Politik kompakt:Karsai beschuldigt Westen des Wahlbetrugs

Der afghanische Präsident gibt zu, dass seine Wiederwahl nicht mit rechten Dingen zugegangen ist - doch die Schuld sucht er bei anderen. Kurzmeldungen im Überblick.

Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat das Ausland für den Betrug bei der Präsidentschaftswahl im vergangenen Jahr verantwortlich gemacht. "Kein Zweifel, es gab einen sehr weit verbreiteten Betrug", sagte Karsai, dessen Anhänger selbst der Fälschung beschuldigt werden, bei einem Treffen mit Mitarbeitern der Wahlbehörde.

Der Präsident bestritt aber, dass die Fälschungen von seinen Landsleuten begangen wurden - "die Ausländer haben diesen Betrug verübt". Karsai beschuldigte insbesondere den früheren stellvertretenden UN-Missionschef in Afghanistan, Peter Galbraith, und den Chef der EU-Wahlbeobachtermission, Philippe Morillon, der Wahlfälschung.

Der frühere US-Diplomat Galbraith hatte Karsai nach der ersten Runde der Präsidentenwahl vorgeworfen, knapp ein Drittel seiner Stimmen seien gefälscht gewesen und der UN-Missionschef Kai Eide habe das Ausmaß des Betrugs verschleiern wollen. Galbraith hatte nach diesen Vorwürfen seinen Posten verloren.

Die erste Runde der Präsidentschaftswahl im August war von Fälschungen vor allem zugunsten Karsais überschattet worden. Die für November geplante Stichwahl entfiel jedoch, nachdem Karsais Gegner Abdullah Abdullah seine Kandidatur zurückgezogen hatte.

Nicolas Sarkozy im Umfragetief, China ist im Atomstreit möglicherweise nun doch zu härteren Sanktionen gegen Iran bereit und SPD-Chef Gabriel legt den Atomausstieg als Koalitionsvoraussetzung für die NRW-Wahl fest: Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.

Sarkozy erstmals unter 30 Prozent

Gut zwei Wochen nach der Schlappe bei der Regionalwahl steht der französische Präsident Nicolas Sarkozy weiter unter Druck. Seine Zustimmungsquote ist nach einer Umfrage erstmals unter 30 Prozent gesunken und hat damit einen neuen Tiefstand seit seinem Amtsantritt 2007 erreicht.

Unterdessen wächst auch Widerstand gegen Sarkozys Reformprojekte: etwa gegen die 2007 eingeführte Begrenzung der Summe aller Steuern auf maximal 50 Prozent der Einkünfte. Die Reform wird weithin als Steuergeschenk an die Superreichen aufgefasst. Eine Gruppe von Abgeordneten der Regierungsmehrheit kündigte eine Gesetzesinitiative an, um den sogenannten Schutzschild für die Reichen vorläufig auszusetzen. Sarkozy betonte jedoch, dass er diese Reform nicht rückgängig machen werde.

Frauen in Bagdad enthauptet - Geisel befreit

Extremisten haben in Bagdad zwei Frauen enthauptet. Irakische Nachrichtenagenturen berichteten am Donnerstag, die Leichen der beiden Frauen seien im Nordosten der Hauptstadt gefunden worden. Über die Hintergründe der Tat wurde zunächst nichts bekannt. In der nördlichen Stadt Mossul befreite die Polizei eine Frau, die von Lösegelderpressern entführt worden war. Nach Angaben der Polizei in Mossul starben zwei Zivilisten, als ein Sprengsatz auf einem Markt in der Innenstadt explodierte. In der Provinz Dijala nordöstlich von Bagdad, starb ein Zivilist durch eine Sprengstoffattacke. Extremisten töteten einen Bürgerwehrkämpfer. Die überwältigende Mehrheit der Morde, Attentate und Sprengstoffanschläge im Irak bleiben ungesühnt. Die Täter werden nie gefasst.

China bewegt sich im Atomstreit mit Iran

China ist im Atomstreit mit Iran nun offenbar doch zu härteren Sanktionen bereit. Der Sprecher des Außenministeriums in Peking, Qin Gang, wich auf einer Pressekonferenz von der bisherigen Standardformulierung ab und erwähnte nicht mehr, dass China noch Spielraum für Verhandlungen sehe. Vielmehr sagte Qin Gang, China strebe eine friedliche Lösung an. "Wir werden weiter auf verschiedene Weise mit allen betreffenden Parteien verhandeln und uns abstimmen", sagte der Sprecher.

