Politik kompakt:Indizien sprechen im Fall Barschel für Mossad-Mord

Spektakuläres Gutachten zum Tod Uwe Barschels: Toxikologische Daten deuten angeblich auf einen Mord hin.

im Überblick

Einer der wichtigsten Gutachter im Fall Uwe Barschel verdächtigt in einem neuen Gutachten den israelischen Geheimdienst Mossad, den früheren schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten ermordet zu haben.

Uwe Barschel, 1987 bei der spektakulären "Ehrenwort"-Pressekonferenz in Kiel

Uwe Barschel, 1987 bei der spektakulären "Ehrenwort"-Pressekonferenz in Kiel.

(Foto: dpa)

Die chemischen Analysedaten stimmten bis in Details mit einem Mordablauf überein, den der ehemalige Mossad-Agent Victor Ostrovsky in einem Buch schildere, schreibt der Schweizer Toxikologe Prof. Hans Brandenberger in einem Beitrag für die Welt am Sonntag.

Es ist das erste Mal, dass sich der Wissenschaftler zur Frage nach den Tätern äußert. Der frühere Chefermittler im Fall Barschel, Heinrich Wille, sieht nun den Verdacht erhärtet, dass Barschel von einem professionellen Killerkommando getötet wurde. Brandenbergers Aufsatz enthalte neue Erkenntnisse, die geprüft werden sollten, wurde der ehemalige Leitende Oberstaatsanwalt von Lübeck zitiert. Einen konkreten Verdächtigen gebe es aber bis heute nicht.

Der CDU-Politiker Barschel war am 11. Oktober 1987 tot in einer Badewanne des Genfer Luxushotels Beau Rivage gefunden worden. Viele Fachleute gehen von einem Selbstmord aus, die Todesumstände wurden aber nie zweifelsfrei geklärt. Im Unterschied zu anderen Theorien beschreibe Ostrovsky ein Szenario, das mit den Analysedaten erstaunlich gut übereinstimmt, heißt es laut Welt am Sonntag in dem Papier Brandenbergers.

Auffällige Details in Ostrovskys Bericht, zum Beispiel die rektale Zufuhr von Beruhigungsmitteln und die zeitlich versetzte Verabreichung von Medikamenten, spiegelten sich im chemischen Befund wider, so der Toxikologe. Nach seiner Einschätzung belegen toxikologische Untersuchungen des Barschel-Leichnams, dass der CDU-Spitzenpolitiker weder durch Selbstmord noch durch Sterbehilfe ums Leben gekommen sein könne.

Die chemischen Befunde indizierten einen Mord, wobei aufgrund der Komplexität des Mordgeschehens davon ausgegangen werden müsse, dass ein Profiteam am Werk gewesen sei. Ex-Agent Victor Ostrovsky erklärte, die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse über den Tod Barschels überraschten ihn nicht. "Ich weiß ja, dass es so war", wurde Ostrovsky zitiert. Der Autor, der bis heute nie offiziell von deutschen Ermittlern zum Geschehen von Genf befragt wurde, zeigte sich bereit zu einer Aussage: "Ich stehe den deutschen Strafverfolgungsbehörden jederzeit als Zeuge zur Verfügung, solange ich dabei in den USA bleiben kann."

(dpa)

Die Aufräum-Arbeiter von 9/11 bekommen eine Millionenentschädigung, die FDP lässt in Sachen Gewerbesteuer ihre Hoffnung fahren und Indizien sprechen dafür, dass der Mossad Uwe Barschel ermordet haben könnte - lesen Sie weitere Kurzmeldungen auf den nächsten Seiten.

Suu Kyi will System von innen verändern

Birmas Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi schließt eine Zusammenarbeit mit der Militärjunta nicht aus, die sie 15 Jahre in Gefangenschaft gehalten hat. "Aber wir müssen darüber reden, wie wir einen gleichmäßigen Übergang bewirken können und in wie vielen Schritten. Wir sagen nicht, dass wir kein Militär mehr sehen wollen", sagte die Friedensnobelpreisträgerin zu Reuters in einem Telefoninterview am Freitag. Sie ziehe deutliche Veränderungen einem dramatischen Wandel vor. "Drama ist nicht immer der beste Weg", betonte sie.

Suu Kyi feuert Anhänger zu Einsatz für Demokratie an

Kann sich nun vorstellen, das System gemeinsam mit der Militär-Junta zu verändern: Birmas Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi.

