Politik kompakt:Karsai ruft Taliban zu Frieden auf

"Meine Brüder, meine Tür steht euch offen": Afghanistans Präsident Karsai gibt sich Aufständischen gegenüber gesprächsbereit. Kurzmeldungen im Überblick.

Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat die aufständischen Taliban am Bundeswehr-Standort Kundus zu einem Ende der Gewalt aufgerufen. "Meine Brüder, kommt zu mir, wenn Ihr Probleme habt oder Probleme bei uns seht, meine Tür steht Euch offen", sagte Karsai bei einem Treffen mit Stammesältesten. "Wenn Ihr irgendwelche Forderungen habt, kommt und sagt sie mir. Hört damit auf, Eure Brüder zu töten und Euer Land zu zerstören." Der Gouverneur der Provinz Kundus, Mohammad Omar, warnte bei dem Treffen mit Karsai und den Stammesältesten vor einer weiteren Verschlechterung der Sicherheitslage und forderte eine Militäroperation. "Die Situation wird sich nicht nur hier verschlechtern, sondern auch andere Provinzen in der Region destabilisieren", sagte Omar. Er verwies auf Einsatzbeschränkungen der Deutschen und forderte andere Nato-Staaten dazu auf, Truppen nach Kundus zu schicken. Im Januar hatte Omar den Einsatz der Bundeswehr in Kundus als "wirkungslos" kritisiert und mehr US-Soldaten für die Provinz gefordert. Karsai wurde vom Kommandeur der Internationalen Schutztruppe Isaf, US-General Stanley McChrystal, begleitet. Nach den Beobachtungen von Geheimdienstler in Kabul laufen schon seit längerem streng abgeschirmte Verhandlungen Karsais mit Vertretern der unterschiedlichen Gruppierungen der Taliban und Warlords sowie Stammesführer. Karsai verfolge die Absicht, alle Afghanen in einen Versöhnungsprozess einzubinden. Er wolle Ende April eine Große Ratsversammlung, eine "Jirga", einberufen, zu der sogar der abtrünnige, aber einflussreiche Warlord Gulbuddin Hekmatyar eingeladen werden soll. Er gilt als der brutalste Kriegsherr Afghanistans.

Angriff auf Bundeswehr-Feldlager in Kundus

Vor dem Besuch des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai in Kundus ist das Bundeswehr-Feldlager dort mit Raketen angegriffen worden. Das Einsatzführungskommando teilte mit, vier Raketen seien am Sonntagmorgen weit außerhalb des Lagers eingeschlagen. Verletzt wurde niemand. Laut Bundeswehr wollte der afghanische Präsident Hamid Karsai und der Kommandeur der Isaf-Truppen, General Stanley McChrystal am Sonntag das Lager besuchen. Das Einsatzführungskommando vermutete einen Zusammenhang zwischen den Angriffen und dem Besuch. Der ursprünglich geplante Besuch fand nicht statt, sagte eine Bundeswehr-Sprecher. Gründe nannte er nicht. Bereits am Freitag war das Feldlager mit Raketen oder Granaten beschossen worden, auch dabei wurde nach Angaben der Bundeswehr niemand verletzt. Zu dem Zeitpunkt wurde bei einer Trauerfeier im niedersächsischen Selsingen der drei deutschen Soldaten gedacht, die an Karfreitag bei Gefechten nahe Kundus getötet worden waren.

Überlebende erinnern an Befreiung des KZ Buchenwald

Mit einer Gedenkfeier haben Politiker und Überlebende der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald vor 65 Jahren gedacht. Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) sagte in ihrer Rede auf dem ehemaligen Appellplatz, die Erinnerung an die Verbrechen der Nazis und "an all das unsagbar Schreckliche für alle Zeiten wach zu halten", sei eine gemeinsame und bleibende Aufgabe von Gesellschaft und Politik. Das Gedenken an Buchenwald müsse von Generation zu Generation wie eine Stafette weitergetragen werden. "Wir und unsere Nachfahren haben die moralische Pflicht, das Vermächtnis des Buchenwald-Schwurs von 1945 einzulösen: eine neue Welt des Friedens und der Freiheit aufzubauen." An der Gedenkfeier nahm auch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), der Schriftsteller und ehemalige Buchenwald-Häftling Jorge Semprun sowie weitere Überlebende teil. Mit einer Kranzniederlegung wurde auf dem ehemaligen Appellplatz der rund 56.000 Menschen gedacht, die im Lager starben. Nur 21.000 Häftlinge hatten am 11. April 1945 ihre Befreiung erlebt. Zu den Geretteten gehörten seinerzeit auch Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel und der Autor und Kameramann Stefan Jerzy Zweig.

