Politik kompakt:Haftstrafe für Frau des "Sauerland"-Anführers

Terrorhelferin Filiz G. muss für zweieinhalb Jahre ins Gefängnis. Weil sie im Prozess Reue gezeigt hatte, kommt die 29-Jährige aber vorerst frei.

im Überblick.

Die Frau des Anführers der islamistischen "Sauerland-Gruppe", Filiz G., ist als Terrorhelferin zu einer Haftstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt worden. Das Berliner Kammergericht sah es in seiner Entscheidung als erwiesen an, dass die 29-Jährige die ausländischen Terrororganisationen Islamische Dschihad-Union (IJU) und Deutsche Taliban Mudschahedin (DTM) unterstützt hatte. Die Deutsch-Türkin sammelte Geld und warb mit Propagandatexten im Internet Mitglieder.

Terrorhelferin legt Gestaendnis ab und distanziert sich von Taten

Das Berliner Kammergericht hat die Unterstützerin der terroristischen "Sauerland-Gruppe", Filiz G. (im Bild mit ihrem Anwalt), zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt.

(Foto: dapd)

Im Prozess hatte sich G. reumütig gezeigt: "Es kommt mir vor, als sei es eine andere Person gewesen, die die Texte geschrieben hat", hatte die nicht vorbestrafte Muslimin erklärt. Sie verabscheue Krieg und Gewalt. Sie habe nicht gemerkt, dass sie sich habe radikalisieren lassen. Der Ehemann der gelernten Kauffrau, Fritz G., war im März 2010 in Düsseldorf zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte mit der Sauerland-Gruppe Anschläge in Deutschland geplant.

Mit dem Urteil entsprach das Gericht den Forderungen der Bundesanwaltschaft. Die Anklagebehörde hatte hervorgehoben, dass die Terrororganisationen für Anschläge mit unermesslichem Leid verantwortlich seien. Der Terror richte sich auch gegen Deutschland.

Trotz der Verurteilung wird G. noch an diesem Mittwoch aus der Untersuchungshaft entlassen. Sie könne ihre Strafe später antreten, sagte Richter Josef Hoch. Das Gericht sehe keine Fluchtgefahr, die junge Frau habe sich glaubhaft von ihren Taten distanziert.

Wegen der Unterstützung ausländischer Terrororganisationen laufen noch zwei weitere Prozesse am Berliner Kammergericht. Die Vorwürfe gegen einen ursprünglich Mitangeklagten der 29-Jährigen waren seperat verhandelt worden. Ein weiteres Verfahren begann erst im Februar - der mutmaßliche Terrorhelfer musste erst aus der Türkei ausgeliefert werden. Das Trio war im Februar 2010 in Ulm und Berlin festgenommen worden.

(dpa)

Bei einem Selbstmordanschlag auf eine Trauergemeinde in Pakistan sterben mindestens 35 Menschen, in Haiti sind drei junge Männer aus dem Wahlkampfteam von Präsidentschaftskandidatin Manigat ermordet worden und Japan ernennt einen neuen Außenminister: Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.

Pakistan: Zahlreiche Tote bei Selbstmordanschlag

Bei einem Selbstmordanschlag im Nordwesten Pakistans sind am Mittwoch nach jüngsten Angaben mindestens 34 Menschen getötet und 45 weitere verletzt worden. Der Anschlag wurde am Stadtrand von Peschawar verübt, wie ein Polizeisprecher sagte. Zunächst war von mindestens 24 Toten die Rede gewesen.

Politik kompakt: Mindestens 35 Menschen starben, als sich bei einer Trauerfeier nahe Peschawar ein Selbstmordattentäter inmitten der Trauernden in die Luft sprengte.

Mindestens 35 Menschen starben, als sich bei einer Trauerfeier nahe Peschawar ein Selbstmordattentäter inmitten der Trauernden in die Luft sprengte.

(Foto: AP)

Der Attentäter sprengte sich laut Polizei inmitten einer Trauergemeinde in die Luft. Die Menschenmenge hatte sich zur Beerdigung der Frau eines Mitglieds einer Anti-Taliban-Miliz versammelt. An der Trauerfeier nahmen nach einem BBC-Bericht zahlreiche Gegner der islamistischen Bewegung teil. Ein Überlebender des Anschlags sagte im pakistanischen Rundfunk der Attentäter sei ein Junge gewesen.

Erst am Vortag waren bei einem Anschlag in der Stadt Faisalabad in der östlichen Provinz Punjab 25 Menschen getötet und mehr als 150 weitere verletzt worden.

