehr zulässt", sagte Lafontaine, der von 1998 bis 1999 selbst Finanzminister war.

Oskar Lafontaine, ddp

Der an Krebs erkrankte Oskar Lafontaine (Die Linke) verwahrt sich gegen Kritik an dem ebenfalls gesundheitlich angeschlagenen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).

(Foto: Foto: ddp)

Lafontaine selbst hatte im Januar erklärt, beim Linke-Parteitag am kommenden Wochenende wegen seiner Krebserkrankung nicht mehr für das Amt des Parteivorsitzenden kandidieren zu wollen.

Der 67-jährige Schäuble musste am Sonntag in eine Brüsseler Klinik, nachdem er ein Arzneimittel nicht vertragen haben soll. Anschließend kehrte er nach Deutschland zurück. Weil er entgegen den Erwartungen am Dienstag nicht an der Sondersitzung des Kabinetts zum Euro-Rettungspaket teilnahm, war erneut über seinen Rücktritt spekuliert worden. Am Montag will er nach Angaben seines Sprechers seine Arbeit jedoch wieder im vollem Umfang aufnehmen.

Eine US-Diözese zahlt mehr als 20 Millionen Dollar an Missbrauchsopfer, die FDP in Baden-Württemberg greift Kanzlerin Merkel scharf an und die neue britische Regierung kürzt sich selbst das Gehalt: Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.

US-Diözese zahlt Millionen an Missbrauchsopfer

Eine katholische Diözese in den USA zahlt Missbrauchsopfern pädophiler Priester insgesamt mehr als 20 Millionen Dollar (16 Millionen Euro). Wie der Bischof von Burlington im Bundesstaat Vermont, Salvatore Matano, mitteilte, sollen 26 Betroffene 17,65 Millionen Dollar erhalten. Zudem habe sich die Kirche mit den Klägern in drei Berufungsprozessen auf nicht genannte Entschädigungssummen geeinigt. Der Rechtsvertreter vieler Missbrauchsopfer, Jerry O'Neill, sagte, die Gesamtsumme belaufe sich auf mehr als 20 Millionen Dollar.

Eine Häufung von Missbrauchsskandalen hatte die US-Kirche vor knapp zehn Jahren in ihre tiefste Krise geführt. Seit den 60er Jahren waren einer Untersuchung zufolge 14.000 Menschen von bis zu 5000 Priestern missbraucht worden. Die Kirche verschärfte als Reaktion ihr internes Vorgehen gegen pädophile Priester, die sie lange durch Vertuschung geschützt hatte. Millionenschwere Entschädigungen führten in der Folge ganze Diözesen in den Bankrott.

Südwest-FDP startet Frontalangriff auf Merkel

In der schwarz-gelben Koalition in Baden-Württemberg gibt es nach der Wahlpleite in Nordrhein-Westfalen großen Unmut über Kanzlerin Angela Merkel (CDU). FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke wirft Merkel einen "dramatischen Mangel an politischer Führung" vor. Die CDU-Chefin habe die Niederlage und den Verlust der Bundesratsmehrheit billigend in Kauf genommen. "Es wäre an Frau Merkel gewesen, die wesentlichen Inhalte des Koalitionsvertrags auf den Weg zu bringen." Stattdessen habe sie Reformen bei Steuern und Gesundheit verschleppt und sei ihrem Motto "Nirgendwo anecken" treugeblieben. "Für eine solche Strategie ist es durchaus praktisch, wenn man keine Mehrheit im Bundesrat hat", sagte der FDP-Politiker.

Bleibe es bei Merkels Führungsschwäche, drohten auch der schwarz-gelben Koalition im Südwesten bei der Landtagswahl am 27. März 2011 massive Einbußen, warnte der FDP-Politiker, der ein enger Vertrauter von Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) ist. Rülke forderte Merkel auf, endlich Reformen anzugehen. "Ich hoffe, dass Frau Merkel erkennt, dass sie ihrer Kanzlerschaft inhaltliche Themen geben muss und dass es nicht reicht, zu sagen: Wie schön, dass ich Bundeskanzlerin bin, verändern will ich eigentlich nichts." Nach Meinung des 48-jährigen Fraktionschef hat aber auch die FDP-Spitze um Parteichef Guido Westerwelle zum schwachen Start der Regierung beigetragen.

Neue britische Regierung kürzt sich selbst das Gehalt

Im Kampf gegen das Rekorddefizit setzt die neue britische Koalitionsregierung Akzente: Als erste Sparmaßnahme beschloss das Kabinett unter dem konservativen Premierminister David Cameron die Kürzung der eigenen Gehälter um fünf Prozent. "Wir sind uns alle des Ernsts der Lage bewusst", sagte Kultusminister Jeremy Hunt nach der einstündigen Sitzung. "Wenn wir es nicht schaffen, ein zuverlässiges Programm zur Senkung der Schulden aufzulegen, verspielen wir unsere Glaubwürdigkeit beim Markt und beim Volk."

Cameron und sein Vize Nick Clegg von den Liberal-Demokraten nahmen gleich nach der Übernahme der Regierungsgeschäfte das massive Haushaltsdefizit ins Visier und stellten es in den Mittelpunkt der ersten Kabinettssitzung. Sie wollen das Haushaltsloch von umgerechnet knapp 192 Milliarden Euro durch einen Sparkurs stopfen - einen ersten Beitrag soll dabei die Kürzung der Ministergehälter leisten.