Rüttgers sieht keinen Spielraum für Steuersenkungen

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) sieht vorerst keine Chance auf eine Steuerentlastung. Bei der Steuerschätzung im Mai werde allen klar werden, "dass man nur dann Steuern senken kann, wenn man auch das Geld dafür hat", sagte Rüttgers der Bild am Sonntag. Die schwarz-gelbe Koalition müsse vor möglichen Steuersenkungen ein gemeinsames politisches Konzept umreißen, in dem es zunächst um Haushaltskonsolidierung, dann um Investitionen in Wachstum gehen müsse. Er werde nach der Landtagswahl keiner Steuersenkung zustimmen, "die dazu führt, dass in unseren Städten und Gemeinden Schwimmbäder geschlossen werden müssen oder Kindergärten nicht weiter ausgebaut werden", sagte Rüttgers. Der ehemalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) forderte indes von der Bundesregierung mehr Ehrlichkeit angesichts des deutschen Haushaltdefizits. "Ich würde den Leuten klipp und klar sagen, Steuererleichterungen gibt es nicht", sagt Steinbrück in der ARD-Talksendung Beckmann. Die Regierung dürfe angesichts der anhaltenden Finanzkrise keine falschen Hoffnungen bei den Bürgern mehr wecken. Die "Stunde der Wahrheit" werde kommen, wenn sein Amtsnachfolger Wolfgang Schäuble (CDU) Ende Juni einen Haushaltplan und eine mittelfristige Finanzplanung vorlegen müsse.

Iran verkündet gegen Israel gerichtetes Raketenprogramm

Iran hat ein neues, gegen Israel gerichtetes Programm zum Bau von Mittelstreckenraketen zur Luftabwehr angekündigt. Die Rakete mit dem Namen Mersad, zu Deutsch "Hinterhalt", ziele auf Kampfflieger, die in niedrigen und mittleren Höhen fliegen, erklärte Verteidigungsminister Ahmad Wahidi bei der Einweihung einer Anlage, in der die neue Waffe gebaut werden soll. Erst im März hatte die Regierung in Teheran den Bau neuer Seezielflugkörper verkündet. Diese Nasr-1 genannte Waffe soll Schiffe und andere maritime Ziele von bis zu 3000 Tonnen Gewicht zerstören können. Iran befürchtet einen Angriff aus Israel, das ihn der Produktion von Atombomben bezichtigt. Daneben verdächtigen auch die USA und andere westliche Verbündete Iran, unter dem Vorwand einer zivilen Nutzung der Kernenergie heimlich an Atomwaffen zu bauen. Unterdessen hat nach Präsident Mahmud Ahmadinedschad auch das geistliche Oberhaupt von Iran, Ali Chamenei, US-Präsident Barack Obama wegen dessen neuer Atomstrategie scharf angegriffen. Obama habe "den Iranern indirekt mit Atomwaffen gedroht", sagte Chamenei bei einem vom Staatsfernsehen übertragenen Treffen mit ranghohen Militärkommandeuren. Die Regierung von US-Präsident Obama hatte am Dienstag ihre Regeln für den Einsatz von Atomwaffen verschärft. In der überarbeiteten Doktrin verzichten die USA erstmals ausdrücklich auf den Einsatz von Atomwaffen gegen Länder, die selbst nicht atomar bewaffnet sind oder sich an den Atomwaffensperrvertrag halten. Länder wie Nordkorea oder Iran sind jedoch ausdrücklich von der neuen Regel ausgenommen.

Pakistan: Viele Tote bei Luftangriffen

Bei Luftangriffen und Gefechten im pakistanischen Grenzgebiet zu Afghanistan sind am Wochenende mehr als 130 Menschen getötet worden. Unter den Opfern sollen neben Aufständischen zahlreiche Zivilisten sein. Alleine bei einem Luftangriff im Khyber-Distrikt wurden am Samstag nach Angaben aus Geheimdienstkreisen mehr als 70 Menschen getötet. Ein Regierungsbeamter, der anonym bleiben wollte, sagte , die meisten davon seien Zivilisten gewesen. Flugzeuge hätten sechs Häuser bombardiert. Als sich Menschen versammelten, um die Toten und die Verletzten zu bergen, hätten die Jets erneut angegriffen. "Es muss sich um falsche Geheimdienstinformationen gehandelt haben", sagte der Beamte. "Die Sicherheitskräfte müssen gedacht haben, dass die Extremisten ein Treffen veranstalten, was nicht der Fall war." Aus Geheimdienstkreisen hieß es, unter anderem sei die gesamte Familie eines Soldaten der Grenztruppen getötet worden. Die Zeitung Dawn berichtete, unter den Verletzten des Bombardements, die in Krankenhäuser in der Provinzhauptstadt Peshawar gebracht wurden, seien Frauen und Kinder.

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