Politik kompakt:Irlands Ministerpräsident legt Parteivorsitz nieder

Irlands Ministerpräsident Brian Cowen tritt als Parteichef zurück. Am Mittwoch könnte er zudem die Mehrheit im Parlament verlieren.

im Überblick

Irlands Premierminister Brian Cowen hat seinen Rücktritt als Vorsitzender der Regierungspartei Fianna Fail erklärt. Er wolle sich auf seine Aufgabe in der Regierung konzentrieren, sagte Cowen. Cowen hatte auch nach der Ankündigung vorgezogener Neuwahlen für den 11. März weiter unter Druck gestanden.

Brian Cowen, Irish Prime Minister and leader of Fianna Fail waves to photographers after winning a vote of confidence from members of his own party in Dublin

Am Mittwoch muss sich Irlands Ministerpräsident Brian Cowen einem Misstrauensantrag im Parlament stellen.

(Foto: REUTERS)

Mehrere Abgeordnete seiner Partei hatten Cowen am Samstag zum Rücktritt aufgefordert. Sein Umgang mit der Regierungskrise und dem Rücktritt von sechs Ministern am Donnerstag sei "eine absolute Katastrophe und Peinlichkeit für Partei und Land" gewesen, sagte der Abgeordnete Michael McGrath der Zeitung Irish Times. Sein Parteifreund Willie O'Dea erklärte dem Blatt, Fianna Fail würde mit dem Premierminister an der Spitze bei den Wahlen untergehen.

Cowens Regierung sieht sich zudem kommenden Mittwoch einem Misstrauensantrag im Parlament ausgesetzt, den die oppositionelle Labour-Partei eingebracht hat. Unklar war am Wochenende, wie sich Cowens kleiner Noch-Koalitionspartner, Irlands Grüne Partei, dazu verhalten wird. Die Grünen-Abgeordneten, die über Cowens Gebaren ebenfalls verärgert sind, würden darüber am Dienstag beraten, sagte ein Parteisprecher. Eine Abstimmungsniederlage der Regierung würde eine Parlamentsauflösung und noch früheren Neuwahlen bedeuten.

(dpa)

Atomgespräche mit Iran scheitern, im Sudan sterben bei Gefechten Dutzende Menschen, in Albanien und auch im Libanon spitzt sich die Lage weiter zu: Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.

Atomgespräche mit Iran gescheitert

Nach zwei Tagen sind die Gespräche zwischen einer internationalen Verhandlungsgruppe und Iran ohne Ergebnis beendet worden. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton zeigte sich enttäuscht. Bei einer Pressekonferenz machte sie deutlich, dass es in zweitägigen Gesprächen keine wesentlichen Fortschritte gegeben habe, obwohl konkrete Vorschläge für einen Uran-Austausch auf dem Tisch lagen. Es gebe zunächst keine weiteren Gesprächstermin.

Iran's chief nuclear negotiator Jalili and European Union foreign policy chief Ashton arrive for talks at the Ciragan Palace in Istanbul

Zwei Tage lang verhandelte eine internationale Gruppe in Istanbul mit Iran über einen Austausch von iranischem Uran gegen nicht-waffenfähiges Nuklearmaterial - ohne Erfolg. EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton (links) zeigte sich enttäuscht über die Gespräche mit Irans Unterhändler Saeed Jalili (rechts).

(Foto: REUTERS)

"Die Tür bleibe offen, die Entscheidung ist in den Händen Irans", sagte Ashton. Laut der EU-Diplomatin wurde eine erneuerte Version des Uranaustausches diskutiert, Ashton gab aber keine weiteren Details bekannt. Am Vormittag wurden bei den Atomgesprächen mit Iran wieder Möglichkeiten für einen Austausch von Uran ausgelotet.

In Istanbul trafen sich Vertreter der sogenannten Wiener Gruppe, die für einen Austausch gebildet worden war, wie Delegationskreise bestätigten. Zur Wiener Gruppe gehören die USA und Russland sowie die internationale Atomenergiebehörde (IAEA) und auch Frankreich. Bei den Gespräche ging es dem Vernehmen nach um einen Austausch von iranischem Uran gegen ein technisch nicht für den Bau von Bomben geeignetes Uran-Isotop. Der Westen verdächtigt die Islamische Republik, heimlich Atomwaffen bauen zu wollen.