Peschawar in der ehemaligen Nordwestlichen Grenzprovinz liegt am Rande der unruhigen Stammesgebiete des Landes. Die an der Grenze zu Afghanistan gelegene Region ist eine Hochburg der Taliban und dient dem Terrornetzwerk al-Qaida als Rückzugsraum.

(AFP/Reuters)

Haiti: Wahlkampfhelfer von Präsidentschaftskandidatin Manigat ermordet

In Haiti sind drei junge Männer tot aufgefunden worden, die Plakate für die Präsidentschaftskandidatin Mirlande Manigat aufgehängt hatten. Die Ehefrau eines der drei Opfer sagte, die Toten hätten sich in der Leichenhalle des Generalkrankenhauses in der Hauptstadt Port-au-Prince befunden.

Die haitianische Menschenrechtsorganisation RNDDH machte die Polizei für "Folter und Hinrichtungen" der Jugendlichen verantwortlich. "Das Polizeifahrzeug ist identifiziert, der für die Patrouille zuständige Polizist ist bekannt", sagte RNDHH-Sprecherin Marie-Yolaine Gilles. Sie forderte die Polizei auf, umgehend Ermittlungen einzuleiten.

In der für den 20. März angesetzten Präsidentschaftsstichwahl treten die 70-jährige Rechtsprofessorin Manigat und der 50-jährige Sänger Michel Martelly gegeneinander an. Die Ergebnisse sollen nach Angaben der Wahlbehörden am 14. April bekanntgegeben werden.

Seit den Präsidentschaftswahlen im November 2010 herrscht in Haiti ein Machtvakuum Noch mehr als ein Jahr danach hat das Land mit den Folgen des schweren Erdbebens im Januar 2010 zu kämpfen.

(AFP)

Japan hat neuen Außenminister

Japan hat einen neuen Außenminister: Takeaki Matsumoto tritt die Nachfolge von Seiji Maehara an, der am Wochenende im Zusammenhang mit einer illegalen Spendenaffäre zurückgetreten war. Regierungssprecher Yukio Edano sagte, Ministerpräsident Naoto Kan habe sich für den 51-Jährigen entschieden, weil er fähig sei, über großes Wissen verfüge und die Kontinuität der japanischen Diplomatie gewährleisten werde. Der erste wichtige Termin auf Matsumotos Agenda ist das Treffen der G-8-Außenminister am Montag in Paris.

Der ehemalige Banker Matsumoto entstammt einer prominenten Politikerdynastie. Sein Ururgroßvater, Hirofumi Ito, war der erste japanische Regierungschef zur Zeit der Meiji-Ära Ende des 19. Jahrhunderts.

Matsumotos 48-jähriger Vorgänger Maehara, der als Hoffnungsträger der regierenden Demokratischen Partei und als Favorit für die mögliche Nachfolge von Ministerpräsident Kan galt, hatte am Sonntagabend nach nur sechs Monaten im Amt seinen Rücktritt bekannt gegeben. Er hatte eingeräumt, von einer seit langem in Japan lebenden Südkoreanerin eine Spende von 50.000 Yen (450 Euro) erhalten zu haben.

Nach japanischem Recht ist es Politikern verboten, Spenden von ausländischen Personen oder Institutionen anzunehmen. Dies soll verhindern, dass ausländische Staaten Einfluss auf die japanische Innenpolitik nehmen. Die Opposition hatte Maehara vorgeworfen, über einen Zeitraum von vier Jahren insgesamt 200.000 Yen (1800 Euro) erhalten zu haben, und hatte deshalb seinen Rücktritt gefordert.

(AFP)

Kraft spricht auf Nahost-Reise mit palästinensischen Frauen

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hat sich am letzten Tag ihrer Nahost-Reise mit palästinensischen Frauen getroffen. In Ramallah sprach sie unter anderem mit Bürgermeisterin Janet Michael. Zu der Runde zählten auch Wissenschaftlerinnen und Politikerinnen. Thema der Runde waren Frauenrechte unter Besatzung und Armut.

Von Ramallah fuhr Kraft weiter in die christlich-palästinensische Stadt Beit Dschala nahe Bethlehem, um dort das Rehabilitationszentrum der Hilfsorganisation Life Gate zu besuchen. Am Abend reist sie nach Deutschland zurück. Kraft, die auch Bundesratspräsidentin ist, hatte während ihrer fünftägigen Reise unter anderem mit dem israelischen Staatspräsidenten Schimon Peres und dem palästinensischen Regierungschef Salam Fajad gesprochen.

