Politik kompakt:Gröhe gegen rechte CDU

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Generalsekretär Gröhe verteidigt die Modernisierung der CDU und wittert den Versuch einiger Parteimitglieder, die Union nach rechts zu steuern. Kurzmeldungen im Überblick.

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe ist konservativer Kritik am Kurs seiner Partei entgegengetreten. "Hinter dem Gerede vom Linksruck der CDU verbirgt sich bei manchem der Wunsch nach einer rechten Partei", sagte Gröhe der Saarbrücker Zeitung. "Das ist die CDU aber nie gewesen. Wir sind die Partei der Mitte, deren Politik vom christlichen Menschenbild geprägt ist."

Konservative Intellektuelle hatten zuletzt für ihr "Manifest gegen den Linkstrend" in der Union nach eigenen Angaben Hunderte Unterstützer aus der Parteimitgliedschaft gefunden. Gröhe sagte, "das Gerede darüber, dass diese Parteiführung für einen Linkstrend stehe, ist geradezu absurd". Er verwies auf die Schuldenbremse oder die Einigung im Streit um die Vertriebenen-Stiftung als Beispiele klarer CDU-Politik.

Der CDU-Generalsekretär verteidigte nachhaltig die Modernisierung seiner Partei etwa in der Familienpolitik. "Modernität und Grundsätze sind keine Gegensätze. Entscheidend ist, die Balance zwischen beiden zu finden." Gröhe ging zugleich auf Distanz zur FDP in der Hartz-IV-Debatte. "Die FDP hat sich in dieser Debatte für eine Zuspitzung im Ton entschieden." Das Kernproblem sei aber nicht "massenhafte Verweigerung der Annahme von Arbeit". Arbeitslosigkeit habe viele Ursachen - etwa kein Arbeitsangebot, kein Berufsabschluss, keine Kinderbetreuung. "So wie ich Steuerzahler nicht gleich die Hinterziehung unterstelle, unterstelle ich Hartz-IV-Empfängern auch nicht sofort Leistungsmissbrauch", sagte Gröhe.

Warum es einen neuen Koalitionsstreit gibt, die Liveberichterstattung von Anschlägen in Afghanistan verboten werden soll und Bill Clinton zu mehr Hilfe für Haiti aufruft: Auf den folgenden Seiten finden Sie weitere Kurzmeldungen.

Pläne von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU), Hartz IV-Empfänger in vielen Fällen von der Zahlung eines Zusatzbeitrags zu ihrer gesetzlichen Krankenversicherung zu befreien, sorgen für Streit in der Koalition. Wie das Handelsblatt berichtet, will die FDP nicht hinnehmen, dass die Ministerin die Arbeitsagenturen über eine Härtefallregelung verpflichten will, den Beitrag von in der Regel acht Euro pro Monat zu übernehmen, wenn Langzeitarbeitslose durch einen Wechsel der Kasse Ansprüche auf Bonuszahlungen ihrer alten Versicherung verlieren.

Auch die CSU kritisierte die Pläne. "Ich halte es nicht für gerecht, dass Versicherte Boni erhalten können, wenn gleichzeitig ihre Zusatzbeiträge über Steuern finanziert werden", erklärte der christsoziale Gesundheitsexperte Johannes Singhammer. Nach dem Sozialgesetzbuch sind Hartz-IV-Empfänger grundsätzlich verpflichtet, ihre Kasse zu wechseln, wenn diese einen Zusatzbeitrag erhebt. Tun sie dies nicht, müssen sie den Zusatzbeitrag zahlen, es sei denn, der Kassenwechsel bedeutete für sie eine besondere Härte.

Der afghanische Geheimdienst hat die Liveberichterstattung über Anschläge Aufständischer verboten. Die Behörden reagierten damit auf eine Attacke vom Freitag, bei der im Zentrum von Kabul 16 Menschen getötet worden waren, darunter acht Ausländer. Die Liveberichterstattung im Fernsehen habe den Taliban wichtige Informationen über den Gegenschlag der Sicherheitskräfte geliefert, begründete Geheimdienstsprecher Said Ansari am Montag die Maßnahme.

Die Nachrichtenagentur AP beklagte den Schritt. "Ein weitgehendes, vorausgehendes Berichterstattungsverbot ist mit einer demokratischen Gesellschaft nicht vereinbar", erklärte der Redaktionsleiter für Auslandsberichterstattung, John Daniszewski, in New York. Die Erfahrung habe gezeigt, dass durch Liveberichte die Arbeit von Polizei und Sicherheitskräften nicht beeinträchtigt werden müsse. Das Verbot erschwere es, die Öffentlichkeit aktuell über Anschläge von Aufständischen zu informieren.

