Politik kompakt: Kaczynski setzte umstrittene Merkel-Passage durch

Mit seinen Stasi-Vorwürfen gegen Bundeskanzlerin Merkel hat Oppositionsführer Kaczynski in der heißen Phase des polnischen Wahlkampfs für Wirbel gesorgt - und deswegen wohl auch Stimmen verloren. Jetzt kommt heraus, dass er Warnungen von Beratern in den Wind geschlagen hat.

im Überblick

Enge Berater des polnischen Oppositionsführers Jaroslaw Kaczynski wollten dessen umstrittene Aussagen über Bundeskanzlerin Angela Merkel vor dem Druck aus seinem Buch "Das Polen unserer Träume" streichen. Rezensenten aus der eigenen Partei hätten Kaczynski gewarnt, dass der politische Gegner die Textpassage herausgreifen werde, um die eigenen proeuropäischen Wähler zu mobilisieren, berichtete die Zeitung Rzeczpospolita. Kaczynski entschied sich jedoch dagegen.

Jaroslaw Kaczynski, twin brother of the late president Lech Kaczynski and leader of the opposition PiS (Law and Justice) party, speaks to media during news conference in Warsaw

Jaroslaw Kaczynski sorgte mit seinen Stasi-Vorwürfen gegen Bundeskanzlerin Merkel für Ärger.

(Foto: REUTERS)

Der nationalkonservative Ex-Premier hatte geschrieben, er glaube nicht, dass "die Übergabe der Kanzlerschaft an Angela Merkel ein Ergebnis zufälliger Umstände war". Polnische und deutsche Medien hatten dies als Anspielung interpretiert, Merkel sei mithilfe der Stasi in ihr Amt gelangt.

In der Schlussphase des polnischen Wahlkampfes hatte die Affäre für viel Wirbel gesorgt. Nach Einschätzung von Wahlforschern kostete die Aufregung um das Buch die Kaczynski-Partei Recht und Gerechtigkeit mehrere Prozentpunkte. Die Wahl gewann die regierende Bürgerplattform von Ministerpräsident Donald Tusk.

(dapd)

Bei einem US-Drohnenangriff sterben fünf mutmaßliche Extremisten, in Ägypten kandidieren ehemalige Parteikollegen von Mubarak für die Parlamentswahl und mehrere Bundesländer setzen sich für ein einfacheres Steuerrecht ein. Lesen Sie auf den folgenden Seiten weitere Meldungen.

Fünf Tote bei US-Drohnenangriff in Pakistan

Bei einem US-Drohnenangriff sind nach Geheimdienstangaben mindestens fünf mutmaßliche Mitglieder des radikal-islamischen Hakkani-Netzwerks getötet worden. Ein unbemanntes Flugzeug habe zwei Raketen auf ein Haus im pakistanischen Stammesgebiet Nord-Waziristan im Grenzgebiet zu Afghanistan gefeuert, sagte ein Mitarbeiter des pakistanischen Geheimdienstes, der anonym bleiben wollte. Unter den Toten sei ein ranghoher Kommandeur der Extremisten.

Der Angriff erfolgte wenige Stunden vor der Ankunft des US-Sondergesandten für Afghanistan und Pakistan, Marc Grossman, in Islamabad. Vor dem Hintergrund anhaltender Spannungen zwischen beiden Ländern will Grossman mit Regierung und Militär in Pakistan über die weitere Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terrorismus beraten.

Die US-Regierung wirft dem pakistanischen Militärgeheimdienst ISI vor, das Hakkani-Netzwerk zu unterstützen. Islamabad weist die Vorwürfe zurück. Das Hakkani-Netzwerk wird für zahlreiche Terroraktionen in Afghanistan verantwortlich gemacht. Seine Stützpunkte solle jedoch vor allem in Pakistan liegen.

(dpa)

Ex-Parteikollegen von Mubarak kandidieren für ägyptisches Parlament

Zahlreiche ehemalige Mitglieder der früheren Regierungspartei von Ex-Präsident Husni Mubarak haben sich als Kandidaten für die Parlamentswahl in Ägypten registrieren lassen. Das berichteten Aktivisten und die Kairoer Tageszeitung Al-Masry Al-Yom am Donnerstag, dem zweiten Tag nach Beginn des Registrierungsprozesses.