(Foto: dpa)

Suu Kyi verbrachte 15 der vergangenen 21 Jahre im Gefängnis oder unter Hausarrest. Seit rund einer Woche ist die Symbolfigur der birmanischen Opposition wieder frei. Nach fast einem halben Jahrhundert Militärherrschaft müsse die Armee nun eine neue, "ehrenhafte" Rolle annehmen, sagte Suu Kyi. Sie brauche aber Hilfe, um die Generäle an den Verhandlungstisch zu holen. Eines der größten Probleme des rohstoffreichen Landes sei die Vetternwirtschaft, sagte sie.

Ihre Unterstützung der westlichen Sanktionen gegen Birma will die Politikerin überdenken. Sie wolle herausfinden, ob die Sanktionen dem Volk geschadet hätten, sagte Suu Kyi. Suu Kyi kam eine Woche nach der Parlamentswahl frei, die nach Angaben der Opposition von Betrug und Manipulation gekennzeichnet war. Ihre Partei Nationale Liga für Demokratie (NLD) hatte sich nicht an der Abstimmung beteiligt und war deshalb von der Militärjunta aufgelöst worden. 1990 hatte die NLD eine Parlamentswahl haushoch gewonnen, die Junta ignorierte das Ergebnis jedoch.

(rtr)

Knobloch verurteilt Anschlag auf Moschee

Die Präsidentin des Zentralrats der Juden zeigte sich entsetzt über den Brandanschlag auf die Berliner Sehitlik-Moschee. "Sollte es sich um einen vorsätzlichen, politisch motivierten Anschlag gehandelt haben, wäre es ein alarmierendes Indiz für ein Erstarken rechtsradikalen Gedankenguts in Deutschland", so Charlotte Knobloch.

Am Freitagmorgen entdeckte ein Mitarbeiter der Moschee Feuer an einer der Außenwände. Durch den Brand wurden die Fassade der Sehitlik-Moschee und ein Fenster beschädigt, verletzt wurde jedoch niemand. Eine wichtige Rolle bei den Ermittlungen spielt eine Propangasflache, die bei dem Gebäude entdeckt worden war, aber nicht explodierte. Die Polizei geht davon aus, dass die Flasche in einem schwarzen Rucksack auf einer Sackkarre zur Moschee transportiert wurde. Auf die Brandentwicklung habe sie aber keinen Einfluss gehabt. Ein Mitarbeiter hatte das Feuer an der Außenwand der Sehitlik- Moschee gegen 6.15 Uhr entdeckt und schnell gelöscht.

Knobloch betonte, dass die freiheitlich-demokratische Demokratie von Zivilcourage lebe. Gewalt, Extremismus, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus - Diskriminierung in welcher Form auch immer - seien niemals nur das Problem der betroffenen Gruppe, sondern vor allem das Problem der Gesellschaft, in der sie vorkommen.

(SZ/dpa)

Mörder von Politowskaja in Belgien vermutet

Russische Ermittler fahnden offenbar in Belgien nach dem Mörder der Journalistin Anna Politkowskaja. Die Spuren führten ins ostbelgische Lüttich, berichtete die belgische Zeitung Le Soir am Samstag unter Berufung auf nicht näher genannte Justizquellen.

Nach neuen Erkenntnissen in dem Mordfall habe sich Moskau im Oktober an die belgischen Behörden gewandt und um Unterstützung bei den Ermittlungen gebeten. Demnach sollen die belgischen Behörden bereits bei den ersten Untersuchungen vor zwei Jahren Amtshilfe geleistet haben. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft wollte den Bericht nicht kommentieren.

Politkowskaja war am 7. Oktober 2006 im Treppenhaus ihres Moskauer Wohnhauses erschossen worden. Sie galt als Kritikerin des damaligen Präsidenten Wladimir Putin und prangerte in ihren Berichten Menschenrechtsverletzungen beim Tschetschenien-Krieg an.

Mörder und Auftraggeber sind bis heute nicht gefasst. Der mutmaßliche Todesschütze Rustam Machmudow soll in Westeuropa untergetaucht sein. Seine Brüder Ibrahim und Schabrail sowie ein früherer Polizist sind angeklagt, in den Mord verwickelt zu sein. Sie waren in einem ersten Verfahren freigesprochen worden. Das Urteil wurde jedoch aufgehoben. Ihr neuer Prozess soll laut Staatsanwaltschaft auf Eis liegen, bis Machmudow gefasst ist.