Bisher hatte sich China neuen Sanktionen widersetzt und auf weiteren Verhandlungen bestanden. Nach Informationen der New York Times hat Peking jetzt eingewilligt, mit den Verhandlungen über den Text einer verschärften UN-Resolution zu beginnen.

"China sieht sich jetzt wachsendem Druck der anderen internationalen Mitspieler gegenüber", sagte der Vizedirektor der chinesischen Vereinigung für den Nahen Osten, Zhang Xiaodong, der Tageszeitung China Daily. Der Weltsicherheitsrat beschleunige das Verfahren, weil Iran nicht zu einer befriedigenden Lösung beitrage. "China kann das nicht im Alleingang verhindern", sagte Xiaodong.

China und die anderen vier ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen mit Veto-Macht beraten zusammen mit Deutschland seit Monaten über neue Sanktionen gegen Iran.

SPD-Chef: Atomausstieg als Koalitionsbedingung

Fünfeinhalb Wochen vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen hat SPD-Chef Sigmar Gabriel ein Festhalten am Atomausstieg zur Bedingung für jegliche Regierungsbeteiligung seiner Partei gemacht. "Es wird keine Zustimmung der SPD zu einem Koalitionsvertrag geben, in dem am Atomausstieg gerüttelt würde", sagte Gabriel der Berliner Zeitung. Ziel der Sozialdemokraten sei ein Bündnis mit den Grünen. Zusammen werde man dann im Bundesrat dafür sorgen, dass "diese unverantwortliche Laufzeitverlängerung" keine Mehrheit finde, sagte der SPD-Chef. Außerdem müsse die von der Bundesregierung geplante Kopfpauschale im Gesundheitswesen fallen, forderte Gabriel. Der Bund müsse ferner für die Unterbringung von Hartz-IV-Empfängern zahlen und damit die Kommunen entlasten.

Oppositionsführer im Sudan zieht sich von Präsidentenwahl zurück

Weniger als zwei Wochen vor der Präsidentenwahl im Sudan hat der aussichtsreichste Gegenkandidat von Staatschef Omar el Baschir seinen Rückzug angekündigt. Der von der sudanesischen Volksbefreiungsbewegung (SPLM) nominierte Jassir Arman teilte mit, er trete bei den ersten allgemeinen Wahlen seit 1986 nun doch nicht an. Als Grund nannte er "Unregelmäßigkeiten" bei der Organisation des Urnengangs. Außerdem habe er während seines Wahlkampfes in der Krisenregion Darfur festgestellt, dass eine geregelte Stimmabgabe dort wegen der Notsituation unmöglich sei.

Die früheren südsudanesischen Rebellen der SPLM, die im Jahr 2005 mit der Regierung in Khartum nach einem Jahrzehnte andauernden Bürgerkrieg ein Friedensabkommen geschlossen hatten, hatten Arman im Januar als ihren Kandidaten aufgestellt. Mit dem Rückzug ist die Wiederwahl des seit mehr als 20 Jahren regierenden Baschir im ersten Wahlgang praktisch sicher.

Vertreter anderer Oppositionsparteien wollten sich nach Informationen von AFP treffen, um über einen Boykott des vom 11. bis 13. April angesetzten Urnengangs zu beraten.

Terror-Video zeigt angeblichen Anschlag auf Bundeswehr

Auf einem Propaganda-Video haben Islamisten erstmals einen angeblichen Anschlag auf die Bundeswehr im afghanischen Kundus verbreitet. Tatsächlich stehen die Bilder aber "weder im Zusammenhang mit einem Anschlag auf die Bundeswehr noch mit einem deutschen Militärfahrzeug", teilte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Berlin mit. Das in dem Video gezeigte Fahrzeug vermutlich vom Typ Dingo, auf das ein Anschlag verübt wird, wird auch von anderen Nationen in Afghanistan verwendet. Das Verteidigungsministeriums konnte aber keine Angaben dazu machen, zu welchem Land das betroffene Fahrzeug gehört.

In deutschen Sicherheitskreisen hieß es, das Video sei bekannt. Es sei von der Medienproduktionsfirma As Sahab verbreitet worden, die wiederholt Botschaften des Terrornetzwerks al-Qaida veröffentlicht hat, und werde nun geprüft.