Die Nationaldemokratische Partei (NDP) ist zwar mittlerweile offiziell verboten, für ein Drittel der Sitze dürfen sich jedoch Kandidaten bewerben, die keiner Partei angehören. Aktivisten und Angehörige der Oppositionsparteien hatten vom Militärrat, der das Land seit dem Sturz von Mubarak im Februar regiert, ein politisches Betätigungsverbot für die früheren NDP-Mitglieder gefordert. Dies war jedoch abgelehnt worden. Eine Gruppe Aktivisten hat deshalb nun eine Liste mit den Namen früherer NDP-Funktionäre erstellt, die sie an die Wähler verteilen will - verbunden mit der Bitte, diese Kandidaten nicht zu wählen.

Das Parlament war nach der Entmachtung Mubaraks aufgelöst worden. Die nächste Parlamentswahl soll am 28. November beginnen und in drei Phasen ablaufen

(dpa)

SPD kritisiert geplantes Betreuungsgeld als "Fernhalteprämie“

Die SPD hat die Politik von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) auf das Schärfste kritisiert. Das von Schröder geplante Betreuungsgeld für Eltern, die ihre Kinder daheim betreuen, sei eine "Fernhalteprämie", sagte SPD-Vize Manuela Schwesig im dapd-Interview. Es schaffe einen falschen Anreiz dafür, dass "gerade die Kinder von einer frühen Förderung ferngehalten werden, die es besonders nötig haben". Man müsse im Gegenteil alles tun, dass "alle Kinder einen frühen Zugang zu guter Bildung bekommen". Die veranschlagten etwa zwei Milliarden Euro müssten vielmehr in den Ausbau von guten Kitas und Schulen investiert werden, betonte die SPD-Sozialministerin in Mecklenburg-Vorpommern.

Kristina Schröder weist die Kritik unterdessen zurück. Die Behauptung, eine Krippenbetreuung für unter Dreijährige sei "prinzipiell besser als eine Betreuung zu Hause, ist gegenüber den Familien eine Unverschämtheit", sagte sie der dapd in Berlin. Ihr politisches Ziel sei nicht, dass so viele Kleinkinder wie möglich in eine Kita gehen. "Mein Ziel ist es, dass jeder, der einen Kitaplatz möchte, diesen auch bekommt. Da unterscheiden wir uns prinzipiell von Rot-Rot-Grün", betonte die Ministerin.

(dapd)

Bundesländer wollen einfacheres Steuerrecht

In einer parteiübergreifenden Initiative will eine Gruppe von Bundesländern laut einem Pressebericht ein einfacheres Steuerrecht durchsetzen. Die Länder Rheinland-Pfalz, Hessen, Bremen und Schleswig-Holstein hätten dafür ein Zehn-Punkte-Papier vorbereitet, das sie in den Bundesrat einbringen wollen, berichtete die Rheinische Post.

Darin schlügen die Länder unter anderem vor, den Arbeitnehmer-Pauschbetrag von derzeit 1000 Euro pro Jahr in separate Pauschbeträge für Fahrtkosten und für übrige Werbungskosten aufzuteilen. Vielfahrer, die weitere beruflich veranlasste Kosten angeben können, würden davon finanziell profitieren. Außerdem sollten die Pauschbeträge für behinderte Menschen erhöht werden. Der Nachweis für Pflegekosten und den behinderungsbedingten Umbau der Wohnung solle vereinfacht und der Steuerabzug der Kosten für Kinderbetreuung vereinheitlicht werden, heißt es in dem Bericht weiter.

Bei der Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen wollten die Länder "Mitnahmeeffekte" reduzieren und einen Sockelbetrag von 300 Euro einführen, für den kein Steuerbonus gewährt werden solle. Die Pläne sollen am Freitag in Berlin vorgestellt werden.

(AFP)

Röttgen lehnt Asse-Entschädigungsfonds vorerst ab

Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) lehnt die Schaffung eines Entschädigungsfonds für die Umgebung des maroden Atommülllagers Asse vorerst ab. Grundlage für eventuelle Hilfen seien Erkenntnisse über mögliche Belastungen, die sich erst aus einem Rückholkonzept für den Atommüll ergeben könnten, heißt es in einem Brief des Bundesumweltministeriums an die örtliche Bürgermeisterin. Dies liege aber noch nicht vor.

Die Absage von Röttgen löste am Donnerstag in Niedersachsen Protest bei Landtagsabgeordneten von CDU, SPD und FDP aus. Über Röttgens vorläufige Ablehnung hatte zunächst die Braunschweiger Zeitung berichtet.

(dpa)

Studenten kämpfen für Bildungsreform in Kolumbien

Bei Studentenprotesten gegen eine Reform des Bildungswesens ist die kolumbianische Polizei in der Hauptstadt Bogotá mit Tränengas und Wasserwerfern gegen die Demonstranten vorgegangen. 15 Personen seien festgenommen worden, teilte die Polizei mit.

Tausende Studenten von 32 staatlichen Universitäten hatten sich am Mittwoch an einem landesweiten Streik auf unbestimmte Zeit beteiligt. Die Demonstranten werfen der Regierung vor, mit der Gesetzesreform die höhere Bildung zu privatisieren.

In der Stadt Cali kam ein 19-Jähriger nach Behördenangaben ums Leben, als Sprengsätze explodierten, die er bei sich trug. Ob der Vorfall im Zusammenhang mit den Studentenprotesten stand, war zunächst unklar.

(dapd/dpa)

USA ratifizieren Freihandelsabkommen

Nach teils mehrjähriger Blockade hat der US-Kongress Freihandelsabkommen mit Südkorea, Kolumbien und Panama ratifiziert. Sowohl im Abgeordnetenhaus als auch im Senat wurden die Abkommen mit großer Mehrheit durchgewunken. US-Präsident Barack Obama sprach in einer Erklärung von einem "großen Gewinn für amerikanische Arbeiter und Unternehmen".

Die Freihandelsabkommen würden "die Exporte fördern, die das stolze Label 'Made in America' tragen". Obama sieht in der Ratifizierung der Abkommen einen wichtigen Schritt, um die Arbeitslosigkeit von derzeit 9,1 Prozent zu senken. Das Weiße Haus rechnet damit, dass im Zuge der drei Abkommen die US-Exporte um 13 Milliarden Dollar (9,5 Milliarden Euro) zunehmen, die Landwirtschaft und die verarbeitende Industrie gestärkt und die diplomatischen Beziehungen zu den drei Staaten verbessert werden.

Dagegen hatte das Economic Policy Institute vorgerechnet, dass das Abkommen 159.000 Jobs in den USA kosten könnte. Auch die Gewerkschaften fürchten einen Verlust von Arbeitsplätzen und hatten erbitterten Widerstand gegen die Ratifizierung geleistet. Sie kritisierten zudem die Gewalt gegen Gewerkschaftsaktivisten in Kolumbien und prangerten Panama als Standort für Geldwäsche und Steuerhinterziehung an.

(AFP)

US-Senatoren fordern Stopp der Waffenlieferungen an Bahrain

Angesichts des brutalen Vorgehens der bahrainischen Sicherheitskräfte gegen Demonstranten haben fünf demokratische US-Senatoren Außenministerin Hillary Clinton aufgefordert, Waffenlieferungen im Umfang von 53 Millionen Dollar (40 Millionen Euro) in den Golfstaat vorerst zu stoppen.

In einem Brief kritisierten die Abgeordneten Menschenrechtsverletzungen und eine mangelnde Bereitschaft zu Reformen in Bahrain. Würden die Waffen tatsächlich geliefert, sei die Glaubwürdigkeit der USA im Nahen Osten in Gefahr, hieß es in dem Schreiben. Seit Beginn der Proteste gegen die Regierung im Februar sind in Bahrain mindestens 35 Menschen getötet worden.

(dapd)

Kein Verfahren gegen Ex-Minister Speer

Die Staatskanzlei wird kein Disziplinarverfahren gegen den ehemaligen Finanz- und Innenminister Rainer Speer (SPD) einleiten. Sie bestätigte einen entsprechenden Bericht der Märkischen Oderzeitung. Staatskanzleichef Albrecht Gerber sagte dem Blatt, die Vorwürfe gegen Speer reichten nicht aus.

Die Staatskanzlei hatte seit Anfang des Jahres Schritte gegen Speer geprüft. Ihm war vorgeworfen worden, als Chef der Staatskanzlei zwischen 1999 und 2004 die Verbeamtung seiner ehemaligen Geliebten protegiert zu haben. Speer war im September 2010 nach Berichten über eine Unterhaltsaffäre als Innenminister zurückgetreten. Er hatte später eingeräumt, Vater eines unehelichen Kindes aus einer Affäre mit einer Landesbediensteten zu sein und für das Kind keinen Unterhalt gezahlt zu haben. Die Mutter hatte für das 1997 geborene Kind jahrelang staatliche Unterstützung erhalten.

In Zusammenhang mit der Affäre stand auch der Vorwurf im Raum, Speer habe in seiner Zeit als Staatskanzleichef von 1999 bis 2004 seine damalige Geliebte bei deren Verbeamtung bevorzugt. Laut Gerber können nach sieben Jahren nur noch Disziplinarverfahren eingeleitet werden, wenn diese zu einer Aberkennung des Ruhegehaltes führen. Dazu reichten die Vorwürfe jedoch nicht aus.

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