(dpa)

Demonstration gegen Musevini-Sieg in Uganda

Hunderte Anhänger der ugandischen Opposition haben in der Hauptstadt Kampala gegen angebliche Manipulationen bei der Präsidentenwahl am 18. Februar protestiert. Zu der Demonstration hatten Oppositiosführer Kizza Besigye und andere Politiker aufgerufen, die den Sieg vom Amtsinhaber Yoweri Museveni für das Ergebnis von Wahlbetrug halten.

Die Polizei setzte Tränengas ein und schoss mit scharfer Munition in die Menge, um Demonstranten und Anhänger von Museveni auseinander zu treiben. Die Wahlkommission hatte Museveni mit 68 Prozent der Stimmen zum Sieger erklärt.

(dpa)

Kenny zu neuem irischen Premierminister gewählt

Nach den vorgezogenen Neuwahlen von Ende Februar hat das irische Parlament den Konservativen Enda Kenny zum neuen Premierminister gewählt. Der 59-jährige Vorsitzende der Fine-Gael-Partei wurde mit einer deutlichen Mehrheit von 117 von insgesamt 166 Abgeordneten im irischen Unterhaus zum neuen Regierungschef bestimmt. Nur 27 Volksvertreter stimmten gegen ihn. Seine Wahl wurde in der Parlamentskammer mit tosendem Applaus begrüßt.

Die Fine Gael war als Siegerin aus den vorgezogenen Parlamentswahlen am 25. Februar hervorgegangen, hatte die absolute Mehrheit aber verpasst. Kenny hatte sich darauf am Wochenende mit der Labour-Partei auf eine Koalition verständigt. Die Fine Gael hat nun 76 Abordnete im Parlament, Labour 37, womit Kenny über eine komfortable Mehrheit verfügt. Mehrere unabhängige Abgeordnete stimmten ebenfalls für Kenny. Die 20 Vertreter der abgewählten Fianna Fail des ehemaligen Premierministers Brian Cowen enthielten sich der Stimme. Fianna Fail, die Irland in den vergangenen 80 Jahren die meiste Zeit regierte, war wegen ihres Umgangs mit der Finanz- und Wirtschaftskrise in die Kritik geraten.

(AFP)

NPD-Führung vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen

In einem Berufungsprozess ist der Vorsitzende der NPD, Udo Voigt (58), vom Vorwurf der Volksverhetzung und Beleidigung des Fußballspielers Patrick Owomoyela freigesprochen worden. Es ging um einen WM-Planer der rechtsextremen Partei zur Fußballweltmeisterschaft 2006, der nach Überzeugung des Berliner Landgerichts inhaltlich von der Meinungsfreiheit gedeckt ist.

Das Amtsgericht Berlin-Tiergarten hatte das in erster Instanz anders gesehen. Durch die Trikotnummer 25 sollte ein Bezug zu dem dunkelhäutigen Fußballer hergestellt werden, argumentierte das Gericht. Mit dem Text "Weiß - Nicht nur eine Trikotfarbe! Für eine echte NATIONAL-Mannschaft" sei gezielte Propaganda betrieben worden, die aber nicht strafbar sei. Aus dem Kontext könne der Begriff "Weiß" auch im Sinn einer weißen Weste und somit als Kritik an Korruption und Manipulation im Fußball verstanden werden. Die Botschaft gehe nicht über eine bloße Ablehnung nicht-weißer Spieler hinaus. Owomoyela sei nicht diffamiert worden. Eine fremdenfeindliche Gesinnung reiche für eine Verurteilung nicht aus, so die Strafkammer.

Freisprüche ergingen auch für den mitangeklagten Leiter der Rechtsabteilung und den Pressesprecher der rechtsextremen NPD. Owomoyela und der Deutsche Fußballbund hatten Anzeige erstattet. Der 31-jährige Fußballprofi sagte als Zeuge, dass er bestürzt und entsetzt gewesen sei. Vor der NPD-Kampagne habe er sich noch nie im Leben auf so eine Art rassistisch angegriffen gefühlt, fügte der frühere Nationalspieler hinzu. Die Angeklagten waren in erster Instanz vom Amtsgerichts Berlin-Tiergarten zu Bewährungsstrafen von sieben bis zu zehn Monaten und Zahlung von jeweils 2000 Euro an die Kinderschutzorganisation Unicef verurteilt worden. Der Freispruch ist nicht rechtskräftig.

(AP)

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