40 Separatisten fliehen nach Explosion aus Gefängnis im Jemen

Aus einem Gefängnis im Süden des Jemen sind nach Angaben eines Regierungsvertreters etwa 40 Häftlinge geflohen. Zuvor sei dort eine Bombe explodiert. Vier Häftlinge seien bei der Detonation verletzt worden. Augenzeugen und Medien berichteten, alle Geflohenen gehörten zur südjemenitischen Separatistenbewegung.

Zwischen den Separatisten und den Sicherheitskräften ist es in den vergangenen Monaten zu heftigen Zusammenstößen gekommen. Beobachter warnen vor einem anhaltenden Aufstand, wenn die Regierung nicht die zugrundeliegenden Ursachen angehe. Nord- und Südjemen sind seit 1990 vereinigt. Viele Bewohner des früher sozialistisch regierten Südens werfen dem politisch dominanten nördlichen Landesteil aber Ausbeutung ihres Ölreichtums und Diskriminierung vor.

Tschechiens Ex-Ministerpräsident politisch am Ende

Der ehemalige tschechische Ministerpräsident Mirek Topolanek (53) ist nach seinen heftig kritisierten Äußerungen über Juden, Homosexuelle und die Kirche politisch vorerst am Ende. Topolanek erklärte in Prag den Rücktritt von seinem Amt als Vorsitzender der konservativen Bürgerpartei (ODS) zum 12. April. Bereits vergangene Woche musste Topolanek im Zuge der Affäre die ODS-Spitzenkandidatur für die Parlamentswahl am 28. und 29. Mai aufgeben.

Im Gespräch mit dem Schwulen-Magazin LUI hatte Topolanek dem homosexuellen Verkehrsminister Gustav Slamecka vorgeworfen, "sich bei ernsten Angelegenheiten schnell davonzumachen". Über Regierungschef Jan Fischer meinte er, "der Fischer ist einfach ein Jude, nicht ein Schwuler, und er gibt noch schneller auf". Die Kirche bezichtigte Topolanek der "Gehirnwäsche".

Er hatte sich nach Bekanntwerden des nicht autorisierten Interviews zwar öffentlich entschuldigt, aber kaum Rückhalt aus der Partei erfahren.

Putsch in Guinea-Bissau: Premier festgenommen

Im westafrikanischen Guinea-Bissau haben putschende Soldaten Regierungschef Carlos Gomes Junior und den Chef der Streitkräfte, Zamora Induta, festgenommen. Das berichtet die portugiesische Nachrichtenagentur Lusa unter Berufung auf diplomatische Kreise und internationale Organisationen. Gomes Junior und Induta würden im Hauptquartier der Streitkräfte in der Hauptstadt Bissau festgehalten, hieß es. Indutas bisheriger Stellvertreter, António Indjai, habe das Militärkommando übernommen, meldete Lusa weiter. Auf den Straßen Bissaus seien ungewöhnlich viele Soldaten zu sehen. Die Situation sei aber ruhig.

Deutsche Polizisten befürchten Scheitern in Afghanistan

Die Erfolgsaussichten beim Aufbau des afghanischen Polizeiapparats werden von daran beteiligten deutschen Beamten äußerst skeptisch beurteilt. "Die Schaffung eines Rechtsstaates in Afghanistan ist eine Illusion", sagte ein Polizist dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Diese Einschätzung teilten auch andere Beamte, die ein Jahr und mehr am Hindukusch eingesetzt waren.

"Wir erkennen die afghanische Wirklichkeit nicht an, und deshalb werden wir dort scheitern", sagte ein ranghoher Polizist dem Magazin. Das Land werde niemals nach den Regeln westlicher Zivilisation funktionieren. Die Beziehungsgeflechte der Clans, Warlords und Taliban seien bisweilen viel mächtiger als die Regierung in Kabul.

Die afghanische Polizei ANP sei in der Bevölkerung als "Wegelagerer" verschrien. Die auf acht Wochen reduzierte Ausbildung der Polizeianwärter habe sich nicht bewährt. Die Bundesregierung will die Zahl deutscher Polizeiausbilder von jetzt rund 120 auf 200 erhöhen. Diese könnten jährlich 5.000 afghanische Polizisten ausbilden. Zielgröße sind rund 110.000 ausgebildete afghanische Polizisten in den Jahren 2011 oder 2012.

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