Wie das Verbot umgesetzt und welche Strafe bei einem Zuwiderhandeln erhoben werden soll, blieb zunächst unklar. Ansari betonte lediglich, Journalisten, die trotz Verbotes live berichteten, würden bestraft.

In einem der letzten NS-Kriegsverbrecherprozesse in Deutschland hat die Staatsanwaltschaft vor dem Aachener Landgericht lebenlange Haft für einen 88-jährigen früheren SS-Mann beantragt. Die Anklage forderte am Dienstag für den Mord an drei niederländische Zivilisten 1944 "je eine lebenslange Haftstrafe". Boere habe als Mitglied des SS- Killerkommandos "Feldmeijer" drei niederländische Zivilisten 1944 heimtückisch erschossen. "Es liegen keine mildernden Umstände vor", sagte Oberstaatsanwalt Ulrich Maaß in seinem Plädoyer vor dem Aachener Landgericht. Boere hatte die Morde gestanden, sich aber auf Befehlsnotstand berufen.

Die Sozialdemokraten wollen bei den Haushaltsberatungen in dieser Woche einem Bericht der Bild-Zeitung zufolge eine Erhöhung der Mitarbeiterpauschale für die Bundestagsabgeordneten um monatlich 2000 Euro durchsetzen. Die Pauschale würde in diesem Fall auf monatlich 16.712 Euro steigen, schreibt das Blatt.

Dem Bund drohten in diesem Fall Mehrausgaben von rund 15 Millionen Euro pro Jahr. Im Gespräch sei zunächst sogar eine Anhebung der Pauschale um 3000 Euro gewesen.

US-Präsident Barack Obama hat den Ausnahmezustand in den Beziehungen zu Simbabwe um ein weiteres Jahr verlängert. Als Begründung nannte das Weiße Haus am Montag, bestimmte Regierungsmitglieder würden "weiterhin eine außergewöhnliche Bedrohung für die Außenpolitik der USA darstellen". Obamas Vorgänger George W. Bush hatte den Ausnahmezustand 2003 verhängt.

Damals hieß es, die Politik von Präsident Robert Mugabe trage zu einem vorsätzlichen Zusammenbruch der Rechtstaatlichkeit in Simbabwe bei. Er sah darin eine Gefahr für die politische und wirtschaftliche Stabilität im Süden Afrikas. Obamas Verlängerung des Ausnahmezustandes gilt für ein Jahr, damit verbunden sind Sanktionen gegen bestimmte Regierungsmitglieder.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) plant laut einer Ministeriumssprecherin eine "strukturelle Neuausrichtung" der Deutschen Islamkonferenz (DIK). Die Neuausrichtung der Dialog-Runde zwischen Staat und Muslimen werde sich auch an einer neuen personellen Zusammensetzung zeigen, sagte die Sprecherin der Frankfurter Rundschau. Einzelheiten wurden zunächst nicht bekannt. De Maizière werde die Teilnehmer der DIK am Donnerstag vorstellen, sagte die Sprecherin weiter.

Islamkritiker befürchten laut FR, dass vor allem unabhängige, liberale Teilnehmer der ersten Runde nicht mehr eingeladen werden. Die islamkritische Autorin Necla Kelek und der Islamwissenschaftler und hessische Kulturpreisträger Navid Kermani sowie die Gründerin der Initiative Säkularer Muslime in Hessen, Ezhar Cezairli, bestätigten dem Blatt, dass sie bisher nicht zur zweiten Runde der Konferenz eingeladen seien.

Der UN-Sonderbeauftragte für Haiti, Bill Clinton, hat zu mehr Hilfe für den vom Erdbeben zerstörten Karibikstaat aufgerufen. Die Grundbedürfnisse vieler Überlebender seien nicht erfüllt, warnte der frühere US-Präsident am Montag. In einer Telefonkonferenz mit UN-Vertretern forderte er insbesondere mehr Zelte und sturmfeste Unterkünfte sowie sanitäre Anlagen.

Nach UN-Angaben wurde eine halbe Millionen Menschen bislang in provisorischen Unterkünften untergebracht, aber mindestens ebenso viele Menschen seien noch nicht ausreichend versorgt. Clinton rief zudem zu neuen Beschäftigungs- und Landwirtschaftsprogrammen auf.

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