(AFP)

Afghanistan-Konferenz in Bonn im November 2011

Zehn Jahre nach Beginn des Afghanistan-Einsatzes soll im November 2011 auf einer großen Konferenz in Bonn das weitere Vorgehen am Hindukusch beraten werden. Der afghanische Präsident Hamid Karsai habe am Samstag auf dem Nato-Gipfel in Lissabon die Bereitschaft Deutschlands begrüßt, die Konferenz auszurichten, hieß es aus Diplomatenkreisen. Zu dem Treffen kommen voraussichtlich die Außenminister.

Es werde eine politische Veranstaltung und keine Truppenstellerkonferenz sein. Die erste internationale Afghanistan-Konferenz fand Ende 2001 auf dem Petersberg bei Bonn statt. Danach gab es zahlreiche weitere Konferenzen, zuletzt Anfang des Jahres in London und im Sommer in Kabul. An diese beiden Treffen soll die Bonner Konferenz 2011 anknüpfen, hieß es aus deutschen Diplomatenkreisen. Die Nato will auf ihrem Gipfeltreffen in Lissabon die Weichen für einen schrittweisen Abzug aus Afghanistan stellen. Bis 2014 will die internationale Schutztruppe Isaf die Verantwortung für die Sicherheit an die afghanische Armee und Polizei übergeben.

(dpa)

Merkel wirbt für radikalen Umbau der Bundeswehr

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat für einen radikalen Umbau der Bundeswehr geworben, um die Armee für neue Herausforderungen wie den internationalen Terrorismus zu rüsten. "Terrorismus, zerfallene Staaten, das sind die Herausforderungen der Zukunft, gegen die wir uns wappnen müssen", sagte Merkel am Samstag in ihrer wöchentlichen Videobotschaft. Die neuen Aufgaben der Bundeswehr lägen sehr häufig außerhalb Europas. Merkel sagte, die Struktur der Bundeswehr müsse an die massiv veränderten Aufgaben angepasst werden. "Das bedeutet: viel Veränderung", erklärte die Kanzlerin.

Der wichtigste Schritt sei die Aussetzung der Wehrpflicht, die in der heutigen Situation nicht mehr nötig sei. "Allerdings schaffen wir die Wehrpflicht im Grundgesetz nicht ab, denn wir wissen heute noch nicht, wie sich in einiger Zeit die sicherheitspolitische Lage darstellen kann." Eine Strukturkommission für die Bundeswehr unter Führung von Arbeitsagentur-Chef Frank-Jürgen Weise hatte Ende Oktober die Aussetzung der Wehrpflicht und die Verkleinerung der Truppe um 70.000 auf 180.000 Soldaten empfohlen. Die Bundesregierung will Anfang Dezember über Truppenstärke und Aussetzung der Wehrpflicht entscheiden.

(Reuters)

Millionenentschädigung für 9/11-Helfer

Mehr als neun Jahre nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 findet ein Millionenprozess sein Ende. Für Gesundheitsschäden nach den Aufräumarbeiten am eingestürzten World Trade Center werden die Stadt New York und ihre Vertragsfirmen 625 Millionen Dollar zahlen. Die umgerechnet 460 Millionen Euro verteilen sich auf mehr als 10.000 Arbeiter, die in einer Sammelklage gegen die Stadt und die Firmen vorgegangen waren.

Nach Angaben der New York Times wurde die nötige Zustimmung von 95 Prozent der Kläger mit 95,1 Prozent gerade erreicht. Damit können die Arbeiter mit im Schnitt 60.000 Dollar rechnen. Wegen Nebenabkommen könnte die Summe noch steigen. Im September 2001 waren fast 3000 Menschen ums Leben gekommen, als islamische Terroristen zwei Flugzeuge in die beiden Türme des World Trade Centers flogen. Noch immer werden Leichenteile gefunden. Nach den Anschlägen räumten Tausende Arbeiter die Hunderte Tonnen Schutt weg. Mehr als 10.000 hatten anschließend über Gesundheitsschäden berichtet. Geklagt hatten sie, weil sie nicht mit Schutzkleidung gegen Giftstoffe in den Trümmern ausgerüstet worden seien.

(dpa)

FDP rechnet nicht mehr mit Abschaffung der Gewerbesteuer

Die FDP sieht kaum noch Chancen für die von ihr geforderte schnelle Abschaffung der Gewerbesteuer. "Wir reden noch. Ich habe aber keinen überschäumenden Optimismus, dass wir in einem Schritt zu einer Abschaffung der Gewerbesteuer kommen", sagte FDP- Generalsekretär Christian Lindner dem Hamburger Abendblatt. Denkbar seien Modifikationen dieser Steuer. Sie ist derzeit die wichtigste Einnahmequelle der Kommunen. Diese halten strikt an ihr fest.