(dpa)

EU will Tunesien helfen

TUNISIA-POLITICS-UNREST

Auch nach der Flucht von Präsident Ben Ali gingen in der tunesischen Hauptstadt Tunis die Proteste weiter. Die umstrittene Übergangsregierung kündigte baldige Neuwahlen an.

(Foto: AFP)

Die Europäische Union will Tunesien beim Aufbau einer Demokratie unterstützen. Die Gemeinschaft arbeite derzeit an Maßnahmen, die Tunesien beim Übergang zu einer Demokratie helfen und zugleich die sozialen Probleme im Land lindern sollen, sagte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton der Welt am Sonntag. "Dazu gehören die Unterstützung von Wahlen, finanzielle Zusammenarbeit und die Förderung einer unabhängigen Justiz."

Die EU müsse jetzt helfen, "eine neue Demokratie in Tunesien zu gestalten, die die Fehler der Vergangenheit korrigiert", sagte Ashton. Zugleich forderte sie, die Opposition ausreichend zu berücksichtigen. "Die neue Regierung in Tunesien muss so umfassend wie möglich sein und der Opposition eine klare Rolle geben und ihr eine deutliche Stimme verleihen", sagte Ashton.

Indes erklärte Tunesiens Übergangsregierungschef Mohammed Ghannouchi, sich nach der Wahl aus der Politik zurückziehen zu wollen. "Auch wenn mir die Kandidatur angeboten werden sollte, werde ich mich nach der Übergangsphase zurückziehen", sagte er in einem am Freitagabend im tunesischen Fernsehen ausgestrahlten Interview. "Wir haben genug fähige und kompetente Leute." Seine eigene Verantwortung sei nur vorübergehend gewesen.

Die Übergangsphase werde "mit demokratischen und transparenten Wahlen" zu Ende gehen, fügte Ghannouchi hinzu. Er kündigte in dem Interview außerdem an, noch während der Übergangsphase "sämtliche undemokratischen Gesetze abzuschaffen", die unter dem früheren Regime eingeführt wurden.

Auf den Straßen von Tunis verbündet sich unterdessen offenbar die einst gefürchtete tunesische Polizei mit den Demonstranten. Am Samstag mischten sich Polizisten bei Protesten in der Hauptstadt unter die Menge. Etwa 200 uniformierte Polizisten trugen Transparente mit ihren eigenen Forderungen. Während die tunesische Armee das Vertrauen der Bevölkerung genießt, wurde die Polizei während der 23-jährigen Amtszeit desgestürzten Präsidenten Zine el-Abidine Ben Ali gefürchtet. Bei den Unruhen vor dem Sturz Ben Alis hatte die Polizei zahlreiche Demonstranten erschossen.

(AFP/dapd)

Grüne erhöhen Druck bei Hartz IV

Die Grünen haben mit einem Scheitern der Hartz-IV-Verhandlungen gedroht, falls Union und FDP in den nächsten Tagen nicht deutliches Entgegenkommen zeigen. Die Bundesregierung müsse sich in den Gesprächen "endlich substanziell bewegen", sagte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast dem Tagesspiegel. Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte die Koalition auf, ein Angebot vorzulegen. Zugleich erneuerte Gabriel die SPD-Forderung nach mehr Sozialarbeitern an Schulen.

Künast sagte, das "Geschacher" von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) "auf dem Rücken der Betroffenen muss ein Ende haben. Wir brauchen verfassungskonforme Regelsätze, einen Mindestlohn für Zeitarbeit und Weiterbildung und mehr Investitionen in die Bildungsinfrastruktur statt bürokratischem Gutscheinchaos in den Kommunen". Der grüne Arm werde sich nur bei einem gerechten und verfassungsgemäßen Ergebnis heben, sagte die Grünen-Politikerin der Zeitung. Parteichef Cem Özdemir forderte von der Leyen auf, beim Hartz-Spitzengespräch an diesem Montag ihr "Hoppla, jetzt komm ich"-Gebaren aufzugeben. Der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte Özdemir, die CDU-Politikerin wäre gut beraten, im Hartz-Vermittlungsverfahren endlich auf die Opposition zuzugehen.

(dapd)

Tote bei Protesten in Albanien

Die politischen Spannungen in Albanien haben sich in Gewalt entladen. Bei blutigen Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten starben am Freitag im Zentrum von Tirana mindestens drei Menschen. Nach Berichten örtlicher Medien wurden sie "aus nächster Nähe erschossen". Dutzende Polizisten und Demonstranten erlitten Verletzungen.

Ministerpräsident Sali Berisha beschuldigte die Opposition, sie wolle nach tunesischem Vorbild gewaltsam die Macht im Land übernehmen. Sozialistenchef und Oppositionsführer Edi Rama wiederum warf den Sicherheitskräften gezielte Provokationen vor. Vertreter der Europäischen Union, der USA und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa riefen die Bevölkerung in einer gemeinsamen, in Tirana veröffentlichten Erklärung zu Besonnenheit und Zurückhaltung auf. Auch Albaniens Präsident Bamir Topi mahnte zur Ruhe.

In der Stadt herrschte am Abend Hochspannung, in der Stadt waren massive Polizeikräfte aufgezogen. Mehrere tausend Demonstranten waren am Nachmittag einem Aufruf der Opposition gefolgt und hatten sich im Zentrum der Hauptstadt zu Protesten gegen die Korruption in der Regierung von Ministerpräsident Berisha versammelt. Am späten Nachmittag versuchten die Demonstranten nach offiziellen Angaben, das Regierungsgebäude zu stürmen. Die Polizei setzte daraufhin Tränengas ein, über die Köpfe der Demonstranten hinweg wurden Warnschüsse mit scharfer Munition abgegeben. Die Demonstranten wiederum bewarfen die Polizei mit Steinen und Molotow-Cocktails.

(dpa)

Blutiges Gefecht in Darfur

In der Krisenregion Darfur sind nach Angaben der sudanesischen Streitkräfte am Freitag bei einem stundenlangen Gefecht zwischen Rebellen und Soldaten Dutzenden Menschen getötet worden. Demnach soll eine kleine Einheit der Armee in einen Hinterhalt geraten sein, bei dem 21 Soldaten und 13 Rebellen ums Leben kamen.

Angeführt habe den Angriff auf einer Hauptstraße die Bewegung Gerechtigkeit und Gleichheit (JEM), zitierte die amtliche Nachrichtenagentur einen Armeesprecher. Die JEM ist an den ins Stocken geratenen Friedensverhandlungen mit der Regierung beteiligt. Von Seiten der Rebellen war keine Stellungnahme zu erhalten. Bereits im Dezember waren die Kämpfe des seit 2003 andauernden Darfur-Konflikts wieder aufgeflammt.

Die sudanesische Regierung hatte zum Jahresende die Friedensgespräche in Katar abgebrochen. Zuvor hatte Präsident Omar al-Baschir den Rebellen ein Ultimatum für eine Einigung gesetzt. Bislang sind 300.000 Menschen in dem Konflikt ums Leben gekommen und mindestens 2,7 Millionen auf der Flucht.

(dapd)

Der Libanon steuert auf eine neue Konfrontation zu. Der entmachtete Ministerpräsident Saad Hariri hält trotz massiver Anfeindungen seiner früheren Koalitionspartner an seinem Amt fest. Die mit dem Iran und mit Syrien verbündete Schiiten-Bewegung Hisbollah, die Hariris Regierung am 12. Januar durch den Abzug ihrer Minister gestürzt hatte, will ihn dagegen unbedingt loswerden.

Die islamistische Hisbollah, deren Miliz schlagkräftiger ist als die nationale Armee, droht damit, die Auseinandersetzung vom Parlament auf die Straße zu verlegen. Der Hisbollah geht es darum, die Kooperation der Regierung mit dem UN-Tribunal für die Aufklärung des Bombenattentates auf Hariris Vater, Ex-Ministerpräsident Rafik Hariri, zu beenden. Saad Hariri besteht jedoch darauf, dass das Verbrechen aufgeklärt wird, in das Hisbollah-Mitglieder, syrische Funktionäre und iranische Politiker verwickelt sein sollen.