Premierminister Cameron erhält unter den neuen Beschlüssen noch 167.000 Euro im Jahr, die meisten seiner Minister für britische Verhältnisse immer noch großzügige 158.000 Euro. Zudem sollen die Gehälter für die Legislaturperiode von fünf Jahren eingefroren werden. Das bringt Einsparungen von 3,5 Milliarden Euro.

ARD-Umfrage: Schwarz-Gelb fällt auf 39 Prozent

Nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen ist die schwarz-gelbe Koalition auch im Bund in der Wählergunst stark abgesackt. Union und FDP kommen im ARD-DeutschlandTREND für das Morgenmagazin zusammen nur noch auf 39 Prozent, während das Oppositionslager von SPD, Grünen und Linken auf 56 Prozent zulegt.

Nach Verabschiedung des Milliarden-Pakets für Griechenlands und des Regierungsbeschlusses für einen Euro-Rettungsschirm fiel die Union um zwei Punkte auf 32 Prozent. Die FDP verliert in der am Freitag veröffentlichten Infratest-dimap-Umfrage einen Punkt und landet bei sieben Prozent. Für die CDU/CSU ist es in dieser Umfrage der schlechteste Wert seit März 2009, für die FDP gar seit Oktober 2007.

Die SPD kann im Vergleich zum DeutschlandTREND vom 29. April um zwei Punkte auf 28 Prozent zulegen. 17 Prozent würden sich für die Grünen entscheiden, wenn kommenden Sonntag Bundestagswahl wäre (plus 1). Dies ist der höchste je in dieser Umfrage gemessene Wert für die Partei. Die Linke verbessert sich auf 11 Prozent (plus 1), sonstige Parteien erhalten 5 Prozent.

Für den DeutschlandTREND wurden am 10. und 11. Mai 1000 Bundesbürger befragt.

Libyer wegen Agenten-Verdachts festgenommen

Wegen des Verdachts der Agententätigkeit hat die Bundesanwaltschaft zwei libysche Staatsbürger in Berlin festnehmen lassen. Die 42 und 46 Jahre alten Männer seien dringend verdächtig, libysche Oppositionelle in Deutschland ausspioniert zu haben. Die Beschuldigten wurden nach Angaben der Bundesanwaltschaft am Freitag dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt. Dieser habe Haftbefehle erlassen und Untersuchungshaft angeordnet. Der jüngere der beiden Männer soll spätestens seit August 2007 als Führungsoffizier des libyschen Geheimdienstes europaweit, vor allem aber in Deutschland Informationen über die im Exil tätigen Oppositionskreise beschafft haben; der zweite Beschuldigte soll ihn dabei unterstützt haben. Ziel ihrer Tätigkeit soll es gewesen sein, die im Exil aktiven Oppositionsbewegungen bis hin zu ihrer Zerschlagung zu schwächen. Mit den weiteren Ermittlungen ist das Bundeskriminalamt beauftragt.

Klage trotz Entschädigung für Kundus-Opfer

Trotz des Beginns der Entschädigungen für die verheerenden Luftanschläge von Kundus wollen die Anwälte einiger Opfer klagen. "Wir werden Klage einreichen", sagte der Bremer Jurist Bernhard Docke. Der von der Bundesregierung angekündigte Betrag von 400.000 Euro sei viel zu niedrig. "Unsere Mandanten werden das nicht akzeptieren." Docke vertritt gemeinsam mit dem Anwalt Karim Popal eigenen Angaben zufolge 80 Angehörige von Opfern des Bombardements, bei dem am 4. September 2009 bis zu 142 Menschen getötet oder verletzt worden waren.

Köhler: Verfassungsgericht kein Ersatz für Politik

Bundespräsident Horst Köhler hat die Politik aufgefordert, wichtige Entscheidungen nicht so häufig dem Bundesverfassungsgericht zu überlassen. Vielmehr müsse der Gesetzgeber stärker seine Spielräume nutzen, um Beschlüsse zu fassen. "Das Bundesverfassungsgericht ist nicht gedacht als Ersatz für Politik", sagte Köhler am Freitag in Karlsruhe beim Festakt für den neuen Gerichtspräsidenten Andreas Voßkuhle. Die Verfassungsrichter könnten den Bürgern und ihren Repräsentanten die Aufgabe nicht abnehmen, selber politisch zu denken, zu streiten, zu entscheiden und zu handeln.

Es sei auffällig, dass politische Auseinandersetzungen immer seltener ausdiskutiert würden. "Wer etwas erreichen will, deklariert das Gewünschte als Verfassungsgebot", sagte das Staatsoberhaupt. Und wer es nicht bekomme, rufe das Bundesverfassungsgericht an. "Damit wird jedes Mal ein wenig Terrain zur selbstständigen Gestaltung aufgegeben, geht jedes Mal ein wenig Raum für ergebnisoffenen politischen Streit und Kompromiss verloren." Auf diese Weise werde das Politische allmählich verrechtlicht und das Rechtliche politisiert.

Neue Urananreicherungsanlagen im Iran aufgestellt

Iran hat neue Anlagen zur Urananreicherung aufgestellt. Wie am Freitag aus diplomatischen Kreisen in Wien verlautete, sollen die neuen Zentrifugen eine Anlage ergänzen, die bereits seit Februar auf 20 Prozent angereichertes Uran herstellt.

Obwohl Teheran bisher stets beteuerte, nur an der friedlichen Nutzung von Atomenergie interessiert zu sein, könnten die Anlagen auch zur Produktion von waffenfähigem Spaltmaterial benutzt werden. Noch vor Ende des Monats wollen die USA einen neuen Resolutionsentwurf für schärfere Sanktionen gegen den Iran in den UN-Sicherheitsrat einbringen.

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