Lindner sagte, die Kommunen bräuchten eine verlässliche Einnahmequelle. Genau dies sei die Gewerbesteuer nicht. "Zudem ist sie für alle Beteiligten sehr bürokratisch. Wir wollen den Gemeinden nichts wegnehmen, deshalb kann man zum Ausgleich über neue Anteile an Einkommen-, Körperschaft- und Umsatzsteuer reden. Ich verstehe nur begrenzt, warum die Kommunen hier so festgefahren und ängstlich sind."

Mit Blick auf die Überprüfung der Mehrwertsteuer sagte der FDP-Politiker, es sei klar, dass es beim ermäßigten Steuersatz auf Grundnahrungsmittel und kulturelle Güter bleiben müsse. "Alles andere kommt auf den Prüfstand." Dazu gehören laut Lindner auch die Steuererleichterungen für die Hotelbranche. "Diese Maßnahme hat zu massiven Investitionen geführt, von denen das Handwerk profitiert hat. Aber auch hier gibt es eine Prüfung und keinen Bestandsschutz." Lindner ging davon aus, dass die Streichung des niedrigeren Mehrwertsteuersatzes für bestimmte Produkte zu Mehreinnahmen in Höhe eines einstelligen Milliardenbetrages führen werde. Diese könnte man zum einen dafür einsetzen, den Mehrwertsteuersatz insgesamt zu senken. "Man könnte die Mittel aber auch verwenden, um die kalte Progression bei der Einkommensteuer zu lindern."

(dpa)

Israels Luftwaffe bombardiert Gaza

Bei Angriffen der israelischen Luftwaffe auf den Gazastreifen sind am Freitag sechs Palästinenser verletzt worden. Die Angriffe richteten sich gegen ein Haus in Deir el Balah im Zentrum des Gazastreifens und gegen ein Ziel in Khan Junis im Süden, wie ein Sprecher des palästinensischen Gesundheitswesens sagte. Bei dem Angriff in Deir el Balah wurden demnach vier Menschen verletzt, darunter zwei Frauen, in Khan Junis war ein Kind unter den Verletzten.

Zwei weitere Luftangriffe richteten sich gegen Schmugglertunnel an der Grenze zu Ägypten, wie die israelische Armee und palästinensische Kreise mitteilten. Dabei gab es den Angaben zufolge keine Opfer. Den Luftangriffen war am Freitagmorgen Raketen- und Granatenbeschuss Israels aus dem Gazastreifen vorausgegangen. Zum ersten Mal seit Monaten wurde dabei eine Rakete mit großer Reichweite aus dem Gazastreifen auf den Süden Israels abgefeuert. Bei der Explosion der Rakete wurde nach israelischen Angaben ein Tankwagen beschädigt, aber niemand verletzt. Bei dem Geschoss handelte es sich demnach um eine Grad-Rakete, die eine Reichweite von bis zu 40 Kilometern hat und damit doppelt so weit fliegt wie die Kassam-Raketen, die militante Palästinenser häufig aus dem Gazastreifen abschießen. Aus dem von der radikalislamischen Hamas beherrschten Küstenstreifen wurden nach Angaben der israelischen Armee seit Jahresbeginn mehr als 180 Raketen und Granaten auf Israel abgefeuert.

(AFP)

Georgien will weiter in die Nato

Georgien will an seinem Ziel eines Beitritts zur Nato festhalten. "Wer geglaubt hätte, ein Nato-Beitritt Georgiens sei nicht mehr akut, hat sich geirrt", sagte der georgische Staatschef Michail Saakaschwili am Freitag nach einem Treffen mit US-Präsident Barack Obama am Rande des Nato-Gipfels in Lissabon. "Dieses Thema steht nach wie vor auf der Tagesordnung."

Georgien habe mit einem Beitritt zur Allianz aber keine Eile. Obamas Vorgänger George W. Bush hatte sich für eine Aufnahme Georgiens und der Ukraine in das Bündnis stark gemacht. Er stieß damit aber auf Widerstand bei mehreren europäischen Verbündeten, die auf die ablehnende Haltung Russlands Rücksicht nehmen wollten und für eine abwartende Linie eintraten. Saakaschwili erklärte sich bereit, am Rande des Nato-Gipfels mit dem russischen Präsidenten Dmitri Medwedew zusammenzukommen, der am Samstag in Lissabon erwartet wurde.

(dpa)

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: