Politik kompakt:"Hochziehen, hochziehen!"

Die letzten Minuten im Cockpit: Die polnischen Behörden haben die Abschrift der Flugschreiber der abgestürzten polnischen Präsidentenmaschine veröffentlicht.

Kurzmeldungen im Überblick

Die polnischen Behörden haben am Dienstag die Abschrift der Flugschreiber der abgestürzten Maschine des polnischen Präsidenten Kaczynski öffentlich gemacht. Die automatische Warnung "Pull up, pull up" ("Hochziehen, hochziehen") ist eine Minute vor dem Absturz mehrmals im Cockpit zu hören, wie es in dem im Internet veröffentlichten Bericht heißt. Die Piloten der Tupolew-154 reagierten demnach nicht auf den automatischen Befehl.

Absturz von Lech Kaczynski, AP

Am 10. April stürzte die Maschine des polnischen Präsidenten Lech Kaczynski über dem russischen Smolensk ab. Nun haben die polnischen Behörden eine Abschrift der Flugschreiberdaten im Internet veröffentlicht.

(Foto: AP)

Die Aufzeichnungen der sogenannten Black Boxes umfassen die letzten 40 Minuten des Fluges am 10. April und wurden in polnischer und russischer Sprache auf der Website des polnischen Innenministeriums veröffentlicht.

Eine Viertelstunde vor dem Absturz warnen russische Fluglotsen den Aufzeichnungen zufolge die Piloten, die Wetterbedingungen auf dem Flughafen Smolensk erlaubten keine Landung. Der Chefpilot der Unglücksmaschine, Arkadiusz Protasiuk, antwortet daraufhin, er werde eine Landung prüfen, "aber wenn das Wetter nicht gut sein wird, werden wir eine zweite Runde drehen." Schließlich kommt er der Warnung des russischen Bodenpersonals aber nach: "In diesem Moment, unter den aktuellen Bedingungen, gelingt es uns nicht zu landen."

Zehn Minuten später ist dann der Protokollchef des Außenministeriums zu hören, der im Cockpit zu den Piloten sagt: "Der Präsident hat noch nicht entschieden, was wir machen werden." Laut der Abschrift befindet sich außerdem Luftwaffenchef Andrzej Blasik zwei Minuten vor dem Absturz im Cockpit - allerdings gibt es keine Hinweise darauf, dass er die Piloten zur Landung drängt.

Eine Minute vor dem Absturz beginnen die automatischen Warnungen "Terrain ahead" ("Boden voraus") und "Pull up, Pull up" ("Hochziehen, Hochziehen") - die Piloten brechen die Landung jedoch nicht ab. Fünfzig Meter über dem Boden werden die Fluglotsen mit den Worten "Horizon 101" zitiert. Das bedeutet, dass die Landeanweisungen abgeschlossen sind. Die letzten Sekunden auf den Black Boxes geben laut Abschrift den Lärm wieder, als das Flugzeug einen Baum streift. Außerdem sind fluchende Piloten zu hören.

Jaroslaw Kaczynski, der Zwillingsbruder des bei dem Flugzeugabsturz getöteten polnischen Präsidenten Lech Kaczynski, forderte von Russland die Herausgabe der Flugschreiber. "Ich erwarte das ursprüngliche Material, inklusive der Black Boxes", sagte er. Die russischen Behörden hatten Warschau am Montag komplette Aufzeichnungen der Black Boxes übergeben.

(AFP)

Margot Käßmann schließt eine Rückkehr in ihr Amt als Landesbischöfin aus, die SPÖ hat in Österreich die absolute Mehrheit verloren und die SPD droht im Atomstreit mit Verfassungsklage: Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.

"Natürlich bin ich auch traurig"

Die ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann hat eine Rückkehr in ihr früheres Bischofsamt abgelehnt. Bei der Verabschiedung durch die evangelische Landessynode am Mittwoch in Hannover bezeichnete sie eine Initiative von kirchlichen Mitarbeitern, die für ihre Wiederwahl wirbt, als anrührendes Zeichen von Wertschätzung. Eine Rückkehr könne aber nicht gutgehen. "Du kannst nicht in einem Amt zurückkehren, von dem du selbst zurückgetreten bist", sagte sie. Käßmann, die am Donnerstag 52 Jahre alt wird, betonte, sie sei mit Leib und Seele Bischöfin der Landeskirche Hannovers gewesen. Sie hoffe, dass es auch für die Landeskirche eine gesegnete Zeit mit Zuversicht in allen Umbrüchen gewesen sei. Zum Abschied sagte Käßmann: "Natürlich bin ich auch traurig." Vor Monaten habe sie noch geglaubt, im Bischofsamt in Hannover alt zu werden. Jetzt sehe alles ganz anders aus. "Ich packe ein, ohne zu wissen, wo ich nach meinem USA-Aufenthalt auspacken werden", sagte sie. Die ehemalige EKD-Ratsvorsitzende war Ende Februar nach einer Trunkenheitsfahrt von ihren kirchlichen Ämtern zurückgetreten. Ab August will sie vier Monate lang in den USA an der Emory University in Atlanta Gastvorträge halten.

(AP)

Rechte gewinnen in Österreich dazu

Die SPÖ in Österreich hat bei der Landtagswahl im Burgenland ihre absolute Mehrheit verloren. Die Sozialdemokraten kamen nach Auszählung aller Stimmen auf 48,26 Prozent, vor fünf Jahren waren es noch 52,18 Prozent. Nach der Wahl vom Sonntag, bei der 250.000 Burgenländer zu den Urnen gerufen waren, erhält die SPÖ damit 18 der 36 Mandate. Die konservative ÖVP verlor knapp zwei Prozent und kam auf 34,62 Prozent der Stimmen und 13 Mandate, berichtete die Nachrichtenagentur APA. Die rechtspopulistische FPÖ gewann über drei Prozentpunkte hinzu und kam auf 8,98 Prozent und drei Sitze im Landtag. Jeweils einen Sitz gewannen die Grünen und die Liste Burgenland. SPÖ-Landeshauptmann Hans Niessl Niessl hatte sich im Wahlkampf vor allem für die Verlängerung des Heereseinsatzes zum Schutz der Ostgrenze zu Ungarn und der Slowakei ausgesprochen, obwohl Kritiker die mangelnde Effizienz und hohen Kosten der Aktion bemängeln. Außerdem sprach er sich strikt gegen ein von ÖVP-Innenministerin Maria Fekter geplantes Aufnahmezentrum für Asylanten im burgenländischen Eberau aus. Im Herbst folgen nun im österreischischen Superwahljahr Landtagswahlen in der Steiermark und in Wien.

(dpa)

SPD droht im Atomstreit mit Verfassungsklage

Die SPD hat der Bundesregierung im Streit um längere Laufzeiten von Atomkraftwerken mit einer Verfassungsklage gedroht. "Wir werden dies mit allen politischen und rechtlichen Mitteln aufhalten. Wenn es notwendig ist, auch mit dem Gang vor das Bundesverfassungsgericht", kündigte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier im Parteiorgan vorwärts an. Die Aufkündigung des Atomkonsenses durch Schwarz-Gelb sei ein fataler Fehler. Aus ideologischen Gründen werde einer "unverantwortlichen, überholten Technologie" der Vorzug gegeben vor dem schnellen Ausbau von erneuerbaren Energien.

Scharfe Kritik übte Steinmeier auch an der Amtsführung von CDU-Kanzlerin Angela Merkel in der Finanzkrise. "Die Bundeskanzlerin hat in den letzten Wochen kläglich versagt. Deutschland hatte seit Jahrzehnten keine so katastrophal schwache Regierung wie diese", sagte der Oppositionsführer. Nach seinen Worten wird die SPD weiter Druck machen, um eine Finanztransaktionssteuer durchzusetzen. Ein EU-weites Referendum sei dafür ein gutes Mittel: "Ich bin sicher, dass die Bürger in ganz Europa dieses Anliegen massiv unterstützen."

(dpa)

Das Bundeskabinett hat trotz früherer Bedenken der FDP die Verlängerung des Libanon-Einsatzes der Bundeswehr um ein Jahr beschlossen. Die Mandatsobergrenze solle allerdings von 800 auf 300 Soldaten gesenkt werden, sagte ein Regierungssprecher in Berlin. Außerdem soll der Schwerpunkt des Einsatzes künftig in der Ausbildung der libanesischen Marine liegen.

Der Bundestag muss der Verlängerung des Mandats, das Ende Juni ausläuft, noch zustimmen. Die deutsche Marine hilft als Teil des UN-Einsatzes Unifil, den Waffenschmuggel an die radikal-islamische Hisbollah im Libanon zu verhindern.

(Reuters)

Misstrauensvotum gegen Thailands Regierungschef gescheitert

Zwei Wochen nach der Militäroffensive gegen Regierungsgegner in Bangkok hat Thailands Ministerpräsident Abhisit Vejjajiva ein Misstrauensvotum im Parlament erfolgreich abwehren können. Den Antrag hatte die Opposition eingebracht, die der Regierung übermäßige Gewalt gegen die Demonstranten vorgeworfen hatte. 186 Abgeordnete sprachen Abhisit das Misstrauen aus, 246 hielten zum Ministerpräsidenten. Bei den gut zweimonatigen Protesten gegen die Regierung und der gewaltsamen Räumung des besetzten Geschäftsviertels waren mehr als 65 Menschen uns Leben gekommen und mehr als 1800 verletzt worden.

(dpa)

Schäuble: Finanzsteuer notfalls nur in Europa

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will eine Steuer auf alle Finanzgeschäfte notfalls nur in Europa durchsetzen. Dass sich die wichtigsten Wirtschaftsnationen (G20) in absehbarer Zeit auf eine weltweite Finanztransaktionssteuer einigten, sei "einigermaßen ungewiss". "Kommt sie nicht zustande, dann werde ich zusammen mit Frankreich und anderen auf eine europäische Regelung drängen", sagte Schäuble in Berlin. Ansonsten bekomme die Politik ein Glaubwürdigkeitsproblem. Der nächste G20-Gipfel findet Ende Juni im kanadischen Toronto statt. Dort will Schäuble von den internationalen Partnern hören, ob die Steuer global eine Chance hat oder nicht.

(dpa)

Iran: Kein Atom-Deal bei neuen Sanktionen

Iran will im Fall neuer Sanktionen des Weltsicherheitsrates von der mit der Türkei und Brasilien ausgehandelten Anreicherung von Uran außerhalb Irans wieder abrücken. "Wer eine neue Resolution durch den UN-Sicherheitsrat bringt, tötet diese Initiative", sagte der iranische Außenminister Manuchehr Mottaki in Brüssel. "Wir betrachten eine neue Iran-Resolution im UN-Sicherheitsrat als Grundlage der Konfrontation."

Die USA hatten sich unmittelbar nach der Dreier-Vereinbarung vom 17. Mai mit den anderen Vetomächten des UN-Sicherheitsrates sowie Deutschland auf einen Resolutionsentwurf geeinigt, der verschärfte Sanktionen wegen des Atomstreits mit Iran vorsieht. Washington hatte die Vereinbarung mit der Türkei und Brasilien auch als "durchsichtigen Trick" Teherans zur Vermeidung neuer Sanktionen bezeichnet.

(dpa)

Erste dänische Soldatin in Afghanistan getötet

In Afghanistan ist erstmals eine dänische Soldatin bei Kampfhandlungen ums Leben gekommen. Wie das Oberkommando des Heeres in Kopenhagen mitteilte, starb eine 22 Jahre alte Unteroffizierin bei einer Patrouillenfahrt nahe der Stadt Gereshk in der südafghanischen Provinz Helmand, als eine Bombe detonierte. Zwei weitere Soldaten wurden leicht verletzt. Dänemark hat 750 Soldaten in der heftig umkämpften Helmand-Provinz stationiert. Mit bisher 32 Toten sind die Verluste für das Kontingent aus dem skandinavischen Land im Verhältnis zur Einsatzstärke als Teil der Isaf-Einheiten ungewöhnlich hoch. Seit 2001 sind in Afghanistan 43 deutsche Soldaten bei einer Einsatzstärke von 7400 Männern und Frauen ums Leben gekommen.

(dpa)

Petra Diroll neue Bundespräsidialamtssprecherin

Die Rundfunkjournalistin Petra Diroll hat für eine Übergangszeit die Leitung der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Bundespräsidialamts übernommen. Die 43-Jährige war noch von Horst Köhler als neue Sprecherin ausgesucht worden. Unmittelbar vor dem Arbeitsantritt Dirolls am 1. Juni kam der plötzliche Rücktritt des Bundespräsidenten. Die Sprechertätigkeit ist normalerweise an die Amtszeit des Staatsoberhaupts gebunden. Petra Diroll arbeitet seit fast 20 Jahren als bundespolitische Korrespondentin, Redakteurin und Moderatorin für den Bayerischen Rundfunk und andere Sender der ARD. Sieben Jahre war sie Vorstandsmitglied der Bundespressekonferenz, des Vereins der Parlamentsjournalisten. Nach Angaben des Amts wird Diroll jetzt bis nach der Wahl des nächsten Bundespräsidenten ihre neue Aufgabe ausüben. Der Nachfolger oder die Nachfolgerin von Köhler wird am 30. Juni gewählt.

(dpa)

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