(dpa)

TU sagt Sarrazin-Auftritt ab

Ein für Montag geplanter Auftritt des Ex-Bundesbankvorstands Thilo Sarrazin an der Technischen Universität (TU) ist aus Sicherheitsgründen abgesagt worden. Linke Gruppen hatten Proteste gegen die Veranstaltung mit dem ehemaligen Berliner Finanzsenator angekündigt. "Der Auftritt von Herrn Sarrazin wurde wegen Sicherheitsbedenken abgesagt", bestätigte die Wirtschaftsfakultät der TU dem Tagesspiegel. Dies sei aber nicht auf Anraten der Polizei geschehen, sondern eine Entscheidung der Universität gewesen.

Sarrazin, der wegen der Thesen in seinem Bestseller Deutschland schafft sich ab in der Kritik steht, sollte ursprünglich am Montag auf Einladung eines TU-Professors in einer Lehrveranstaltung über "Zuwanderung und Integration" vor Studenten sprechen. Dagegen mobilisierten linke Gruppen.

(dapd)

Ungarisches Mediengesetz: EU macht Druck

Im Konflikt um Ungarns Mediengesetz hat die Europäische Kommission dem Land eine knappe Frist gesetzt: Die Regierung in Budapest hat nur bis zum 4. Februar Zeit, auf schwere Bedenken Brüssels zu einigen Punkten des Gesetzes zu antworten und Lösungsvorschläge vorzulegen. Das geht aus einem Schreiben der zuständigen EU- Kommissarin Neelie Kroes hervor, das der Nachrichtenagentur dpa als Kopie vorliegt.

Die Niederländerin droht der Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán mit einem Verfahren wegen Verletzung des EU-Vertrags, falls die Antwort unzureichend sein sollte. Es solches Verfahren kann in letzter Konsequenz in einer Klage der Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) münden.

Ungarn steht im Rampenlicht, da es seit Monatsbeginn die EU-Ratspräsidentschaft innehat und die Amtsgeschäfte der Union turnusmäßig führt. Kroes hatte den Brief am Freitag verschickt und die Ungarn aufgefordert, innerhalb von zwei Wochen zu antworten. Die Bedenken der Kommission betreffen unter anderem die Registrierungspflicht für alle Medien, insbesondere für die Presse und Online-Medien, und die Vorschriften für eine ausgewogene Berichterstattung.

(dpa)

Merkel ermutigt Hamburger CDU vor der Wahl

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat der Hamburger CDU angesichts miserabler Umfragewerte vor der Bürgerschaftswahl Mut gemacht. "Lassen Sie sich nicht entmutigen", sagte Merkel am Samstag in der Hansestadt vor etwa 800 Gästen in der Fischauktionshalle. Hamburg sei in den vergangenen zehn Jahren gut regiert worden "und Hamburg braucht weitere gute zehn Jahre", sagte die CDU-Bundesvorsitzende.

Nach dem Ende von Schwarz-Grün ist die CDU in Umfragen auf 26 Prozent abgestürzt. Bei der Wahl 2008 hatte sie noch 42,6 Prozent erreicht. SPD und Grüne können dagegen derzeit auf hervorragende Umfragewerte verweisen. Zu der vorgezogenen Bürgerschaftswahl am 20. Februar in Hamburg dürfen zwölf Parteien und eine Wählervereinigung antreten.

(dpa)

Tausende fordern Rücktritt des jemenitischen Präsidenten

Im Jemen haben Tausende Demonstranten die Amtsenthebung von Präsident Ali Abdullah Saleh gefordert. Studenten, Aktivisten und oppositionelle Gruppen versammelten sich in der Universität der jemenitischen Hauptstadt Sanaa, wo sie mit Sprechchören gegen den Staatschef protestierten, der seit 32 Jahren im Amt ist. Bei der Protestaktion handelte es sich offenbar um die erste, die gegen die Regierungszeit des Präsidenten gerichtet war. Bislang hatten sich nur wenige getraut, öffentlich gegen den Machthaber zu protestieren.

Die Demonstranten hatten sich vom Sturz des tunesischen Machthabers Zine el-Abidine Ben Ali inspirieren lassen: "Oh, Ali (Abdullah Saleh), gesell' dich zu deinem Freund Ben Ali", rief die Menschenmenge. Die Polizei setzte Tränengas gegen die Teilnehmer der Protestaktion ein. Die Demonstranten hatten sich auch versammelt, um ihrem Ärger über vorgeschlagene Verfassungsänderungen Luft zu machen, wonach der jemenitische Präsident sein Amt auf Lebenszeit behalten könnte.

(dapd)

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