Politik kompakt:Jeder Siebte von Armut bedroht

15 Prozent der Deutschen drohen zu verarmen, Israel baut trotz Siedlungsstopp im Westjordanland, der Folterchef der Roten Khmer fordert seine Freilassung.

Jeder Siebte von Armut bedroht

Armut in Deutschland; AP

Pfandsammler in Berlin: 2007 waren 15 Prozent der Deutschen von Armut bedroht. Das hat eine Studie ermittelt.

(Foto: Foto: AP)

Fast jeder siebte Bundesbürger (15 Prozent der Bevölkerung) war im Jahr 2007 von Armut bedroht. Ohne die Sozialleistungen des Staates hätte die Quote sogar bei 24 Prozent gelegen. Das hat das Statistische Bundesamt in der Studie "Leben in Europa" ermittelt. Im Vergleich zu 2006 seien die Werte weitgehend konstant geblieben.

Der Schwellenwert, ab der eine Person als armutsgefährdet gilt, lag demzufolge bei einem Einkommen von weniger als 913 Euro monatlich. Für eine Familie mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern unter 14 Jahren belief sich dieser Grenzwert auf 1917 Euro im Monat. Besonders groß sei die Armutsgefahr für Alleinerziehende. Zudem waren mehr Frauen (16 Prozent) als Männer (14 Prozent) armutsgefährdet. Für die Studie waren die Daten von etwa 24.00 Personen ab 16 Jahren in Deutschland erfasst worden.

Israel fliegt Luftangriff und baut Schulen

Ein israelisches Kampfflugzeug hat am Freitag eine Gruppe militanter Palästinenser im Gazastreifen angegriffen. Vier Männer seien verletzt worden, berichteten Augenzeugen im Flüchtlingslager Dschabalia. Nach Angaben eines israelischen Militärsprechers feuerte die Gruppe Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel. Am späten Donnerstagabend hatten militante Palästinenser Mörsergranaten in Richtung Grenzzaun geschossen.

Unterdessen hat Israel den Bau von 28 öffentlichen Einrichtungen in jüdischen Siedlungen im Westjordanland genehmigt. Das israelische Sicherheitskabinett hatte am Mittwoch zwar einen begrenzten Baustopp gebilligt. Danach soll der private Wohnungsbau ruhen, aber rund 3000 bereits genehmigte Wohneinheiten fertiggestellt werden. Ausgenommen von dem Moratorium sind auch öffentliche Bauten wie Schulen und Kindergärten sowie Synagogen. Siedlervereinigungen bezeichneten die Entscheidung als ungesetzlich und kündigten an, die Auflagen der Regierung zu ignorieren. Im Westjordanland leben nach Angaben der israelischen Statistikbehörde rund 300.000 Siedler unter rund 2,4 Millionen Palästinensern.

Rote-Khmer-Folterchef bittet um Freilassung

Im ersten Völkermord-Prozess gegen einen Funktionär des Rote-Khmer-Regimes in Kambodscha hat der Angeklagte Kaing Guek Eav alias "Duch" überraschend seine Freiheit gefordert. "Ich bitte darum, dass das Gericht mich freilässt", sagte der 67-Jährige, nachdem seine beiden Verteidiger vor Gericht einen beispiellosen Zwist über die Verteidigungsstrategie offenbart hatten. Der französische Verteidiger hatte bislang auf eine milde Strafe plädiert. Die Anklage hat 40 Jahre Haft gefordert.

Der Prozess ging damit nach neun Monaten vorerst zu Ende. Das Urteil wird im kommenden Jahr erwartet. Duch befehligte unter der Rote-Khmer-Schreckensherrschaft das Foltergefängnis S-21 und das dazugehörige Hinrichtungslager, wo zwischen 1975 und 1979 mehr als 15.000 Menschen umkamen. Er hat mehrfach seine Schuld für den Tod unzähliger Menschen eingeräumt und die Angehörigen um Vergebung gebeten. Seine Verteidiger machten geltend, dass Duch lediglich Befehle ausführte und andernfalls selbst umgebracht worden wäre.

Soldaten wollen höheren Sold

Die Soldaten der Bundeswehr fordern mehr Geld. Der Bundeswehrverband, die Interessenvertretung der Soldaten, forderte Regierung und Parlament auf, die Dienst- und Versorgungsbezüge für aktive sowie pensionierte Soldaten ab Januar 2010 um 4,5 Prozent anzuheben. Verlangt wird auch ein einmaliger Betrag von 500 Euro.

Verbandschef Oberst Ulrich Kirsch sagte laut einer am Freitag veröffentlichten Pressemitteilung: "Seit neun Jahren hält das Einkommen unserer Soldatinnen und Soldaten in den Streitkräften nicht mehr Schritt mit den deutlich gestiegenen Lebenshaltungskosten." Der Dienst in den Streitkräften müsse an Attraktivität gewinnen.

Politiker kandidiert trotz Anschlag auf Konvoi

Der Politiker, der bei dem Massaker auf den Philippinen am Montag seine Frau und zahlreiche Angehörige verlor, hat am Freitag seine Kandidatur bei den Gouverneurswahlen angemeldet. Bei dem ersten Versuch, die Papiere dafür einzureichen, war ein Konvoi mit den Anhängern von Esmael Mangadadatu am Montag überfallen worden. 57 Menschen wurden ermordet. Hauptverdächtiger ist Andal Ampatuan Junior, Sohn des Amtsinhabers, der selbst Gouverneur der Provinz Maguindanao werden wollte. Er war am Donnerstag festgenommen worden und beteuert seine Unschuld.

"Dies ist ein politischer Neuanfang in Maguindanao", sagte Mangadadatu, der seine Papiere persönlich einreichte. Er war mit Dutzenden Anhängern sowie Polizei und Armee-Eskorte zum Büro der Wahlkommission gefahren. Er nahm dieselbe Route wie der Konvoi am Montag. Nach Angaben der Mangadadatus hatten die Ampatuans im Fall einer Gegenkandidatur Gewalt angedroht.

Mehr Missbrauch bei Hartz IV

Im ersten Halbjahr 2009 sind einem Bericht zufolge deutlich mehr Missbrauchsfälle bei Hartz IV aufgedeckt und geahndet worden. Die Zahl der eingeleiteten Straf- und Bußgeldverfahren sei von rund 82.000 im ersten Halbjahr 2008 auf etwa 87.000 im ersten Halbjahr 2009 angestiegen, berichtet die Chemnitzer Freien Presse unter Berufung auf die Bundesagentur für Arbeit. Das seien gut sechs Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum

Zusätzlich seien im ersten Halbjahr 2009 rund 27.000 Fälle, in denen Schwarzarbeit oder eine Straftat vermutet wurde, an den Zoll beziehungsweise an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet worden. Die Bundesagentur führe diese Ergebnisse im wesentlichen auf verstärkte Prüfungen der Behörden zurück.

Brasiliens Präsident will Ausländer zahlen lassen

Für die Rettung des Regenwaldes am Amazonas sollten nach Ansicht des brasilianischen Präsident Luiz Inacio Lula da Silva die "Gringos" bezahlen. Die reichen westlichen Industrienationen hätten in der Vergangenheit viel größere Umweltzerstörungen begangen, als die Holzfäller und Bauern, die jetzt im tropischen Regenwald rodeten, erklärte Silva am Donnerstag auf einer Konferenz, die größere finanzielle Hilfen von den Industriestaaten forderte.

"Ich will nicht, dass uns irgendein Gringo auffordert, einen Bewohner des Amazonas vor Hunger unter einem Baum sterben zu lassen", sagte Silva. "Wir wollen (den Wald) erhalten, aber für die Erhaltung sollen sie den Preis zahlen, weil wir unseren Wald nicht so zerstört haben, wie sie ihren vor einem Jahrhundert." Das Wort Gringos wird in Brasilien nicht nur für US-Amerikaner, sondern auch generell für Bewohner der nördlichen Hemisphäre verwendet.

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